Umfrage in Arztpraxen: Arbeitsbelastung , Impfquote und Impfpflicht im Fokus
Mit ihrem Impfeinsatz in den Praxen selbst erfüllen die niedergelassenen Haus- und Fachärzt:innen eine wichtige gesellschaftliche Vorbildfunktion: 94 Prozent verfügen über einen aktuellen Immunitätsnachweis (95 Prozent im hausärztlichen und 93 Prozent im fachärztlichen Bereich). Bei den Psychotherapeut:innen beträgt die Quote 81 Prozent. Auch bei den nicht-ärztlichen Praxismitarbeitenden liegt mit fast 93 Prozent in Hausarzt- und 90 Prozent in Facharztpraxen ebenfalls überdurchschnittlich häufig ein Immunitätsnachweis vor. Beim Immunitätsnachweis bestehen regionale Unterschiede. In Sachsen und Thüringen berichten die Befragten die niedrigsten Quoten, in Nordrhein-Westfalen die höchsten.
Trotz der überdurchschnittlich häufigen Immunitätsnachweise erwarten die Praxen spürbare Einschränkungen für den Praxisbetrieb infolge der einrichtungsbezogenen Impflicht. Knapp ein Drittel der Befragten gab an, dass Störungen im Praxisalltag oder gar Versorgungseinschränkungen für die Patient:innen zu erwarten seien. Im hausärztlichen Bereich erwarten 17 Prozent starke Einschränkungen, im fachärztlichen Bereich sind es 25 Prozent und im psychotherapeutischen Bereich 28 Prozent.
57 Prozent der Antwortenden bieten weiterhin besondere COVID-19-Impfsprechstunden an. Dieser Anteil ist zurückgegangen. 88 Prozent berichten von einer nachlassenden Nachfrage der Patient:innen und 28 Prozent von mangelnder Impfstoffverfügbarkeit als Ursachen für reduzierte Impfsprechstunden an. Die Zusammenarbeit mit Gesundheitsämtern wird als unverändert schlecht angesehen. Im Durchschnitt wurde die Schulnote Vier vergeben. Etwa 40 Prozent der Teilnehmenden haben eine Fünf oder Sechs vergeben.
Das sind die zentralen Ergebnisse einer Blitzumfrage zu den Folgen der Corona-Impfkampagne in den Arztpraxen, die das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) Mitte Februar veröffentlicht hat. Befragt wurden niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zur aktuellen Arbeitsbelastung auf dem Scheitelpunkt der Omikron-Welle, zur Impfquote in den Praxen sowie zu zusätzlichen Impfangeboten und zu den Auswirkungen einer spezifischen Impfpflicht. Datenbereinigt haben rund 11.200 Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf die Umfrage geantwortet, die vom 8. bis 13. Februar 2022 geschaltet war. Die Antworten betreffen mehr als 26.700 Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen sowie mehr als 68.000 Praxismitarbeitende. Die Ergebnisse der Erhebung sind nicht repräsentativ. Allerdings ist die Teilnahmerate sehr hoch und die Ergebnisse in wichtigen Punkten konsistent.
„Die ohnehin angespannte Lage in den Arzt- und Psychotherapiepraxen spitzt sich durch die Omikron-Welle weiter bedenklich zu. Die Arbeitsbelastung in den Praxen ist seit Monaten hoch, der Betriebsablauf auf Kante genäht. Neben den enorm hohen Beanspruchungen seit der Delta-Variante und durch die Impfkampagne 2021 müssen sich die Praxen nun mit zusätzlichen Arbeitsausfällen von Praxispersonal und einer erschwerten Kommunikation mit Patientinnen und Patienten sowie Gesundheitsämtern auseinandersetzen“, sagte der Zi-Vorstandsvorsitzende Dr. Dominik von Stillfried.
Viele der Befragten bekräftigten in Freitextantworten, dass eine Wertschätzung der Politik, insbesondere in Form eines finanziellen Bonus für die Mitarbeitenden, vermisst werde, so von Stillfried weiter: „Unsere Blitzumfrage zeigt zudem, dass auch in den Praxen nicht mit vollständigen Immunitätsnachweisen für alle Beschäftigten zu rechnen ist. Eine rigorose Umsetzung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht zum 15. März 2022 wird dort zu teils erheblichen Einschränkungen in den Praxisabläufen und letztendlich auch in der medizinischen und psychotherapeutischen Versorgung von Patentinnen und Patienten führen. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht wird von den niedergelassenen Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen wegen befürchteter Personal- und Versorgungsengpässe sehr kontrovers diskutiert. Der Nutzen dieses Vorhabens wird von vielen Teilnehmenden aktuell geringer eingeschätzt als die davon ausgehende Belastung. Insofern sind die Ergebnisse auch ein Weckruf an die politisch Verantwortlichen, den ambulanten Schutzwall für das Gesundheitswesen mit allen Mittel stabil und sicher zu halten und Belastungen, deren Nutzen fraglich ist, so gering wie möglich zu halten.“