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„Es gibt kein weiter so“

16.10.2014 14:00
Viele Hunderte von Originalarbeiten, Übersichtsarbeiten, Buchbeiträge und Editorials prägen die wissenschaftliche Arbeit von Prof. Dr. med. Matthias Schrappe, der zu den Urgesteinen der Versorgungsforschung als auch der Qualitätssicherung in Deutschland gehört, indes immer mit einem Bezug auf den, der allzu oft vergessen wird: den Patienten. Seit 2002 hat er den Lehrauftrag für Patientensicherheit und Risikomanagement im Studium der Gesundheitsökonomie der Wirtschaftswissenschaftlichen und Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln (Institut für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie), seit 2006 im gleichnamigen Masterstudium, inne; von 2009 bis 2011 war er Direktor des Institutes für Patientensicherheit der Medizinischen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn.

>> Prof. Dr. Dr. Serban-Dan Costa, Direktor der Universitäts-Frauenklinik Otto-von-Guericke an der Universität Magdeburg, hat unlängst im „Ärzteblatt“ frei nach dem Physik-Nobelpreisträger Richard Feynman postuliert, dass Qualitätsmanagement – Feynman zielte in seinem Originalzitat übrigens auf die Wissenschaftsphilosophie – „für die Wissenschaftler ähnlich nützlich wie die Ornithologie für die Vögel“ ist. Was halten Sie von einem solchen Satz nach Ihren jahrzehntelangen Bemühungen für mehr Qualität, vor allem im Bereich der Patientensicherheit?
In dem von Ihnen zitierten Artikel kommt ein seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts überwunden geglaubtes Verständnis der Gesundheitsversorgung zum Ausdruck. Dieses Verständnis beruht auf einem impliziten und paternalistischen Qualitätsverständnis und spricht den Patienten, der Gesellschaft und den finanzierenden Einrichtungen das Recht und die Befähigung ab, über die Abläufe der Behandlung und die Behandlungsergebnisse etwas in Erfahrung zu bringen und darüber kritisch zu befinden. Es ist vielleicht kein Wunder, dass nach 25 Jahren solche Positionen jetzt vereinzelt wieder vertreten werden, denn natürlich machen Qualitätssicherung und Qualitätsmanagement Arbeit. Dieser Aufwand wird eingefordert – von der Medizin und dem Gesundheitswesen. Allerdings wird dieser Wunsch von denjenigen geäußert, für die die Gesundheitsversorgung da ist – diese existiert nämlich nicht für sich allein, sondern steht im Dienst der Patienten und der Gesellschaft. Verwunderlich ist aber schon, dass ein solches Statement ausgerechnet von einem Vertreter der Frauenheilkunde kommt, denn besonders dieses Fach hat außerordentlich von qualitätssichernden und -verbessernden Maßnahmen der Vergangenheit profitiert, wie die Perinatalerhebung und die nachfolgenden Bemühungen ja deutlich zeigen.

Aber reflektiert diese derzeitige Kritik nicht doch reale Probleme in der Qualitätssicherung?
Ja doch. Irritationen sind derzeit nicht zu übersehen, gerade in einer Zeit, in der von politischer Seite von der Thematik Qualität ja geradezu Wunderdinge erwartet werden. Die wirklich beunruhigenden Irritationen stammen dabei von denjenigen, die sich der Umsetzung des Quality-Improvement-Gedankens, kurz QI, explizit verschrieben haben, also von den Institutionen und Einzelpersonen, die hier besonders offen und aktiv sind.

Demnach von eigentlich dem Qualitätsanspruch sehr positiv gegenüberstehenden Personen.
Umso ernster ist dieser Umstand zu nehmen. Es muss die Frage dringend gestellt werden, ob wir unsere derzeitigen Anstrengungen auf der Basis der richtigen Grundannahmen und unter einer Perspektive unternehmen, die zielorientiert die richtigen Probleme thematisiert und auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu Lösungen führt. Es ist nicht sinnvoll, einen sowieso schon hoch drehenden Motor noch weiter in den roten Bereich zu treiben, ohne dass der Kurs und das Ziel klar ist. Wie sagt der Insitute of Medicine-Bericht „Quality Chasm“ es so schön: „Trying harder will not work.“

Prof. Dr. Jochen Schmitt, MPH, Direktor des Zentrums für evidenzbasierte Gesundheitsforschung am Universitätsklinikum Dresden, erklärte auf der Qualitätssicherungskonferenz des G-BA in seinem Vortrag „Evidenzbasierte Qualitätsmessung als Voraussetzung für eine patientenorientierte Gesundheitsversorgung“, dass Qualitätsindikatoren Instrumente zur Messung der Versorgungsqualität seien und daher mindestens den hohen Anforderungen entsprechen müssten, die an Endpunkte in klinischen Studien gestellt würden. In der Realität fehle aber bei den derzeit über 2.000 in Deutschland verwendeten Qualitätsindikatoren „bisher weitestgehend wissenschaftliche Evidenz zu deren Güte und Performance“. Auch spiegele nur ein geringer Anteil der aktuell eingesetzten Qualitätsindikatoren die Patientenperspektive wider, was ein Hindernis für die Umsetzung des politischen Willens einer Qualitätsmedizin sei. Und darauf soll sich dann ein Arzt wie Costa verlassen?
Der Bezugnahme auf die Patientenperspektive ist voll zuzustimmen. Das gängige Verständnis des Begriffs Qualität, das auf der Formulierung von Anforderungen basiert, muss auch in Deutschland zumindest ergänzt werden, und zwar hinsichtlich einer klareren Bezugnahme auf das Erkenntnisinteresse, das sich hinter dem Begriff Qualität verbirgt. An dieser Stelle ist es besonders wichtig, dass die Interessen der Patienten deutlicher zum Ausdruck kommen.

Und die Frage der Evidenz der Indikatoren?
Gerade von ärztlicher Seite wird immer ...

 

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Ausgabe 06 / 2014

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