Studie wichtiger Beitrag zur Versorgung von Zwangsstörungen
Kognitive Verzerrungen beeinträchtigen leitliniengerechte Behandlung
„Die vorliegende Studie ist die erste, die sich mit der Versorgungsrealität von Patient*innen mit aggressiven und tabuisierten Zwangsgedanken befasst“, erklärt Lubisch. „Leitliniengerecht ist eine Kognitive Verhaltenstherapie inklusive Exposition mit Reaktionsmanagement. Mehr als die Hälfte der Patient:innen erhält aber keine therapeutisch geleitete Exposition. Frau Balzar stellt fest, dass kognitive Verzerrungen in Form von Gedanken-Handlungs-Fusion bei Psychotherapeut:innen der Entscheidung für eine Expositionsbehandlung oft entgegenstehen.“ Behandler:innen befürchteten etwa, dass aggressive Zwangsgedanken durch die Exposition verstärkt würden und zu aggressiven Handlungen bei den Patient*innen führen. Dies sei jedoch in der Regel nicht der Fall. „Die große Stichprobe von 356 Proband:innen hat gezeigt, dass bei Psychotherapeut:innen, die sich gegen eine Expositionstherapie entscheiden, ein höheres Ausmaß solcher irrationaler Gedanken-Handlungs-Fusion zu beobachten sind.“
Kognitive Verzerrung schon in Ausbildung thematisieren
„Die Expositionstherapie, also die Konfrontation von Patient:innen mit dem zwangsauslösenden Reiz, wird in der Leitlinie ausdrücklich empfohlen“, sagt Lubisch. „Frau Balzars Masterarbeit ermittelt hier einen Faktor, der leitliniengerechter Behandlung entgegensteht, und den man verändern kann.“ Bereits in der Ausbildung der Psychotherapeut:innen könnten die bei der Behandlung von Patient:innen mit tabuisierten Zwangsgedanken zum Teil auftretenden kognitiven Verzerrungen ins Bewusstsein gerufen werden. Eine frühzeitige Auseinandersetzung damit unterstütze die Psychotherapeut:innen dabei, sich dann in der Behandlung doch für die angemessene Expositionstherapie zu entscheiden. „Damit helfen die Erkenntnisse aus dieser Forschungsarbeit dabei, mehr Zwangspatient:innen eine leitlinienrechte Behandlung zukommen zu lassen“, sagt die Stv. Bundesvorsitzende.