Wissenschaftspreis der „Aktuellen Ernährungsmedizin“ für Düsseldorfer Forschungsteam
Unter anderem zeigte sich, dass Apfelsaft den Glukosespiegel etwa gleich stark ansteigen lässt wie Limonade. Die Preisträger bewerten die kontinuierliche Glukosemessung als praktikable Möglichkeit, Patientinnen und Patienten die Folgen ihres Essverhaltens unmittelbar vor Augen zu führen. Die Motivation, zu zuckerärmeren oder -freien Alternativen zu greifen, könnte dadurch steigen. Das sei besonders wichtig, wenn Menschen mit Übergewicht oder Adipositas langfristig abnehmen möchten. Die Verleihung fand am 23. Juni 2022 im Rahmen des Kongresses ERNÄHRUNG in Bremen statt.
Die Zahl der Menschen mit Übergewicht in Deutschland wächst. Infolge der Pandemie haben sowohl Erwachsene als auch Kinder weiter an Gewicht zugelegt. Laut einer kürzlich veröffentlichten Umfrage (1) hat jedes sechste Kind hierzulande in den vergangenen zwei Jahren zugenommen. Übergewicht erhöht das Risiko für Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems, Typ-2-Diabetes oder eine nichtalkoholische Fettleber (NAFL). Daher ist es wichtig, frühzeitig und langfristig gegenzusteuern.
Abnehmen mit der Low-Insulin-Methode
Als erfolgversprechendes Abnehmprogramm für Übergewichtige hat sich die Low-Insulin-Methode erwiesen. „In einer vorangegangenen Studie konnten wir zeigen, dass dadurch ein durchschnittlicher Gewichtsverlust von zehn Kilo im Jahr möglich ist“, berichtet Erstautor Dr. Martin Röhling. Dafür müssen Betroffene Zucker und stärkehaltige Lebensmittel, die den Blutzucker- und in der Folge den Insulinspiegel ansteigen lassen, meiden. „Ein kontinuierlich hoher Insulinspiegel führt zu Übergewicht und Adipositas, also Fettleibigkeit“, so Röhling weiter. Denn das ausgeschüttete Hormon wirkt nicht nur blutzuckersenkend. Es blockiert auch die Lipolyse, den Fettabbau, und fördert gleichzeitig Fettablagerungen im Gewebe.
Kontinuierliche Glukosemessung bietet Orientierung
„Im Rahmen der aktuellen Studie haben wir sowohl den Glukose- als auch den Insulinspiegel über zwei Stunden nach dem Essen gemessen“, fasst Co-Autorin Dr. rer. nat. Kerstin Kempf zusammen und fügt hinzu: „Die kontinuierliche Glukosemessung über einen Hautsensor könnte Abnehmwilligen auch im Alltag Orientierung bieten.“ So konnten die Teilnehmenden anhand des Lesegeräts direkt sehen, dass sogar vermeintlich gesunde Lebensmittel wie Apfelsaft ihren Glukosespiegel ansteigen lassen. Auch Vollkornbrot erhöht den Glukosespiegel, wenn auch nicht so stark wie Roggenmisch- oder Weißbrot. Besser ist Eiweißbrot, das eine gesunde Alternative zum Frühstücksmüsli sein könnte. Und anstatt zu einem handelsüblichen Schokoriegel zu greifen, könnten Bioriegel süße Gelüste stillen.
Professor Dr. Stephan Bischoff, Herausgeber der „Aktuellen Ernährungsmedizin“, bescheinigt der ausgezeichneten Arbeit eine hohe klinische und gesellschaftliche Relevanz: „Strategien, die Menschen mit Übergewicht oder Adipositas helfen, die Auswirkungen, ihres Essverhaltens zu verstehen, sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Gewichtsabnahme. Angesichts der steigenden Zahl Betroffener, die sich in der Pandemie auch in jüngeren Altersgruppen zeigt, sind praktikable Tools gefragter denn je“, erklärt er.
M. Röhling, K. Kempf, S. Martin:
Kontinuierliches Glukosemonitoring nach Verzehr alltäglicher Lebensmittel und ihre Wirkung auf den postprandialen Glukose- und Insulinspiegel Aktuelle Ernährungsmedizin 2021; 46 (5); S. 307-311
(1) Folgen der Pandemie: Wie Corona das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen verändert hat
Forsa-Umfrage unter Eltern minderjähriger Kinder im Auftrag der Deutschen Adipositas Gesellschaft (DAG) und des Else Kröner-Fresenius-Zentrums (EKFZ) für Ernährungsmedizin
Über den Preis
Die „Aktuelle Ernährungsmedizin“ erscheint seit 1975 im Georg Thieme Verlag. Die Fachzeitschrift ist unter anderem das offizielle Publikationsorgan der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) und informiert über aktuelle Entwicklungen in der Ernährungsmedizin, wissenschaftliche Grundlagen der Ernährungstherapie, deren derzeitige Möglichkeiten und die Umsetzung in der Praxis. Der Wissenschaftspreis der „Aktuellen Ernährungsmedizin“ wird in diesem Jahr zum zweiten Mal vergeben und zeichnet Autoren aus, deren Forschungsarbeit im Vorjahr in der Fachzeitschrift publiziert wurde und deren Ergebnisse wegweisend für die Ernährungsmedizin sind. Die Auszeichnung ist mit 2000 Euro dotiert.