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Gibt es eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Galantamin bei der Behandlung von Alzheimer-Patienten?

31.03.2016 16:20
Rund 1,4 Millionen Menschen mit Demenz leben heutzutage in Deutschland (weltweit sind es rund 35 Millionen). Prognosen zufolge wird sich diese Zahl bis zum Jahr 2050 auf rund 3 Millionen Menschen verdoppeln (weltweit 115 Millionen). Auf dieser Basis wird ein Anstieg von 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr vorhergesagt. Eine Ursache für diese Entwicklung ist der demografische Wandel, der eine immer älter werdende Bevölkerung beschreibt [1, siehe Abb.1]. Das Alter stellt den grössten Risikofaktor für die Demenz dar, denn die Erkrankungswahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter stark zu. Diese liegt z. B. bei den 65-74jährigen nur bei 1,7%, bei den 75-84jährigen schon bei 11% und steigt bei den 84jährigen exponentiell auf 30% [2]. Insgesamt ist festzuhalten, dass die ökonomische Relevanz der Demenz steigen wird. Eine Folge der Demenz ist die bereits früh einsetzende Pflegebedürftigkeit der Patienten und die oft mit dieser Erkrankung vergesellschafteten Depressionen. Abhängig vom Schweregrad der Erkrankung und dem daraus resultierenden Pflegeaufwand belaufen sich die Kosten auf rund 15.000-42.000 Euro pro Patient und Jahr [3]. Die meisten Patienten werden heutzutage noch häuslich mit Hilfe von Angehörigen betreut. Die dadurch entstehenden Kosten sind in den oben genannten noch nicht einkalkuliert. Folglich sind die tatsächlichen Betreuungskosten von Demenz-Patienten noch höher. Weiterhin gibt es zukünftig immer weniger jüngere Menschen, die diese Pflege auch übernehmen können. Eine Möglichkeit, den prognostizierten Pflegeaufwand zu begrenzen wäre eine angemessene und qualitativ hochwertige Therapie. Ziel der vorliegenden Studie war, die Versorgung von Demenz-Patienten mit Galantamin auf der Basis unserer Versicherungsdaten zu analysieren. <<

http://doi.org/10.24945/MVF.03.16.1866-0533.1960

Abstract
Einleitung: Bis 2050 wird eine Verdopplung der Anzahl der Demenzkranken in Deutschland vorhergesagt. Dies führt einerseits zu einem signifikanten Kostenanstieg und andererseits zu der Herausforderung, für diese Patienten eine adäquate medizinische Versorgung sicherzustellen. Jedoch existieren bei der Behandlung mit Antidementiva grosse Unterschiede zwischen der in den medizinischen Leitlinien beschriebenen Therapiestrategien und der tatsächlichen Versorgung. Ziel der vorliegenden Studie war, dies anhand von Galantamin zu untersuchen.
Methodik: Im Zeitraum vom 01.01.10 bis zum 30.06.14 wurden alle Versicherten identifiziert, die Galantamin einnahmen. Diesen wurden alle psychiatrischen ICD10-Diagnosen zugeordnet. Anschliessend erfolgte eine Einteilung in drei Gruppen: Patienten mit einer ICD10-Diagnose, für deren Behandlung Galantamin zugelassen ist (Gruppe 1), Patienten mit einer psychiatrischen ICD10-Diagnose, für deren Behandlung Galantamin nicht zugelassen ist (Gruppe 2) und Patienten ohne psychiatrische ICD10-Diagnose (Gruppe 3). Anschliessend wurde untersucht, ob das Galantamin von entsprechenden Fachärzten (FÄ für Neurologie, Psychiatrie oder Nervenheilkunde, FA-Gruppe 1) oder Fachärzten anderer Disziplinen (FA-Gruppe 2) verordnet wurde. Zusätzlich wurden die Patienten ermittelt, die ein Original-Präparat (Gruppe-O), ein Generikum (Gruppe-G) oder beides (Gruppe O&G) erhielten. Diese Gruppen wurden, auf Basis der oben genannten Kriterien wiederum in drei Patientengruppen untereilt (Patientengruppe 1-3).
Ergebnisse: Bei 157 Patienten (Gruppe 1, 48,5%) wurde das Galantamin entsprechend der Zulassung verordnet, während bei 167 Patienten (Gruppen 2 und 3, 51,5%) das Galantamin ausserhalb der Zulassung verabreicht wurde. Auffällig war, dass Galantamin in über der Hälfte der Fälle von Fachärzten andere Disziplinen (FA-Gruppe 2) verordnet wurde (63% versus 37%). Die weitere Auswertung zeigte, dass der überwiegende Anteil der Patienten (73%, 234 Patienten) das Originalpräparat einnahmen, während lediglich 48 Patienten (15%) ein Generikum erhielten. Bei 12% der Patienten (42 Patienten) waren im zeitlichen Verlauf sowohl das Originalpräparat als auch das Generikum verordnet worden.
Schlussfolgerung: Unsere Studie bestätigt für das Galantamin, dass es bei der Behandlung von Patienten mit Alzheimer-Demenz zu einer Über- und Fehlversorgung kommt. Ein Grund dafür könnte die hohe Verordnungshäufigkeit durch Fachärzte anderer Disziplinen sein. Auffällig ist weiterhin der hohe Anteil der Patienten, der mit dem Original-Präparat behandelt wird. .

Does an oversupply and/or misuse exist in the treatment of patients with Alzheimer`s disease with galantamine?
Introduction: Demographic changes predict that the number of people with dementia will double in the near future. This requires an adequate adaptation of health care services. But it is already known for today`s dementia therapy that there is a considerable gap between the prescription of galantamine according to its approval and the actual supply. All these facts will lead to a significant rise in treatment costs for patients with dementia. The aim of the present study is to quantify these issues for galantamine.
Methods: We identified all insured persons from the first of January 2010 to the 30th of June 2014 who took galantamine. The psychiatric ICD10 diagnoses were assigned to these patients. The patients were divided into three groups: Patients with psychiatric ICD10 diagnoses for which galantamine is approved (group 1), patients with psychiatric ICD10 diagnoses for which galantamine is not approved (group 2) and patients without any psychiatric ICD10 diagnoses (group 3). Subsequently it was examined whether galantamine was prescribed by specialists (for example psychiatrists or neurologists, FA-group 1) or physicians of other disciplines (FA-group 2). In addition it was investigated whether the patients received an original drug (group-O), a generic medicament (group-G) or both (group O&G). These groups were in turn subdivided with the same criteria named above.
Results: In 157 patients (group 1, 48.5%) galantamine was prescribed in accordance with its approval whereas in 167 patients (group 2 and 3, 51.5%) galantamine was used as off-label drug. It was noticeable that galantamine was prescribed in over half of the cases (63%) by medical physicians of other disciplines (FA-group 2). The vast majority of all patients received the original drug (234 patients, 72,2%) - just 48 patients were treated with the generic medicament (14.8%). 42 patients (13%) received both the orginal drug and the generic medicament.
Conclusion: Our study confirms both an oversupply and a misuse of galantamine in the treatment of dementia. This is possibly caused by the high proportion of physicians of other disciplines who prescribe galantamine. Furthermore it is striking, that a great number of patients is still treated with the original drug.

Keywords
Type 2 diabetes, new drugs, DPP-4, insulin

PD Dr. Stefan Christiansen, MHBA , Isabelle Stoffregen , Dr. Jörg-Peter Klötzer

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Zitationshinweis : Christiansen, S., Stoffregen, I., Klötzer, J.P.: "Gibt es eine Über- und/oder Fehlversorgung mit Galantamin bei der Behandlung von  Alzheimer-Patienten?", in "Monitor Versorgungsforschung" (MVF) 03/16, S. 49-52; doi: 10.24945/MVF.03.16.1866-0533.1960

 

Ausgabe 03 / 2016

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Prof. Dr.
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