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Mehr Kooperation und Koordination gefordert

04.06.2018 14:00
Die Anforderungen an die Arzneimittelverordung haben sich vor allem durch die Auswirkungen des demographischen Wandels und der damit einhergehenden zunehmenden Multimorbidität in den letzten Jahrzehnten dramatisch verändert. In dieser Zeit neuer Herausforderungen in der Arzneimittelverordnung war es Ziel des Kongresses „Die Lage der Arzneimittelanwendung 2018“– veranstaltet vom Verein zur Förderung der Arzneimittel-Anwendungsforschung e.V., dem Hartmannbund und der Robert Bosch Stiftung in Kooperation mit dem Institut für Gesundheitssystem-Entwicklung – den Status Quo zu beschreiben, notwendige Entwicklungen aufzuzeigen und Wege zu benennen.

>> Vor allem der demographische Wandel und die Multimorbidität ziehen immer komplexere Arzneimittelregime nach sich. Multimedikation ist schon für sich genommen eine Herausforderung, auch Leitlinien können in ihrer Kombination z.B. bei Multimorbidität zu „Arzneimittel-Cocktails“ führen, die in der Summe mehr Schaden anrichten als Nutzen stiften. Instrumente, die hier für mehr Klarheit und Sicherheit sorgen könnten stehen entweder noch immer nicht zur Verfügung (wie etwa ein vollständiger Medikationsplan einschließlich der Verordnungen aller mitbehandelnden Ärzte) oder sie sind in unserem System zu wenig bekannt, wie beispielsweise die Priscus-Liste. Auch werden ärztliche Bemühungen um  ein individuell patientenorientiertes Arzneimitteltherapie-Management in der ärztlichen Vergütung gar nicht oder nur unzureichend abgebildet.
Als roter Faden der Veranstaltung stand die Frage im Raum: Braucht es zur Bewältigung dieser Aufgabe nicht eigentlich einen Koordinator? Wer könnte diese Aufgabe übernehmen? In wie weit steht die Politik hier in der Verantwortung, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu setzen? So forderte Dr. Liselotte von Ferber, die Vorsitzende des Vereins zur Förderung der Arzneimittel-Anwendungsforschung e.V. (VFAA e.V.), in ihrem Grußwort neben einem elektronischen Medikationsplan, der die von den Fachärzten verordneten Arzneimittel des multimorbiden Patienten enthält, sowohl eine elektronische Arzneimittelliste die jeglichen Arzneimittelkauf – einschließlich der vom Patienten OTC erworbenen Arzneimittel – beinhaltet, als auch die verbindliche Benennung eines Koordinators, der die Kombination von Wirkstoffen, die der Patient gleichzeitig einnimmt, beurteilen kann.
Dieser „Kümmerer“, wie ihn sich Frau von Ferber wünscht, muss nach Meinung von Ulrich Weigeldt, dem Bundesvorsitzenden des Deutschen Hausärzteverbandes e.V., nicht neu erfunden werden. Im kollektivvertraglichen Bereich betrage schon jetzt der Anteil der chronisch Erkrankten in etwa 20%, während er im Rahmen dieser hausarztzentrierten Versorgung bei über 50% liegt, wobei ebenfalls über 50% aller chronisch Kranken mehr als eine chronische Erkrankung hätten. Weigeldt: „Häufig ist der Hausarzt oder die Hausärztin die Bezugsperson ins Gesundheitssystem für diese Patienten.“ Das Problem sei jedoch nicht die Komplexität der Pharmakologie, sondern der Koordination.
Die Referenten zeigten Einigkeit, dass in Zeiten von Chronizität und Multimorbidität eine angemessene Arzneiverordnung ohne Kooperation und Koordination nicht gelingen wird. Birgit Fischer (Hauptgeschäftsführerin des Verbandes Forschender Arzneimittelhersteller – vfa) wies deutlich darauf hin, dass ein entsprechender Rahmen auf Bundesebene gesetzt werden müsse. Die konkrete Umsetzung und Beschreitung neuer Wege könne jedoch nur lokal gelingen. Sowohl Michael Hennrich (CDU), MdB, als auch Martin Litsch (Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes) wünschten sich die Kompetenz der Apotheker stärker eingebunden. Eine Koordinierung von Hausärzten und Apothekern insbesondere über digitale Wege sei unerlässlicher Teil der Lösung. Auch Martina Stamm-Fibich (SPD), MdB, sprach sich für eine stärkere Einbindung der Apotheker aus – auch unter dem Aspekt der Aufklärung und Stärkung der Gesundheitskompetenz der Versicherten. Prof. Dr. Wolf-Dieter Ludwig (Vorsitzender der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft – AKDÄ) stimmte zu, dass diese schwierige Situation nur in der Zusammenarbeit von Ärzten und Apothekern in den Griff zu bekommen sei. Er zeigte sich überzeugt, dass sich die Lage aufgrund des demographischen Wandels und damit einhergehender zunehmender Multimedikation weiter zuspitzen werde. In diesem Punkt bestand große Übereinstimmung mit Ulrich Weigeldt (Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes), der darüber hinaus aufzeigte, dass es derzeit insgesamt über 750 unterschiedliche Leitlinien gebe, die hinsichtlich der Arzneimittelverschreibung nicht aufeinander abgestimmt seien. Weigeldt und Ludwig betonten, dass Leitlinien in der Regel von Fachgruppen erstellt für eng definierte Diagnosen und ohne weitere Betrachtungen von Komorbiditäten erstellt werden. „Medikationsfehler sind hier vorprogrammiert“, so Ludwig. Entsprechend sah sich das Podium in dem Appell an die Politik und die Verantwortlichen Selbstverwaltungspartner einig, unter Einbezug der digitalen Potenziale für eine Koordination aller Abläufe und Prozesse in der Arzneimittelverschreibung zu sorgen.
Das Resümee der Veranstaltung: Die Arzneimittelanwendung steht noch vor der Bewältigung großer Herausforderungen. Umso wichtiger wären Kooperation und Koordination der beteiligten Akteure (und die entsprechende Vergütung), um Licht ins Dunkel zu bringen, Systemressourcen zu sparen und für die Patienten Sicherheit zu gewährleisten. <<

Ausgabe 04 / 2018

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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