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Demenzversorgung braucht bessere Struktur

02.02.2010 15:25
Neues aus dem IDA-Projekt

Demenz muss als eine der größten gesundheitspolitischen Herausforderungen in Deutschland angenommen und davon Betroffene müssen strukturierter versorgt und unterstützt werden. Dies ist eine der zentralen Schlussfolgerungen aus einer mehrjährigen Versorgungsforschungsstudie der Initiative Demenzversorgung in der Allgemeinmedizin (IDA), die gemeinsam mit den Ergebnissen auf einer Pressekonferenz in Berlin vorgestellt wurden.

Die IDA-Projektpartner AOK-Bundesverband, AOK Bayern sowie die forschenden Pharmaunternehmen Eisai und Pfizer appellieren an die deutsche Gesundheitspolitik: Es sind Weichenstellungen erforderlich, mit denen sowohl die medizinische und pflegerische Versorgung von Demenzpatienten als auch die Unterstützung ihrer pflegenden Angehörigen besser strukturiert und angesichts des demografischen Wandels auch zukünftig sichergestellt werden. Versorgungsforschung wie die IDA-Studie muss intensiviert und finanziell adäquat ausgestattet werden.

Ergebnisse dieser können aufzeigen, wie hausärztliche und fachärztliche Behandlung sowie pflegerische Versorgung, ergänzt um ehrenamtliches Engagement, zielgerichtet und effizient die demenzkranken Menschen und ihre pflegenden Angehörigen erreichen. Darüber hinaus sollten Möglichkeiten alternativer Versorgungsangebote untersucht werden. Nur so lassen sich noch vorhandene Defizite identifizieren und nachhaltig beheben.

Gleichzeitig sollten die Erkenntnisse aus Versorgungsforschung und Modellprojekten koordiniert in die Versorgungsrealität übersetzt werden. Um Zugänge und Nutzung zu erleichtern, ist es bei der Vielfalt an unterschiedlichen Leistungsangeboten wesentlich, diese übersichtlicher und transparenter zu gestalten, zu koordinieren sowie sinnvoll miteinander zu verzahnen.

Schließlich sollten für die die Versorgung von demenzkranken Menschen sicherstellenden Akteure aus Ärzteschaft, Pflege, Ehrenamt und Selbsthilfe die Anreizstrukturen weiterentwickelt werden, um deren Engagement zielgerichtet und nachhaltig zu ermöglichen.Familienstrukturen verändern sich Der von den IDA-Projektpartnern geforderte Ansatz, die Demenzversorgung besser zu strukturieren, basiert insbesondere auf der Erkenntnis, dass die familiäre Hilfe für Demenzpatienten aufgrund der demografischen Veränderungen zukünftig immer weniger möglich sein wird. Die Lebenserwartung steigt, der Anteil der jüngeren Bevölkerung schrumpft, klassische Familienstrukturen verändern sich tiefgreifend.

Demenz ist durch den hohen und langen Pflegeaufwand eine der teuersten Krankheiten und wird damit in Zukunft die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland finanziell erheblich belasten. Dies wird insbesondere vor dem Hintergrund der bereits heute entstehenden Kosten deutlich: Das IDA-Projekt hat den Pflegeaufwand der teilnehmenden Angehörigen mit den durchschnittlichen Arbeitskosten eines ambulanten Pflegedienstes beziehungsweise einer Haushaltshilfe bewertet.

Dabei zeigte sich, dass eine häusliche Versorgung von Demenzkranken ohne die pflegenden Angehörigen kaum finanzierbar wäre: Unter Einbeziehung der familiären Unterstützung fallen jährliche Kosten von 47.000 Euro pro Patient an. Etwa 80 Prozent davon ergeben sich aus dem Beitrag, den pflegende Angehörige übernehmen. Für die gesetzliche Krankenund soziale Pflegeversicherung entstehen für einen zu Hause lebenden Demenzpatienten jährlich durchschnittliche Kosten in Höhe von 10.000 Euro.

IDA-Studie richtungweisend

Für eine strukturierte Demenzversorgung, die viele europäische Nachbarländer wie beispielsweise Frankreich und England im Rahmen von nationalen Plänen bereits auf den Weg gebracht haben, können die Ergebnisse der IDA-Studie richtungweisend sein: Die praktischen Erfahrungen bei der Umsetzung haben bestätigt, dass dem Hausarzt bei der Versorgung von Demenzpatienten und ihren pflegenden Angehörigen eine Schlüsselrolle zukommt. Er koordiniert die Zusammenarbeit mit Fachärzten und bezieht den Pflegebereich sowie Therapeuten in die Betreuung mit ein. Die IDA-Berater (zugehende Angehörigenberatung) haben in ihre Arbeit erfolgreich und effektiv Elemente des Case- und Caremanagements integriert.

Darüber hinaus hat es sich als richtig erwiesen, individuelle Berater einzusetzen, die proaktiv und in regelmäßigen Abständen mit den Betroffenen Kontakt aufnehmen. Eine gemäß den Leitlinien frühzeitige Diagnostik und Therapie sind für die Versorgungsstruktur ebenso elementar wie eine aufgrund der Multimorbidität der Demenzpatienten geriatrische Orientierung. 

Qualifizierte zugehende Beratung erforderlich

Durch die aktive Vermittlung einer Angehörigenberatung über den Hausarzt und eine anschließende zugehende Form der Kontaktaufnahme der IDA-Berater mit den Angehörigen konnte im IDA-Projekt deren Nutzungsrate bereits bei Patienten mit leichter bis mittelschwerer Demenz erfolgreich gesteigert werden: Im Vergleich zur Kontrollgruppe (Standardbehandlung, 17 Prozent) konnte in den beiden Interventionsgruppen (Vermittlung der zugehenden Beratung) eine Vervierfachung der persönlichen Kontakte mit dem IDA-Berater (im Mittel 67 Prozent) erreicht werden. Ob zusätzliche Beratung und Unterstützung aber auch dafür sorgen können, dass Patienten im Unterschied zur Normalversorgung länger zu Hause bleiben, dazu konnte die Studie bislang noch keine statistisch signifikanten Wirkungsunterschiede nachweisen.

Auch bezüglich des Krankheitsverlaufs der Patienten sowie der Belastung der pflegenden Angehörigen zeigten sich bislang insgesamt nur geringe und keine signifikanten Unterschiede. Da viele Patienten aufgrund ihres frühen Demenzstadiums jedoch eventuell erst zu einem späteren Zeitpunkt in ein Pflegeheim umziehen, plant das IDA-Projekt eine zusätzliche Auswertung der Ergebnisse zur Heimübertrittsrate nach weiteren zwei Jahren. Die zugehende Beratung im IDA-Projekt ist von den Teilnehmern, die dieses Angebot genutzt haben, sehr positiv aufgenommen worden.

Fast 80 Prozent der Angehörigen, die das Unterstützungsangebot in Anspruch genommen haben, bewerteten das Angebot als positiv, 50 Prozent hat es nach eigener Aussage „sehr geholfen“. Es ist nun an der Politik, sich der Herausforderung Demenz anzunehmen, aktuelle Erkenntnisse in zukünftige Strukturmodelle mit einfließen zu lassen und die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen, dass wichtige Forschungsfragen zeitnah beantwortet werden können.

abgelegt unter:
Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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