Tabakentwöhnung in der Pandemie - Fachgesellschaft veröffentlicht Positionspapier
Abhängigen Rauchern sollten außerdem verstärkt Angebote für eine wissenschaftlich fundierte Entwöhnungsbehandlung gemacht werden. Bisher übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen die Kosten für diese Programme nur unzureichend, kritisiert die DGP.
Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO hat der weltweite Tabakkonsum allein im vergangenen Jahr zu über acht Millionen Todesfällen geführt. Zu den besonders schwerwiegenden Folgeerkrankungen des Rauchens zählen dabei Lungenerkrankungen wie Lungenkrebs oder COPD sowie Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Aber auch für Atemwegsinfektionen wie die Grippe, MERS oder Tuberkulose sind Raucher deutlich anfälliger als Nichtraucher. „Mittlerweile wissen wir, dass auch SARS-CoV-2-Viren bei Rauchern schwerere Krankheitsverläufe verursachen als bei Nichtrauchern“, sagt Dr. med. Matthias Raspe von der Medizinischen Klinik mit Schwerpunkt Infektiologie und Pneumologie der Charité in Berlin. Er hat das Positionspapier federführend mitverfasst. Noch nicht abschließend geklärt sei die Frage, ob Tabakkonsum auch das Risiko erhöht, sich überhaupt mit SARS-CoV-2 zu infizieren. Hierzu gebe es bislang widersprüchliche Studienergebnisse.
Recht eindeutig fällt dagegen die Literaturrecherche aus, die die Mitglieder der Taskforce Tabakentwöhnung zum Einfluss des Tabakkonsums auf den Verlauf einer COVID-19-Erkrankung vorgenommen haben. Die sieben aktuellsten im Jahr 2021 publizierten Metaanalysen kamen zu dem Ergebnis, dass aktives Tabakrauchen das Risiko für schwere Krankheitsverläufe auf das 1,55- bis 2,19-Fache erhöht. Auch das Risiko, an einer SARS-CoV-2-Infektion zu versterben, war bei Rauchern um ein Drittel bis die Hälfte höher. „Auch wenn die Zusammenhänge zwischen COVID-19-Erkrankungen und E-Zigarettenkonsum noch nicht gut untersucht sind, deuten erste Studien auf ein erhöhtes Infektions- und Morbiditätsrisiko durch E-Zigaretten hin“, so Professor Dr. med. Stefan Andreas, Ärztlicher Leiter der Lungenfachklinik Immenhausen und Leiter der Taskforce Tabakentwöhnung der DGP.
In ihrem Positionspapier fordert die „Taskforce Tabakentwöhnung“ der DGP, Raucher verstärkt über die bekannten Risiken und die Zusammenhänge von Tabakkonsum und COVID-19 zu informieren und ihnen eine Entwöhnungsbehandlung anzubieten. „Eine Tabakabhängigkeit kann heute sehr erfolgreich behandelt werden“, sagt Professor Dr. med. Michael Pfeifer, Präsident der DPG. Hierfür stünden verschiedene evidenzbasierte und leitliniengestützte Methoden zur Verfügung. Mit dem Positionspapier appellieren die Mediziner an die Politik, diese medikamentös begleitete Entwöhnungsprogramme stärker zu fördern und zu unterstützen. Entscheidend hierfür sei unter anderem eine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen.
Weitere Forderungen beziehen sich auf die Aus-, Fort- und Weiterbildung in den Gesundheitsberufen – hier möchte die DGP Kompetenzen zur Förderung des Rauchstopps als verpflichtenden Bestandteil aufgenommen sehen – sowie auf die konsequente Anpassung des Nichtraucherschutzes an die Vorgaben der WHO. Diese sehen nicht nur ein vollständiges Werbeverbot für tabakhaltige Produkte vor, sondern auch ein einheitliches Rauchverbot in Gaststätten und im öffentlichen Raum.