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Erstattungsfähigkeit der Nikotinersatztherapie im Rahmen der GKV

24.01.2013 16:10
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Frau Mechthild Dyckmans (FDP), forderte aktuell in einem Interview der „Berliner Zeitung“ zum Jahreswechsel 2013 die GKV-Erstattungsfähigkeit der Nikotinersatztherapie zur Raucherentwöhnung. Sie verwies in ihrer Begründung nicht zuletzt auf einen gesundheitsökonomischen Effekt: Die Einsparungen der GKV durch verminderte Behandlungskosten für erfolgreich entwöhnte Ex-Raucher. Rauchen ist in Deutschland das bedeutendste vermeidbare Gesundheitsrisiko für eine Vielzahl schwerwiegender Krankheiten und gleichsam die führende Ursache vorzeitiger Sterblichkeit. Der volkswirtschaftliche Schaden beträgt nach dem Drogenbericht der Bundesregierung rund 21 Mrd. Euro jährlich. Unter den Ansätzen zur Krankheits- und somit Krankheitskostenvermeidung ist neben der Verhinderung des Einstiegs in das Rauchen selbst die Verringerung der Raucherquote - medizinisch wie ökonomisch - von Bedeutung. Zu den effektivsten Hilfen bei der Raucherentwöhnung zählt die medikamentöse Unterstützung mittels der Nikotinersatztherapie (NET). Die aktuellen Rahmenbedingungen im Kontext des GKV-Systems lassen eine Kostenerstattung der NET derzeit jedoch nicht zu. Unter Betrachtung aller im Sozialrecht und in der gesundheitspolitischen Praxis zur Anwendung kommenden Kriterien einer GKV-Erstattungsfähigkeit bei Arzneimitteln sollte dies kritisch hinterfragt werden.

Abstract
Die Raucherentwöhnung mithilfe der Nikotinersatztherapie (NET) weist sowohl medizinisch-therapeutisch als auch ökonomisch eine hohe Effektivität auf. Ungeachtet dessen ist eine Erstattung der NET im Rahmen der GKV derzeit nicht vorgesehen, was regelhaft mit der aktuellen Rechtslage begründet wird, die dem entgegenstehe. So wird die NET in die beiden in § 34 SGB V genannten Erstattungsausschlüsse einbezogen, die auf der einen Seite sog. Lifestyle-Präparate sowie andererseits rezeptfreie Arzneimittel, die nicht in die OTC-Ausnahmeliste aufgenommen wurden, betreffen. Bei Betrachtung der in Deutschland etablierten sowie in anderen Ländern gebräuchlichen Kriterien einer Priorisierung/Rationierung von Leistungen im Rahmen der öffentlichen Gesundheitsversorgung zeigt sich jedoch, dass ein Erstattungsausschluss der medikamentösen Raucherentwöhnung diskussionswürdig erscheint. Auch durch die Betrachtung der NET im Lichte der pharmapolitischen Prämissen des AMNOG lässt sich eine Aufnahme in den Leistungsumfang der GKV begründen.

Reimbursement of Nicotine Replacement Therapy within the statutory health insurance system (GKV)
Smoking dehabituation by Nicotine Replacement Therapy (NRT) presents both medical-therapeutically and economically a high effectiveness. In spite of that a reimbursement of NRT within the GKV system  is currently not provided, regularly justified with the current legal situation. Therefore NRT is included in both reimbursement exclusions mentioned in § 34 SGB V, which concern on the one hand so called lifestyle compounds and on the other hand over-the-counter pharmaceuticals, that are not on the OTC list of exceptions. Looking at the criteria of prioritization / rationing of benefits within public health care, which are established in Germany and common in other countries; is showing that an exclusion from reimbursement of NRT seems to be worthy of discussion. Looking at NRT in the light of the premises of the so called AMNOG can also justify an inclusion into the scope of benefits of GKV.

Keywords
Smoking related costs; Nicotine Replacement Therapy; Cost-effectiveness; lifestyle drugs; OTC list of exceptions; Criteria to evaluate the ability of reimbursement; AMNOG; DMP

Prof. Dr. Uwe May, Cosima Bauer, M.A., Frederic Grande, M.A.

Literatur:

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Berliner Zeitung. Drogenbeauftragte: Kassen sollen Medikamente gegen Rauchen zahlen, im Internet abrufbar unter: http://www.berliner-zeitung.de/newsticker/drogenbeauftragte--kassen-sollen-medikamente-gegen-rauchen-zahlen,10917074,21306402.html

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Gemeinsamer Bundesausschuss. Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Patientinnen und Patienten mit chronischen obstruktiven Atemwegserkrankungen (Asthma bronchiale), in Internet abrufbar unter: http://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/dmp/54/

Gemeinsamer Bundesausschuss. Anforderungen an strukturierte Behandlungsprogramme für Patientinnen und Patienten mit chronischen obstruktiven Atemwegserkrankungen (COPD), im Internet abrufbar unter: http://www.g-ba.de/informationen/richtlinien/dmp/55/

Insites Consulting: Studie im Februar 2011 mit 22683 Rauchern, zitiert nach Pfizer (Hrsg.): Vision Rauchfrei, Berlin, 2011

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Merkblatt: Nikotinersatztherapie zur Raucherentwöhnung, im Internet abrufbar unter: http://www.gesundheitsinformation.de/merkblatt-nikotinersatztherapie-zur-raucherentwoehnung.222.de.html

Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Auf einen Blick: Rauchentwöhnung, im Internet abrufbar unter: http://www.gesundheitsinformation.de/auf-einen-blick-rauchentwoehnung.635.de.html

Kozianka, W, Küpper, S, May, U: Sozialrechtliche Bewertung der Raucherentwöhnung, in: Arzneimittel & Recht, Jahrg. 6, Heft 1, 2010, S. 25-28

May, U: GKV-Erstattungsausschluss erschüttert Vertrauen in OTC-Produkte, in: Aktueller Wirtschaftsdienst für Apotheker (AWA), Jahrg. 31, Nr. 14, 15.07.2006, S. 5-7

Mulzer, K, May, U: Raucherentwöhnung mit Nikotinersatztherapie zur Senkung von Gesundheitskosten, in: Monitor Versorgungsforschung, Jahrg. 2, Nr. 4, 03.08.2009, S. 42-47

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Zitationshinweis (Zitationshinweis: May et al.: „Erstattungsfähigkeit der Nikotinersatztherapie im Rahmen der GKV“. In: "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 01/13, S. 40 ff.)

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Ausgabe 01 / 2013

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