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AWMF: Evidenzbasierte Medizin muss Grundlage der Gesundheitspolitik bilden

12.01.2021 16:26
Entscheidungen der Gesundheitspolitik sollen künftig grundsätzlich auf Basis der besten verfügbaren Evidenz erfolgen. Das ist eine der wesentlichen gesundheitspolitischen Forderungen der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) e.V. für die nächste Legislaturperiode. Im Rahmen der Delegiertenkonferenz der AWMF diskutierten die Teilnehmer*innen wichtige gesundheitspolitische Ziele für die Zeit nach der Bundestagswahl im Jahr 2021.

So sollen wissenschaftlich-medizinische Fachgesellschaften mit den wissenschaftlichen Daten entsprechender Studien und ihren Leitlinien-Empfehlungen und die AWMF noch stärker als bisher in politische Entscheidungsprozesse eingebunden werden.

Nach Auffassung der AWMF muss eine verbesserte Qualität der medizinischen Versorgung für alle Menschen in Deutschland im Mittelpunkt einer patientenorientierten Gesundheitspolitik stehen. Im Rahmen der AWMF-Delegiertenkonferenz hat Professor Dr. med. Rolf Kreienberg, Präsident der AWMF, die Eckpunkte der gemeinsamen gesundheitspolitischen Forderungen der AWMF als Gremium der medizinisch-wissenschaftlichen Fachgesellschaften vorgestellt. „Die aktuelle Pandemie hat einmal mehr gezeigt, wie wichtig es ist, dass unser Gesundheitssystem gut funktioniert und an welchen Stellen Verbesserungen notwendig sind“, so Kreienberg. „Für die AWMF ist es wichtig, dass gesetzgeberisch getroffene Maßnahmen nachweislich auf Basis wissenschaftlich überprüfbarer Fakten getroffen werden“, so der AWMF-Präsident.

Die AWMF vereint aktuell 179 Wissenschaftlich Medizinische Fachgesellschaften sämtlicher Fachrichtungen der wissenschaftlichen Medizin unter ihrem Dach und vertritt somit insgesamt über 280.000 Ärzt*innen, Wissenschaftler*innen und Angehörige andere Heilberufe. Ein Kernanliegen der Arbeitsgemeinschaft ist es daher, dass dieses geballte Expertenwissen noch stärker in politische Entscheidungsprozesse einbezogen wird. „Bei gesundheitspolitischen Überlegungen sollte die fachliche Kompetenz der Fachgesellschaften häufiger und zu einem früheren Zeitpunkt als bisher berücksichtigt werden“, betont Kreienberg.

Die COVID-19-Pandemie hat die Bedeutung von Infektionsprävention und Hygiene ins allgemeine Bewusstsein gerückt.  Die letzten Monate haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, alle relevanten Expert*innen aus Medizin und Wissenschaft in Entscheidungsprozesse einzubinden, um gemeinsam Antworten auf große gesellschaftlich relevante Fragen zu finden: „Hier haben wir gut mit der Gesundheitspolitik zusammengearbeitet, so zum Beispiel im Rahmen einer Task-Force, die Leitlinien rund um SARS-CoV-2 und dessen klinisches Erkrankungsbild gesammelt und einem strukturierten Konsensprozess zugeführt hat“, so Kreienberg. Entscheidend sei es jedoch nach Ansicht der AWMF, diese Form der Zusammenarbeit künftig auch in anderen Handlungsfeldern auf- und auszubauen.

Das gelte insbesondere für Forschungsaktivitäten mit hoher gesellschaftlicher Relevanz: „Die alternde Gesellschaft, die Zunahme chronischer Erkrankungen, Antibiotika-Resistenzen, aber auch die Digitalisierung stellen uns vor große gesamtgesellschaftliche Herausforderungen“, so Kreienberg. Um diese zu bewältigen, müssten vorhandene Kompetenzen genutzt werden, aber auch die Rahmenbedingungen für Forschung und Wissenschaft verbessert werden – es bedarf hierzu einer effizienteren und nachhaltigeren staatlichen Förderung. In diesem Zusammenhang fordert die Arbeitsgemeinschaft konkret, die Hürden für die klinische Forschung zu senken und den Zugang zu Registerdaten für Forschungsfragen zu erleichtern.

Um Forschung und wissenschaftliche Medizin nachhaltig voranzubringen, müssten künftig dem medizinischen Nachwuchs attraktivere Berufsperspektiven geboten werden. Immer mehr Fächer leiden sowohl in der Patientenversorgung als auch in der Wissenschaft an einem Mangel junger Wissenschaftler*innen und Ärzt*innen. Dieser könnte nur gemindert werden, indem einerseits eine intensivere Ausbildung in der ambulanten Medizin in Lehrpraxen und Hochschulambulanzen sichergestellt werde, andererseits müsste aber auch der Aufbau von auch wissenschaftlichen Karrierepfaden für Ärzte und jungen Wissenschaftler durch ausreichende finanzielle Mittel gestärkt werden.

„Wir bieten der Wissenschafts- und Gesundheitspolitik den Zugang zu unabhängigem, ausgewogenem sowie interdisziplinär abgestimmten Expertenwissen und Kompetenz zu allen Themen, die das Gesundheitswesen betreffen. Corona hat nicht zuletzt gezeigt, wie wichtig der enge, aber auch unabhängige Austausch zwischen Politik und Wissenschaft ist“, so Kreienberg abschließend.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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