Alle Beiträge in MVF im Überblick
Alle Artikel sind zudem "open access" verfügbar.
Hochzuverlässigkeitstheorie
Ausgabe 04 / 2022
Mitte der 1980er Jahre begann eine interdisziplinäre Forschergruppe aus Kalifornien ein aus Sicht der Organisationsforschung außergewöhnliches Phänomen zu untersuchen: Organisationen, die das Potenzial haben tagtäglich katastrophale Fehler zu produzieren, dies aber über längere Zeiträume (fast) nie tun. Durch die Untersuchung von Atomkraftwerken, militärischen Flugzeugträgern und der zivilen Luftfahrt identifizierte die Forschergruppe Gestaltungsprinzipien und Praktiken, die die hohe Zuverlässigkeit dieser Organisationen ermöglichen (z.B. Weick 1987; Roberts 1990). Diese liegt in der Kultur und den jeweiligen Routinen der klassischen Hochzuverlässigkeitsorganisationen (high-reliability organizations, HROs) begründet. Auch für Gesundheitsorganisationen, die nach einer hohen Zuverlässigkeit u.a. mit Blick auf Patientensicherheit und die Vermeidung von Fehlern streben, ist eine Gestaltung von Interventionen mit Rückgriff auf Prinzipien der Hochzuverlässigkeitstheorie mehr als naheliegend. Allerdings ist fraglich, ob die Voraussetzungen der klassischen HROs auch für Gesundheitsorganisationen gelten.
Transaktionskostentheorie
Ausgabe 04 / 2022
Das Thema der Gesundheitsversorgung gilt als abwechslungs- und facettenreich. Grund dafür sind nicht nur medizin- und pflegetechnische Entwicklungen, sondern auch sich verändernde Ansprüche aufseiten der Versicherten, die (natürlich!) auf die Behandlungs-, Therapie- und Pflegeregime bzw. die dahinterliegende Versorgungsbereitstellung und -finanzierung wirken. Damit steht nicht nur die Versorgung selbst, sondern auch ihr Entwicklungspotenzial im Fokus der Öffentlichkeit. Mit den Innovationen gehen neue oder aber veränderte Regelungen einher, die von Seiten der Leistungserbringer, aber auch der Kostenträger zu administrieren sind. Die Kosten dieser Administration werden als Transaktionskosten („transaction costs“) bezeichnet, sind in verschiedenen Arrangements einerseits, aber auch im Zeitverlauf andererseits veränderlich und gelten damit als beeinflussbar. Die entsprechenden Arrangements können marktlich, also von einem externen Dienstleister, (gegen Vergütung) abgerufen oder aber in eigener Hierarchie (hierarchisch, also im eigenen Unternehmen) ausgeführt werden. Im angelsächsischen Raum unterscheidet man zwischen „market transaction costs“ und „managerial transaction costs“. Die Transaktionskostentheorie selbst ist – ähnlich wie die Lehre rund um die Verfügungsrechte („property rights“) – ein bedeutender Teil der neuen Institutionenökonomik.
„Wir gehen offensiv mit den uns zur Verfügung stehenden Daten um“
Ausgabe 03 / 2022
„Was wir aus unseren Daten nicht herauslesen können, sind die damit verbundenen Einschränkungen von Lebensqualität und sozialer Teilhabe, Leiden, Schmerzen oder bleibende Schäden, die verhindert hätten werden können.“ Das sagt Daniela Teichert, Vorstandsvorsitzende der AOK Nordost, die im ersten „Titelinterview“ mit „Monitor Versorgungsforschung“ einen wichtigen, aber oft verdrängten Aspekt der Digitalisierung anspricht: die Qualitätssicherung. Es sei – so Teichert – zu hoffen, dass unser neuer Gesundheitsminister das Datennutzungsgesetz auf den Weg bringt, in dem vorgeschrieben werden sollte, dass Transparenz nicht nur schön ist, sondern auch genutzt werden muss, um die Qualität der Versorgung weiter nach vorne zu bringen.
„Es gibt in Deutschland keinerlei nahtlosen Übergang von Daten“
Ausgabe 03 / 2022
Von einer – wie sie selbst sagt – „One-Woman-Show“ einer Digital-Change-Managerin der Universitätsmedizin Essen führte ihr Weg zur Chief Transformation Officerin des UK Essen: Nun ist Dr. Anke Diehl obendrein zu einem der sieben Mitglieder des vom BMG berufenen „Nationalen Expertengremium für Interoperabilität im Gesundheitswesen“, kurz Interop-Council, ernannt worden. Mit Interoperabilität tut sich Deutschland Diehls Worten zufolge noch schwer: Derzeit ist der Übergang von Daten von einem Krankenhaus zum anderen nur im Fall einer Mitbehandlung möglich. Bei Daten aus dem Gesundheitsversorgungsprozess steht Deutschland – was Interop betreffe – „noch ganz am Anfang“, weil sich jeder seine Partikularinteressen leiste, seine eigenen Projekte pflege und die Politik das auch noch zulasse.
„Digitalisierung kann man nicht anordnen, man muss sie wollen“
Ausgabe 03 / 2022
Als General Manager DACH (Deutschland, Österreich, Schweiz) von GE Healthcare – einem Unternehmen mit rund 45.000 Mitarbeitern und einem weltweiten Umsatz von 20 Milliarden Dollar – bereitet Christian Bernhard gerade den wahrscheinlich größten Spin-Off vor, den es im Medizinbereich je gab: Er spricht im Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“ über die derzeitige Herausforderung vom Zustand der „Durch-Elektrifizierung“ zu jenem der „Digitalisierung“ zu kommen, bis hin zur Vision des durchaus möglichen Einsatzes von Künstlicher Intelligenz, die „etwas ganz Neues“ schaffen sowie das Workflow- und das Wissensmanagement revolutionieren kann, wenn man es – so Bernhard – „richtig und natürlich immer datenschutzkonform einsetzt“.
„Meilenstein der digitalen Medizin in Deutschland“
Ausgabe 03 / 2022
Mit dem Metathema Digitalisierung beschäftigte sich der letzte DGIM-Talk im Rahmen des „Health innovation day“. Und damit mit der – wie es Moderator Prof. Dr. med. Friedrich Köhler (Leiter des Zentrums für kardiovaskuläre Telemedizin an der Charité in Berlin) formulierte – Frage, „wie man mit besseren Verfahren bessere Medizin zum Wohl unserer Patient:innen“ machen kann. Prof. Köhler nannte den Beschluss des G-BA, dass das Telemonitoring von Patienten mit Herzinsuffizienz als ambulante Leistung erbracht und abgerechnet werden kann, einen „Meilenstein der digitalen Medizin in Deutschland“. Prof. Dr. med. Sebastian Spethmann (Medizinische Klinik A der Medizinischen Hochschule Brandenburg und Mitglied der DGIM-Arbeitsgruppe Digitale Versorgungsforschung) gab in seinem Vortrag „Telemedizin bei chronischer Herzinsuffizienz“ einen Überblick vom weiten Weg „von klinischen Studien zur Regelversorgung“ und den daraus resultierenden Chancen für die Versorgung der betroffenen Patienten und das Gesundheitssystem.
„Flächendeckendes Telemonitoring bei Herzinsuffizienz möglich“
Ausgabe 03 / 2022
Der G-BA hat am 15. Dezember 2020 entschieden, dass Patient:innen mit Herzinsuffizienz auch in der Regelversorgung telemedizinisch betreut werden können. Dementsprechend hat der Erweiterte Bewertungsausschuss den EBM geändert und entsprechende Gebührenordnungspositionen beschlossen. Damit kann Telemonitoring für Patienten mit Herzinsuffizienz von niedergelassenen Ärzten verordnet werden. Telemedizinzentren können von niedergelassenen Kardiologen mit einer KV-Zulassung für die Schrittmacherabfrage betrieben und mit der KV abgerechnet werden. Die KBV hat mit dem GKV-Spitzenverband als Anlage 3 des Bundesmantelvertrags Ärzte (BMV-Ä) eine Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zum Telemonitoring bei Herzinsuffizienz („QS-V TmHi“) beschlossen. Was das für die Anwendung des Telemonitorings in der Fläche bedeutet, darüber hat „Monitor Versorgungsforschung“ mit Prof. Dr. Martin W. Bergmann vom Cardiologicum Hamburg, einer Unternehmenstochter der Sanecum Gruppe, gesprochen.
ePA-Nutzung ist in der EU recht unterschiedlich
Ausgabe 03 / 2022
Ein aktueller Bericht der Europäischen Kommission unter der Leitung des Unternehmens Open Evidence – ein Spinoff der spanischen Universität Oberta de Catalunya (UOC) – hat die Umsetzung der elektronischen Gesundheitsakte und den derzeitigen Grad der Interoperabilität in den Ländern der Europäischen Union sowie in Norwegen und im Vereinigten Königreich untersucht: mit recht ernüchternden Ergebnissen.