MVF 03-16
„Wir managen Diabetiker für einen Fixbetrag“
Ausgabe 03 / 2016
Kenntnis von Algorithmen, Kooperationen und Studien: So könnte man die neue Begriffstrias bezeichen, mit dem sich Roche Diabetes Care einen Weg in die Zukunft des nachindustriellen Zeitalters sichern will. Nicht dass der Diagnostik-Konzern künftig keine Blutzuckermessgeräte und -teststreifen produzieren möchte, aber eben nicht nur, und dies dann eingebettet in ein evidenzbasiertes Diabetesmanagement. Das ist nach Meinung von Dr. Marcel Gmünder ein wesentlich zukunftsgerichteteres Geschäftsmodell als das alte. Innovative IV-Verträge und Integrated-Care-Modelle sind dabei die Wegbereiter.
Das Belegarztwesen: Eine Einschätzung aus dem Blickwinkel von Arzt und Krankenhaus am Beispiel der Augenheilkunde
Ausgabe 03 / 2016
Das Belegarztwesen ist eine langjährig etablierte Form integrierender wie sektorenübergreifender Versorgung (Hahn et al., 2015a, 2015b; Wienke und Mündnich, 2011). Beide Versorgungsansätze sind auch aktuell im Fokus der deutschen Politik: (Mehr) integrierte Versorgung wird seit nunmehr fast 20 Jahren immer wieder gefordert (Mühlbacher et al., 2006). Der Innovationsfonds, der im Versorgungsstärkungsgesetz vom 10.06.2015 in deutsches Gesetz überging, sieht 225 Millionen Euro pro Jahr vor, um „neue Versorgungsformen, die eine Verbesserung der sektorenübergreifenden Versorgung zum Ziel haben und hinreichendes Potenzial aufweisen, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden“ zu fördern (Deutscher Bundestag, 2015). Im klassischen Verständnis des Belegarztwesens behandelt ein primär vertragsärztlich/ambulant tätiger Arzt seine Patienten unter Verwendung stationärer Ressourcen in einem Krankenhaus in einer Belegabteilung. Hierfür hat der Belegarzt einen Vertrag mit dem Krankenhaus, die Infrastruktur (inklusive Personals) im Krankenhaus nutzen zu dürfen. Belegarzt und Krankenhaus werden unabhängig voneinander vergütet. Während der Belegarzt seine Tätigkeit über den Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) abrechnet, erhält das Krankenhaus eine sogenannte Belegarzt-DRG.
Infliximab-Biosimilars im Aufwärtstrend
Ausgabe 03 / 2016
Mit einer Vielzahl an Steuerungsinstrumenten versucht der Gesetzgeber die Arzneimittelversorgung optimal zu gestalten, auch indem innovative Therapien für die Patienten zugänglich gemacht werden. Dabei sind Biopharmazeutika eine zunehmend wichtige Behandlungsoption, deren wirtschaftliche Verordnungsweise aber nach wie vor eine Herausforderung darstellt. Gesundheitspolitische Rahmenbedingungen sollen eine erfolgreiche Marktdurchdringung von Biosimilars unterstützen und damit einen Beitrag zur Wirtschaftlichkeit leisten. Welche Maßnahmen derzeit getroffen werden und wie sich diese auswirken, zeigt die vorliegende Analyse am Beispiel von Infliximab.
Was so alles auf der EU-Agenda steht
Ausgabe 03 / 2016
Im Amtsblatt C421 der Europäischen Union findet sich unter der Informationsnummer 2015/C 421/03 ein interessantes Dokument, das mit „Schlussfolgerungen des Rates zu personalisierter Medizin für Patienten“ überschrieben ist. Darin werden die vom Rat der Europäischen Union auf seiner 3426. Tagung am 7. Dezember 2015 angenommenen Schlussfolgerungen zu personalisierter Medizin für Patienten abgehandelt.
Ist die NUB-Nutzenbewertung evidenzbasiert?
Ausgabe 03 / 2016
Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) mit Medizinprodukten hoher Risikoklassen, invasivem Charakter und neuem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept werden zukünftig hinsichtlich ihres Nutzens bewertet, damit sie im Krankenhaus erstattungsfähig sind. Während nach dem Versorgungsstärkungsgesetz (GKV-VSG) mit dem §137h SGB V auch die entsprechende Rechtsverordnung (MeMBV) und Verfahrensregelung beschlossen wurden, bleiben verschiedene grundsätzliche Methodenfragen offen. Mögliche Antworten und Lösungsansätze bot vor kurzem in Berlin das Plenum der B. Braun-Stiftung und der Hochschule Neubrandenburg mit dem Titel „Der Wert von Medizinprodukten: Multiple Endpunkte in der Nutzenbewertung von Medizinprodukten mit invasivem Charakter“.
Motor für Prozessinnovationen?
Ausgabe 03 / 2016
Die Idee, über finanzielle Anreize die sektorenübergreifende Versorgung zu verbessern, ist im deutschen Gesundheitswesen nicht neu und hat schon spätestens mit dem Auslaufen der Anschubfinanzierung der Integrierten Versorgung (IV) Ende 2008 für Ernüchterung gesorgt. Viele Verträge waren ohne die „Subvention“ schlicht und einfach unwirtschaftlich und wurden beendet; die Zahl der Neuverträge ging massiv zurück. Zudem war aufgrund unzureichender Vorgaben zur Evaluation keine Aussage darüber möglich, ob die vertraglichen Vereinbarungen tatsächlich zur Verbesserung der Versorgung und Überwindung von Sektorengrenzen geführt hatten.
Ein Beispiel für translationale Versorgungsforschung
Ausgabe 03 / 2016
Eine erfolgreiche Translation von aus der Wissenschaft generierten Erkenntnissen in die Praxis ist stets erklärtes Ziel der translationalen Versorgungsforschung. Dieses Ziel konnte mit der bundesweiten Studie „Demenznetzwerke in Deutschland“ (DemNet-D) erreicht werden. Die Studienergebnisse wurden im zweiten Pflegestärkungsgesetz, im §45c Absatz 9 des Sozialgesetzbuches XI, berücksichtigt. Die neue Regelung ermöglicht es Pflegekassen und privaten Versicherungsunternehmen ab Januar 2017 regionale, selbst organisierte Gesundheitsnetzwerke mit jährlich bis zu 20.000 Euro zu unterstützen. Den bundesweit insgesamt 402 Kreisen oder kreisfreien Städte stehen dazu Mittel des Ausgleichfonds zur Verfügung, welcher sich aus den Beiträgen aus den Rentenzahlungen, den Überschüssen aus Betriebsmitteln und Rücklagen der Pflegekassen und dem vom Gesundheitsfonds überwiesenen Beiträgen der Versicherten zusammensetzt. Eine finanzielle Beteiligung der Kommune ist keine Bedingung der Förderoption. Insgesamt könnten daher ab 2017 jährlich über acht Millionen Euro in die Netzwerkversorgung fließen.
Qualifizierte ambulante Versorgung bei Diabetischem Fußsyndrom im Rahmen eines IV-Vertrags
Ausgabe 03 / 2016
In der Bundesrepublik haben derzeit schätzungsweise 250.000 Menschen mit Diabetes eine Fußläsion und etwa 1 Million Diabetiker ein erhöhtes Risiko, eine Fußverletzung zu erleiden. Damit ist das Diabetische Fußsyndrom (DFS) eine der Hauptkomplikationen von Patienten mit Diabetes mellitus, wobei die bedeutendsten Konsequenzen diabetischer Fußprobleme Ulzerationen (tiefliegende Substanzdefekte, vulgo Geschwüre - oft in Form der chronischer Wunden) sowie kleine (Minor-) und hohe (Major-) Amputationen sind [1]. Obwohl es seit 2003 das DMP Diabetes mellitus Typ 2 und seit 2005 das DMP Diabetes mellitus Typ 1 gibt, an denen mittlerweile über vier Millionen Diabetiker teilnehmen [2] und sich damit die ambulante Versorgung für Diabetiker insgesamt verbessert hat, werden durch sie anscheinend die Komplikationsraten der Mikroangiopathie, insbesondere jener des Diabetischen Fußsyndroms, nicht positiv beeinflußt. Der AOK Nordost fiel nun bei der Kontrolle der Zielerreichungsgrade des kasseneigenen DMP Diabetes auf, dass die hier festgelegte, einmal jährliche Fußuntersuchung nicht lückenlos bei allen Diabetikern durchgeführt wurde, bei der Feststellung eines auffälligen Fußstatus nicht immer eine Überweisung oder eine zu späte Überweisung zu einem Spezialisten erfolgte, die Mit- und Weiterbehandlung des auffälligen Fußes erst stark zeitverzögert eingeleitet wurde und es zu Amputationen kam, obwohl in den DMP-Dokumentationen stetig nur niedrige Schweregrade angegeben waren. Dies nahm die „Gesundheitskasse“ bereits 2011 zum Anlass, mit besonders zur Versorgung von DFS-Patienten qualifizierten Ärzten einen Vertrag nach § 73c SGB V zu schließen, welcher die diabetologisch qualifizierte ambulante Versorgung der Versicherten mit DFS verbessern soll. Dieser Beitrag stellt die ersten Auswertungen des DFS-Vertrags vor, mit dem die AOK Nordost das selbstgesetzte Ziel, bei ihren Versicherten mit einem Diabetischen Fußsyndrom Amputationen zu reduzieren, erfüllen konnte.
Erste „Berliner Migrantenstudie“: Zugang zum Gesundheitswesen und Leistungsinanspruchnahme von Migranten in Berlin
Ausgabe 03 / 2016
Die seit dem Jahr 2014 deutlich und seit 2015 sprunghaft gestiegene Zuwanderung nach Deutschland stellt auch gerade das Gesundheitswesen vor neue Herausforderungen bei der Sicherstellung der Gesundheitsversorgung. Die bislang unzureichend erforschte Problematik zu den Themen Überwindung von Sprachbarrieren, kulturellen Unterschieden und logistischen Herausforderungen zur Sicherstellung des optimalen Zugangs zum Gesundheitswesen, aber auch zur Sicherstellung einer bedarfsgerechten Gesundheitsversorgung von Migrantinnen und Migranten sollten in dieser Studie – der ersten „Berliner Migrantenstudie“ – vom GeWINO thematisiert und dargestellt werden. Das Gesundheitswissenschaftliche Institut Nordost (GeWINO) der AOK Nordost beobachtet die Entwicklung der Gesundheitsversorgung von Menschen mit Migrationshintergrund seit geraumer Zeit auch im Rahmen des Schwerpunktes „Internationale Kasse“ und sucht gemeinsam mit regionalen Partnern rasche sowie unbürokratische Lösungen, um die Gesundheitsversorgung der Migranten in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern sicher zu stellen. Ziel der ersten „Berliner Migrantenstudie“ war die Bereitstellung von Daten und Fakten zur aktuellen Entwicklung der Gesundheitsvorsorge von Migranten in Berlin, um bei Planung und dem Aufbau regionaler Strukturen zur Bewältigung der Herausforderungen durch Migration in das deutsche Gesundheitswesen zu unterstützen und diese durch innovative Maßnahmen der AOK Nordost zu ergänzen. Die erste „Berliner Migrantenstudie“ führte das Gesundheitswissenschaftliches Institut Nordost (GeWINO) der AOK Nordost in Kooperation mit dem bbw Bildungswerk der Wirtschaft in Berlin und Brandenburg e.V. und der bbw Hochschule Berlin in 2015 durch. Die zweite „Berliner Migrantenstudie“, die in der gleichen Konstellation durchgeführt wird, wurde bereits gestartet und auch zukünftig wird sich das GeWINO der Thematik widmen.
Veränderungen in der Behandlung T2D-Patienten in hausärztlichen Praxen vor und nach Einführung neuer Arzneimittel
Ausgabe 03 / 2016
Für die Behandlung von Patienten mit Typ-2-Diabetes mellitus (T2DM) stehen zahlreiche Medikamente zur Verfügung. Metformin und Sulfonylharnstoffe sind seit Jahrzehnten im Einsatz und können entweder als Monotherapie oder als Teil von Kombinationstherapien verwendet werden [12–14]. Seit Mitte der 2000er Jahre sind zahlreiche neue Arzneimittel für die Behandlung von T2DM auf dem Markt, die weniger Nebenwirkungen als Metformin und Sulfonylharnstoffe verursachen: Inhibitoren der Dipeptidylpeptidase 4 (DPP4), Glucagon-like Peptid 1 (GLP-1) Rezeptor-Agonisten und Inhibitoren des Natrium/Glukose-Cotransporter 2 (SGLT2). Ihr Einsatz in Europa wurde im Jahr 2007 bzw. 2009 und 2013 durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) genehmigt [15–17]. Während DPP-4-Inhibitoren und GLP-1 die Freisetzung von Insulin anregen und die von Glukagon hemmen, beeinflussen die SGLT2-Inhibitoren die renale Reabsorption von Glukose [18–20]. Obgleich diese drei Wirkstoffklassen unterschiedliche Wirkmechanismen aufweisen, verhindern sie alle Hyperglykämien und regulieren den HbA1c-Wert von Patienten mit T2DM [18,19,21]. Obwohl solche Arzneimittel ihre Wirkung bereits unter Beweis gestellt haben, hängt der Erfolg dieser Therapien nicht nur von den Medikamenten selbst, sondern auch von der Compliance [22], Ernährung [23], dem Management und den Behandlungsstrategien ab [24,25]. Ziel dieser Studie war es daher, die Veränderungen in einer deutschen T2DM-Population vor (2006) und nach (2010, 2014) der Einführung dieser neuen Arzneimittel zu analysieren, um ein besseres Verständnis ihrer Wirkungen zu gewinnen.
Gibt es eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Galantamin bei der Behandlung von Alzheimer-Patienten?
Ausgabe 03 / 2016
Rund 1,4 Millionen Menschen mit Demenz leben heutzutage in Deutschland (weltweit sind es rund 35 Millionen). Prognosen zufolge wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf rund 3 Millionen Menschen verdoppeln (weltweit 115 Millionen). Auf dieser Basis wird ein Anstieg von 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr vorhergesagt. Eine Ursache für diese Entwicklung ist der demografische Wandel, der eine immer älter werdende Bevölkerung beschreibt [1, siehe Abb.1]. Das Alter stellt den grössten Risikofaktor für die Demenz dar, denn die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter stark zu. Diese liegt z. B. bei den 65-74jährigen nur bei 1,7%, bei den 75-84jährigen schon bei 11% und steigt bei den 84jährigen exponentiell auf 30% [2]. Insgesamt ist festzuhalten, dass die ökonomische Relevanz der Demenz steigen wird. Eine Folge der Demenz ist die bereits früh einsetzende Pflegebedürftigkeit der Patienten und die oft mit dieser Erkrankung vergesellschafteten Depressionen. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und dem daraus resultierenden Pflegeaufwand belaufen sich die Kosten auf rund 15.000-42.000 Euro pro Patient und Jahr [3]. Die meisten Patienten werden heutzutage noch häuslich mit Hilfe von Angehörigen betreut. Die dadurch entstehenden Kosten sind in den oben genannten noch nicht einkalkuliert. Folglich sind die tatsächlichen Betreuungskosten von Demenz-Patienten noch höher. Weiterhin gibt es zukünftig immer weniger jüngere Menschen, die diese Pflege auch übernehmen können. Eine Möglichkeit, den prognostizierten Pflegeaufwand zu begrenzen wäre eine angemessene und qualitativ hochwertige Therapie. Ziel der vorliegenden Studie war, die Versorgung von Demenz-Patienten mit Galantamin auf der Basis unserer Versicherungsdaten zu analysieren. <<