Versorgungsforschung im politischen Kontext
>> Terminservicestellen und Kassenarztsitzaufkauf für die Galerie, aber beim GKV-Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSG), das kürzlich in erster Lesung im Bundestag diskutiert wurde, geht es um weit tiefgreifendere Veränderungen im deutschen Gesundheitssystem – und es hält zudem eine sensationelle Neuerung bereit: den Innovationsfonds. Erstmalig können Strukturinnovationen auf Systemebene prospektiv wissenschaftlich evaluiert werden, ein Blindflug wie bei der DRG-Einführung sollte also der Vergangenheit angehören. Das deutsche Gesundheitssystem schließt hiermit zu anderen entwickelten Gesundheitssystemen auf, die bereits länger erkannt haben, dass das Gebot der Nutzenevaluation nicht nur für Produktinnovationen (z.B. Medikamente), sondern auch für Interventionen auf der Ebene der Gesundheitspolitik zu gelten hat. Das beste Beispiel ist das US-amerikanische Patient Centered Outcome Research Institute (PCORI) in den USA, das im Jahr 2010 im Rahmen des Patient Protection and Affordable Care Act beschlossen wurde und bis 2019 mit insgesamt 3 Mrd. $ ausgestattet ist. Es beschäftigt sich, ganz analog zum deutschen Vorgehen in der Versorgungsforschung, mit „relative health outcomes, clinical effectiveness, and appropriateness” und der Evaluation von Strukturveränderungen im Gesundheitswesen (1).
Wie sehen die Regelungen im Einzelnen aus? Zunächst soll der G-BA mit Hilfe des neu im GBA einzurichtenden Innovationsausschusses „neue Versorgungsformen“ fördern – die Versorgung und nicht primär die wissenschaftliche Evaluation stehen hier im Vordergrund. Diese neuen Versorgungsformen müssen drei Bedingungen erfüllen, nämlich die sektorenübergreifende Versorgung verbessern, in die Regelversorgung überführbar sein und einer „wissenschaftlichen Begleitung und Auswertung“ unterliegen (§92a Abs. 1I). Für die Förderung stehen von 2016 bis 2019 jährlich 225 Mill. Euro zur Verfügung, über deren Vergabe der Innovationsausschuss entscheidet. Inhaltlich liegt der Fokus auf der Behebung der Integrations- und Qualitätsdefizite, analog der allgemein akzeptierten Analyse, dass hier zwei der Hauptprobleme zu suchen sind (2). Unter den berechtigten Antragsstellern – ein wichtiges Kriterium für die inhaltliche Ausgestaltung – kommt den Krankenkassen eine hervorgehobene Stellung zu, sie werden nicht nur als erste vor den Leistungserbringern genannt, sondern sind bei der Antragsstellung „in der Regel … zu beteiligen“. Inhaltlich werden dezidiert „Vorhaben, die auf eine dauerhafte
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