Studie zeigt signifikante antivirale Aktivität des Wirkstoffs Bulevirtide zur Behandlung chronischer Hepatitis-D-Virusinfektion
Die Behandlung mit dem neuartigen Eintrittsinhibitor stellt daher eine vielversprechende Strategie für Patient:innen mit chronischer HDV-Infektion dar und ist seit August 2020 in der EU zugelassen.
Von den weltweit etwa 250 Millionen chronisch mit dem Hepatitis-B-Virus (HBV)-infizierten Menschen sind zwischen 10 und 20 Millionen Menschen auch mit dem Hepatitis-D-Virus (HDV) infiziert. HDV nutzt HBV als Helfervirus indem es sein RNA-Erbmaterial in HBV-Hüllen verpackt. Diese Co-Infektion führt zur schwersten Verlaufsform einer viralen Lebererkrankung. Leider können die bisher zur Behandlung von HBV-Infizierten zur Verfügung stehenden antiviralen Medikamente nur bei einem kleinen Teil der HDV-Patientinnen und -Patienten effektiv eingesetzt werden und zudem Nebenwirkungen verursachen. Mit der Entwicklung von Bulevirtide – einem in der EU seit 2020 bedingt zugelassenen Wirkstoff, der den Eintritt von Hepatitis-B- und Hepatitis-D-Viren in Leberzellen blockiert – ist das Ziel einer erfolgreichen Behandlung von Hepatitis-D sehr viel näher gerückt.
Die antivirale Aktivität von Bulevirtide wurde in einer multizentrischen Phase-II-Studie bei insgesamt 120 HBV/HDV-positiven Patienten, von denen 59 bereits eine Leberzirrhose entwickelt hatten, getestet. Die Auswertung der in der Fachzeitschrift The Lancet Infectious Diseases publizierten Studie zeigte, dass eine Applikation des Wirkstoffs Bulevirtide über 24 Wochen hinweg die Konzentration an HDV-RNA im Blutserum und in der Leber der Probanden signifikant reduzierte und von den Studienteilnehmer:innen gut vertragen wurde. Obwohl sich die Konzentration an Hepatitis-D-Virus-RNA nach Absetzen der Medikation bei den meisten Patienten wieder erhöhte, weist die Studie sehr gute Ansprechraten nach, deutet aber auch darauf hin, dass eine längerfristige Behandlung mit Bulevirtide nötig ist. Die Wirksamkeit bei Patient:innen mit bereits entwickelter Leberzirrhose zeigt weiterhin die sichere Anwendbarkeit von Bulevirtide bei Betroffenen mit fortgeschrittener Lebererkrankung, wobei allerdings keine Patient:innen mit dekompensierter Zirrhose – einer Lebererkrankung im Endstadium – behandelt wurden. Ob eine langfristige Behandlung auch zu einer bleibenden Reduktion der Viruslast oder sogar einem vollständigen Verlust des Virus führen kann wird in laufenden weiteren Studien untersucht.
„Für betroffene Patienten sind die Studienergebnisse von großer Relevanz! Entscheidend ist, dass nicht nur reduzierte Hepatitis-D-Viruswerte beobachtet wurden, sondern sich in den meisten Fällen sich die Leberwerte deutlich verbessert haben. Weiterhin sind die täglichen Injektionen im Alltag für die Betroffenen kein Problem. Die Verträglichkeit ist wirklich ausgezeichnet,“ sagt Prof. Heiner Wedemeyer, Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie an der Medizinischen Hochschule Hannover, klinischer Leiter der Phase II- und III-Studien zu Bulevirtide und Erstautor der Publikation.
„Durch die Verfügbarkeit von Leberbiopsien bietet diese Studie einzigartige Möglichkeiten, die Viruslast und somit die Effektivität von Bulevirtide nicht nur serologisch, sondern auch in der Leber, dem Ort der viralen Replikation, zu untersuchen,“ fügt Co-Autorin Prof. Maura Dandri vom Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf hinzu.
„Die erfolgreiche Entwicklung von Bulevirtide aus der Grundlagenforschung in die klinische Praxis ist von einschneidender Bedeutung für viele Patienten, für die es bislang keine Behandlungsmöglichkeit gab,“ resümiert der Letztautor der Studie, Prof. Stephan Urban, DZIF-Professor für Translationale Virologie und Leiter der Hepatitis B-Forschungsgruppe an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg.