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Wirksamkeit von Stottertherapie "KIDS" bestätigt

15.03.2022 11:11
Das Sprachtherapieverfahren „Kinder dürfen stottern“, kurz KIDS, ist ein weit verbreiteter Ansatz unter Logopäd:innen. Doch bislang fehlte ein wissenschaftlicher Nachweis über die Wirksamkeit dieser Stottertherapie. Den hat jetzt die bundesweite Studie „PMS KIDS“ erbracht – mit einem Team um Prof. Dr. Anke Kohmäscher von der FH Münster sowie Prof. Dr. Stefan Heim von der Uniklinik RWTH Aachen. Die Ergebnisse haben die Wissenschaftler:innen am 12. März 22 auf einem Online-Symposium vorgestellt. Zudem ist ein Therapiemanual für Sprachtherapeut:innen zum KIDS-Ansatz erschienen.

Rund vier bis fünf Prozent aller Grundschulkinder stottern, das entspricht etwa 45.000 Kindern in Deutschland. Meist kann eine Sprachtherapie helfen. „In den meisten Fällen und schon über viele Jahre therapieren Logopädinnen und Logopäden in ambulanten Praxen das Stottern mit dem Therapieansatz KIDS. Die Kinder lernen dabei nicht nur, ihre Symptome wie etwa Wiederholungen von Silben, blockierten Redefluss oder Begleitsymptome wie Schulter- und Augenzucken zu kontrollieren. Sie legen auch negative Gefühle und Ängste ab, die sie mit dem Stottern verbinden“, erklärt Kohmäscher als Leiterin der Studie.

Am Fachbereich Gesundheit der FH Münster lehrt die studierte Logopädin Therapiewissenschaften und forscht dazu. Außerdem ist sie Prodekanin am Fachbereich. „Wir sind sehr zufrieden mit den Ergebnissen. Denn bei fast jedem Kind konnten wir eine Verminderung der Stotterschwere während des Untersuchungszeitraums beobachten. Ein kleinerer Teil hat den Schweregrad auf dem Ausgangsniveau gehalten. Das passt zu anderen Studienergebnissen, denn nicht alle Kinder überwinden ihr Stottern in diesem Alter noch.“ Besonders erfreulich: Bereits nach drei Monaten Therapie fühlten sich die teilnehmenden Kinder im Vergleich zu einer noch nicht behandelten Wartekontrollgruppe durch ihr Stottern signifikant weniger beeinträchtigt – laut Kohmäscher ein relativ kurzer Zeitraum. „KIDS hilft den Kindern, das eigene Stottern zu akzeptieren. Sie haben so seltener oder weniger ausgeprägte Stottersymptome, können besser mit diesen umgehen und vermeiden es nicht mehr, in bestimmten Situationen zu sprechen“, so die FH-Professorin.

Die vom Innovationsfond des Gemeinsamen Bundesausschusses geförderte Studie „PMS KIDS“ lief von Oktober 2018 bis März 2022. 73 stotternde Grundschulkinder und ihre Eltern nahmen daran teil, verteilt auf 26 Therapiepraxen in ganz Deutschland. Das Team testete die Kinder vor Beginn der KIDS-Therapie sowie nach drei, sechs und zwölf Monaten mittels Sprechproben sowie Fragebögen für Kinder und Eltern. Im Durchschnitt hatten die Therapien einen Umfang von 26 Sitzungen verteilt über zehn Monate. „PMS KIDS“ sei auch eine sogenannte Versorgungsstudie. Sie sollte abbilden, wie die Therapiequalität und -verfügbarkeit in Deutschland derzeit aussieht. Daher fanden die Therapiesitzungen bundesweit und unter Alltagsbedingungen statt – nicht in einer eigens dafür hergerichteten Praxis.

Während der gesamten Projektlaufzeit bekam das Team Unterstützung von Studierenden der FH Münster und der RWTH Aachen. Außerdem verfassen zwei Promovendinnen, Patricia da Costa Avelar (RWTH Aachen) und Sabrina Heiler von der FH Münster, derzeit ihre Promotion zu Aufmerksamkeit und psychischen Widerstandsfähigkeit stotternder Kinder. „Es freut mich sehr, dass alles trotz Corona geklappt hat. Das Team von PMS KIDS sowie die an der Studie mitwirkenden Logopädinnen und Logopäden musste sich spontan auf Videotherapien und eine digitale Datenerhebung einstellen“, so Kohmäscher.

 

Zum Thema: „PMS KIDS“ steht für prospektive multizentrische Studie zur Wirksamkeit ambulanter Stottertherapie nach dem Stottermodifikationsansatz KIDS. An der FH Münster wurde das Forschungsprojekt durch Prof. Dr. Anke Kohmäscher (Studienleitung), Dr. Annika Primaßin (Studienkoordination) und Sabrina Heiler (wissenschaftliche Mitarbeiterin und Promovendin) umgesetzt. Wer die KIDS-Therapie in seiner Praxis anbieten oder sich darin fortbilden möchte, findet im Therapiemanual „Schul-KIDS“ Unterstützung. Die Begründer der KIDS-Therapie, Peter Schneider und Dr. Patricia Sandrieser, haben das Handbuch gemeinsam mit Prof. Kohmäscher im Zuge der Studie entwickelt, um die teilnehmenden Therapeut:innen vorab zu schulen. Das Manual enthält eine vielfältige Sammlung von Therapiematerialien und ist Ende Februar 2022 beim Natke Verlag erschienen. Weitere Infos finden Interessierte unter pms-kids.de.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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