MVF 05/17
Ein Bisschen Menschlicher
Ausgabe 05 / 2017
Dr. med. Konrad Schily stammt aus einem anthroposophischen Elternhaus. Er studierte in Tübingen und Hamburg Medizin, eröffnete 1969 mit anderen Ärzten das Gemeinschaftskrankenhaus in Herdecke, in dessen Vorstand er bis 1984 wirkte. Er ist der Mitbegründer der Universität Witten/Herdecke, die 1983 mit dem Studium der Medizin eröffnet wurde und für Deutschland völlig neue Wege in der Ausbildung der Ärztinnen und Ärzte gegangen ist. Es war auch die Universität Witten/Herdecke, die erstmals Studiengänge für Pflegewissenschaften – verbunden mit dem Promotionsrecht – etablierte. Nach dem Ausscheiden aus dem Bundestag (2005 bis 2009) engagierte er sich in den letzten Jahren für die Gründung und den Aufbau der Medizinischen Hochschule Brandenburg (MHB) und geht auch hier wieder neue Wege. Auch darum, weil der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie aus eigener Erfahrung weiß, dass „wirklich gute Ärzte in unserem Gesundheitswesen wie auch die Patienten leiden“.
Onkologika: Neue Therapieoptionen in der Entwicklung
Ausgabe 05 / 2017
Tumorerkrankungen stellen eine der weltweit größten medizinischen Herausforderungen dar. So beziehen sich aktuell laut vfa ein Viertel aller Projekte der Pharmaunternehmen auf Arzneimittel zur Verbesserung der Krebstherapie. Mit Hilfe der INSIGHT Health Patentdatenbank SHARK wird ein Blick auf die innovativen Onkologika in den Pipelines der Pharmaindustrie geworfen. Der Fokus liegt dabei auf Substanzen, die sich in der Phase III und in der Zulassung (Preregistered) befinden.
Zwei Hürden – zwei Lösungsvorschläge
Ausgabe 05 / 2017
Mit welcher Strategie kann das Gesundheitssystem den künftigen Herausforderungen wie demographischer Wandel und Zunahme von Volkskrankheiten und Mehrfacherkrankungen standhalten? Dieser Frage ging die Arbeitsgruppe „Wertschöpfungskette“ des Forums Gesundheitsforschung in einer Empfehlung für das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) nach. Im Zentrum der Arbeit standen die Hürden der Wertschöpfungskette in der Gesundheitsforschung. Um diese zu überwinden, empfiehlt die Arbeitsgruppe zweierlei: Zum einen sollte die Validität und Qualität der biomedizinischen Grundlagenforschung verbessert werden. Zum anderen macht sich die Arbeitsgruppe für ein Translationsprogramm stark, das die Einführung neuer Wirkstoffe beschleuinigt und Innovationen zum Durchbruch verhilft.
Zur Notwendigkeit der „Psychoneuroimmunologie“
Ausgabe 05 / 2017
Im Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“ spricht Dr. med. Claudia Ritter-Rupp über die deutlich spürbare Zunahme psychischer Erkrankungen, sowie über mögliche Wege und nötige strukturelle Änderungen, um den daraus resultierenden Ansprüchen an unser Gesundheitssystem zu begegnen. Ein Ansatz ist für die niedergelassene Fachärztin für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie die „Psychoneuroimmunologie“, ein Forschungsbereich, der sich mit den Wechselwirkungen zwischen psychischen und immunologischen Faktoren befasst.
Elektronische Patientenakten prä und ante portas
Ausgabe 05 / 2017
„Eine funktionierende Governance-Strukur ist die entscheidende Voraussetzung für eine erfolgreiche flächendeckende Implementierung von eEPA-Systemen“, schreibt Prof. Dr. Peter Haas, der Autor der Mitte 2017 im Auftrag der Bertelsmann-Stiftung erstellten Studie „Einrichtungsübergreifende Elektronische Patientenakten als Basis für integrierte patientenzentrierte Behandlungsmanagement-Plattformen“, und legt damit gleich einen zehnjährigen Zeitplan für ein Stufenkonzept zur Einführung einer bundesweiten einrichtungsübergreifenden Elektronischen Patientenakten-Infrastruktur, kurz eEPA, vor. Eine derartige einrichtungsübergreifende Patientenakte wäre sicher eine ebenso wichtige wie richtige Aufgabe, erinnert aber in ihrer Komplexität und Allumfassenheit irgendwie an die dunklen Startjahre der Telematikinfrastruktur in Deutschland und hat neben der reinen Mach- und Durchführbarkeit eines solchen Groß-Ansatzes ein kleines Zeitproblem: Im § 291a Abs. 5c SGB V, in dem die „Elektronische Gesundheitskarte und Telematikinfrastruktur“ geregelt wird, steht wortwörtlich, dass „bis zum 31. Dezember 2018 die erforderlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen sind, dass Daten über den Patienten in einer elektronischen Patientenakte bereitgestellt werden können“. Bis auf einige, wenige Ausnahmen ist das jedoch noch Zukunftsmusik.
„Unser Mindset dreht sich zur Versorgungsforschung“
Ausgabe 05 / 2017
Bei Vitabook können sich Patienten schon heute ein eigenes Gesundheitskonto anlegen, das so einfach wie ein Girokonto funktionieren soll und das die darin enthaltenen Daten – nach Freigabe durch den Patienten – Ärzten, Kliniken, Apotheken, Krankenkassen, Laboren, Abrechnern, Pflegediensten und Sanitätshäusern zur Verfügung stellt. Zudem bietet das Unternehmen, das sich selbst als Deutschlands erster Serviceprovider des Patienten bezeichnet, schon jetzt das elektronische Rezept, einen Online-Medikationsplan, einen Online-Impfpass, die Online-Einreichung von Arztrechnungen sowie ein Entlassmanagement und obendrein ein Implantatregister an. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach mit Vitabook-Gründer (und neuem MVF-Beiratsmitglied) Markus Bönig über die Hintergünde und daraus entstehende Möglichkeiten für die Versorgungsforschung.
„intersec-CM“-Studie mit rund 1,7 Millionen Euro gefördert
Ausgabe 05 / 2017
Das Forschungsprojekt „Unterstützung älterer Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen während und nach dem Krankenhausaufenthalt“ wird von der Förderinitiative „Gesund – ein Leben lang“ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 1,7 Millionen Euro gefördert. In diesem Projektvorhaben, das vom Standort Rostock/Greifswald des DZNE gesteuert wird und an dem Einrichtungen aus Jena (Thüringen), Bethel (Nordrhein-Westfalen) und Greifswald (Mecklenburg-Vorpommern) beteiligt sind, soll untersucht werden, wie ältere Menschen mit Demenz beim Übergang vom stationären Aufenthalt im Akutkrankenhaus in die ambulante Behandlung und Versorgung im eigenen Zuhause besser begleitet werden können.
„Mein Interesse gilt der Langstrecke“
Ausgabe 05 / 2017
Der Fachbereich Health Services Management wurde 2013 an der Ludwig-Maximilians Universität München (LMU) gegründet. Derzeit arbeiten am Fachbereich Health Services Management neben der Leiterin, Prof. Dr. Leonie Sundmacher, sieben Wissenschaftliche MitarbeiterInnen, eine Teamassistenz und studentische Mitarbeiter. Die empirisch orientierte Forschung am Fachbereich Health Services Management (HSM) befasst sich mit Fragen und Methoden an der Schnittstelle von Gesundheitsökonomie und Versorgungsforschung. Die Forschung des Fachbereichs HSM ist stets angewandt und findet zu einem großen Teil in Zusammenarbeit mit verschiedenen Akteuren im Gesundheitswesen statt. Zudem ist der Fachbereich im Münchner Zentrum für Gesundheitswissenschaften angesiedelt und damit Bestandteil eines interdisziplinären, fakultätsübergreifenden Forschungsschwerpunkts der LMU.
Migräne: „Ignorance, arrogance or insouciance?“
Ausgabe 05 / 2017
Eigentlich könnte mit einem nur drei Fragen umfassenden Mini-Fragebogen mit einer Sensitivität von 0,81 und Spezifität von 0,75 auf den Verdacht einer Migräne geschlossen werden, der aber dann noch durch eine fachärztliche Diagnostik verifiziert werden muss. Weil das aber niemand macht und Migräne sowohl bei Patienten als auch Ärzten meist nicht als ernsthafte Erkrankung eingeschätzt wird, wird sie zum großen Teil nicht ausreichend therapiert. Migräne ist zwar keine lebensbedrohliche Erkrankung, „aber eine, die die Lebensqualität mindert“, wie Prof. Dr. Zaza Katsarava, Facharzt für Neurologie am Evangelischen Krankenhaus Unna beim Update NeuroScience von Novartis anlässlich des DGN 2017 in Leipzig erklärte und fragte: „Entweder sind wir eine zivilisierte Gesellschaft, die die Minderung von Lebensqualität von Menschen akzeptiert oder nicht.“ Akzeptiert heiße auch: ausreichend therapiert. Doch genau das passiert weder in Deutschland noch sonstwo auf der Welt. Dabei befinden sich derzeit in der klinischen Entwicklung – darum auch das Update von Novartis – Antikörper gegen das Calcitonin Gene-Related Peptide (CGRP) bzw. dessen Rezeptor, womit – so Prof. Dr. Dr. Stefan Evers von der Klinik für Neurologie am Krankenhaus Lindenbrunn in Coppenbrügge – „nun erstmals die Aussicht auf dringend benötigte, effektiv wirkende und speziell zur Prophylaxe von Migräne entwickelte Medikamente“ besteht.
„Zwischen Beharrlichkeit und Innovation“
Ausgabe 05 / 2017
Welche Themen hat die Gesundheitspolitik in den letzten Jahren bewegt? Aus Patientensicht außerordentlich begrüßenswert war die Betonung von Versorgungsqualität als Steuerungs- und Entscheidungskriterium. Das Krankenhausstrukturgesetz (KHSG) hat das Schlagwort „Qualität“ vom Lippenbekenntnis zum spürbaren Ziel des Regierungshandelns gemacht. Der zweite wichtige Themenkomplex rankt sich um den Innovationsfonds. Nicht nur, dass dieser mit der Versorgungsforschung die Gewinnung von Informationen anheizt, es wird auch nach nutzenstiftenden Innovationen für die tatsächliche Versorgung gesucht. In die gleiche Richtung geht auch der dritte Schwerpunkt, die Förderung von E-Health mit dem einschlägigen Gesetz.
„Wir brauchen eine Daten-Ethik-Erklärung“
Ausgabe 05 / 2017
Die nächste medizinische Revolution wird kein Medikament sein, nicht einmal aus extra dafür neu programmierten Bites und Bytes bestehen, sondern sich aus der klugen, sicheren und sinnstiftenden Zusammenführung und Nutzung bestehender Daten entwickeln. Damit ließen sich Prognosen über die gesundheitliche Entwicklung eines Patienten machen, sofern er dies wünscht und zulässt. Damit könnte man zum Beispiel ebenso abschätzen, wie hoch das Risiko eines an Diabetes erkrankten Menschen ist, in den kommenden 12 Monaten ins Krankenhaus zu müssen. Und telemedizinische Modelle könnten helfen, die Versorgung im ländlichen Raum, wo es nicht mehr genug Ärzte gibt, auch weiterhin sicherzustellen.
Evaluation eines Infektionsscreenings auf bakterielle Vaginosen zur Vermeidung von Frühgeburten
Ausgabe 05 / 2017
Etwa 10% der Kinder weltweit und rund 6% der Kinder in Europa werden nach Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zu früh geboren (1). Geburten vor der 37. Schwangerschaftswoche (SSW) werden als Frühgeburten definiert (2). In der neonatologischen Intensivmedizin ist die Frühgeburt noch immer die häufigste Ursache neonataler und frühkindlicher Morbidität und Mortalität und kann zu lebenslangen gesundheitlichen und psychosozialen Einschränkungen führen (3–5). Auch die mit einer Frühgeburt assoziierten gesundheitsökonomischen Folgen sind beträchtlich (6). Faktoren, die zu einer Frühgeburt führen können, sind vielfältig. Vorangegangene Aborte und Frühgeburten, das steigende Alter der Erstgebärenden als auch die höhere Inzidenz von Mehrlingsschwangerschaften aufgrund vorheriger Kinderwunschbehandlungen können Frühgeburten bedingen (4,7,8). Auch Infektionen der Mutter, wie beispielsweise eine bakterielle Vaginose, wurden als ursächlich für Frühgeburten identifiziert, auch wenn die pathophysiologischen Zusammenhänge noch nicht vollständig geklärt sind (9,2,10,11). Die Früherkennung und Behandlung bakterieller Vaginosen kann relativ einfach implementiert und durchgeführt werden und stellt deshalb eine vielversprechende Möglichkeit dar, Frühgeburten zu verhindern und die daraus resultierenden gesundheitlichen und psychosozialen Folgen zu reduzieren.
Entwicklung der administrativen Prävalenz des Diabetes mellitus von 2009 bis 2015
Ausgabe 05 / 2017
Der Diabetes mellitus ist eine chronische Stoffwechselerkrankung, bei der aufgrund eingeschränkter Insulinwirkung bzw. -ausschüttung die Blutzuckerkonzentration dauerhaft erhöht ist (American Diabetes Association 2012). Langfristig erhöht eine Diabeteserkrankung das Risiko für Begleit- und Folgeerkrankungen wie kardiovaskuläre Erkrankungen, Schädigungen der Netzhaut und das diabetische Fußsyndrom. Der Diabetes mellitus ist als „Volkskrankheit“ mit einer Vielzahl Betroffener von erheblicher Public Health-Relevanz. Auf individueller Ebene geht die Erkrankung mit Einschränkungen der Lebensqualität und Lebenserwartung einher, auf gesellschaftlicher Ebene ist sie mit hohen Kosten für das Gesundheitssystem verbunden (Koster et al. 2012).
Informierte Entscheidung bei der Darmkrebsfrüherkennung
Ausgabe 05 / 2017
Am 09. April 2013 ist das Krebsfrüherkennungs- und -registergesetz - (KFRG) in Kraft getreten. In diesem Gesetz wurden die zentralen Empfehlungen des Nationalen Krebsplans (Bundesministerium für Gesundheit 2012) aufgegriffen: neben der Einrichtung von flächendeckenden Einführung von Krebsregistern beinhaltet dies u.a. die Überprüfung der Altersgrenzen, eine Förderung der informierten Entscheidung, eine Optimierung der Informationsmaterialien und die begleitende Evaluationen von Früherkennungsmaßnahmen. Für Darm- und Gebärmutterhalskrebs sollen organisierte Früherkennungs-Programme angeboten werden, zu denen die Krankenkassen einladen. Mit der konkreten Ausgestaltung des KFRG wurde der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) beauftragt.
Strukturreform der ambulanten Psychotherapie
Ausgabe 05 / 2017
Der G-BA hat am 16. Juni 2016 mit der Strukturreform der ambulanten Psychotherapie, welche seit 1. April 2017 Anwendung findet, neue Rahmenbedingungen für niederschwellige Therapieangebote geschaffen. Erklärtes Ziel der Reform ist die effektivere Gestaltung der psychotherapeutischen Versorgung, darunter die Verringerung von Wartezeiten. Die psychotherapeutische Sprechstunde, die psychotherapeutische Akutbehandlung und die Rezidivprophylaxe als neue Versorgungselemente sollen für einen flexiblen, niederschwelligen und zeitnahen Zugang zur Psychotherapie sorgen. Die Akutbehandlung nimmt dabei in der Reform eine wichtige Rolle ein. Sie soll als Kurzzeitintervention mit maximal 24 Sitzungen je 25 Minuten durchgeführt werden (G-BA 2017, S.7). Durch diese „neuen Versorgungsangebote“ wird das Angebot für psychisch kranke Menschen breiter aufgefächert, das heißt die Angebotsvielfalt in diesem Versorgungsbereich erweitert. Derzeit prüft der G-BA darüber hinaus auch die Aufnahme der systemischen Therapie in die Regelversorgung, wozu das hiermit beauftragte IQWIG bereits am 16.08.16 eine vorläufige Nutzenbewertung veröffentlichte (IQWIG 2016), während viele Krankenkassen bspw. mit spezialisierten Anbietern wie die Ge.on Case Management GmbH bereits heute schon die Versorgung psychisch kranker Patienten verbessern.1 Darüber hinaus existiert eine Vielzahl von sogenannten digital-mental-health Programmen, bei denen einige auch den Sprung in die Erstattung durch die gesetzliche Krankenversicherung schafften, bspw. Deprexis oder Novego2, andere werden hier noch folgen. Bei einem immer ausdifferenzierteren Versorgungsangebot wird die Kenntnis der Studienlage und daraus folgend die Steuerungs- und Koordinationsfunktion der Anbieter und Krankenkassen immer relevanter. Daher wird sowohl die psychotherapeutische Sprechstunde auf Seiten der Anbieter als auch das Angebot von Managed Care Anbietern auf Seiten der Nachfrager künftig eine sehr zentrale Steuerungsfunktion einnehmen. Im Rahmen dieses Beitrags ist die Ge.on Case Management GmbH daher der Frage nachgegangen, welcher Nutzen von psychotherapeutischen Kurzzeitinterventionen bisher in randomised controlled trials (RCT) nachgewiesen wurde, ob es Aussagen zur Kosteneffektivität solcher Verfahren gibt und wie sich die Versorgungssituation in Deutschland im internationalen Vergleich darstellt.