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Blaupause für Früherkennung in ländlichen Regionen

07.06.2021 10:30
Die Herzinsuffizienz, an der in Deutschland nicht nur rund 1,8 Millionen Menschen leiden, sondern auch mit am häufigsten versterben, hat ein großes Problem, aber damit auch eine fast ebenso große Chance: Diese Krankheit verläuft anfangs oft symptomlos, kann jedoch frühzeitig mit Hilfe der Magnetresonanztomografie (MRT) diagnostiziert werden. Wenn ein MRT denn für alle verfügbar wäre. In Metropolregionen und vor allem in Großstädten ist das der Fall, in ländlichen Regionen hingegen gibt es oft weder die nötigen diagnostischen Geräte noch spezialisierte Ärzte. Das soll sich ändern: Mit dem vom Innovationsfonds mit sieben Millionen Euro geförderten Projekt, das in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ein Versorgungsmodell zur Früherkennung asymptomatischer Herzinsuffizienz in der Bevölkerung erproben soll – als „Blaupause für ähnliche Regionen“, wie Prof. Dr. med. Sebastian Ulrich Kelle, Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin – Kardiologie am Deutschen Herzzentrum Berlin (DHZB), erklärt. Ziel des Projekts HerzCheck ist es, betroffene Patienten nicht nur so früh wie möglich zu diagnostizieren, sondern so schnell wie möglich geeignete Maßnahmen zur Therapie und zur Minimierung von Risikofaktoren einleiten zu können. Dies unter anderem mit dem konzertierten Einsatz modernster Technik und Telemedizin.

 

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>> Die Ursprungsidee für dieses Projekt entstammt der klinischen Erfahrung in der täglichen Routine. „Wir sehen die Patienten oftmals erst sehr spät“, weiß Kelle. Deshalb hat er sich in seiner Forschungstätigkeit von der Therapie der Erkrankung zur Früherkennung vorgearbeitet. Kelle: „Eine früh einsetzende, präventive Diagnostik ist der Ansatz, den man gehen muss, um eine Chance zu bekommen, die mit dem Krankheitsverlauf ganz zwangsläufig auftretenden Ereignisse aufzuhalten, wenn nicht möglicherweise sogar ganz zu verhindern.“ Gelingt dies, wird Herzinsuffizienz früh erkannt und gezielt behandelt, können sowohl die Lebensqualität als auch die Lebenserwartung der Patienten gesteigert werden. Aber auch hohe Therapiekosten vermieden werden – diese Krankheit verursacht immerhin alleine in Deutschland Kosten über fünf Milliarden Euro. Pro Jahr!
Der Projektansatz hat aber noch eine andere Dimension. Eigentlich wissen alle, die mit dem Gesundheitssystem zu tun haben, dass alleine der demografische Wandel dafür sorgen wird, dass – so Kelle – „die Medizin, wie wir sie heute kennen, schon in wenigen Jahren nicht mehr tragfähig sein“ wird. Ebenso muss das Bedürfnis der Patienten, wohnortnah mit modernster Spitzenmedi-
zin versorgt werden, aber gleichzeitig auf dem Land leben zu wol-
len, in irgendeiner Weise zusammengebracht werden. „Dafür muss man schon heute Konzepte finden und erproben, um den Folgen des demografischen Wandels begegnen und die Bedürfnisse der Menschen in irgendeiner Art und Weise befriedigen zu können“, sagt Kelle.
Eine probate Möglichkeit dafür ist der konzertierte Einsatz moderner technischer Entwicklungen, die es so bis vor wenigen Jahren einfach nicht gegeben hat. Damit gemeint ist zum einen der Bereich der Telemedizin, der erst so richtig mit der Pandemie Fahrt aufnimmt, zum anderen aber immer noch abhängig ist vom Ausbau der Netzinfrastruktur auf dem Land. Zum anderen aber die für die Dia-gnostik der Herzinsuffizienz nötige Magnet-resonanztomografie (MRT). Kelle: „Für unser Projekt HerzCheck mussten wir Puzzleteile, die für sich genommen alle schon hinreichend bewiesen haben, dass sie funktionieren, neu kombinieren und zu einer gemeinsame Idee formen.“ Dazu mussten Expertisen* aus der Therapie, der Technik und der Kassenlandschaft zusammenfinden und -gebracht werden, die es dann nach einem – vor allem der Fördersystematik geschuldeten – „langen anstrengenden Weg“ geschafft haben, einen positiven Förderzuschlag zu bekommen.
Welch langen Atem bei solchen Vorhaben  Beteiligte haben müssen, zeigt die Projekthistorie. Obwohl der Förderantrag bereits im März 2019 eingereicht wurde, konnte das Projekt erst im Oktober 2020 beginnen. Auch wenn der Projektstart mitten in  die zweite Corona-Welle fiel, begann die Uhr zu ticken, da die Laufzeit in den meisten Innovationsfonds-Projekten auf drei Jahre begrenzt ist. Eine bereits genehmigte Laufzeitverlängerung schafft nun etwas Luft. Die ist auch dringend nötig, denn der erste von zwei mobilen MRT-Trailers des Unternehmens medneo ist bereits seit Ende Mai dieses Jahres in Aktion.
Aufgestellt werden kann der große Trailer, in dem das MRT installiert ist, eigentlich überall – wie bei HerzCheck auf dem Parkplatz eines Klinikums, möglich wären aber auch Flächen von großen Unternehmen, Sportstätten oder sogar Marktplätze. Nötig ist eine nahezu ebene Fläche und ein dauer-
hafter Starkstromanschluss, der jedoch im Rahmen des Projekts mitgefördert wird, aber auch noch nach Ende des Projekts weitergenutzt werden kann.
Die mobilen MRT-Trailer werden von medizinischem Personal begleitet, das die MRT-Untersuchung durchführt. Die Untersuchung an sich dauert nur etwa 10 bis 15 Minuten. Die weiterführende fachärztliche Überwachung und Betreuung erfolgt dann telemedizinisch unter Einsatz modernster Technologien, wobei die Untersuchungsdaten unter Beachtung aller Datenschutzvorgaben online an einen Facharzt des Deutschen Herzzentrums Berlin (DHZB) übermittelt werden. Die Befunde werden dann den Teilnehmern sowie ihren Ärzten zugeschickt, wobei der vor Ort behandelnde Arzt – der zuvor geeignete Patienten identifiziert und diesen die Teilnahme an dem Projekt empfohlen hat – zudem Empfehlungen für die weitere Behandlung erhält. Ebenso stehen niedergelassenen Ärzten für Rückfragen die Experten des Herz- und Gefäßzentrums Bad Bevensen (HGZ) als Ansprechpartner zur Verfügung.
„Der Mehrwert  für die Patienten ist die Kooperation der Professionen, die eine diagnostische Erkennung einer frühen Herzinsuffizienz mittels telemedizinischer Verfahren selbst in strukturschwache Regionen bringt“, sagt Kelle. Ende 2022 wird die Endevaluation zeigen, ob und in welchem Umfang die Prognose der Patienten mithilfe moderner Versorgungsstrategien wirklich verbessert werden konnte. <<


von MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier

Ausgabe 03 / 2021

Editorial

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Reinhold
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