MVF 04/21
„Nichts ist praktischer als eine gute Theorie“
Ausgabe 04 / 2021
Im Vorfeld des 20. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung (06.-08. Oktober 2021) sprach „Monitor Versorgungsforschung“ mit dem Kongress-Präsidenten Prof. Dr. Holger Pfaff, der unter anderem fordert, dass die „Versorgungsforschung theorieorientierter“ werden muss. Er bezeichnet die damit zu zündende nächste Entwicklungsstufe „Versorgungsforschung 2.0“. Denn, so Pfaff weiter, die Versorgungsforschung sei in den letzten zwei Dekaden mit einer guten Methodik „weit gekommen“, müsse sich aber jetzt „weiter wissenschaftlich verbessern“, um den Punkt des schwer Erklärbaren – oder bei ganz neuen Ereignissen wie Covid-19 – den Punkt des noch nicht Erklärbaren überwinden zu können. Pfaff im Titelinterview von „Monitor Versorgungsforschung“: „Dieser Punkt ist jetzt erreicht.“
Wie man mit einer guten Theorie arbeiten kann
Ausgabe 04 / 2021
In einem interessanten wissenschaftlichen Artikel (1), der vor kurzem im „Journal of Health Organization and Management“ erschienen ist, hat Prof. Dr. Lena Ansmann (Abteilung Organisationsbezogene Versorgungsforschung des Departments für Versorgungsforschung an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg) die bisher fast nicht im Gesundheitswesen angewandte Resource-Dependency-Theory (RDT) eingesetzt, um ihre Forschungsfrage zu lösen.
10. MVF-Kongress: Theorien der Versorgungsforschung
Ausgabe 04 / 2021
Aus internationaler Perspektive gesehen, ist die deutsche Versorgungsforschung erstaunlich untertheoretisiert, erklärten die beiden Professoren Braithwaite und Mannion im Titelinterview von MVF 03/21. Und Professor Pfaff, einer der Wegbereiter der Versorgungsforschung in Deutschland, gibt den beiden im Titelinterwiew dieser Ausgabe recht. Anlass genug, den 10. Fachkongress von „Monitor Versorgungsforschung“ diesem hoch interessanten Thema zu widmen. Um Wissenschaft und Praxis zueinander zu bringen, wird in Kooperation mit dem Bundesverband Managed Care (BMC) am 7. Dezember 2021 in einer Präsenzveranstaltung mit dem Titel „Theorie wagen“ im Scharounsaal der AOK Nordost diskutiert, wie es denn in Deutschland um die Theorien der Versorgungsforschung und ausgehend davon um die Theorien über unser Gesundheitssystem bestellt ist.
„Wir brauchen ein neues Logikmodell für unser System“
Ausgabe 04 / 2021
In einem Panel der diesjährigen Handelsblatt-Tagung „Pharma“ diskutierten Dr. Dorothee Brakmann, Leiterin Marketing- und Sales-Strategie im Bereich Onkologie/Hämatologie sowie Mitglied der deutschen Geschäftsleitung bei Janssen, und Dr. Stefan Knupfer, Stellvertretender Vorsitzender des Vorstandes und Bevollmächtigter des Vorstandes der AOK PLUS, Aspekte der „Value Based Healthcare“ – aus Sicht der Pharmaindustrie und aus Sicht einer großen Krankenkasse. Die inhaltlichen Übereinstimmungen vieler Aussagen waren derart frappant, dass „Monitor Versorgungsforschung“ die beiden bat, das Thema mit Dr. Dr. Klaus Piwernetz, einem der Autoren des Fachbuchs „Strategiewechsel jetzt!“, in einem gemeinsamen Interview nicht nur zu vertiefen, sondern auch mögliche Ansätze zu erarbeiten.
KOMV-Konzept der „Partiellen Harmonisierung“
Ausgabe 04 / 2021
Mit dem Titel „Einheitsgebührenordnung von GOÄ und EBM vom Tisch“ versah KBV-Chef Dr. Andreas Gassen im Januar letzten Jahres eine Pressemitteilung (1) anlässlich des damals publizierten Gutachtens der „Honorarkommission für ein modernes Vergütungssystem“ (KOMV). Er war einer der ganz wenigen Stakeholder, die das 239-seitige Gutachten „Weiterentwicklung der Vergütung für ambulante Leistungen“, das aus Sicht der KBV immerhin „zur Weiterentwicklung der ärztlichen Vergütung weiterführende Ansätze“ bietet, kommentierten. Und kurz danach brach Corona über uns herein und das Gutachten (siehe dazu auch ein Beitrag von Prof. Kingreen S. 72 ff.) war scheinbar vergessen.
Sehr heterogenes Bild der Ergebnis-Translation
Ausgabe 04 / 2021
177 Förderprojekte im Bereich der Neuen Versorgungsformen gibt es aktuell (Stand: 7. Juli 2021) im Innovationsfonds. Davon sind 6 beendet, bei 34 weiteren wird ein Evaluations- und Ergebnisbericht erstellt. Ähnlich sieht es im Bereich der Versorgungsforschung aus. Von den insgesamt 261 geförderten Projekten sind inzwischen 29 beendet, bei 52 weiteren wird ein Ergebnisbericht erstellt. Auch liegen bereits die ersten Beschlussberichte zur Überführung in die Regelversorgung vor. Wie diese ausfielen, das gibt die inzwischen installierte relationale Datenbank des Innovationsausschusses jedoch nicht so ohne weiteres her. Da bleibt vorerst nur: Viele PDF-Dokumente öffnen, studieren und versuchen, die wichtigen Inhalte zu extrahieren.
Vorschlag für eine Wissensdatenbank Innovation
Ausgabe 04 / 2021
Wer die Beschluss-Empfehlungen des G-BA bezüglich der Übertragung oder Weiterführung der beendeten (Stand: 23.7.21) Innovationsfonds-Projekte – 6 bei Neuen Versorgungsformen, 29 bei Versorgungsforschung – liest, muss anerkennen, dass sich der Bundesausschuss viel Arbeit macht. Insbesondere bei dem Versuch, zwischen den einzelnen Förderprojekten sinnige Querverbindungen zu schaffen. Doch bleibt aufgrund der – vorsichtig formuliert – ausbaufähigen Datenhaltung sicher einiges an Wissen ungehoben, weil Querverbindungen durchaus – wohl eher zufällig – zwischen Projekten des Innovationsfonds möglich sind, nicht aber mit vielleicht ebenso wichtigen Detailergebnissen vieler anderer Projekte; und schon gar nicht mit solchen aus anderen Fördertöpfen (BMBF, DFG, BMG, EU etc.). Das möchte „Monitor Versorgungsforschung“ mit einem gemeinsam mit dem IT-Unternehmen metaphacts entwickelten Vorschlag ändern: einer agilen Datenbanklösung für alle Innovations-Projekte.
Ein Vier-Säulen-Modell der Universitätsmedizin
Ausgabe 04 / 2021
Nach zweijähriger Tätigkeit legt der Wissenschaftsrat – 1957 gegründet als beratende Institution für Bund und Länder in Fragen der inhaltlichen und strukturellen Weiterentwicklung des Hochschulsystems sowie der staatlichen Förderung von Forschungseinrichtungen gegründet – Empfehlungen zur künftigen Rolle der Universitätsmedizin zwischen Wissenschafts- und Gesundheitssystem vor. Er rät, auch in Hinblick auf seine früheren Strukturempfehlungen aus den Jahren 2016, 2018 und 2019 zu einem, über die klassische Aufgabentrias von Forschung, Lehre und Krankenversorgung hinausgehenden Vier-Säulen-Modell der Universitätsmedizin.
Thesen zur patientenorientierten Weiterentwicklung
Ausgabe 04 / 2021
Als Teil der 2018 gestarteten Initiative „Neustart! Reformwerkstatt für unser Gesundheitswesen“ der Robert Bosch Stiftung befasste sich ein Arbeitskreis ausgewiesener Fachleute mit der Fragestellung, wie die Sozialgesetzgebung, wesentlich das SGB V, weiterzuentwickeln ist für eine zukunftsfähige Gesundheitsversorgung: Wie können die Sektoren aufgelöst werden und eine patientenorientiertere Gesundheitsversorgung gelingen? Wie erreicht man eine multiprofessionelle Leistungserbringung und neue verantwortliche Rollen in den Gesundheitsberufen? Wie können Regionen und Kommunen in ihrem Handeln für Gesundheit gestärkt werden? Die Publikation mit dem Titel „Neustart! für das Gesundheitsrecht“ bündelt die Ergebnisse des Arbeitskreises und beleuchtet wesentliche Rahmenbedingungen für die Weiterentwicklung unseres Gesundheitswesens. Sie soll Ansatzpunkte liefern, um notwendige Veränderungen einzuleiten und damit zu einem „Neustart!“ unseres Gesundheitssystems beitragen sowie – so der Untertitel der 116-seitigen, kostenlos als PDF zu beziehenden Aufsatzsammlung – einen Handlungskatalog für Politik und Selbstverwaltung liefern.
Impulse für eine zielgerichtete Weiterentwicklung
Ausgabe 04 / 2021
Der große Aufschrei blieb aus, als Prof. Josef Hecken, der unparteiische Vorsitzende des G-BA, in einem Interview mit der digitalen Ausgabe „FAS“ der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ mit dem Satz zitiert wurde: „Wir haben 700 Kliniken mehr als nötig“. Das aber hat er gar nicht gesagt, sondern ist Ergebnis einer simplen Rechnerei der FAS-Autoren, weil Hecken gesagt hatte: „Zurzeit haben wir 1.900 Krankenhäuser in Deutschland. 1.200 Kliniken wären jedoch genug, um die Versorgung im Notfall sicherzustellen.“ Mit diesen Zahlen bezieht er sich auf Aussagen aus der Bertelsmann-Studie „Neuordnung Krankenhaus-Landschaft“, durchgeführt durch das Berliner Institut für Gesundheits- und Sozialforschung (IGES), die allerdings von 1.400 respektive 600 sprach und ebenso postulierte, dass man auch mit „weniger Kliniken eine bessere Versorgungsqualität“ bekommt. In dieser Sache meldet sich nun auch der Verband der Universitätsklinika Deutschlands e.V. (VUD) in Kooperation mit dem BKK Dachverband zu Wort, die in einem gemeinsamen Thesenpapier die „Zukunft der Krankenhausversorgung“ angehen und „neue Impulse für eine zielgerichtete Weiterentwicklung“ geben wollen.
„Leistungsfähige Forschungsdateninfrastruktur“
Ausgabe 04 / 2021
„Digitalisierung für Gesundheit – Ziele und Rahmenbedingungen eines dynamisch lernenden Gesundheitssystems“ nennt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, kurz SVR, sein aktuelles Gutachten, mit dem er – so das Vorwort – erneut seine Aufgabe erfüllen will, „Prioritäten für den Abbau von Versorgungsdefiziten und bestehenden Überversorgungen sowie Möglichkeiten und Wege zur Weiterentwicklung des Gesundheitswesens aufzuzeigen“.
Krebspatienten können nicht warten
Ausgabe 04 / 2021
Während der Covid-19-Pandemie haben Patienten weniger Untersuchungen zur Krebsvorsorge in Anspruch genommen. Auch im Gesundheitswesen selbst gab es Probleme durch fehlende Ressourcen und durch andere Prioritäten. Mit einer Literaturübersicht und mit Experteninterviews zeigen die Autoren, wie Gesundheitssysteme darauf reagieren.
Schnittstelle zwischen Ökonomie und Versorgungsforschung
Ausgabe 04 / 2021
Bereits 2009 hatte die Universität Hamburg und das UKE im Rahmen einer konzertierten Aktion beschlossen, an mehreren Fakultäten Professuren im Bereich Gesundheitsökonomie/Versorgungsforschung zu schaffen, was in die Gründung des Hamburg Center for Health Economics (HCHE) im Jahre 2011 führte. In diesem Jahr wird das Zentrum, gegründet von Prof. Dr. Mathias Kifmann (Fachbereich Sozialökonomie), Prof. Dr. Tom Stargardt (Fakultät für Betriebswirtschaft), Prof. Dr. Hans-Helmut König und Prof. Dr. Matthias Augustin (alle Universität Hamburg oder Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf – UKE) und Prof. Dr. Jonas Schreyögg – der als wissenschaftlicher Direktor die Leitungsfunktion inne hat – sein zehnjähriges Jubiläum feiern.
Unerwünschte Mitnahmeeffekte oder viel mehr?
Ausgabe 04 / 2021
Der bekannte Infektiologe und Versorgungsforscher Prof. Dr. Matthias Schrappe war mit seinem Autorenteam der erste, der in der Ad-hoc-Stellungnahme 3.0 „Zur Rolle der intensivmedizinischen Versorgung in der SARS-CoV-2/Covid-19-Epidemie“ (1) einen harten Verdacht äußerte, in dem er am 17. Mai dieses Jahres schrieb: „Auf jeden Fall scheint der Abfall der freien Betten eher Folge der Abnahme der Gesamtkapazität denn Folge einer vermehrten Inanspruchnahme durch Covid-19-Patienten zu sein.“ Für diese Aussage bekam er nicht nur viel Gegenwind, sondern teils massive persönliche Anfeindungen. Diese legten sich allerdings, als der Bundesrechnungshof seine in „Monitor Versorgungsforschung“ veröffentlichen Zahlen aufgriff und am 9. Juni in seinem „Bericht nach § 88 Absatz 2 BHO über die Prüfung ausgewählter coronabedingter Ausgabepositionen des Einzelplans 15 und des Gesundheitsfonds“ sogar beanstandete, „dass das derzeitige System der Ausgleichszahlungen unerwünschte Mitnahmeeffekte ermöglicht.“ Kürzlich meldete sich dazu im „Bild“-Format „Hart, aber weise“ (2) SPD-Gesundheitsexperte Prof. Dr. Karl Lauterbach zu Wort, der noch viel weitgehendere Verdachtsmomente äußerte.
Behandlungskonzepte und Sterblichkeit bei Covid-19
Ausgabe 04 / 2021
Die Corona-Pandemie stellt das Gesundheitssystem vor große Herausforderungen. Die Sorge vor einer Überlastung war groß, insbesondere in Bezug auf intensivmedizinische Kapazitäten. Die Diskussion über die richtigen Präventions-, Therapie- und Versorgungskonzepte ist unverändert intensiv [1]. Neben symptomatischen Maßnahmen zählen Sauerstoffgabe, nicht-invasive und invasive Beatmung, eine Thromboembolieprophylaxe sowie die Gabe von Dexamethason bei schwerem Verlauf zum Behandlungskonzept bei Covid-19 [2]. Die Auswertung von Routinedaten im Verlauf der Pandemie kann zeitnah und ohne zusätzlichen Erhebungsaufwand die Surveillance über gesetzliche Verfahren sowie den Aufbau von Registern sinnvoll ergänzen. Der Verein Qualitätsindikatoren für Kirchliche Krankenhäuser (QKK e. V.) hat daher sein trägerübergreifendes Qualitätsbenchmarking kurzfristig um das Thema Covid-19 ergänzt. Das Modul Covid-19 umfasst 27 Kennzahlen im QKK-Indikatorenset für 2021, u. a. zur intensivmedizinischen Versorgung, zu Komplikationen, zur Beatmung und zur Sterblichkeit (s. https://www.qkk-online.de/). Der QKK e. V. kann mit den Routinedaten seiner Mitgliedseinrichtungen einen Vergleich zwischen der ersten und zweiten Welle der Corona-Pandemie ziehen, um so eine Weiterentwicklung der Behandlungskonzepte bei Patienten mit Covid-19 zu unterstützen.
Zunahme von Depressions- und Angststörungsdiagnosen während der Covid-19- Pandemie bei Kindern und Jugendlichen
Ausgabe 04 / 2021
Seit seiner Erstbeschreibung in China im Dezember 2019 hat sich Covid-19 weltweit verbreitet und in der Folge eine schwere Pandemie ausgelöst (1). Um zu verhindern, dass die Gesundheitssysteme überfordert werden und um die Ausbreitung der Krankheit zu verlangsamen, haben Regierungen weltweit eine Reihe von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen in unterschiedlicher Intensität umgesetzt (2). In Deutschland umfassten diese Maßnahmen unter anderem die Schließung von Schulen und öffentlichen Spielplätzen sowie die Empfehlung an Unternehmen, Fernarbeit zu ermöglichen und zu erleichtern (3). Mehrere systematische Reviews und Meta-Analysen zeigen die erhöhte Prävalenz von psychischen Problemen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie bei erwachsenen Personen (4, 5). Es sind jedoch nicht nur Erwachsene, die von den Pandemiemaßnahmen betroffen waren. Die Coronavirus-Pandemie und der Lockdown wirkten sich auch auf das tägliche Leben von Kindern und Jugendlichen aus, unter anderem durch die Schließung von Schulen und das Fehlen von Aktivitäten im Freien. Eine Reihe von asiatischen und europäischen Studien hat gezeigt, dass ein erheblicher Anteil von Kindern und Jugendlichen unter psychischen Problemen infolge der Coronavirus-Pandemie oder der damit verbundenen Maßnahmen leidet (6-11).
Biosimilarmarkt 2022: Gibt es eine Alternative zu exklusiven Rabattverträgen?
Ausgabe 04 / 2021
Neben weiteren arzneimittelmarktrelevanten Themen wurden im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) im Jahr 2019 auch Regularien festgeschrieben, die den Biosimilarmarkt in der GKV betreffen. Mit dem GSAV wurden einerseits bestimmte Neuregelungen bereits geschaffen und umgesetzt, zusätzlich aber auch weitere Veränderungen nach Ablauf einer Frist von drei Jahren in Aussicht gestellt. Letztere betreffen nicht zuletzt die geplante Austauschbarkeit von Biosimilars in der Apotheke ab 2022. Vor diesem Hintergrund wurden von den Autoren des vorliegenden Beitrags in einer wissenschaftlichen Ausarbeitung, welche als Vollpublikation online unter der Rubrik „eFirst“ des „Monitor Versorgungsforschung“ verfügbar ist (https://www.monitor-versorgungsforschung.de/efirst/Versorgung_Bios_2022/view), Überlegungen dahingehend angestellt, welcher Regulierungsrahmen insbesondere hinsichtlich der Preisbildung der besonderen Marktsituation der Biosimilars gerecht wird (Bauer et al. 2021). Das in diesem Zuge entwickelte Modell, welches als Alternative bzw. Gegenentwurf zu (teil-/exklusiven) Rabattvertragsausschreibungen – wie sie denklogische Folge der GSAV-Regelungen sein werden – gedacht ist, wird im Folgenden dargelegt. Dieses Erstattungs- und Preisbildungsmodell soll den in der Vollpublikation ausführlich analysierten Marktgegebenheiten im Sinne eines nachhaltigen Wettbewerbskonzepts im Biosimilarmarkt gerecht werden und in die gesundheitspolitische Diskussion eingebracht werden.
„Man rennt, man kommt gar nicht zur Ruhe“
Ausgabe 04 / 2021
Beschäftigte in den Pflegeberufen sind nicht erst seit der Covid-19-Pandemie häufigen psychischen und emotionalen Belastungen sowie schweren körperlichen Anforderungen ausgesetzt (Schmucker 2020). Aktuelle Veröffentlichungen haben sich bereits mit zusätzlichen Auswirkungen auf das Belastungserleben befasst. In einer Onlinebefragung von Hower et al. (2020) geben die befragten Leitungskräfte von Pflegeeinrichtungen und -diensten Sorge vor Covid-19-Infektionen von Pflegebedürftigen und Mitarbeitenden als stärkste Belastung an. Ähnliche Ergebnisse zeigt eine Erhebung unter Gesundheitsfachkräften, hier sorgen sich 73% der Befragten (n = 1.150) um die Gesundheit der Patienten bzw. Bewohner, noch mehr (83%, n = 1156) sorgen sich um die Gesundheit von Angehörigen und Freunden. Mehr als die Hälfte (54%, n = 624) fühlt sich durch die Pandemie in ihrem Arbeitsalltag gestresst (Wildgruber et al. 2020).
Ein modernes Vergütungssystem für eine integrierte Krankenversicherungsordnung
Ausgabe 04 / 2021
Am 28.01.2020 hat die Wissenschaftliche Kommission für ein modernes Vergütungssystem (KOMV) dem Bundesminister für Gesundheit ihre „Empfehlungen für ein modernes Vergütungssystem“ übergeben (KOMV 2019).1 Der Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode hatte ihr aufgetragen, „bis Ende 2019 unter Berücksichtigung aller hiermit zusammenhängenden medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen“ Vorschläge für „ein modernes Vergütungssystem“ zu erarbeiten, „das den Versorgungsbedarf der Bevölkerung und den Stand des medizinischen Fortschritts abbildet“ (Koalitionsvertrag 2018, 4589-4594). Die Passage im Koalitionsvertrag zur Einsetzung der Wissenschaftlichen Kommission wurde durch einen bemerkenswerten Ausblick abgerundet: „Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, wird danach entschieden“ (Koalitionsvertrag 2018, 4593f.). Diese putzige, weil ja irgendwie selbstverständliche Aussage war Ausdruck der Zerrissenheit der Koalition: Während Karl Lauterbach, der Chef-Verhandler der SPD für den gesundheitspolitischen Teil des Koalitionsvertrags, in der Zusammenführung der beiden Vergütungssysteme für ärztliche Leistungen einen Baustein eines einheitlichen Krankenversicherungssystem sah, dürften CDU/CSU mit diesem Satz die Absichtserklärung „für die Schublade“ verbunden haben (Jacobs 2020, 14).