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„Patientenbeteiligung – ein komplexes Treiben“

31.03.2015 14:00
Dr. Martin Danner, seit 2008 Bundesgeschäftsführer der BAG Selbsthilfe und Sprecher des Koordinierungsausschusses der Patientenvertretung der DBR und der BAG Selbsthilfe im Gemeinsamen Bundesausschuss, spricht sich im MVF-Interview auf allen Ebenen vehement für eine stärkere Parientenbeteiligung aus und fordert von der Politik einen Paradigmenwechsel. Letztendlich, so Danner, müsse die Politik sich dazu bekennen, endlich „Patienten als gleichwertige Akteure im System strukturell zu stärken“, damit dieser vom Empfänger zum Akteur werden kann, weil Patienteninteressen in einer Ära reinen Wettbewerbs nur von Patienten selbst repräsentiert werden können.

>> Herr Dr. Danner, in der BAG-Selbsthilfe, dem Dachverband der Selbsthilfeorganisation chronisch kranker und behinderter Menschen in Deutschland, sind mehr als 120 Bundesorganisationen der Selbsthilfe zusammengeschlossen, allesamt sind Patientenorganisationen, die es – anders als in anderen Ländern – in der Bundesrepublik für fast alle relevanten Indikationsbereiche gibt. Doch wie sieht es mit der Bürger- oder auch Patientenbeteiligung auf der Mikro-, Meso- und Makroebene aus? Ganz unten, so scheint es, funktioniert die Beteiligung, doch je weiter man nach oben kommt?
Das muss man differenziert betrachten. Denn Bürger- oder auch Patientenbeteiligung macht sich vor allem an bestimmten Gremien fest; und dort wächst dieses zarte Pflänzchen ebenso, wobei es natürlich auch Bereiche gibt, wo Bürger- oder Patientenbeteiligung noch nicht stattfindet.

Bewegen wir uns doch mal von unten nach oben.
Beginnen wir auf der örtlichen Ebene. Hier gibt es beispielsweise die Behindertenbeauftragten der Kommunen, welche die Selbsthilfegruppen vor Ort einbinden. Und teilweise gibt es auch kommunale Gesundheitsforen mit Patiententbeteiligung.

Aber es fehlt doch an einem institutionalisierten Rahmen?
Stimmt. Die Einbindung von Selbsthilfegruppen ist alleine dem Goodwill der kommunalen Entscheidungsträger überlassen. Darum ist die Art und Weise, wie Bürger- oder Patientenbeteiligung auf dieser Ebene stattfindet, von Gemeinde zu Gemeinde und von Stadt zu Stadt sehr verschieden. Wenn man es genau nimmt, kann man es auf örtlicher Ebene überhaupt nicht einheitlich sagen, wie und ob die Beteiligung überhaupt funktioniert. Das ist vor allem ein strukturelles Problem, weil es in der Regel auf örtlicher Ebene keine indikationsübergreifenden Zusammenschlüsse gibt. Darum ist ein Austausch unter den verschiedenen Patientengruppen auf der Mikroebene auch nur sehr schwer zu organisieren.

Wie sieht es auf der Mesoebene aus?
Auf der Landesebene gibt es punktuell Beteiligungsmöglichkeiten, das ist aber von Bundesland zu Bundesland ein Stück weit unterschiedlich. In meinem Bundesland, in Nordrhein-Westfalen, gibt es zum Beispiel eine Landesgesundheitskonferenz, an der Patientenorganisationen beteiligt sind. Ebenso beispielsweise beim Gemeinsamen Landesausschuss, wo die Beteiligung über ein Bundesgesetz geregelt und im SGB V verankert ist. Dem Gemeinsamen Landesausschuss obliegt die regionale Planung der Versorgung. Ferner gibt es zum Beispiel eine Patientenbeteiligung bei den Zulassungs- und Beratungsausschüssen zur Vergabe der Vertragsarztsitze.

Es gibt eine Möglichkeit, gar oft Recht auf Anhörung und Mitarbeit, aber kein Stimmrecht!
Auf den bisher erwähnten Ebenen gibt es keinerlei Stimmrechte, vor die bis bislang so eine Art demokratietheoretischer Riegel vorgeschoben wird. Aber es gibt immerhin Mitberatungsrechte, die zwar einerseits nicht so stark sind wie Stimmrechte, aber andererseits schon als einen enormen Fortschritt zu verstehen sind. Denn wenn man es schafft, sich Gehör zu verschaffen, kann man auch Einfluss auf die Entscheidung ausüben – auch ohne Stimmrecht. Eigentlich möchten sich alle Entscheidungsgremien gerne darauf berufen, dass sie die Patienteninteressen vertreten. Es kommt halt darauf an, eine Diskussionskultur zu entwickeln, in der möglichst alle Argumente offen auf den Tisch gelegt werden müssen. Dann und nur dann können sich die Entscheidenden daran messen lassen, wie gut ihre Argumente und ihre Entscheidungen wirklich sind.

In diesem Konstrukt nimmt dann die Patientenvertretung eine Art Notarfunktion ein?
So in der Art. Die Anwesenheit von Patientenvertretern ändert aber auch Inhalte. Wenn Patientenvertreter dabei sind, wird in solchen Gremien eher versucht, über die Sache an sich zu sprechen, was nicht ausschließt, dass implizit die finanziellen und berufsständischen Interessen mitverhandelt werden. Wenn Patientenvertreter aber nicht dabei sind, wird ...  <<

 

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