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Das nationale Kompetenzzentrum der Gesundheitsökonomik

29.01.2022 05:00
Seit 2012 werden an der Universität Duisburg-Essen zusammen mit dem RWI – Leibniz Institut für Wirtschaftsforschung und weiteren Partnern gesundheitsökonomische Fragestellungen bearbeitet. Zwar gab es bereits vor der Gründung von CINCH (Competent in Competition and Health) vielfältige Aktivitäten im Bereich der Gesundheitsökonomik und des Medizinmanagements, doch trug die Förderung durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) als nationales Zentrum für Gesundheitsökonomik seit 2012 wesentlich dazu bei, dass im Ruhrgebiet eine national vernetzte und international sichtbare Forschungsgemeinschaft in dem Bereich Gesundheitsökonomie entstanden ist. Die Forschung am CINCH1 unter der Leitung von Prof. Dr. Martin Karlsson findet in sieben Projektgruppen statt, geführt unter anderen von Jun.-Prof. Dr. Katharina Blankart, MBR, und Prof. Dr. Jürgen Wasem. Unterstützt werden die Gruppen von fünf assoziierten Mitgliedern. Neben dem RWI und DICE bestehen eine Reihe nationaler (z. B. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung) und internationaler Kooperationen (z. B. Universität Göteborg, Monash University, Erasmus Universität Rotterdam).

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>> Motivation für die Gründung des CINCH war die Analyse wettbewerblicher Faktoren in Gesundheitsmärkten und deren Auswirkung auf die Gesundheitsversorgung. Heute umfasst die Forschung die Analyse ökonomischer Aspekte im Kontext mentaler Gesundheit, Ungleichheit in der Pandemie sowie regionale Unterschiede.
Gesundheitsökonomie ist ein Teilbereich der Versorgungsforschung, der sich mit der Steuerung und der Effizienz des Gesundheitswesens und den ökonomischen Bestimmungsfaktoren von Gesundheit beschäftigt. Das Forschungszentrum CINCH der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Duisburg-Essen ist ein Verbund aus Forschungsprojekten und -gruppen der Universität und zusätzlichen universitären Kooperationspartnern. Im Bereich der Versorgungsforschung sind die Mitglieder des CINCH an zahlreichen von der DFG geförderten Forschungsprojekten und im Bereich des Innovationsfonds aktiv. Seit 2016 ist CINCH zudem am Leibniz Science Campus Ruhr beteiligt. Dieser kombiniert die Expertise des RWI, der Universitäten Duisburg-Essen, Paderborn und Tilburg (NL) sowie der Wirtschaftsuniverstität Wien mit einem lebhaften Netzwerk externer Partner (z. B. Techniker Krankenkasse). Die Projekte untersuchen regionale Unterschiede, nachhaltige Versorgung und Pflege für eine alternde Bevölkerung.


Die Forschung am CINCH ist in mehrere Projekte untergliedert.
Prof. Jürgen Wasem und das Team um die Projektgruppe Risk Adjustment in Health Insurance, fokussieren sich auf das Zusammenspiel der verschiedenen Morbiditätsmessung einsetzenden Vergütungsmechanismen in der GKV, auch im internationalen Kontext.
Das Projekt Empirical Health Care Management (Jun.-Prof. Katharina Blankart) untersucht die Auswirkungen von Regulierung im Gesundheitsmarkt sowie die Rolle von Innovation. Zum Beispiel analysiert Blankart zusammen mit Daniel Avdic, PhD, Auswirkungen von wirtschaftlichen Vorgaben seitens der Kassenärztlichen Vereinigungen. Hierzu wird die regionale und zeitliche Variation genutzt, um Auswirkungen auf die Einhaltung der Vorgaben seitens der Ärzte zu untersuchen. Der Lehrstuhl für Medizinmanagement untersucht zudem Rahmenbedingungen für Managed Competition im internationalen Vergleich.
Viele Experimente der Projektgruppen Pay-for-Performance (Prof. Jeanette Brosig-Koch, Universität Magdeburg) und Health Care Markets (Prof. Nadja Karies-Schwarz, Universität Düsseldorf) werden im Essener Labor für experimentelle Wirtschaftsforschung (elfe) durchgeführt. Das Labor ist eines der weltweit am besten ausgestatteten Experimentallabore zur Erforschung von wirtschaftlicher Interaktion. Die Experimente werden auch mit Ärzt:innen im Feld durchgeführt, um die externe Validität zu erhöhen.
Der demografische Wandel sowie die anhaltende Corona-Pandemie stellen Gesundheitssysteme vor enorme Herausforderungen und bringen eine Reihe tiefgreifender Veränderungen mit sich. Um diesen Veränderungen zu begegnen, sind nachhaltige und gesunde Finanzierungstrukturen der sozialen Sicherungssysteme erforderlich. Die Forschung am CINCH leistet dazu einen Beitrag, in dem wesentliche Elemente von Gesundheitssystemen analysiert werden und deren Auswirkungen möglichst auf Basis von Ursache-Wirkungsanalysen untersucht werden. Dadurch werden evidenzbasierte Politikempfehlungen möglich, wozu die Forscher des CINCH die aktuellen Methoden im Bereich ökonomischer Experimente und der Ökonometrie einsetzen und versorgungsnahe Daten heranziehen.
Doch warum ausgerechnet Essen? Nun, Essen ist als Großstadt im Zentrum des Ruhrgebiets und der Metropolregion Rhein-Ruhr in vieler Hinsicht ein nahezu idealer Standort für ein Forschungszentrum mit diesem für Deutschland doch recht einzigartigen Profil. Die bereits bestehenden Kompetenzen wurden auf diese Art gebündelt, und die vorhandenen Master-Programme „Gesundheitsökonomik“ und „Medizinmanagement“ wurden mit CINCH durch ein Konzept der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses ergänzt. Seit 2020 sind die Wissenschaftler:innen des CINCH zudem an nationalen und internationalen Forschungsinitiativen beteiligt, die Auswirkungen der Corona-Pandemie (z. B. Langzeitfolgen von Schulschließungen, Lieferengpässe im Arzneimittelmarkt, Finanzierung der Gesundheitssysteme) zu untersuchen.
Seit der Gründung haben die Mitglieder vom CINCH im Durchschnitt mehr als 25 internationale Publikationen pro Jahr herausgebracht. Sie haben weiterhin die Förderung vom BMBF mit zusätzlichen kompetitiven Drittmitteln reichlich ergänzt: Mehr als eine Million Euro pro Jahr wurde von Geldgebern wie der DFG, des EIB Institute und der Leibniz-Gemeinschaft eingeworben; daneben gibt es eine Vielzahl von Kooperationen mit diversen Akteuren des Gesundheitswesens. Letzlich hat die 2019 eingeworbene WISNA-Professur mit der Widmung Arbeitsmarkt und Gesundheit maßgeblich zur langfristigen Nachhaltigkeit vom CINCH beigetragen.
Das positive Gesamtergebnis lässt sich aber noch an anderen Indikatoren recht deutlich ablesen: Zum einen nehmen die Mitglieder des CINCH an rund 100 (inter-)nationalen Konferenzen und Tagungen pro Jahr teil, um Raum für wissenschaftliche und gesellschaftliche Diskussionen zu schaffen. Ebenso findet in Essen eine jährliche, international renommierte Konferenz zu gesundheitsökonomischen Fragestellungen statt. Auch werden Workshops wie der „Essen Economics of Mental Health Workshop“ organisiert. Und seit Beginn der Corona-Pandemie bietet das CINCH die Seminarreihe Essen Health Economics Seminar Series virtuell an.
Zum anderen ist es eine Tatsache, dass viele ehemalige Wissenschaftler:innen des CHINCH mittlerweile auf volle Professuren anderer Universitäten berufen wurden. Zum Dritten wurde wie in den Jahren zuvor Prof. Jürgen Wasem 2021 in die „Liste der Einflussreichsten Ökonomen“ der FAZ aufgenommen. Last but not least konnte im Jahr 2019 eine vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Professur des WISNA-Programms mit Prof. Daniel Kühnle erfolgreich besetzt werden, der zum Thema Arbeitsmarkt und Gesundheit forscht. Und 2018 erhielt Daniel Avdic, PhD, (jetzt: Monash University, Australien) den mit 10.000 Euro dotierten dritten Preis des Deutschen Wirtschaftspreises der Joachim Herz Stiftung. <<

Dr. PH Silke Neusser,
Arbeitsgruppenleitung am Lehrstuhl für Medizinmanagement

>> Warum arbeiten Sie am Institut?
Der Lehrstuhl für Medizinmanagement, der am Forschungszentrum CINCH beteiligt ist, stellt mit der interdisziplinären Ausrichtung, der Nähe zur Gesundheitspolitik sowie der Vernetzung zu Akteuren und Institutionen des Gesundheitssystems ein spannendes Arbeitsumfeld dar. Dies bietet mir als Post-Doc einen idealen Rahmen, um im Austausch mit anderen Bereichen Forschungsvorhaben auf den Weg zu bringen und zielorientiert umzusetzen. Zudem kann ich als Bindeglied zwischen den Mitarbeiter:innen verschiedenster, thematisch sehr unterschiedli-cher Forschungsprojekte dazu beitragen, gemeinsam Ziele zu erreichen, im Austausch Kompetenzen weiterzuentwickeln und neue Forschungsfelder zu erschließen.

Was zeichnet in Ihren Augen den Lehrstuhl aus?
Kennzeichnend für den Lehrstuhl sind die breit aufgestellten Forschungsaktivitäten eines interdisziplinären Teams in den Bereichen Gesundheitsökonomische Evaluation, Versorgungsforschung, Health Technology Assessment und Gesundheitspolitik. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse und aktuelle gesundheitspolitische Entwicklungen fließen zudem direkt in die Lehre ein.
Unter der Leitung von Prof. Wasem findet eine enge Zusammenarbeit zwischen Gesundheitsökonomie, Versorgungsforschung und Gesundheitspolitik statt. Diese spiegelt sich unter anderem darin wider, dass die Projekte im Rahmen der Versorgungsforschung in ihrer ganzen Bandbreite bearbeitet werden, von der Identifikation und Analyse von Versorgungsproblemen, der Berücksichtigung der Kosten bis hin zur Entwicklung gesundheitspolitischer Strategien. Damit können sie einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der Versorgung von Patienten und der Gesundheit von GKV Versicherten leisten. Zudem trägt der hohe Grad der Vernetzung mit unterschiedlichsten Stakeholdergruppen des Gesundheitssystems dazu bei, unterschiedlichste Akteure in Forschungsprojekte einzubinden und gemeinsam die Umsetzung der Forschungsvorhaben zu erreichen. Ein Beispiel ist das Projekt Eva-PT, in dem es um die Evaluation der Psychotherapie-Richtlinie und deren Weiterentwicklung geht. Unter der Konsortialführung des Lehrstuhls für Medizinmanagement sind Psychotherapeutenver-bände ebenso wie Krankenkassen als Konsortialpartner eingebunden.

Mit welchen Thematiken und Fragestellungen sind Sie derzeit beschäftigt?
Aktuell bin ich mit einem breiten Spektrum an Themenstellungen aus dem Bereich der Gesundheitsökonomischen Evaluation sowie der Versorgungsforschung beschäftigt. Im innovationsfondsgeförderten Projekt OMPRISS führen wir beispielsweise eine Analyse der Kosten-Effektivität eines onlinebasierten Motivationsprogramms zur Reduktion des problematischen Medienkonsums bei Internetsucht durch. Ein Beispiel für ein breit aufgestelltes Versorgungsforschungsprojekt, mit dem ich derzeit beschäftigt bin, ist das ebenfalls durch den Innovationsfonds geförderte Projekt Op-US. Hier werden im Rahmen eines Mixed-Methods-Ansatzes Fragestellungen zur Über- und Fehlversorgung mit opioidhaltigen Schmerzmitteln untersucht. Dabei werden die Perspektiven von Patient:innen und Leistungserbringer:innen berücksichtigt. Der Fokus liegt auf der Langzeittherapie bei nicht-tumorbedingten Schmerzen, wie Kreuzschmerzen. Die Ergebnisse sollen Hinweise darauf geben, ob es bestimmte Patient:innengruppen gibt, die von einer Über- und/oder Fehlversorgung oder von Medikamentenmissbrauch betroffen sind. Zudem werden Hemmnisse und Hürden einer leitliniengerechten Versorgung analysiert. Dafür werden Befragungs- sowie Routinedaten genutzt und kombiniert, um ein möglichst umfassendes Bild der Versorgungssituation zu erhalten. Auf dieser Basis werden Szenarien für gesundheitspolitische Handlungsstrategien entwickelt.

Was möchten Sie ganz persönlich mit Versorgungsforschung erreichen?
Einerseits möchte ich meine Forschungsergebnisse in den wissenschaftlichen Dis-
kurs einbringen und zur thematischen und methodischen Weiterentwicklung beitragen. Andererseits liegt für mich mit der Versorgungsforschung der Fokus insbesondere auf der Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung von Menschen. Dabei sollen die Forschungsergebnisse helfen, über die Identifikation und Quantifizierung von Versorgungsproblemen hinaus mit der Entwicklung gesundheitspolitischer Handlungsempfehlungen, eine Brücke zur Implementierung konkreter Maßnahmen zu spannen. Wie beispielsweise mit dem Projekt Op-US möchte ich untersuchen, inwiefern Versorgungsdefizite vorliegen und analysieren welche Hintergründe diese haben, um anhand dieser Ergebnisse konkrete Verbesserungsvorschläge zu erarbeiten. <<

Tim Brand, wissenschaftlicher
Mitarbeiter und Doktorand

>> Warum forschen Sie am CINCH?
Das CINCH bietet Nachwuchswissenschaftlern ein interdisziplinäres Netzwerk von For-schenden. Ein ständiger Austausch zwischen verschiedenen Forschungsschwerpunkten führt einerseits zu einem großen Spektrum an methodischen Kenntnissen. Andererseits entsteht dadurch eine Kultur, die eigene Forschung kritisch zu hinterfragen und weiterzuentwickeln.

Was zeichnet das CINCH aus?
Das CINCH zeichnet sich durch ein umfassendes internationales Netzwerk aus, welches intensiv gepflegt und erweitert wird. In regelmäßigen Seminarreihen werden dabei namhafte Forscher:innen eingeladen, mit denen auf Augenhöhe diskutiert wird. Das dient der frühen Reflexion der eigenen Forschung im internationalen Kontext und bietet die Möglichkeit, sein eigenes Netzwerk stetig zu erweitern.

Mit welchen Thematiken und Fragestellungen sind Sie derzeit beschäftigt?
Im Rahmen eines von der deutschen Krebshilfe geförderten Projektes beschäftige ich mich mit dem Zusammenhang zwischen der Zertifizierung spezialisierter Krebsversor-gung und innovativem Handeln. Obwohl beide Tätigkeiten auf eine Verbesserung der Versorgung abzielen, stellen unterschiedliche Anforderungen ein Risiko dar. So könnten sich Zertifizierung und Innovation gegenseitig behindern. Zu verstehen, wie sich die beiden Aktivitäten gegenseitig beeinflussen, stellt das Hauptziel meiner Forschung dar. Die Ergebnisse sollen dabei helfen, Zertifizierung und Innovation im Sinne des Patienten, aber auch des Krankenhauses simultan umzusetzen, um die Versorgungsqualität zu verbessern und Ressourcen effizient einzusetzen.

Was möchten Sie ganz persönlich mit Versorgungsforschung erreichen?

Mit meiner Forschung möchte ich einen Beitrag dazu leisten, die flächendeckende Versorgung von Krebspatienten zu verbessern, indem ich neue Erkenntnisse dazu liefere, wie Standardisierung und Innovation miteinander in Einklang gebracht werden können. Regulatorische Entscheidungen zur Verbesserung des Zugangs von Krebspatienten zu hochqualitativer Versorgung können dabei nur im Kontext strategischer Entscheidungen der Krankenhäuser getroffen werden. <<

Ausgabe 01 / 2022

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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