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Ambulant betreute Wohngemeinschaften für Menschen mit Demenz – eine Versorgungsform mit Zukunft?
Ausgabe 04 / 2012
Wie viele andere - vor allem westliche Länder - wird sich die demografische Altersstruktur der Bundesrepublik Deutschland in den nächsten Jahren deutlich verändern. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (2006: 23) erhöht sich die Zahl der 65 bis unter 80-Jährigen von 12 Millionen im Jahr 2005 auf 13 Millionen im Jahr 2050. Parallel dazu steigt mit dem Anteil älterer und hochaltriger Personen in der Gesellschaft auch die Anzahl von Menschen mit Pflegebedarf. Damit rückt zunehmend die Frage nach Versorgungserfordernissen und -bedarfen in den Vordergrund. Ein besonderes Augenmerk muss dabei der Versorgung von Menschen mit Demenz (MmD) gelten, da demenzielle Erkrankungen zu den schwerwiegendsten und auch zahlenmäßig häufigsten Erkrankungen im Alter zählen und die Prävalenz demenzieller Erkrankungen mit zunehmendem Alter deutlich ansteigt (Weyerer 2005: 7). Derzeit gehen Schätzungen für das Jahr 2050 von mehr als zwei Millionen Menschen mit einer demenziellen Erkrankung in Deutschland aus (Ziegler/Doblhammer 2009; Deutsche Alzheimer Gesellschaft 2008; Bickel 2001; Bickel 2000). Nach Angaben einer Presseerklärung des Statistischen Bundesamtes werden die Krankheitskosten für Demenzerkrankungen für das Jahr 2008 in Deutschland mit 9,4 Milliarden Euro beziffert. „Allein bei Demenz und Depressionen erhöhten sich die Kosten in diesem Zeitraum [von 2002 bis 2008] um zusammen 3,5 Milliarden Euro beziehungsweise 32 %. Insgesamt sind die Krankheitskosten seit 2002 um 35,5 Milliarden angestiegen (+ 16 %) und lagen im Jahr 2008 bei 254,3 Milliarden Euro.“ (Statistisches Bundesamt 2010).
Kommentar: „Kosten der Demenz - für den Morbi-RSA zu niedrig"
Ausgabe 04 / 2012
Kommentar von Günther Sauerbrey, Vice President Merz Pharmaceuticals GmbH. Er ist seit 1975 bei Merz Pharma, 1978-2001 Leitung Marketing und Vertrieb Pharma Deutschland; seit 2001 Bereichsleiter Health Care Relations; 2001 Gründung des Zukunftsforum Demenz; 1996 - 2005 Mitglied im Vorstand bzw. stellvertretender Vorsitzender des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI). Veröffentlichungen zur Schnittstellenproblematik von gesetzlicher Kranken- und Pflegeversicherung und zu den Defiziten in der geriatrischen Versorgung.
Nationaler Diabetesplan: Die Politik ist am Zug
Ausgabe 04 / 2012
Vor 23 Jahren erging durch die „St. Vincent Deklaration“ die Aufforderung an alle unterzeichnenden Länder, die Ziele von St. Vincent umzusetzen und dafür nationale Diabetespläne zu erarbeiten. 2002 erfolgte das „Call for Action Statement” der WHO gemeinsam mit der Internationalen Diabetes Federation (IDF), in dem die Regierungen aufgefordert wurden, nationale Programme zur Primärprävention des Diabetes zu entwickeln, was 2007 durch die „Declaration of Diabetes“ (EU-Resolution P6_TA(2006)0185) der EU verstärkt wurde, in der nachdrücklich alle Mitgliedsländer erneut ermahnt wurden, doch endlich nationale Diabetespläne zu entwickeln. Fakt ist, dass ein „Nationaler Diabetesplan“ für Deutschland zwar bisher nicht umgesetzt, aber inzwischen von allen an der Diabetesvorsorgung beteiligten Parteien zumindest konsentiert und auch schon an den Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr herangetragen wurde. Nun liegt es an ihm, diesen Plan anzunehmen und umzusetzen.
„Erhebliche Effizienz- und Effektivitätsreserven“
Ausgabe 04 / 2012
Am 20. Juni 2012 hat der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen sein Sondergutachten 2012 mit dem Titel „Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung“ an Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr übergeben. Es ist wieder einmal in umfangreiches und lesenswertes Werk mit 437 Seiten. Am 18. September 2012 wird es im Rahmen eines Symposiums in Berlin genauer vorgestellt. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach mit dem langjährigen Leiter des Sachverständigenrats, Professor Dr. rer. pol. Eberhard Wille, Universität Mannheim, Lehrstuhl für Volkswirtschaftslehre, Finanzwissenschaft.
„Suche nach dem Maß des Gesamtnutzens“
Ausgabe 04 / 2012
Knapp zwei Jahre arbeitete das IQWiG gemeinsam mit nationalen und internationalen Experten an einer Methode für die Bewertung von Kosten-Nutzen-Verhältnissen. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Methode ist die Analyse der Effizienzgrenze, die - so der damalige Institutsleiter Prof. Dr. Peter T. Sawicki - „die für die deutschen Rahmenbedingungen am besten geeignete Methode“ sei. Doch genau die stieß bei der Vorstellung des Methodenpapiers im Oktober 2009 auf harsche Kritik: 29 führende deutsche Gesundheitsökonomen lehnten damals den Vorschlag des IQWiG als „wissenschaftlich unhaltbar“ und „normativ nicht begründet“ ab. „Nirgendwo in dem Methodenpapier ist ein Algorithmus beschrieben, wie ein Summenparameter berechnet wird, durch den die Gewichtung von Nutzen und Schaden vorgenommen wird“, kritisierte damals Prof. Dr. med. Jürgen Fritze, leitender Verbandsarzt beim PKV-Verband. Dieses Manko ging das Institut mit zwei Generalaufträgen in Form von Pilotstudien an, mit einer „Conjoint Analyse“ (CA) in der Indikation Hepatitis C sowie einem „Analytic Hierarchy Process“ (AHP) in der Indikation Major Depression - leider in zwei unterschiedlichen Indikationsgebieten, so dass der direkte Vergleich nicht möglich ist. Das Ziel, das nun dennoch zum Greifen nahe scheint: Verfahren wissenschaftlich zu beschreiben, die es ermöglichen, einen kardinalen Nutzenwert zu beschreiben, mit dessen Hilfe alle denkbaren Therapiealternativen in einem Indikationsgebiet über alle relevanten Endpunkte hinweg verglichen werden können. Mit dem Leiter der „Conjoint Analyse“-Pilotstudie, Prof. Dr. Axel Mühlbacher (Hochschule Neubrandenburg, IGM Institut Gesundheitsökonomie und Medizinmanagement sowie Mitgründer der Gesellschaft für empirische Beratung mbH), sprach „Monitor Versorgungsforschung“.
„Entscheidungen mit Verpflichtung zur Einigung“
Ausgabe 04 / 2012
Der Bonner Jurist Josef Hecken war bis auf einen kleinen Ausflug in die Privatwirtschaft - 1998/1999 war er Abteilungsleiter bei der METRO AG-Konzernholding - Zeit seines Lebens in Ministerien tätig. Von sich reden machte er als Minister für Justiz, Gesundheit und Soziales des Saarlands, als er 2006 die ersten DocMorris-Filialen zuließ und von 2004 bis 2008 Vorsitzender des Gesundheitsausschusses war. Von 2008 bis 2009 war er als Präsident des Bundesversicherungsamtes unter anderem für die Einführung des Gesundheitsfonds und des Morbi-RSA zuständig, seit Dezember 2009 dann als Staatssekretär im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend u.a. für die Einführung des Betreuungsgeldes. Zum 1. Juli 2012 übernahm Hecken das Amt des unparteiischen Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA).
Die Prophylaxe des diabetischen Fußsyndroms ist defizitär
Ausgabe 03 / 2012
Das diabetische Fußsyndrom ist eine Folgeerkrankung des Diabetes mellitus und führt häufig zu nichttraumatischen Amputationen. Diese gehen mit hohen Krankheitskosten, Verlusten der Lebensqualität und einer hohen Mortalität einher (Heller et al. 2004). Unter Typ-2-Diabetespatienten tritt das diabetische Fußsyndrom mit einer Prävalenz von 6,5% auf (Lauterbach et al. 2010). Endogene Risikofaktoren wie z. B. die diabetische Polyneuropathie oder die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) haben eine Prävalenz von 30% bzw. 25% (Lauterbach et al. 2010). Somit kommt der Prävention des diabetischen Fußsyndroms eine große Bedeutung zu. Neben den genannten endogenen Risikofaktoren spielen auch exogene Faktoren wie z. B. inadäquates Schuhwerk oder fehlerhafte Fußpflege eine entscheidende Rolle (Uccioli et al. 1995; Chantelau/Haage 1994; Brent et al. 2006). Nach dem Internationalen Consensus über den Diabetischen Fuß (1999) könnte u. a. durch regelmäßige Inspektionen der Füße und des Schuhwerks, durch Schulung von Patienten und Familienangehörigen und dem Tragen von geeignetem Schuhwerk die Prävalenz des diabetischen Fußsyndroms gesenkt werden. Eine wichtige und effektive Interventionsmaßnahme ist, Patienten zur Selbstinspektion ihrer Füße zu schulen und anzuleiten.
Ambulante Operationen: Einstellungen von Patienten am Beispiel von Knieoperationen
Ausgabe 03 / 2012
Zahlreiche nationale wie internationale Veröffentlichungen bescheinigen seit Jahren, dass in Deutschland im internationalen Vergleich zu wenig medizinisch notwendige Operationen ambulant durchgeführt werden (Brökelmann 2007: 5; Toftgaard/Parmentier 2006: 42-48). Zwar ist bekannt, dass ein Teil dieser Abweichungen auch durch unterschiedliche organisatorische und finanzielle Faktoren in den jeweiligen Ländern erklärt werden können, dennoch sind die Abweichungen bei einigen Operationen zu deutlich, als dass diese Erklärungen als alleinige Begründungen der Differenzen herangezogen werden können (Busse/Wörtz 2009: 52 – 54; Oberender & Partner 2010: 26 – 28).