Typ 2 verdoppelt Risiko für Schäden an Knie und Hüfte
Jedes Jahr erhalten fast 400 000 Menschen in Deutschland ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk. Auffallend viele von ihnen sind Diabetespatienten. „Da beide Erkrankungen im Alter häufig sind und Übergewicht ein wichtiger Risikofaktor ist, wurde lange kein direkter Zusammenhang zwischen Diabetes und Arthrose gesehen“, erläutert Georg Schett. „Dabei ist die Verbindung offensichtlich“, fügt der DDG-Experte hinzu, der die Daten der Bruneck-Studie ausgewertet hat.
Mediziner des Krankenhauses Bruneck in Südtirol sammeln seit 1990 die Gesundheitsdaten aller älteren Einwohner der Ortschaft. „Da dieses Krankenhaus die einzige Anlaufstelle für die klinische Versorgung ist und die Migration der Bevölkerung in der abgelegenen Region in den Alpen sehr gering ist, liefert die Studie sehr verlässliche Daten zur Erforschung von Krankheitsrisiken“, sagt Schett.
Seine Auswertung ergab: Typ-2-Diabetiker erhalten viermal häufiger ein künstliches Hüft- oder Kniegelenk als der Rest der Bewohner. Auch wenn der Einfluss von Alter und Übergewicht herausgerechnet wurde, hatten Menschen mit Typ-2-Diabetes immer noch ein zweifach erhöhtes Risiko auf einen Gelenkersatz. Das Risiko stieg mit Dauer der Erkrankung, was einen wichtigen Hinweis auf einen ursächlichen Zusammenhang darstellt.
„In den Ultraschalluntersuchungen war der Gelenkverschleiß bei den Diabetespatienten deutlich weiter fortgeschritten, als man aufgrund von Alter und Körpergewicht erwarten würde“, führt Schett aus. Für den Internisten ist dies keine Überraschung. „Neuere Studien zeigen immer wieder, dass die Abnutzung der Gelenke nicht die einzige Ursache für die Arthrose ist“, so Schett.
Die Entzündung der Gelenke werde vielmehr durch weitere Faktoren vorangetrieben – offenbar auch durch den Diabetes. Dessen Einfluss lasse sich biologisch gut begründen, betont Schett. So sei bekannt, dass der Blutzucker in den Gelenkknorpel gelangt. Er schädige dort möglicherweise die Knorpelzellen und stimuliere die Bildung von entzündlichen Proteinen wie dem Tumornekrosefaktor alpha, dessen gelenkschädigende Wirkung von der Rheumakrankheit her bekannt ist. „Auch die diabetische Neuropathie könnte eine Rolle spielen“, fügt Schett hinzu. Die Nervenschädigung entsteht durch einen langfristig erhöhten Blutzucker und könnte dazu führen, dass Diabetespatienten Fehlhaltungen und Belastungen der Gelenke nicht mehr richtig spüren.
„Vieles spricht dafür, Arthrose als eine weitere Spätkomplikation des Typ-2-Diabetes zu betrachten“, resümiert DDG-Präsident Matthaei. „Daraus folgt, dass ein optimales Diabetesmanagement vermutlich auch Arthrosen vorbeugen könnte.“ Das deutsche Gesundheitswesen investiert jährlich mehr als 7,6 Milliarden Euro in die Behandlung von Arthrosen.
Literatur: Schett G, Kleyer A, Perricone C, Sahinbegovic E, Iagnocco A, Zwerina J, Lorenzini R, Aschenbrenner F, Berenbaum F, D'Agostino MA, Willeit J, Kiechl S.
Diabetes Is an Independent Predictor for Severe Osteoarthritis: Results from a longitudinal cohort study.
Diabetes Care. 2012 Oct 5. [Epub ahead of print]
Abstract: www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/23002084