MVF 03/18
„Lernende Maschinen – Fluch oder Segen?“
Ausgabe 03 / 2018
Angeregt durch zwei sehr konträre Positionen, die auf dem MVF-Fachkongress „Extrapolation 2018“ von Prof. Dr. Gerd Antes einer- und Prof. Dr. Bertram Häussler andererseits vertreten wurden, hat „Monitor Versorgungsforschung“ Prof. Dr.-Ing. Thomas P. Zahn gebeten, in einem ausführlichen Titelinterview eine Begriffsklärung vorzunehmen: von lernenden Systemen, über maschinelles Lernen bis hin zur oft und – nach Zahn – leider auch zu oft strapazierten künstlichen Intelligenz.
61 Substanzen: Bonussystem für pädiatrische Studien
Ausgabe 03 / 2018
Vor nunmehr elf Jahren, im Januar 2007, trat die EU-Verordnung über Kinderarzneimittel in Kraft. Zielsetzung war es, Arzneimittel für die Behandlung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung zu stellen, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit speziell für diese Altersgruppe untersucht werden. Denn Marktkräfte alleine waren nicht in der Lage ausreichende Anreize für die Forschung und das Inverkehrbringen von pädiatrischen Arzneimitteln zu generieren. Daher wurde mit der EU-Verordnung ein System implementiert, welches Verpflichtungen und Boni für den pharmazeutischen Unternehmer umfasst. INSIGHT Health analysiert im vorliegenden Beitrag dieses System am Beispiel der Verlängerung des Ergänzenden Schutzzertifikates.
Der „Risk of Bias“ muss das Leitprinzip werden
Ausgabe 03 / 2018
Wundern Sie sich als Arzt manchmal, warum die Ein- und Ausschlusskritierien von RTC-Studien ausgerechnet viele ihrer Patienten negieren? Denken Sie als Gesundheitspolitiker oft, dass es für Ihre Entscheidungen mehr an Evidenz geben muss, als man in rein klinischen Studiensettings herausfinden kann? Fragen Sie sich als Pharmamanager, welchen Wert Register, Real World-Daten und Patient Reported Outcome-Studien in der frühen Nutzenbewertung wirklich haben? Hinter all diesen Fragen steht das Metathema der Übertragbarkeit von Studienergebnissen, die im Fokus des 8. MVF-Fachkongresses mit dem Titel „Extrapolation 2018“ stand.
Häussler: „Lasst uns von der Leine“
Ausgabe 03 / 2018
Podiumsdiskussion des 8. Fachkongresses von „Monitor Versorgungsforschung“. Es dikutierten Prof. Dr. Thomas Wilke, Dr. Michael Happich, Prof. Dr. Dieter Paar, Dr. Ilona Köster-Steinebach, Corinna Schaefer, Prof. Dr. Reinhold Roski, Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig, Prof. Dr. Bertram Häussler, Prof. Dr. Matthias Schrappe und Prof. Dr. Gerd Antes.
Über die Efficacy zur Effectiveness zum Value
Ausgabe 03 / 2018
Auf dem Fachkongress „Extrapolation 2018“, veranstaltet am 11. April 2018 von „Monitor Versorgungsforschung“ (MVF), wurde klar, dass Randomized Controlled Trials (RCT) zwar von allen Referenten als Goldstandard zum Nachweis der Wirksamkeit unter Idealbedingungen geschätzt werden. Unklar ist jedoch noch, mit welchen konsentierten Prozessen die in RCT gewonnenen Ergebnisse in die Realversorgung zu übertragen – zu extrapolieren – sind. Grund genug, um auf diesen ersten deutschsprachigen Fachkongress ein wissenschaftliches Symposium mit dem Titel „RCT – Bias-Kontrolle?“ folgen zu lassen. Es diskutierten PD Dr. Stefan Lange (Stellv. Leiter des IQWiG) mit dem Gesundheitsökonomen Prof. Dr. Jürgen Wasem und dem Begründer der Klinischen Ökonomik und des Institute of Clinical Economics (ICE) e.V., Prof. Dr. med. Franz Porzsolt.
Große gemeinsame Chance für Politik und Akademia
Ausgabe 03 / 2018
Seit knapp zwei Jahren beschäftigt sich eine Ad-hoc-Kommission des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF) e.V. mit etwas, was bislang in der deutschen Gesundheitsversorgung, in der steuernden Politik, in der ausführenden Selbstverwaltung und auch in dem von ihr regulierten Innovationsfonds fehlte: Ziele. Dass die Beschäftigung mit dieser Thematik alles andere als trivial,vielmehr sehr komplex ist, zeigte das 6. DNVF-Forum Versorgungsforschung des DNVF unter dem Titel „Versorgungsziele“.
Raus aus dem Diskussionsmodus
Ausgabe 03 / 2018
Das bereits 1991 gegründete Tumorzentrum Regensburg ist als neutrales und unabhängiges Qualitätssicherungszentrum mit rund 1.500 niedergelassenen Ärzten* in der Oberpfalz und in Niederbayern sowie 50 regionalen Krankenhäusern – unter ihnen auch das Universitätsklinikum Regensburg – vernetzt. Die Einrichtung ist nach den Vorgaben des Krebsregistergesetzes in seiner Funktion als „Institut für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung“ zuständig für die strukturierte Erhebung und Auswertung der im Tumorzentrum aggregierten Erkrankungsdaten. Die „Verwalterin“ dieses Datenschatzes ist Privatdozentin Monika Klinkhammer-Schalke. Die mit einem Doktortitel (Medizin) und einem Diplom (Theologie) ausgestattete Direktorin des Tumorzentrums möchte mit ihrem gut 30-köpfigen Team Rückschlüsse auf Entstehung und Verlauf einzelner Krebserkrankungen ziehen und durch die sich ergebenden Erkenntnisse die Versorgungsqualität weiterentwickeln.
Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung
Ausgabe 03 / 2018
Der Innovationsfonds hat positive Impulse auf die Innovationslandschaft im Gesundheitswesen gesetzt, wodurch neue Kooperationen entstanden sind und neue Versorgungsansätze erprobt werden. Der BMC möchte die Diskussion um die Fortführung des Innovationsfonds unterstützen. Dazu engagiert sich auch unsere Arbeitsgruppe Geförderte Innovationsfondsprojekte, die intensiv an nachfolgenden Anregungen mitgewirkt hat. Weitere Anregungen und Kommentierungen sind explizit erwünscht.
Nagel: „Die Erwartungshaltung hat kein Maß“
Ausgabe 03 / 2018
Dies sei der erste deutsche Kongress zur Überversorgung, lobte ein Redner die Veranstalter, das WINEG und die TK auf der einen, das Forschungsinstitut INgef von spectrumK auf der anderen Seite, die in Berlin gemeinsam das Forum „Praxis Versorgungsforschung“ unter dem Titel „Viel hilft nicht immer viel - Auf dem Weg zur richtigen Versorgung“ durchführten. Über die „Patientenautonomie am Lebensende“ (Prof. Dr. mult. Eckhard Nagel, Universität Bayreuth) über Analysen zu „Chemotherapien am Lebensende“ von Prof. Dr. Roland Linder (WINEG) und „Fehlversorgung und deren Auswirkungen auf den Patienten“ von Dr. Jochen Walker (InGef), „Übertherapie am Lebensende“ (Buchautor Dr. Matthias Thöns) und „Therapieziele bei fortgeschrittenem Krebsleiden“ von Dr. Johannes Bruns (Deutsche Krebsgesellschaft e. V.) führte der Bogen zu „Antibiotikaeinsatz in der Primärversorgung“ mit der Frage „Individueller Nutzen vs. kollektiver Schaden?“ von Prof. Dr. Attila Altiner (Universität Rostock), die „Medikamentöse Therapie bei Multimorbidität“, verbunden mit der Frage „Wo endet der Nettonutzen?“ (Prof. Dr. Petra A. Thürmann, Universität Witten/Herdecke) bis zu einem umfassenden Editorial zum Thema „Gemeinsam klug: Arzt-Patienten-Kommunikation als Schlüssel zur Partizipation“ von Prof. Dr. Norbert Schmacke (Universität Bremen), das vollständig ab Seite 39 zu lesen ist.
Der Schlüssel zur Partizipation
Ausgabe 03 / 2018
„Gemeinsam klug entscheiden“ ist als Import aus Nordamerika eine viel und vieles versprechende Losung, die aufsetzt auf der alten Erkenntnis der Gesundheitswissenschaften wie auch zahlreicher individueller Erfahrungen, dass weniger oft mehr ist. Kluge Entscheidungen zu fördern ist ein unverzichtbares Ziel guter Medizin. Der Weg dahin könnte aber steiniger sein als viele denken.
„Der Andere könnte auch Recht haben“
Ausgabe 03 / 2018
In Anbetracht zahlreicher Pauschalangriffe auf die Komplementärmedizin und insbesondere auf die Homöopathie sowie einem „Münsteraner Memorandum Homöopathie“ (1), in dem die Abschaffung der ärztlichen Zusatzbezeichnung Homöopathie auf dem 121. Deutschen Ärztetag gefordert wird, erfolgt im Namen der Mitglieder des Dialogforum Pluralismus in der Medizin (DPM) sowie der unten aufgeführten Institutionen und der unterzeichnenden Personen eine Stellungnahme, in der dargelegt wird, dass die Behauptung der Unwirksamkeit der Homöopathie im Hinblick auf die publizierte wissenschaftliche Evidenz nicht zutrifft (2-7 u.a.m.). Die folgende Richtigstellung erfolgt mit einem Verweis auf internationale repräsentative klinische Studien, Meta-Analysen und HTAs zur Homöopathie (8-20).
Prävalenz und Risikofaktoren von Delirdiagnosen in Hausarztpraxen
Ausgabe 03 / 2018
Mit dem Begriff des Delirs wird ein ätiologisch unspezifisches hirnorganisches Syndrom erfasst, das charakterisiert ist durch gleichzeitig bestehende Störungen des Bewusstseins und der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung, des Denkens, des Gedächtnisses, der Psychomotorik, der Emotionalität und des Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Dauer und der Schwergrad kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein [Dilling H et al., 2014]. Delirante Syndrome sind eine häufige Komplikation bei der stationären Behandlung älterer Patienten. Während bei ambulant behandelten über 65-jährigen Patienten delirante Syndrome mit einer Prävalenz von 1-2 % selten gefunden wurden (Lange et al., 2013; Davies et al., 2013), gab es teilweise sehr hohe Prävalenzraten von bis zu 70% in Pflegeheimen (zwischen 1,4% und 70,3%) und bis zu 82% in Krankenhäusern (zwischen 7% und 82%) (Inouye et al., 2014, Lange et al., 2013). Die weite Spanne dieser Befunde hängen in erster Linie von den verwendeten diagnostischen Kriterien, dem Alter der Patienten und der Demenzrate ab. Im Allgemeinen ist das Delir mit einer längeren Aufenthaltsdauer, erhöhten Pflegebedürfnissen, einer Zunahme der Heimunterbringungen und letztlich einer erhöhten Mortalitätsrate assoziiert (Inouye et al., 2014; Pendleburry et al., 2015). Es ist bekannt, dass Delire sowohl stationär als auch ambulant oft unentdeckt bleiben (Lange de, et al. 2013, Jenkin et al., 2016). Daher ist die Identifizierung von Risikofaktoren besonders wichtig, um so früh wie möglich präventive Maßnahmen einleiten zu können (z. B., Kratz et al., 2015; Pendlebury et al., 2017). Dies gilt insbesondere für präventive diagnostische Instrumente, wie sie z. B. für das Delir bei Demenz eingeführt wurden (Richardson et al., 2017). Für den ambulanten Versorgungsbereich gibt es jedoch nur geringe Informationen zur Prävalenz und den Risikofaktoren des Delirs (Lixouriotis et al., 2011; Lange et al., 2013). Ziel dieser Studie war es daher, die Prävalenz der dokumentierten Delirdiagnosen in einer großen Stichprobe von Patienten in deutschen Hausarztpraxen zu bestimmen und zu untersuchen, ob Risikofaktoren identifiziert werden können, die das Auftreten eines Delirs wahrscheinlicher machen.
Von „Big Data“ zur Exploration von Assoziationen im Raum von Morbidität und Versorgung
Ausgabe 03 / 2018
Von allen Diskussionen um „Big Data“ interessiert uns hier nur ein kleiner Ausschnitt: Die Vorstellungen, die zu diesem Thema in der deutschen Gesundheitsforschung expliziert worden sind oder die in impliziter Weise die Diskussion beeinflusst hatten. Diesen Ausschnitt eingehender zu untersuchen ist deshalb wichtig, weil die biomedizinische Forschung weltweit dabei ist, ihr Instrumentarium entscheidend zu erweitern. Der Begriff „Big Data“ leistet jedoch leider wenig, um diesen Prozess zu verstehen – im Gegenteil. Es geht um die historisch nie dagewesene Möglichkeit, sehr viele Menschen im Hinblick auf die natürliche Entwicklung ihrer Gesundheit zu beobachten, und dabei auch die Anwendung und Einwirkung massenhaft verfügbarer Interventionen zu studieren. Dieser Ansatz hat ein Potenzial, das noch nicht begriffen worden ist. Die Frage, welchen Zugang Deutschland zu dieser Entwicklung finden wird, stellt sich genau aus dieser Perspektive.
Modellgestützte Verfahren und „big (spatial) data“ in der regionalen Versorgungsforschung II
Ausgabe 03 / 2018
In der Handelsforschung werden seit Jahrzehnten räumliche Interaktionsmodelle zur Abschätzung und Analyse von Kundenzuflüssen angewandt, darunter auch im mit der Gesundheitsversorgung eng verwandten Bereich der Nahversorgung im Lebensmittelhandel (Wieland 2011, 2015a). Mittlerweile haben diese Modelle aber auch Einzug in die regionale Versorgungsforschung gefunden (Bauer/Groneberg 2016, Fülop et al. 2011, Jia et al. 2015). Bevor die exemplarische Anwendung räumlicher Interaktionsmodelle erfolgt, müssen zunächst einige generelle Überlegungen zur Sinnhaftigkeit ihrer Nutzung getätigt werden.
Eine krititische Analyse des Querschnittsbereichs Q3 im Studium der Humanmedizin und Empfehlungen zu dessen Optimierung
Ausgabe 03 / 2018
Wirtschaftliche Aspekte der Gesundheitsversorgung haben in den letzten 20 Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen und rechtfertigen die Einführung der Gesundheitsökonomie in die Ausbildung der Medizinstudenten. Deshalb wurde im Jahre 2002 das Querschnittsbereich Q3 „Gesundheitsökonomie / Gesundheitssystem / Öffentliches Gesundheitswesen“ in der ärztlichen Approbationsordnung verankert. Die Gestaltung der Themen und der Lehrform wurde den anbietenden Instituten überlassen, sodass die theoretischen Inhalte und auch der zeitliche Umfang dieses Unterrichts nicht einheitlich definiert sind. Das Fach ist an kein spezielles Institut gebunden und wird deshalb in Deutschland aus den Perspektiven unterschiedlicher akademischer Teilgebiete geprägt. Daraus ergeben sich große Unterschiede in den Lehrangeboten. Die Teilbereiche „Gesundheitssystem“ und „Öffentliches Gesundheitswesen“ des Q3 ergeben sich aus bestehenden Versorgungsstrukturen während der Teilbereich „Gesundheitsökonomie“ bisher lediglich als Disziplin in den Wirtschaftswissenschaften existiert. Das Medizinstudium umfasst neben den 21 Pflichtfächern 14 Querschnittsfächer (z.B. Q1: Epidemiologie/medizinische Biometrie/medizinische Informatik, Q7: Medizin des Alterns und des alten Menschen, Q14: Palliativmedizin) sowie Blockpraktika und Wahlfächer.