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Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe legt Jahresbericht 2021 vor

18.03.2022 15:56
Die Schlaganfall-Versorgung in Deutschland geschieht auf hohem Niveau. Daran konnten auch zwei Jahre Pandemie nichts ändern. Potenziale für weitere Verbesserungen sieht die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe vor allem in der Nachsorge, wie der aktuell erschienene Jahresbericht 2021 aufzeigt.

338 Stroke Units – Schlaganfall-Spezialstationen – hat die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft als medizinische Fachgesellschaft gemeinsam mit der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe bis Ende 2021 zertifiziert. Im vergangenen Jahr stieg vor allem die Zahl der telemedizinisch vernetzten Stationen von 18 auf 23. So ist nun auch in ländlichen Regionen eine nahezu flächendeckend gute Akutversorgung gewährleistet. Anders als in Frankreich oder Italien litt die Qualität der Akutversorgung in Deutschland nicht unter der Pandemie.

Die Behandlung der Patientinnen und Patienten geschieht auf Grundlage einer neuen S2e-Leitlinie zur Versorgung des akuten ischämischen Schlaganfalls, die 2021 unter Federführung der Fachgesellschaften und unter Beteiligung der Deutschen Schlaganfall-Hilfe entstand. Sie berücksichtigt die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Herausforderung Corona

Auswirkungen zeigte die Covid-19-Pandemie jedoch auf die Schlaganfall-Nachsorge. Viele Betroffene berichteten von zeitweise deutlichen Einschränkungen in der therapeutischen Versorgung. Die Kontaktbeschränkungen bereiteten vor allem der Schlaganfall-Selbsthilfe Sorgen. Zu Beginn der Pandemie engagierten sich rund 12.000 Patientinnen und Patienten in den 350 Selbsthilfegruppen im Netzwerk der Deutschen Schlaganfall-Hilfe. Eine Umfrage der Stiftung ergab, dass unter der Pandemie der Kontakt zu etwa einem Drittel der Mitglieder verloren ging. Insbesondere kleinere Gruppen im ländlichen Raum sind in ihrer Existenz bedroht. Mit einem Förderfonds will die Deutsche Schlaganfall-Hilfe die Selbsthilfearbeit in 2022 neu beleben.

Die Verunsicherung vieler Schlaganfall-Betroffener machte sich auch in der Nutzung der Informations- und Beratungsangebote der Stiftung bemerkbar. So verzeichnete ein Online-Artikel zur Sinusvenenthrombose, einer sehr seltenen Nebenwirkung der Covid-19-Impfung, im Frühjahr 2021 an einem einzigen Tag 10.000 Aufrufe. Ein Trend, den auch die Beraterinnen im Service- und Beratungszentrum der Stiftung aus ihren telefonischen Patientenkontakten bestätigen. Die Informationsangebote der Stiftung waren gefragt wie nie zuvor. In nur drei Jahren hat sich die Zahl der Nutzerinnen und Nutzer der Website verfünffacht. Mehr als 1,5 Millionen Besucherinnen und Besucher verzeichnete die Seite im vergangenen Jahr.

Unter Lockdowns und Kontaktbeschränkungen haben insbesondere jene Menschen gelitten, die aufgrund ihrer eingeschränkten Mobilität schon vorher stark von Einsamkeit bedroht waren. Der zunehmenden Isolierung begegnete die Deutsche Schlaganfall-Hilfe mit der Einführung neuer Online-Formate. Die internetbasierten Patienten-Veranstaltungen waren unerwartet gut frequentiert. Für Internet-Unerfahrene bot die Schlaganfall-Hilfe technische Einführungen an.

Politik will Patientenlotsen einführen

2021 endete das Innovationsfonds-Projekt STROKE OWL, eines der größten Modellprojekte mit Patientenlotsen in Deutschland. 1.600 Schlaganfall-Patientinnen und -Patienten wurden ein Jahr lang in der Nachsorge begleitet. Erste Ergebnisse zeigen, wie positiv sich das Engagement der Lotsen auf die Lebensqualität und Adhärenz der Patientinnen und Patienten auswirkt. Mehr als die Hälfte von ihnen gaben an, durch die Lotsen stärker auf die Medikamenteneinnahme, auf ausreichende Bewegung und eine ausgewogene Ernährung zu achten. In der Modellregion Ostwestfalen-Lippe werden die Lotsen bereits durch die Krankenkassen weiterfinanziert.

Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit nahmen die Deutsche Schlaganfall-Hilfe und ihre zahlreichen Partner mit ihrem Vorhaben Ende 2021 auch politisch eine hohe Hürde. Die neue Regierung will noch in dieser Legislaturperiode einen geregelten Weg finden, damit erfolgreiche Förderprojekte wie die der Patientenlotsen in die Regelversorgung überführt werden. „Die Lotsen sind im Koalitionsvertrag verstetigt, das ist schon mal ein Riesenerfolg“, kommentiert Barbara Steffens, Landeschefin der Techniker Krankenkasse in Nordrhein-Westfalen, die Konsortialpartnerin im Modellprojekt STROKE OWL war. Die wohl wichtigste Frage wird nun sein, aus welchen Mitteln die Patientenlotsen künftig bezahlt werden sollen. „Ich kann mir sehr gut Mischfinanzierungen vorstellen. Aber das muss man im Großen mit den Koalitionsfraktionen diskutieren“, so Steffens.

In ähnlichen Modellen denkt Dr. Michael Brinkmeier, Vorstandvorsitzender der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. „Damit Lotsen frei von Interessen anderer im Sinne der Hilfesuchenden agieren können, braucht es eine gerechte Finanzierung und ein Neudenken der bestehenden, oft starren Logiken der Sozialgesetzbücher“, so Brinkmeier. „Als Stiftung besitzen wir von Natur aus einen langen Atem, den es zur Umsetzung solcher Innovationen braucht. Mit dieser Stärke wollen wir das Thema weiter vorantreiben.“

Weitere Stärkung der Schlaganfall-Nachsorge

Neben den Patientenlotsen stehen 2022 weitere Projekte zur Verbesserung der Nachsorge auf der Agenda der Deutschen Schlaganfall-Hilfe. Gut angenommen wird die Qualifizierung von Sanitätshäusern in der Beratung Schlaganfall-Betroffener. Die ersten fünf Unternehmen schlossen die Schulungen im vergangenen Jahr ab, weitere fünf folgen im Frühjahr 2022. Die Nachfrage ist unvermindert groß.

Bis Ende letzten Jahres konnte die Schlaganfall-Hilfe gemeinsam mit regionalen Partnern 572 ehrenamtliche Schlaganfall-Helfer in acht Bundesländern ausbilden. Aufgrund der Pandemie waren deren Aktivitäten jedoch stark eingeschränkt. In 2022 möchte die Schlaganfall-Hilfe das Programm ausbauen und sucht weitere Partnerorganisationen in allen Regionen Deutschlands. Die Ehrenamtlichen erhalten eine Grundlagenschulung in vier bis fünf Wochenendmodulen, um Betroffene im Alltag zu unterstützen, ihnen regionale Hilfeangebote zu vermitteln und Angehörige zu entlasten. Seit Anfang 2021 können Interessenten die Schulung auch online absolvieren.

„Keine Angebote“, „zu weit weg“ oder „alles belegt“ – das sind einer Online-Umfrage der Schlaganfall-Hilfe zufolge die häufigsten Gründe, weshalb Schlaganfall-Betroffene keinen Rehasport betreiben. Deshalb startete die Stiftung 2021 das Modellprojekt „SPORTnachSCHLAG“ in Nordrhein-Westfalen, unterstützt durch die Landesregierung und die Landes- und Kreissportverbände. Das Projekt entwickelte sich zu einem großen Erfolg: Bis Ende 2021 konnte die Stiftung 59 Vereine in NRW für das Projekt gewinnen. Sie erhalten in 2022 eine Förderung, um Übungsleiterinnen und -leiter auszubilden und neue Gruppen zu gründen.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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