Wie osteuropäische Pflegekräfte systematisch ausgebeutet werden
Geschäfte in der Grauzone
Dem Journalisten Johannes Pennekamp gelang es mit seinem Artikel „Geschäfte in der Grauzone“, der am 29. Juni 2012 in der Frankfurter Allgemeine Zeitung erschienen ist, einen beeindruckenden Einblick in dieses System zu gewähren: Die Entsendung ist meist Teil eines umstrittenen Geschäftskonzepts, an dem ein deutsches und ein polnisches Unternehmen verdienen und bei dem die Sozialabgaben in Deutschland umgangen werden. Eine Konstruktion, die typisch ist für diesen grauen Markt, der hinter verschlossenen Türen gewachsen ist. Wenn Vermittlungsagenturen in den Prozess involviert sind, heißt das zwar nicht automatisch, dass gegen Gesetze verstoßen wird. In den meisten Fällen bedeutet es aber, dass jemand damit ein gutes Geschäft macht. Tenor des Artikels ist, dass es sich bei der Entsendung häufig um „verdeckte Arbeitnehmerüberlassung“ handelt, die aber als Entsendung deklariert wird, um in Deutschland Lohnkosten und Sozialabgaben zu umgehen. Denn de facto seien nicht die polnischen Entsendeunternehmen Arbeitgeber, sondern die deutschen Kunden. Die Sozialabgaben müssten demnach in Deutschland und nicht in Polen entrichtet werden.
Schattenseiten eines scheinbar funktionierenden Systems
Verschiedene Abgeordnete der Fraktion DIE LINKE hatten bereits am 14. Dezember 2011 eine so genannte „Kleine Anfrage“ mit dem Titel „Arbeitnehmerrechte ausländischer Pflegehilfskräfte im grauen Pflegemarkt“ an die Bundesregierung gestellt. Darin weisen die Politiker darauf hin, dass sich viele in Deutschland sitzende Vermittlungsfirmen diese Gesamtproblematik der Entsendung zu Nutze machen. Dabei nennen die Abgeordneten beispielsweise Seniocare24, die nach ihren Angaben mehrere rechtliche Lücken nutze. „Die Seniocare24 tritt im Dienstleistungsvertrag mit den Pflegebedürftigen ausdrücklich nicht als Vertragspartner, sondern lediglich als Vermittler auf. Tatsächlich fungiert die Seniocare24 aber als Ansprechpartner sowohl für den Auftraggeber, als auch für die Pflegehilfskraft. Somit entzieht sich die Seniocare24 jeglicher arbeits- und sozialversicherungsrechtlicher Verantwortung.“ (vgl. Kleine Anfrage, Drucksache 17/8193).
Dass die Betreuerinnen aus Osteuropa ein unverzichtbarer Baustein im Deutschen Pflegesystem sind, ist unumstritten. Schließlich leisten sie ihren Beitrag für die optimale Versorgung von Pflegebedürftigen. Das sollte sie aber auch schutzwürdig machen, worauf der BEBP e.V. hiermit erneut eindringlich hinweisen möchte.
Über den BEBP e.V.
Der Bundesverband Europäischer Betreuungs- und Pflegekräfte (BEBP) e.V. setzt sich für die Rechte, die Interessen und das Ansehen der in Deutschland tätigen Betreuungs- und Pflegekräfte ein. Ziele sind die Verbesserung der Qualität, Transparenz und die Schaffung von notwendigen Rahmenbedingungen sowie die Integration in vorhandene Versorgungsstrukturen, um die verantwortungsvolle Versorgung von betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen in Deutschland zu gewährleisten und zu verbessern.