TK-Report: Kinder erkranken häufiger nach Kaiserschnitt
"Kaiserschnitte sind ein Segen für Mutter und Kind, wenn sie in medizinisch notwendigen Fällen eingesetzt werden. Wenn allerdings eine OP nicht unbedingt notwendig ist, sollten Arzt und Eltern auch die Folgen für die Gesundheit des Kindes im Blick haben", so Dr. Jens Baas, Vorsitzender des Vorstands der TK.
Höheres Risiko für Ernährungsprobleme
Der Report zeigt ebenfalls Auffälligkeiten beispielsweise bei Ernährungsproblemen (11 Prozent höheres Risiko), Magen-Darm-Erkrankungen (7 Prozent) und Adipositas (36 Prozent).
Baas: "Kaiserschnitte haben für die Gesundheit der Kinder weitreichendere Folgen als vielen bisher bewusst ist. Wir müssen daher im Interesse der Kinder medizinisch nicht notwendige Kaiserschnitte vermeiden. Denn in vielen deutschen Kreißsälen wird immer noch zu oft zum Messer gegriffen." Die Bundesrepublik liegt mit einer Kaiserschnittrate von 30,5 Prozent von allen Klinikentbindungen 2017 über dem westeuropäischen Durchschnitt (27 Prozent). Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) schätzt, dass im Schnitt nur bei 10 bis 15 Prozent der Geburten ein Kaiserschnitt unbedingt medizinisch erforderlich ist. Regional differiert die Kaiserschnittrate in Deutschland stark - von 24,0 Prozent in Sachsen bis 37,2 Prozent im Saarland. "Diese Unterschiede lassen sich kaum durch medizinische Faktoren erklären", so Baas.
Worauf Kinderärzte und Eltern nach einem Kaiserschnitt gezielter achten sollten
Eine weitere Erkenntnis des Reports: "In der Praxis sollten Kinderärzte und Eltern bei Kaiserschnitt-Kindern genauer hinschauen, um Auffälligkeiten frühzeitig zu bemerken und gegenzusteuern", ergänzt Klaus Rupp, Leiter des TK-Versorgungsmanagements. Es wäre deshalb hilfreich, wenn Kinderärzte das gelbe Kinder-Vorsorgeheft auf Hinweise zu einer Kaiserschnittgeburt prüfen würden, um dadurch besser auf spezifische Probleme achten zu können, zum Beispiel Artikulationsstörungen.
Gezielte, digital unterstützte Versorgungsangebote für Kinder
Die TK will die Ergebnisse des Reports nutzen, um passgenaue Versorgungsangebote für betroffene Kinder zu entwickeln. Rupp: "Dabei setzen wir auch auf neue digitale Möglichkeiten, zum Beispiel digital unterstütztes, spielebasiertes Lernen bei der Therapie von Lernentwicklungsstörungen oder Atemwegserkrankungen." So hat die TK von Anfang an die Entwicklung der App " Neolino " unterstützt, die Kindern zwischen drei und sieben Jahren individuell und spielerisch beim Training gegen Sprachfehler hilft.
Mütterliche Vorerkrankungen wie Depressionen begünstigen Kaiserschnitt
Bereits 2017 hatte die TK Zusammenhänge zwischen mütterlichen Vorerkrankungen und Kaiserschnittgeburten untersucht. Der TK-Geburtenreport zeigte, dass bisher weniger beachtete Vorerkrankungen wie Depressionen einen Kaiserschnitt begünstigen.
Modellprojekt soll psychische Gesundheit der Schwangeren stärken und Mut zu natürlicher Geburt machen
Um psychische Belastungen von schwangeren Frauen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln, hat die TK nach eigenen Angaben gemeinsam mit der Universität Heidelberg ein Vorsorgeprojekt in Baden-Württemberg auf den Weg gebracht: mindpregnancy.de. Schwangere können sich dabei auf freiwilliger Basis mit einem Fragebogen auf Anzeichen von Depressionen, Ängsten und Stress untersuchen lassen. Zeigt sich in dieser ersten Untersuchung durch den behandelnden Frauenarzt, dass eine schwangere Frau eine starke psychische Belastung hat, wird sie kontaktiert und bekommt direkt psychologische Hilfe. Schwangere, die mildere Anzeichen von Störungen der Stimmungslage zeigen, werden eingeladen, an einem onlinebasierten Selbsthilfeangebot zur Achtsamkeit teilzunehmen.
Gesundheitsrisiken für Frühgeburten
Neben dem Blick auf Zusammenhänge von Kaiserschnitt und Kindergesundheit hat der TK-Report auch Effekte auf früh geborene Kinder untersucht. Das sind Babys, die vor der vollendeten 37. Schwangerschaftswoche bzw. mit weniger als 2.500 Gramm Körpergewicht auf die Welt kommen. Verglichen mit reif geborenen Kindern haben sie ein deutlich höheres Krankheitsrisiko, zum Beispiel für leichte und mittlere Entwicklungsstörungen (44 Prozent), Sehbeeinträchtigungen (33 Prozent) und akute Erkrankungen der unteren Atemwege (14 Prozent).
Langzeitstudie mit Abrechnungsdaten von 38.800 Kindern
Der TK-Kindergesundheitsreport hat die Abrechnungsdaten von rund 38.800 TK-versicherten Kindern von der Geburt bis zum achten Lebensjahr analysiert. TK-Vorstandsvorsitzender Dr. Baas: "Das ist ein solides Fundament, um Versorgungsangebote zu entwickeln, aber auch zu evaluieren. Wissen, was wirkt - das ist im Interesse und zum Nutzen unserer Versicherten wichtig."