Holzgreve: „Patienten als Partner wahrnehmen“
>> Roski: Meine Damen und Herren, ich eröffne die Podiumsdiskussion.
Schüürmann: Ich möchte eine Sekunde innehalten beim Punkt der Partnerschaft und dem Begriff Verantwortung und Haftung. Das Problem ist, dass die Haftung im Patientenrechtegesetz weiter auf den Behandler verschoben und noch mal mehr ausgestaltet worden ist. Partnerschaft finde ich toll und ich bin auch immer froh, wenn der Patient entsprechend auf Augenhöhe mitredet. Das Einzige, was mir dabei fehlt, ist die Haftung und die Verantwortung. Die bleibt vollständig bei mir als Arzt, denn in der Gesetzgebung ist an der Stelle für den Patienten nichts vorgesehen. Das sollte man gleichziehen. Dann sind wir sofort und alle dabei.
Neugebauer: Das ist eine richtige Bemerkung. Da haben wir einen Nachholbedarf. Darum müssen wir uns darum kümmern, das stimmt.
Diel: Das betrifft die berufliche Haftung. Das andere ist: Verantwortung zu übernehmen. Es ist für Ärzte oft nicht befriedigend, wenn sie sich bemühen und am Ende die Patienten zum Beispiel weiterrauchen oder die Medikamente nicht einnehmen. An der Stelle darf man als Arzt nicht empfindlich sein. Doch wenn man hinterher dafür verantwortlich gemacht wird, dass das Ergebnis nicht stimmt, dann wird es heikel.
Roski: Was sagt der Patientenvertreter, Herr Strunz?
Strunz: Sie haben natürlich Recht. Aus Sicht des Arztes ist wichtig, dass der Patient sich so verhält, wie es der Arzt empfiehlt und für richtig hält und wenn die Compliance stimmt. Das ist wirklich ein Problem bei Patienten, die aus – sagen wir mal vorsichtig – unteren sozialen Schichten kommen. Ich kann mir vorstellen, dass man als Arzt gegenüber einem solchen Phänomen machtlos ist. Die Unterschiede bei der Wahrnehmung der Möglichkeiten, die unser Gesundheitssystem bietet, sind eben stark abhängig von der sozialen Schicht. Das haben viele Untersuchungen bewiesen. Alleine in der Frequenz der Arztbesuche unterscheiden sich Menschen aus höheren sozialen und unteren sozialen Schichten gar nicht. Nur: Sie gehen anders zum Arzt. Menschen aus unteren sozialen Schichten gehen zum Arzt, wenn sie Schnupfen und relativ geringe Erkrankungen haben, und vernachlässigen z.B. Vorsorgeuntersuchungen. Und leider folgen sie nicht so häufig den ärztlichen Empfehlungen.
Roski: Was sagt die Krankenkasse, die das bezahlen muss, Herr Möhlmann?
Möhlmann: Zuerst einmal: dass die Krankenkasse gar nichts bezahlt, sondern dass alles, was die Krankenkassen ausgeben, vorher vom Versicherten und dessen Arbeitgeber abgegeben worden ist. Auch heute Nachmittag tendiert die Diskussion wieder in eine Richtung, dass wir die selbst gelegte Latte so hoch legen, dass wir sie in jedem Fall mit Sicherheit reißen. Die Krankenkassen haben auch die Aufgabe, den Ausgleich zwischen den Patienteninteressen und den Versicherteninteressen zu organisieren. Um auf der kollektiven Ebene zu beginnen: Was wird passieren, wenn es zu einer Reform der Selbstverwaltung kommen sollte? Und wenn in einer Art Liquid Democracy die Vertreter in die Verwaltungsräte der Krankenkassen gewählt werden? Dann werden wir eine richtige Schärfe zwischen den dichotomen Ausprägungen von Patienten- und Versicherteninteressen bekommen. Dann sind vermutlich viele der Dinge, die wir heute diskutieren, weit außen vor. Wir müssen miteinander aufpassen, dass wir nicht abheben, denn alles zahlt die Krankenkasse eben nicht.
Wenn jetzt darüber diskutiert wird, dass die sozialen unteren Schichten eigentlich gar nicht befähigt ... <<
Lesen Sie als Abonnent mehr im Archiv