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Von tumor- zur biomarkerbasierter Krebstherapie

04.04.2019 14:00
In der Onkologie setzt sich mehr und mehr der Gedanke durch, dass Krebs eine Erkrankung der Gene und weniger der betroffenen Organe ist. Diese Erkenntnis verändert die Forschung und die Frage wie Patienten zukünftig behandelt werden können. Moderne Krebstherapien verfolgen daher einen entitätsübergreifenden Behandlungsansatz. Sie richten sich gegen die individuellen Angriffspunkte der Erkrankung, die für die Entstehung und das Wachstum des Tumors verantwortlich sind, wie beispielsweise die Prüfsubstanz Entrectinib bei NTRK-Fusions-positiven Tumoren. Auf der Jahrestagung der American Society for Clinical Oncology (ASCO) wurden neue Erkenntnisse aus diesem Feld vorgestellt. Inwiefern sich die Krebstherapie durch dieses Umdenken verändert und welche Auswirkungen dies auf die Forschung hat, diskutierten Experten im Rahmen einer Veranstaltung von Roche Pharma.

>> Eine Krankheit, eine Behandlung – lange Zeit beherrschte dieser „one size fits all“-Gedanke die Onkologie. Inzwischen ist jedoch mehr darüber bekannt, wie Krebs entsteht und sich ausbreitet: Verantwortlich sind spezifische Veränderungen in den Genen, die Auskunft geben darüber können, ob eine Therapie Erfolg haben wird oder nicht. Daher werden Patienten mit malignen Erkrankungen heute mehr und mehr aufgrund der spezifischen genetischen Veränderungen ihres Tumors stratifiziert und im Sinne der Präzisions-Medizin behandelt. So übernimmt zum Beispiel inzwischen die AOK Nordost die Kosten von Biomarker-Tests bei frühem Brustkrebs im Einzelfallverfahren.
„In Zukunft werden sich Therapien daher zunehmend auch an genomischen und weniger an anatomischen Gemeinsamkeiten orientieren. Für uns bedeutet das: Behandlung immer kleinerer und heterogenerer Subgruppen, differenziert anhand individueller genetischer Veränderungen.“ In diesen neuen Konzepten könne die Tumorlokalisation zum Teil nur noch eine untergeordnete Rolle spielen, weshalb Dr. Benedikt Westphalen, Koordinator klinische/translationale Forschung am CCC München, im Rahmen seines Vortrages erklärte, dass zu erwarten sei, „dass Behandlungsstrategien, die Entitätsgrenzen überschreiten, zukünftig deutlich an Bedeutung gewinnen werden“.
Die Prüfsubstanz Entrectinib ist ein sol-
cher, neuer Therapieansatz für die Behandlung von Patienten mit NTRK-Fusions-posi-tiven soliden Tumoren und ROS1-Fusions-positivem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom (NSCLC). NTRK-Fusionsgene sind als onkogene Treiber bekannt, kommen insgesamt zwar sehr selten, dafür aber in vielen verschie-
denen Tumorentitäten vor.
Die Wirksamkeit von Entrectinib wurde in mehreren Basket-Studien (STARTRK-2, -1 und ALKA-372-001) untersucht. „Für Patienten mit NTRK-Fusions-positiven soliden Tumoren
und ROS1-Fusions-positivem NSCLC ist Entrec-
tinib ein vielversprechender Wirkansatz“, machte Westphalen anhand aktueller Daten zur Prüfsubstanz deutlich. So hätte eine gepoolte Analyse der Basket-Studien gezeigt, dass insbesondere auch Patienten mit ZNS-Metastasen von Entrectinib profitieren können. Zudem wäre die Therapie mit Entrectinib mit einem sehr guten intrakraniellen Ansprechen bei den Patienten mit ZNS-Metastasen einhergegangen – bei Patienten mit NTRK-Fusionsgenen betrug die intrakranielle ORR 54,5% (95%-KI: 23,4 – 83,3%) und bei Patienten mit ROS1-
Fusionsgenen 55% (95%-KI: 31,5 – 76,9%).1
„Zusammen mit den bisherigen Daten zum Gesamtüberleben und den nun vorliegenden Daten zu Patienten mit Hirnmetastasen können wir sagen, dass Entrectinib die Prognose der Patienten verbessert – und zwar unabhängig vom ZNS-Status“, resümierte Westphalen. Darüber hinaus zeigten die ersten Daten der STARTRK-NG-Studie, dass Entrectinib auch für die Behandlung von Kindern mit NTRK-,
ALK- und ROS1-Fusions-positiven soliden
Tumoren eine effektive Option ist. Alle elf Patienten mit einem der relevanten Fusionsgene – darunter auch fünf mit einem primären ZNS-Tumor – hätten gut und schnell auf Entrectinib angesprochen.2
Neue Studiendesigns sind gefordert
„Der Wandel von einer tumor- zu einer biomarkerbasierten Krebstherapie bedeutet auch, dass sich die Studiendesigns ändern“, ergänzte Dr. Susanne Schach, Real-World-Data-
Director bei der Roche Pharma AG. Der Grund: Je geringer die Prävalenz einer Erkrankung ist, desto kleiner werde die potenzielle Studienpopulation. Dies sei eine besondere Herausforderung, wenn ein neuer Wirkstoff in klinischen Studien untersucht werden soll.
„Oft ist es nicht möglich, für diese wenigen Patienten randomisierte klinische Studien aufzusetzen“, gab Schach zu bedenken. Hinzu kämen auch ethische Aspekte: Gerade bei zielgerichteten Therapieoptionen sei eine Kontrollgruppe aufgrund von Wirksamkeits- und Verträglichkeitsunterschieden nicht immer zu vertreten. Daher kämen bei seltenen und bisher untertherapierten Erkrankungen vermehrt einarmige Studien zum Einsatz.
Mit einarmigen Basket-Studien könne laut Schach die Evidenz für neue Therapieansätze bei kleinen Patientenpopulationen und unabhängig von der Tumorlokalisation gewonnen werden. Die Nutzung von Real World-Daten (RWD) könne zudem die Aussagekraft dieser Studien steigern, indem aus ihnen Ver-
gleichsarme gebildet werden. Dabei sei es wichtig, dass die Daten transparent sind und zurückverfolgt werden können.
„Die Basket-Studien zu Entrectinib zeigen, dass der Erfolg einer Therapie zukünftig immer öfter nicht an einer großen selektierten Gesamtheit gemessen werden kann, sondern individuell für einzelne Patienten besteht“, betonte Schach. „Das wird auch von verschiedenen Gesundheitsbehörden anerkannt.“ So hätte Entrectinib für die Behandlung von erwachsenen und pädiatrischen Patienten mit NTRK-Fusions-positiven, lokal fortgeschrittenen oder metastasierten soliden Tumoren, die entweder nach vorangegangenen Therapien fortgeschritten sind oder keine akzeptablen Standardtherapien bekommen haben, von der EMA den Status „Priority Medicines“ (PRIME)3 erhalten. Die FDA hat Entrectinib in dieser Indikation zudem eine „Breakthrough Therapy Designation“ (BTD)4 und die japanische Zulassungsbehörde Entrectinib den Sakigake-Status zugesprochen.5 <<

 

Literatur:

1: Siena S et al., J Clin Oncol 2019; 37: Abstract 3017
2: Robinson GW et al., J Clin Oncol 2019; 37: Abstract 10009
3: EMA. CHMP: Minutes of the meeting on 09–12 October 2017. EMA/CHMP/762846/2017
4: F. Hoffman La Roche Ltd. Data on file (https://www.roche.com/media/releases/med-cor-2019-02-19b.htm, aufgerufen im Juni 2019)
5: F. Hoffman La Roche Ltd. Data on fileessel/ Gersch/ Goeke 2010, S. 121 ff.

Ausgabe 04 / 2019

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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