Kurzfassungen Ausgabe MVF 06/12
„Vorschläge, wie man das Ganze ankurbeln kann“
Ausgabe 06 / 2012
Mit der Berufung von DEGAM-Präsident Prof. Dr. med. Ferdinand M. Gerlach zum neuen Vorsitzenden des „Sachverständigenrates Gesundheit“ steht erstmals ein Allgemeinmediziner an der Spitze dieses bedeutenden Politikberatungsgremiums. Mit inzwischen 16 Gutachten und Sondergutachten analysiert der interdisziplinär besetzte Rat, der aus dem 1985 erstmals berufenen „Deutschen Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen“ hervorging, seit nunmehr 27 Jahren die Problemfelder im deutschen Gesundheitssystem. Als wegweisend gelten „Kooperation und Verantwortung“ (Gutachten 2007), „Koordinationsdefizite der Gesundheitsversorgung“ (Sondergutachten 2009) und aktuell „Wettbewerb an der Schnittstelle zwischen ambulanter und stationärer Gesundheitsversorgung“ (Sondergutachten 2012). Gerlach war bisher stellvertetender Vorsitzender des Rats und löste im September den Ökonomen Prof. Dr. Eberhand Wille (siehe Interview in MVF 05/12) ab.
„Für alle muss gelten: Innovation lohnt sich“
Ausgabe 06 / 2012
Die Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e. V. (DGIV) hat in Kooperation mit dem Bundesverband Managed Care e. V. (BMC) 2012 die 2. Erhebungsrunde ihres Krankenkassen-Befragungsprojektes „Monitoring I.V.“ abgeschlossen. Durchgeführt und ausgewertet wurde die Erhebung vom Competence Center E-Commerce (CCEC) der Freien Universität Berlin. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach über das Projekt und die derzeitige Situation in der Integrierten Versorgung mit Prof. Dr. Stefan G. Spitzer (DGIV), Prof. Dr. Volker Amelung (BMC) und Prof. Dr. Martin Gersch (CCEC).
Arzneimittel im Kampf gegen den Krampf
Ausgabe 06 / 2012
Antiepileptika sind die wesentliche Behandlungsoption bei nahezu jeder Epilepsie. Ihre Wirkweise ist dabei prophylaktisch. Mit der Einnahme von Antiepileptika soll das Auftreten epileptischer Anfälle vermieden werden. Die Ursachen der Erkrankungen bleiben davon unberührt. Diese können durch die Arzneimittel nicht angegangen werden. Dennoch kann eine Epilepsie im Verlauf einer längeren anfallfreien Zeit ausheilen und die Medikation daraufhin abgesetzt werden. Zwei Drittel aller Epilepsiepatienten unterliegen jedoch einer lebenslangen pharmakologischen Therapie. Neben der prophylaktischen Anwendung im Falle der Epilepsie werden Antiepileptika noch bei anderen Erkrankungen eingesetzt, z. B. beim neuropathischen Schmerz.
Finanzierungsidee für „Entdeckungsverfahren“
Ausgabe 06 / 2012
Mit zwölf Vorträgen stellte der Sachverständigenrat im Rahmen eines Symposiums im September 2012 sein aktuelles Gutachten rund 300 Vertretern von Verbänden, Ministerien, kommunalen kommunalen Einrichtungen, Unternehmen sowie Wissenschaftlern vor. Prof. Dr. Eberhard Wille, der Stv. Vorsitzende des Rats, rundete den Vortragsreigen vor rund 30 Teilnehmern beim exklusiven Kaminabend der Deutschen Gesellschaft für Integrierte Versorgung (DGIV) im Berliner Chinaclub ab.
Zwei Jahre AMNOG
Ausgabe 06 / 2012
Das dritte Diskussionsforum „Market Access & Health Economics“, das der Georg Thieme Verlag am 24. Oktober veranstaltete, war ein voller Erfolg. Die Teilnehmerzahl wächst stetig: In diesem Jahr waren es bereits knapp 150 Teilnehmer aus Industrie, Agenturen und Krankenkassen, die im voll besetzten Saal des Berliner Ellington Hotels mit namhaften Experten aus verschiedenen Perspektiven die Erfahrungen nach zwei Jahren Arzneimittelmarktneuordnungesetz (AMNOG) diskutierten. Thema der Veranstaltung waren in diesem Jahr vor allem die Preisverhandlungen im Rahmen des AMNOG.
Young Lions gestartet
Ausgabe 06 / 2012
Sieben Monate nach ihrer ersten Parlamentssitzung präsentierten die Nachwuchskräfte des Young Lions Gesundheitsparlaments im Oktober erste Ansätze, wie sich das Gesundheitswesen besser für die Zukunft aufstellen ließe. Rund 80 engagierte, junge Köpfe waren auf Initiative des forschenden Arzneimittelherstellers Janssen im März zusammengekommen und arbeiten bundesweit ehrenamtlich zusammen. Bis Anfang 2013 sollen die detaillierten Ergebnispapiere stehen und im „Parlament“ verabschiedet werden.
„Das ist kein Endpunkt, sondern ein Startpunkt“
Ausgabe 06 / 2012
Die Definition der wirklich patientenrelevanten Endpunkte ist sowohl in der Nutzen- als auch der frühen Nutzenbewertung entscheidend, doch bisher ungelöst. So versucht das IQWiG bislang auf RCT-Studienbasis zu definieren, was Surrogatparameter und was patientenrelevante Endpunkte sind und erkennt im Zweifel nur jene an, deren statistische Korrelation mit harten klinischen Endpunkten einwandfrei zu beweisen ist. Mit diesem Ansatz wird sicher nicht das in den Fokus gestellt, was der Patient für sich als patientenrelevant erachtet. Das weiß auch das IQWiG und schrieb deshalb zwei Pilotaufträge aus, die die Frage beantworten sollten, welche der beiden in diese Fragestellung überhaupt möglichen ökonomischen Instrumente auf das Gesundheitswesen übertragbar sind - und wenn ja, wie. Die Antwort darauf wurde auf dem letzten MVF-Fachkongress gegeben, der unter dem Titel „Der Endpunkt - Patientenrelevante Endpunkte - Wer definiert, was für den Patienten relevant ist?“ Ende Oktober in Berlin stattfand.
Kommentar: „Endpunkte“ bei lebenslimitierend Erkrankten
Ausgabe 06 / 2012
Thomas Sitte ist Vorstandsvorsitzender der Deutschen PalliativStiftung. Der Anästhesist, Schmerztherapeut und Palliativmediziner aus Hessen hat sich intensiv regional und bundesweit für den Aufbau der ambulanten Palliativversorgung eingesetzt. 2009 gab er seine Praxis ab und ist seither ehrenamtlich in der Deutschen PalliativStiftung als Mitgründer und Vorstandsvorsitzender engagiert. Mit dem aktuellen Projekt „I run for life“ will die Stiftung die Hospizidee und palliatives Wissen in neue gesellschaftliche Gruppen bringen, die sonst kaum damit in Kontakt kämen.
Coaching: starker Ansatz für schwache Herzen
Ausgabe 06 / 2012
Je früher Herzschwäche behandelt wird, desto größer sind die Chancen, die damit einhergehenden Folgen erfolgreich zu behandeln. Unbehandelt sinkt die Lebenserwartung der Erkrankten rapide. Die Deutsche BKK begleitet im Rahmen ihres Coachingprojektes telefonisch 330 Versicherte ergänzend zur Diagnostik und Therapie der behandelnden Ärzte. Ergebnis der kontinuierlichen und engen Betreuung: weniger stationäre Krankenhausaufenthalte, mehr Selbstständigkeit, eine bessere Verzahnung von Patienten und Ärzten sowie ein besseres Verständnis der Erkrankung und die notwendigen Behandlungsmaßnahmen. Eine nicht betreute Kontrollgruppe von Insuffizienzbetroffenen musste dagegen im gleichen Zeitraum deutlich häufiger stationär aufgenommen werden. Auch bei der Verweildauer im Krankenhaus und der allgemeinen Fitness zeigten sich signifikante Unterschiede zu denjenigen, die ein Coaching in Anspruch genommen hatten.
Ein Plädoyer für mehr Patientenselbststeuerung
Ausgabe 06 / 2012
Bei vielen chronischen Krankheiten hängt das Behandlungsergebnis stark vom Patientenverhalten ab. Hinlänglich bekannte Beispiele hierfür sind der Diabetes mellitus (im Einzelfall bis zu 90% verhaltensabhängig) und andere risikoreiche Stoffwechselkrankheiten oder der Bluthochdruck. Richtige Ernährung, Bewegung, konsequente Einnahme indizierter(!) Arzneimittel, Vermeidung von Nikotin- und Alkoholmissbrauch, Stressabbau, Work-Life-Balance, Psychohygiene und konsequentes Einhalten notwendiger Verlaufskontrollen sind Verhaltenselemente, die ein Patient selbststeuernd zur Gesundung einsetzen kann.
Kommentar: Datentransparenz ohne Regionaldaten?
Ausgabe 06 / 2012
Susanne Ozegowski ist Doktorandin an der TU Berlin im Fachgebiet Management im Gesundheitswesen. Zusammen mit Prof. Dr. Leonie Sundmacher hat sie eine Petition zur Einbeziehung eines Regionalmerkmals in den Datensatz, der gemäß der Datentransparenz-Regelung für die Versorgungsforschung zugänglich wird, beim Deutschen Bundestag eingereicht. Kontakt: ozegowski@mailbox.tu-berlin.de
Der Balanced-Scorecard-Ansatz als Managementinstrument für Netzwerke im Gesundheitswesen
Ausgabe 06 / 2012
Die mangelnde Transparenz in Bezug auf ökonomische und qualitative Effekte wird als wesentliche Schwachstelle von integrierten Versorgungsnetzwerken im deutschen Gesundheitswesen diskutiert (DGIV/BMC 2008; Wagner et al. 2007: 329). Daraus resultieren, wie eine Untersuchung von Gersch (2011) aufzeigt, Investmentunsicherheiten von Krankenkassen, was die ökonomische Zukunftsfähigkeit solcher Versorgungsansätze erschwert. Netzwerke im Gesundheitswesen müssen einen positiven Gesundheitsnutzen für die Versichertenpopulation generieren und dies nachweisen können.1 Performance Management Systeme (PMS) konzentrieren sich auf diese Problemstellungen der Quantifizierung von ökonomischen und qualitativen Ergebnissen sowie der reflexiven Steuerung von Organisationen, und zwar mit dem Ziel, ihre Effizienz und Effektivität zu steigern. Darüber hinaus können sie als Instrument zur Schaffung von externer Transparenz, z.B. gegenüber Krankenkassen oder Versicherten dienen. In „traditionellen“ – d.h. nicht als Netzwerk strukturierten – Organisationen haben sich PMS als Charakteristikum eines professionellen Managements schon länger etabliert (Kaplan/Norton 2001b: 4 ff; Inamdar/Kaplan 2002: 188 ff; Zelman et al. 2003: 12). Für den speziellen Kontext – Netzwerke im Gesundheitswesen – sind theoretische Arbeiten und praktische Erfahrungen im deutschsprachigen Raum allerdings schmal gesät (s. insbesondere Gröbner 2007; Schicker et al. 2007). Der Bedarf wird jedoch zunehmend von Netzwerken im deutschen Gesundheitswesen erkannt, wobei dem Netzmanagement genau in diesem Bereich ein Defizit attestiert wird (Purucker et al 2009: 23 ff). In der englischsprachigen Literatur findet sich eine umfangreichere Auseinandersetzung (s. z. B. Inamdar/Kaplan 2002; Zelman et al. 2003). Dennoch fehlt auch in der englischsprachigen Literatur eine systematische Aufarbeitung von Anforderungskriterien. Ziel dieses Artikels ist es daher, einen Überblick über (besondere) Anforderungen an PMS für Netzwerke im (deutschen) Gesundheitswesen zu geben. Daran anschließend soll ein vielfach in Literatur und Praxis diskutiertes PMS, der Ansatz der Balanced Scorecard (BSC), generell sowie im Hinblick auf die erarbeiteten Anforderungskriterien theoretisch erörtert werden. Im Besonderen wird dabei auf Ergebnisse eines systematischen Reviews, erweitert um eine qualitative Befragung von Experten des deutschen Gesundheitswesens, von Pimperl (2012) zurückgegriffen.
Blutzuckerteststreifen auf ebay - Hinweise auf Adhärenzprobleme und ihre Kosten
Ausgabe 06 / 2012
Der Diabetes mellitus zählt zu den Volkskrankheiten in Deutschland. Die Zahl der Diabetiker liegt je nach Schätzung zwischen 6 und 10 Mio. Bundesbürger. Die Zahl der Neuerkrankungen pro Jahr steigt stetig an. (Hauner 2010: 8) Gemäß der beiden KoDim-Studien (Hauner et al. 2007; Köster et al. 2010) beliefen sich die Gesamtkosten für die Behandlung des Diabetes mellitus in Deutschland im Jahre 2000 auf 27,8 Mrd. Euro. Im Jahr 2007 wurden bereits 42,0 Mrd. Euro verausgabt. Dies entspricht einem Wachstum um 51,1 %. Allein die Kosten für die medizinische Versorgung der Diabetiker stiegen von 2000 auf 2007 von 12,9 auf 19,1 Mrd. Euro an. Rund ein Drittel davon gehen in die ärztliche Betreuung der Diabetiker und ihre Versorgung mit Insulin, Kanülen, Blutzuckerteststreifen und Lanzetten. Die restlichen zwei Drittel werden jedes Jahr zur Behandlung der mit dem Diabetes mellitus verbundenen Folgekrankheiten aufgewandt.
Pay-for-Performance in Deutschland: Von der Option zur Umsetzung
Ausgabe 06 / 2012
Die Gewährleistung guter Versorgungsqualität und die Notwendigkeit zur Steigerung der Effizienz im Gesundheitswesen bei anhaltender Finanzierungsproblematik bedarf neuer Wege effektiver Steuerung und zeitnahen Veränderungsmanagements. Eines der Konzepte hierzu ist die leistungsorientierte Vergütung (Pay-for-Performance, P4P). Insbesondere im angelsächsischen Raum gibt es eine mittlerweile nicht mehr überschaubare Zahl von Projekten, die die Vergütung von Leistungserbringern an die von ihnen erbrachte und durch Qualitätsmessung nachgewiesene Leistung koppeln. Sie folgen damit dem einfachen Prinzip, dass für bessere Qualität mehr gezahlt werden soll und für schlechtere weniger.
Krankenhausprivatisierung in Deutschland: Ein Dialog zwischen Politik und Gesundheitsökonomie
Ausgabe 06 / 2012
Der deutsche Krankenhausmarkt befindet sich seit Beginn der 1990iger Jahre in einem erheblichen Strukturwandel, dessen Ende noch nicht absehbar ist. Die Zahl der Krankenhäuser ist von 1991 bis 2010 um rund 14% zurückgegangen, Gleiches gilt für die Zahl der Betten (–25%) und die Verweildauer (–44%) (Statistisches Bundesamt 2011). Entsprechend ist es zu einem merklichen Anstieg der Zahl der vollstationär behandelten Fälle gekommen (+24%) - ein Zeichen einer Effizienzsteigerung. Die Einführung der diagnosebezogenen Fallpauschalenvergütung in Krankenhäusern (DRGs) hat diese Veränderungen unterstützt. Seit Beginn dieses Wandels ist außerdem ein vermehrter Trägerwechsel von Krankenhäusern hin zu privaten, gewinnorientierten Unternehmen zu beobachten.