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„Kollektive Regelversorgung ist eine Blackbox“

31.03.2015 14:00
Seit 2007 ist Ulrich Weigeldt, der nach seinem Medizinstudium in Kiel und der Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin als Hausarzt in Bremen tätig war, Bundesvorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes. Davor war er bis 2001 stellvertretender Vorsitzender der KV Bremen, ab 2000 Vorsitzender des beratenden Fachausschusses für die hausärztliche Versorgung und ab 2005 Vorstand der KBV, zuständig für den hausärztlichen Versorgungsbereich der KBV. Damit kennt er die kollektivvertragliche Regelversorgung aus dem Effeff, die er mit der von ihm propagierten Hausarztzentrierten Versorgung ein Stück weit verändern helfen will. Im Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“ benennt der stets diskussionsfreudige ärztliche Standesfunktionär die damit verbundenen Chancen und Problemfelder.

>>  Sehr geehrter Herr Weigeldt, welche Vorteile hat die hausarztzentrierte Versorgung?
Die Hausarztzentrierte Versorgung, kurz HZV, hat auf verschiedenen Ebenen ganz entscheidende Vorteile. Zum einen auf der administrativen Ebene. In der Hausarztzentrierten Versorgung sind deutlich schlankere Prozesse als im Kollektivvertragssystem möglich. Dies wird übrigens öffentlich kaum thematisiert. Die andere, am Ende des Tages natürlich entscheidende Dimension sind die qualitativen Vorteile, die durch die Universitäten Heidelberg und Frankfurt am Main für Baden-Württemberg evaluiert und unter anderem auch in „Monitor Versorgungsforschung“ beschrieben worden sind. Es lohnt sich dennoch, einen genaueren Blick auf die vielen Milliarden von Euro zu werfen, die alleine die Administration der KBV- und KV-Landschaft pro Jahr verschlingt. Hier wären noch erhebliche Wirtschaftlichkeitsreserven zu heben, die bisher seitens der Politik nicht entdeckt worden sind.

Zumindest bislang noch nicht. Wie sieht denn die evaluierte, sowohl qualitative als auch ökonomische Dimension aus?
Hier ist es zunächst einmal wichtig zu wissen, dass es sich dabei um eine Evaluation der ersten zwei Jahre handelt. Versorgungsforschung dauert nun mal ihre Zeit, wenn man sie gründlich machen will. Und sie kostet auch Geld. Doch die Erkenntnisse daraus sind wichtig, einerseits für die HZV als solche, andererseits aber auch für das Gesamtsystem.

Warum?
Weil hier endlich einmal der Patient im Mittelpunkt steht. In Deutschland redet man zwar recht viel von Patientenversorgung, viele nehmen aber nicht allzu ernst, was die Patienten zu ihrer Versorgung sagen.

Sind die Patienten denn mit der HZV zufrieden?
Sie sind sogar sehr zufrieden. Sie fühlen sich intensiver betreut, auch intensiver körperlich untersucht. Sie beschreiben eine höhere Zuwendung und es gibt darüber hinaus einen weiteren, wenn auch indirekten Parameter.

Welches Surrogat sprechen Sie damit an?
Eines, welches es im Kollektivvertragssystem gar nicht gibt. Patienten, die sich für die HZV entschieden haben, können nach einem Jahr diese Versorgungsform wieder verlassen und in die Kollektivversorgung zurückkehren. Doch das findet praktisch nicht statt, abgesehen von einem sehr kleinen einstelligen Prozentbereich, hinter dem sich meist Sterbefälle oder Umzüge verbergen. Das Gleiche gilt übrigens auch für die Ärzte, die sich ebenfalls pro oder kontra HZV entscheiden können, denn es ist für beide ein freiwilliges System. Über 90 Prozent der Ärzte, die das Hausarztzentrierte Versorgungssystem verlassen, verlassen es nur deshalb, weil sie die Praxis aufgeben, meist aus Altersgründen.

Das ist ein Zeichen von Stabilität aufgrund von Zufriedenheit?
Durchaus. Die HZV ist eben kein Strohfeuer wie so mancher IV-Vertrag.

Ein häufig zu lesender Kritikpunkt ist auch der sogenannte Einschreibe-Bias.
Der Kritikpunkt war derjenige, dass sich vor allem jüngere und gesündere Patienten in die HZV einschreiben würden. Die Evaluationsergebnisse machen jedoch deutlich, dass diese Annahme völlig falsch ist. Es ist vielmehr genau umgekehrt: In der HZV findet eine Morbiditätsverdichtung statt, denn hier werden vor allem die chronisch kranken und älteren Patienten versorgt.

Die diese Versorgung ja auch brauchen ...
... und die sich aktiv dafür entscheiden. Dabei bleibt häufig unberücksichtigt, dass dieser Akt der Einschreibung keine Einbahnstraße ist, sondern letztlich eine Verpflichtung und auch Verantwortung für die teilnehmenden Ärzte beinhaltet.

Versammelt die HZV vielleicht die etwas engagierteren Ärzte?
Sagen wir einmal so: Wenn ich mich als Arzt für nichts interessieren würde, würde ich diese Versorgungsform sicher nicht wählen. Außerdem schreibt die HZV ja schon gewisse...

 

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