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PFS braucht eine ausreichend evidente PRO-Basis

06.12.2017 14:00
Beim Fachsymposium „Patientenrelevante Endpunkte und Big Data-Ansätze im deutschen Versorgungskontext“ – veranstaltet vom Springer-Verlag unter Vorsitz von Dr. Georg Ralle, dem Generalsekretär des Netzwerks gegen Darmkrebs e. V. – wurde einmal mehr deutlich, wie weit doch die Auffassung von Klinikern, Wissenschaftlern und HTA-Behörden auseinanderliegen. Doch wurde auch ein probater Lösungsweg aufgezeigt, wie künftig besser mit einem patientenrelevanten Endpunkt wie PFS (Progressionsfreies Survival/Überleben) umgegangen werden kann.

>> Wenn man eine klinisch tätige Ärztin und Wissenschaftlerin wie Prof. Dr. Diana Lüftner von der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Tumorimmunologie am Charité Campus Benjamin Franklin in Berlin fragt, gehört das PFS ganz eindeutig in den – so auch ihr Vortragstitel – „Kontext alternativer patientenrelevanter Endpunkte“. Schon aus ihrer praktischen Erfahrung heraus weiß die behandelnde Ärztin, dass das Thema PFS bei den von ihr behandelten Patienten hoch emotional belegt ist. was auch die Forschung bestätigt. So sei im „Britisch Journal of Cancer“ eine Befragung von 200 Patientinnen mit fortgeschrittenem Ovarialkarzinom unter platinhaltiger Erstlinientherapie veröffentlicht worden. Gefragt wurde, was ihnen wichtiger ist: Lebenszeit oder Lebensqualität. Zwar hätten 57 % mit „gleich wichtig“ geantwortet, doch wäre bei 33 % der befragten Patientinnen eindeutig die Lebensqualität im Vordergrund gestanden, während nur 9 % für längeres Leben fast um jeden Preis und egal, welche Kompromisse dafür einzugehen wären, votierten. Lüftner: „Das heißt nichts anderes, als dass der große Fokus der befragten Patientinnen mutmaßlich auf der Lebensqualität liegt.“ Ähnliches hätte eine weitere Untersuchung bei Männern mit metastasiertem Prostatakarzinom gezeigt, wobei sich hier ein großer Unterschied zwischen England und Schweden offenbart hätte. Die Briten würden – so fasst Lüftner die Studienergebnisse zusammen – sogar über 5 Monate hergeben, damit die Lebensqualität nicht eingeschränkt wird, bei den Schweden seien es hingegen nur 3 bis 5 Monate.
Was recht wenig nützt, wenn der „HTA-Prozess das PFS nicht wahrnimmt oder zumindest vernachlässigt“, wie der Moderator des Fachsymposiums, Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, zu Protokoll gab. Dessen rhetorische, weil nahezu unbeantwortet gebliebene Frage: „Muss man die Politik davon überzeugen, sich mehr an die europäische Einschätzung des PFS anzupassen?“
Vielleicht sinnvollerweise zuallerest den G-BA und dessen Bewertungsinstitut, das IQWiG. Nun sei es aber nach Worten von Dr. Uwe Vosgerau, dem Referenten und Fachkoordinator Onkologie in der Abteilung Arzneimittel des G-BA, so, dass sich – wie auch Lüftner in ihrem Vortrag gezeigt hätte – die Einschätzung des PFS durch europäische HTA-Behörden zwar unterschiedlich darstelle, es aber beileibe nicht so sei, dass das PFS „bei anderen HTA einen ganz anderen Stellenwert“ genieße und auch bei den Zulassungsbehörden „keine ganz unkritische Haltung vorliegen“ würde. Indes habe der G-BA über die Zeit eine klare Haltung zum PFS entwickelt, denn das Thema sei so alt wie der AMNOG-Prozess an sich. Der G-BA würde sich bei jeder Bewertung, in der das PFS vorkäme, indikationsspezifisch sehr intensiv damit beschäftigen; jedes Mal insbesondere im Kontext dessen, welche anderen Endpunkte in den zur Verfügung gestellten Arzneimitteldossiers dargestellt worden seien und in welcher Relation diese zum PFS stünden.
Dabei müsse man, so Vosgerau weiter, immer bedenken, dass nun einmal Zulassungsbehörden eine andere Fragestellung hätten als die HTA-Organisationen, jedoch gebe es auch Fragestellungen, die sich überlappen würden. Aus diesem Grund müsse man für Zulassung und Nutzenbewertung auch keine zwei unterschiedlichen Studien machen, indes darauf achten, dass „beide Anforderungen berücksichtigt“ werden. Vosgerau: „Darum führen wir auch Beratungen zusammen mit den Zulassungsbehörden durch.“ Generell aber habe der G-BA kein Problem damit, wenn das PFS in der Studie erhoben werde, indes sei dieses viel diskutierte Thema „für uns an sich nicht so relevant“. An sich meint: das PFS an sich. Das PFS sei aber dennoch relevant, weil daran oft das Studiendesign gekoppelt sei, was besonders Cross Over und Beobachtungszeiten zu patientenberichtenen Outcomes betreffe – und darum insgesamt die Studienergebnisse tangiere. Vice versa könne nach Vosgeraus Einschätzung jede Zulassungsbehörde mit allen Endpunkten mitgehen, welche die HTA sehen wollten, inbesondere sei das Gesamtüberleben bei beiden sehr relevant.
Woher aber kommt dann die weitgehende Negierung des PFS in den G-BA-Bewertungen?  Der G-BA wolle damit – zumindest nach Meinung von Vosgerau – in keinem Fall ausdrücken, dass das PFS keine Bedeutung für den Patienten habe, nur wäre die Bedeutung des PFS seitens der Pharmaunternehmen nicht hinreichend genug belegt. Da aber der G-BA nun einmal eine datenbasierte Bewertung – aufsetzend auf einer ausreichend evidenten Basis – erstellen müsse, rät Vosgerau, da eben eine datenbasierte Bewertung eine entsprechende studienbasierte Erhebung jenseits der Erfahungswerte von Klinikern verlangt: „Wenn es so ist, dass der Progress eine große mentale Belastung für den Patienten darstellt, muss man das zeigen.“ Die Frage bleibt: mit welchem validierten PRO-Instrument (Patient Reportet Outcome) das zu geschehen hat,.
Generell aber müsse man sagen, so Vosgerau weiter, dass – wenn man die Bewertungen in der Onkologie der letzten Jahre betrachte – das PFS nicht ganz so wichtig sei, wie es diskutiert werde. Der Grund: In der Regel könne man andere Endpunkt zu Rate ziehen, wie den Overall Survical, die Morbidität oder aber die Lebensqualität. Doch ebenso gebe es Bewertungen, bei denen die Einschätzung des PFS durchaus einen Knackpunkt darstelle, wie es beim Wirkstoff Pembrolizumab (der eben in der Phase-III-Studie EORTC1325/KEYNOTE-054 den primären Endpunkt des rezidivfreien Überlebens erreicht hat) der Fall gewesen sei.
Was nahezu ein perfektes Stichwort für den Einsatz von Dr. Peter Kaskel war, der als Senior Market Access Manager von MSD, München, als Mitveranstalter des Symposiums zu Wort kam. Seiner Meinung nach wäre die Beschlussfassung, die Mitte März 2018 erwartet wäre, nur möglich gewesen, weil sein Unternehmen mit dem G-BA frühzeitig über das PFS diskutiert habe und Wege überlegt hätte, wie man den Nutzen des Wirkstoffs jenseits dieses Endpunkts und zudem ausschließlich für Deutschland darstellen könne. Da aber normalerweise ein globaler Konzern anders agiert, wäre es seiner Meinung nach wichtig, wenn man einenm in vielen Indikationen international anerkannten Parameter wie PFS in eine Bewertung einbringen könne, was sowohl ein Prä für die Planungssicherheit, als auch für die umfassende Nutzendarstellung eines Medikaments sei. Prof. Dr. Markus Kosch, Vice President Oncology von Pfizer und ebenfalls Mitveranstalter des Symposums, treibt hingegen die Sorge – die über die Jahre immer größer werde – um, „dass das AMNOG nicht schnell genug lernt, um die enorme Veränderungsgeschwindigkeit gerade in der Onkologie abzubilden.“ <<
von: MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier

Zitationshinweis : Stegmaier, P.: „Wichtiger Partner regionaler Gesundheitspolitik““, in "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 06/17, S. 6-8; doi: 10.24945/MVF.06.17.1866-0533.2042

Ausgabe 01 / 2018

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