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Aktionsplan Rheuma 2009

09.10.2009 14:47
Einblick in die derzeitige Versorgungssituation, von Prof. Dr. Erika Gromnica-Ihle, Rheumatologin und Präsidentin der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e.V.

2006 hat die Deutsche Rheuma-Liga erstmals einen „Aktionsplan Rheuma“ veröffentlicht und der Politik vorgestellt. Der aktuell überarbeitete neue Aktionsplan 2009 zeigt auf, was sich in den letzten Jahren verbessert und – leider auch – verschlechtert hat.

Generell lässt sich feststellen, dass viel zu viele rheumakranke Menschen nach wie vor nicht rechtzeitig und ausreichend Hilfe erhalten, um ihr chronisches Leiden zu mildern und Schmerzen, drohende Behinderung und Berufsunfähigkeit zu vermeiden. Immer weniger Betroffene nutzen die Möglichkeiten der medizinischen und beruflichen Reha. So erhielten 2007 nach den Angaben der Rheumatologen in der sog. Kerndokumentation knapp mehr als 5% eine stationäre medizinische Rehabilitation. 1994 waren es ca. 16%. Besonders benachteiligt sind Geringverdiener, weil sie sogar den Gang zum Arzt vermeiden, um die Praxisgebühr zu sparen, wie eine Bertelsmannstudie zeigt. 

Aus Sicht der Deutschen Rheuma-Liga darf die politische Auseinandersetzung über Finanzierung und Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen nicht auf dem Rücken der Patienten ausgetragen werden. Beitragserhöhungen der Gesetzlichen Krankenkassen sind aktuell vom Spitzenverband der Krankenkassen angekündigt. Höhere Belastungen der chronisch kranken Patienten sind indiskutabel, da die Betroffenen schon jetzt durch Krankheitskosten stark belastet sind. Auch die Absicherung durch private Zusatzversicherungen bleibt chronisch Kranken als Ausweg in der Regel verwehrt.

Fachärztliche Versorgungssituation

Neubetroffene gelangen inzwischen etwas rascher in fachärztliche Hände, aber immer noch sind die Zeiten zu lang, um eine notwendige frühe Diagnostik und Behandlung Neuerkrankter zu gewährleisten. Bei der rheumatoiden Arthritis (440.000 Betroffene) dauert es nach den Daten der Kerndokumentation der regionalen Rheumazentren im Mittel 13 Monate bis zum Erstkontakt mit dem internistischen Rheumatologen, bei Morbus Bechterew (340.000 Betroffene) sogar mehr als fünf Jahre. So vergeht wertvolle Zeit, in der die Gelenke durch Entzündungen auf Dauer geschädigt werden. Bei der rheumatoiden Arthritis Neuerkrankter ist heute das Behandlungsziel die „Remission“ der Krankheit. Das kann jedoch nur erreicht werden, wenn die Kranken eine medikamentöse Behandlung innerhalb von drei Monaten nach Beschwerdebeginn erhalten. Frühsprechstunden und Schulungen von Hausärzten sind daher wichtige Initiativen, für die sich auch die Deutsche Rheuma-Liga einsetzt.

Die Zahl der niedergelassenen internistischen Rheumatologen ist zwar kontinuierlich angestiegen, aber von einer flächendeckenden guten Versorgung ist man in Deutschland noch weit entfernt. Die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie hält ein Verhältnis von mindestens einem internistischen Rheumatologen auf 50.000 Einwohner für notwendig – das wird nicht einmal in Ballungsgebieten erreicht. Derzeit stehen je nach Bundesland 0,29 und 0,72 internistische Rheumatologen auf 50.000 erwachsene Einwohner zur Verfügung. 

Aus Sicht der Deutschen Rheuma-Liga müssen häufiger Sonderbedarfszulassungen für die Rheumatologie ausgesprochen werden, um die Situation zu verbessern. Langfristig fordern wir eine eigene Zulassung für internistische Rheumatologen, unabhängig davon, wie die Zulassung anderer Fachrichtungen in der Inneren Medizin im Versorgungsgebiet aussieht.

Ausbildung von Rheumatologen und verbesserte Kommunikation zwischen Arzt und Patient

Auch der Nachwuchs an Rheumatologen ist sicher zu stellen. Mit dem Aktionsplan Rheuma 2009 wenden sich die Verbände der Deutschen Rheuma-Liga an die Landesministerien für Gesundheit und für Forschung, um Wege zu finden, wie junge Studierende für die Rheumatologie zu gewinnen sind. Im überarbeiteten Aktionsplan ist eine wichtige Forderung die Schaffung weiterer Lehrstühle für Rheumatologie an den Universitäten und nicht deren Abbau.

Mit einem neuen Projekt „Patient Partners“ engagiert sich die Deutsche Rheuma-Liga zudem mit speziell geschulten Rheumapatienten in der Ausbildung von Medizinstudenten. Eine erste Pilotphase begann vor einigen Wochen an der Universität Düsseldorf mit sehr guter Resonanz unter den Studenten. Im Lehrplan der angehenden Mediziner gibt es das Pflichtmodul Gelenkschwellungen, an dem alle Studierenden der Medizin im 2. Praxisjahr (4.Studienjahr) teilnehmen müssen. Das Modul wird wöchentlich für jeweils 12 Studenten an der Universitätsklinik angeboten und geht über zwei Unterrichtseinheiten. Die Veranstaltung wird nicht von einem Professor oder einem Dozenten begleitet, vielmehr sind die ausgebildeten Patientinnen selbst die Lehrenden. Sie stellen ihre Krankheitsgeschichte vor, die Idee des „Patient Partners“ und die Rheuma-Liga. Weitere Inhalte sind das Anamnesegespräch als Rollenspiel, die Reflexion des Gesprächs und Feedback durch die ausgebildete Patientin sowie die Untersuchung der durch rheumatoide Arthritis betroffenen Hände.

Allgemein setzt sich die Rheuma-Liga für eine verbesserte Kommunikation und ein partnerschaftliches Miteinander zwischen Arzt und Patient ein. Über die Jahre wurden Patientenschulungsprogramme gemeinsam mit Ärzten, Psychologen und weiteren Fachgruppen entwickelt. Ergänzend sind aktuell strukturierte Informationsangebote für die Rheumatologenpraxen in Arbeit. Dabei engagieren sich insbesondere die Regionalen Rheumazentren und der Berufsverband der niedergelassenen Rheumatologen zusammen mit der wissenschaftlichen Fachgesellschaft. Die Erfahrung und die Sicht der Rheuma-Liga Berater werden einbezogen.

 

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