Status und Zukunft einer neuen Qualitätskultur
>> Das deutsche Gesundheitssystem macht derzeit einen gravierenden Systemwandel durch, wobei bei der stationären und sektorübergreifenden Qualitätssicherung künftig die Qualität, nicht mehr nur die Quantität eine zentrale Rolle spielen wird. Um dieses Ansinnen politisch zu stützen, nimmt ab Januar 2016 als Nachfolgeinstitution des AQUA-Ins-
tituts das Institut für Qualitätssicherung und Transparenz im Gesundheitswesen (IQTiG) seine Arbeit auf, dessen Leiter Dr. Christoph Veit (früher BQS) ist. Jener nahm als Plenarvorsitzender die in den Vorträgen ausgeführten Anregungen der Redner – von Prof. Dr. Joachim Szecsenyi über Prof. Dr. Max Geraedts, bis hin zu Dr. Regina Klakow-Franck und Prof. Dr. Matthias Schrappe – recht offen auf. Kein Wunder: Wie Versorgungsqualität gemessen und dargestellt werden kann, welche Anforderungen aus wissenschaftlicher Sicht an die gesetzliche QS gestellt werden müssen und wie Patientenbefragungen eingebunden werden könne, all das war Gegenstand dieser Sitzung, die indes in einer kleinen wissenschaftlichen Kontroverse zwischen Szecsenyi (AQUA) und Geraedts (Witten-Herdecke) gipfelte.
„Einen gewissen Qualitätsstandard erreichen“
„Innerhalb von knapp sechs Jahren sind vier Methodenpapiere entstanden“, erklärte Szecsenyi. In diesen Jahren sei nicht nur die Entwicklung von Qualitätssicherungsverfahren erkennbar, sondern auch Verbesserungspotenziale identifiziert, und sogar die Art und Weise erläutert, wie Experten, die bei der Entwicklung von Qualitätsindikatoren einbezogen werden können. Alles nachzu-lesen auf dem Portal www.SQG.de, das wohl vom AQUA-Nachfolgeinstitut, dem IQTiG, inhaltlich weiterbetrieben werde, wie er sich mit einem Seitenblick auf den Plenarvorsitzenden Veit versicherte.
In den ebenfalls entstandenen Qualitätsreports, die Informationen über den Stand der gesetzlich vorgeschriebenen externen stationären Qualitätssicherungsverfahren ge-
ben würden, seien neue Darstellungsweisen geschaffen worden, um die Verständlichkeit der darin enthaltenen Informationen zu verbessern, teilweise sogar laienverständlich zu machen.
Im Jahre 2014 haben immerhin bereits 1.557 Krankenhäuser ungefähr 3,25 Millionen Patientenfälle aus 30 Leistungsbereichen eingebracht, wobei laut Szecsenyi hier operative Verfahren stark vertreten seien, was aber mit der Historie der externen stationären Qualitätssicherung in Deutschland zu tun habe. Insgesamt seien 416 Qualitätsindikatoren abgebildet, wobei gegenüber dem Vorjahr eine 15,6-prozentige Verbesserungsrate feststellbar ist. Es gebe zwar immer eine gewisse Schwankungsbreite, doch in 79 Prozent sei die Qualität der Versorgung gleich geblieben. Szecsenyi: „Das ist aber auch ein Anliegen der gesetzlichen Qualitätssicherung, dafür zu sorgen, dass wir einen gewissen Qualitätsstandard erreichen und es damit auch eine verlässliche Versorgung gibt.“ Deswegen sei es auch kein Schaden, wenn die Indikatoren mal gleich blieben, so die denn in den vorgegebenen Referenzbereichen lägen.
„Zwischen 99 und 100 Prozent sind durchweg hervorragend“
Das sah Geraedts, der innerhalb des Plenums die Perspektive der Versorgungsforschung auf die gesetzliche Qualitätssicherung einnahm, etwas anders. Er stellte zuerst einmal in Frage, ob im Zuge der externen Qualitätssicherung überhaupt eine Verbesserung der Qualität der Versorgung einhergegangen sei. Denn um dieses Ziel zu erreichen, sei zu- vörderst die Kenntnis der Qualitätsberichte seitens der Ärzte, aber auch seitens der Patienten nötig, um eine informierte Krankenhauswahl beziehungsweise -beratung zu ermöglichen. Dem ist aber nicht ganz so. In einer vom G-BA geförderten Studie, in der eine Patientengruppe eingeschlossen wurde, die sich Prozeduren aus fünf verschiedenen QS-Leistungsbereichen unterzogen hatten, wurde dieser noch im Krankenhaus Auszüge aus Qualitätsberichten vorgelegt, die eben die besuchten Fachabteilungen beleuchten. Hinterher wurden die Patienten dann gefragt, was sie denn mit diesen Informationen anfangen konnten. Erste Erkenntnis: Die Patienten kennen die Qualitätsberichte nicht vorab. Die Zweite: Nur eine absolute Minderheit versteht nach der Lektüre die Qualitätsberichte und hält deren Inhalte darum auch nur in geringem Umfang für hilfreich.
Ein ähnlicher Studienansatz sei mit einer großen Krankenhauspatientenstichprobe gemacht worden. Ergebnis auch hier: Von rund 2.000 repräsentativen Patienten nutzen nur 9 Prozent derjenigen Patienten, die tatsächlich im Krankenhaus liegen, überhaupt das Internet vorab für Informationen vor der Krankenhausaufnahme. Das sei beispielsweise bei der Geburtshilfe, der Kinderheilkunde und ... <<
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