Sie sind hier: Startseite Abstracts Kurzfassungen_2022 MVF 03/22 Anforderungen an die technische Ausstattung für die Umsetzung des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz
x
Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Durch die weitere Nutzung der Webseite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Anforderungen an die technische Ausstattung für die Umsetzung des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz

19.05.2022 03:00
Kommentar von Dr. Wolfgang A. Rehmann, Rechtsanwalt bei der Taylor Wessing Partnerschaftsgesellschaft mbB, München

http://doi.org/10.24945/MVF.03.22.1866-0533.2404

PDF

>> Seit kurzem gehört das Telemonitoring von Patienten mit Herzinsuffizienz zum ambulanten Leistungsangebot der gesetzlichen Krankenkassen. Die dafür notwendige Methodenrichtlinie hat der Gemeinsame Bundesausschuss beschlossen (1). Gemäß Methodenrichtlinie ist das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz ein zeitnahes Management unter Verwendung von Daten, die beim Patienten entweder von einem Implantat (Defibrillator oder Schrittmacher) oder von externen Geräten (Körperwaage, EKG, Blutdruckmessgerät) erhoben werden (2). Seit dem 1. Januar 2022 kann das Telemonitoring als ambulante Leistung von niedergelassenen Kardiologen erbracht und abgerechnet werden. Die Abrechnung des Telemonitorings setzt eine entsprechende Genehmigung durch die zuständige Kassenärztliche Vereinigung voraus. Die Voraussetzungen für die Erteilung der Genehmigung haben KBV und GKV-Spitzenverband in der Qualitätssicherungsvereinbarung Telemonitoring bei Herzinsuffizienz („QS-V TmHi“) festgelegt  (3).

Die Qualitätssicherungsvereinbarung definiert umfangreiche Anforderungen an die technische Ausstattung für die Umsetzung des Telemonitorings. So fordert etwa die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns vom Antragsteller in einem neun Seiten langen Fragebogen die Abgabe von Erklärungen, die auch einem Experten für Medizinprodukterecht mindestens konzentriertes Lesen abverlangen. Beispielsweise muss der Facharzt für Kardiologie im Antragsformular der KVB Folgendes bestätigen:
„Die implantierten kardialen Aggregate, die für das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz genutzten externen Messgeräte (außer Personenwaagen) und ihr jeweiliges Zubehör und die in diesem Zusammenhang genutzte Software (mit einer medizinischen Zweckbestimmung gemäß Artikel 2 der Verordnung (EU) 2017/745 zur Datenerfassung, -übertragung und/oder -analyse) haben eine gültige CE-Kennzeichnung
­• gemäß der EU-Richtlinie 90/385/EWG (MDD) oder der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) (implantierte kardiale Aggregate)
­• gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) (externe Messgeräte).“

Es erstaunt daher nicht, dass es interessierten Ärzten teilweise schwerfällt, eine Entscheidung über die technische Ausstattung und den geeigneten Dienstleister zu treffen. Dem Kardiologen stellen sich mehrere Fragen, die sich aus medizinprodukterechtlicher Sicht beantworten lassen:
Frage 1: Setzt die QS-V TmHi einen neuen Standard für die Zertifizierung/Zulassung von Medizinprodukten?
Nein. § 5 Abs. 3 Nr. 2 der QS-V TmHi gibt nur die gesetzlichen Anforderungen an das Inverkehrbringen von Medizinprodukten wieder, welche durch die im Rahmen des Telemonitorings eingesetzten, in der QS-V TmHi beschriebenen Geräte mit Messfunktion und ihr Zubehör zu erfüllen sind. Die QS-V TmHi stellt keine darüberhinausgehenden Anforderungen auf.
Frage 2: Welche Geräte müssen ein CE-Kennzeichen als Medizinprodukt haben?
Beim Telemonitoring mit kardialen implantierbaren Aggregaten müssen die kardialen implantierbaren Aggregate und deren Zubehör eine gültige CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) tragen.
Beim Telemonitoring mit externen Geräten müssen das Blutdruckmessgerät und das EKG-Gerät sowie deren Zubehör eine gültige CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD), die innerhalb der dafür geltenden Überleitungsbestimmungen fortgilt, bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) tragen.
Frage 3: Muss jedes Gerät, das im Zusammenhang mit dem Telemonitoring genutzt wird, ein CE-Kennzeichen als Medizinprodukt haben?
Nein. Geräte, die keine medizinische Zweckbestimmung haben und auch kein Zubehör sind, tragen keine CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR). Dies gilt u.a. für Geräte zur Übermittlung der vom Patienten selbst erhobenen Informationen zur subjektiven Einschätzung seines allgemeinen Gesundheitszustands. Daher müssen das Tablet zur Dateneingabe oder der Mobilfunkrouter zur Datenübermittlung keine CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) tragen.
Frage 4: Welche Software muss ein CE-Kennzeichen als Medizinprodukt haben?
Beim Telemonitoring mit kardialen implantierbaren Aggregaten muss die Software, die mit dem Aggregat oder dessen Zubehör genutzt wird, eine gültige CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) haben, wenn diese Software gemäß ihrer medizinischen Zweckbestimmung ein Medizinprodukt ist.
Beim Telemonitoring mit externen Messgeräten muss die Software, die mit dem Blutdruckmessgerät und dem EKG-Gerät oder deren Zubehör genutzt wird, eine gültige CE-Kennzeichnung gemäß der EU-Richtlinie 93/42/EWG (MDD) bzw. der Verordnung (EU) 2017/745 (MDR) haben, wenn diese Software gemäß ihrer medizinischen Zweckbestimmung ein Medizinprodukt ist.
Frage 5: Muss jede Software, die im Zusammenhang mit dem Telemonitoring genutzt wird, ein CE-Kennzeichen als Medizinprodukt haben?
Nein. Wie der MDCG Guidance 2019-11 zu entnehmen ist, haben Systeme, die allein der Übertragung, Speicherung, Archivierung und Weiterleitung medizinischer Daten dienen, keine medizinische Zweckbestimmung und sind daher keine Medizinprodukte. Dies gilt u.a. für sogenannte Portale, welche im Zuge des Telemonitorings als Schnittstelle zwischen Patienten und Kardiologen Verwendung finden, wenn sie alleine dazu dienen, medizinische Daten sicher zu übermitteln, zu speichern, zu archivieren und für den Kardiologen zur Ansicht und Suche bereit zu halten.
Fazit
An die technische Ausstattung für das Telemonitoring bei Herzinsuffizienz ergeben sich folgende Anforderungen:
1. Kardiale implantierbare Aggregate und die zugehörigen Empfänger für die telemetrische Fernüberwachung müssen eine gültige CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt haben.
2. EKG- und Blutdruckmessgeräte müssen eine gültige CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt haben.
3. Die Personenwaage, das Tablet für die Eingabe von Informationen zum allgemeinen Gesundheitszustand und Geräte für die Datenübertragung (z.B. Mobilfunkrouter) müssen keine CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt haben.
4. Software, die als Schnittstelle zwischen
Patienten und TMZ als sog. TMZ-Portal Ver-
wendung findet, muss keine CE-Kennzeichnung als Medizinprodukt haben, wenn sie alleine dazu dient, medizinische Daten sicher zu übermitteln, zu speichern, zu archivieren und für den Kardiologen zur Ansicht und Suche bereit zu halten.

Es geht aber noch einfacher, wie die Beispiele der KV Berlin oder KV Hamburg zeigen:
„Eine Bestätigung des Herstellers oder des Vertriebs über die Erfüllung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 der verwendeten externen Messgeräte ist diesem Antrag beigefügt.“
Damit wird das Problem vom Kardiologen auf den Hersteller bzw. den Vertrieb verlagert. Im Ergebnis kann der Arzt seine Zeit dem Patienten widmen – statt dem Studium rechtlicher Unterlagen. <<

Zitationshinweis: Rehmann, W.: „Anforderungen an die technische Ausstattung für die Umsetzung des Telemonitorings bei Herzinsuffizienz“, in „Monitor Versorgungsforschung“ (03/22), S. 32-33. http://doi.org/10.24945/MVF.03.22.1866-0533.2404

 

Literatur

1: BAnzAT 30.3.2021 B4, Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung Nr. 37
2: Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses nach § 87 Abs. 4 SGB V in seiner 76. Sitzung am 15.12.2021
3: Vereinbarung von Qualitätssicherungsmaßnahmen nach § 135 Abs. 2 SGB V zum Telemonitoring bei Herzinsuffizienz (https://www.kbv.de/media/sp/QS-V_TmHi.pdf)

Ausgabe 03 / 2022

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

Gemeinsamer Priorisierungskatalog

« Dezember 2022 »
Dezember
MoDiMiDoFrSaSo
1234
567891011
12131415161718
19202122232425
262728293031