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DGVS fordert mehr Patientenorientierung bei der geplanten Ambulantisierung von Eingriffen

10.02.2022 17:16
Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern werden in Deutschland sehr viele Fälle stationär im Krankenhaus behandelt. Für das Gesundheitssystem bedeutet das einen hohen finanziellen Aufwand, der in den folgenden Jahren aufgrund des demografischen Wandels weiter steigen wird. Deswegen sollen mehr Eingriffe ambulant in einer Praxis oder einem Krankenhaus durchgeführt werden. Dies unterstützt die DGVS ausdrücklich. Verpasst die Politik jedoch die Möglichkeit, vorher kostendeckende Modelle zur Vergütung zu schaffen, drohen Engpässe und Qualitätseinbußen bei der Versorgung.

Das zeigt ein aktuelles Gutachten, das die Arbeitsgemeinschaft leitender gastroenterologischer Krankenhausärzte (ALGK), der Berufsverband Gastroenterologie Deutschland (BVGD) und der Berufsverband niedergelassener Gastroenterologen Deutschlands (bng) beim Institute for Health Care Business GmbH (hcb) beauftragt hat, um anhand vorliegender Leistungs- und Abrechnungsdaten neue Modelle für eine effiziente, qualitätsgetriebene Ambulantisierung und eine dafür geeignete Vergütung herauszuarbeiten.

Versorgungsengpässe sind in deutschen Krankenhäusern längst Realität. Plan- oder verschiebbare Operationen müssen abgesagt werden. Es fehlt das Personal, um Patienteninnen und Patienten zu betreuen. Die nächsten Jahre werden diese Situation noch verschärfen, wenn Ärzt;innen sowie Pflegende aus den geburtenstarken Jahrgängen das Renteneintrittsalter erreichen. Für das Gesundheitssystem bringt das steigende Belastungen mit sich. Hinzu kommt, dass sich die finanzielle Lage vieler Krankenhäuser verschlechtert hat.

Gleichzeitig werden in kaum einem anderen Land so viele Eingriffe stationär und damit ressourcenintensiv durchgeführt wie in Deutschland1. „Hier sehen wir großes Potenzial, das Gesundheitssystem zu entlasten, indem auch speziellere Eingriffe ambulant durchgeführt werden, ohne die Versorgungsqualität zu mindern“, erklärt Professor Dr. med. Thomas Frieling, Kongresspräsident der Viszeralmedizin 2022 und Chefarzt der Medizinischen Klinik II, Helios Klinikum Krefeld. „Eingriffe, bei denen eine Patientin oder ein Patient früher kategorisch stationär aufgenommen werden musste, sind aufgrund des medizinischen Fortschritts nun ambulant durchführbar. Doch der weiteren Ambulantisierung von Eingriffen steht die Sektorengrenze, also die künstliche Trennung von Ambulanz und Krankenhaus im Wege“, erläutert Prof. Dr. med. Heiner Wedemeyer, Mediensprecher der DGVS und Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Endokrinologie der medizinischen Hochschule Hannover.

Die Sektorengrenze, also die künstliche Trennung zwischen stationärer und ambulanter Versorgung, stellt nicht nur für die Krankenhäuser einen enormen Kosten- und Verwaltungsaufwand dar, sondern bringt auch Hürden für die Patientinnen und Patienten mit sich. Wird festgestellt, dass eine Patientin oder ein Patient bei einem Ambulanzbesuch in einem Krankenhaus doch stationär aufgenommen werden muss, dürfen die Ärzte auf der Station im Krankenhaus nicht ohne Weiteres auf die in der Ambulanz erhobenen Daten zugreifen. „Für Patientinnen und Patienten ist diese künstliche Trennung oft nicht nachvollziehbar und bedeutet für alle Beteiligten einen unnötigen Zeit- und Ressourcenaufwand. Das führt beispielsweise dazu, dass Untersuchungen doppelt durchgeführt werden müssen, was das Gesundheitswesen unnötig belastet“, kritisiert Prof. Dr. med. Ludger Leifeld, Vorsitzender der Kommission Qualität der DGVS und Chefarzt der Klinik für Innere Medizin und Gastroenterologie, Sankt Bernward Krankenhaus Hildesheim.

Bei der geplanten Aufhebung der Sektorengrenzen kommt es jedoch darauf an, dass sich für Patientinnen und Patienten keine Nachteile, etwa durch Qualitäts- und Sicherheitseinbußen oder verlängerte Wartezeiten ergeben. Dazu müssen zunächst die erforderlichen Strukturen aufgebaut werden. „Es ist wichtig, dass die Ambulantisierung schrittweise erfolgt. Von jetzt auf gleich alle Eingriffe, die ambulant zu realisieren sind, nur noch ambulant durchzuführen, würde im Systemversagen enden: Die Praxen würden überschwemmt, Wartezeiten verlängerten sich und die Patientensicherheit wäre aufgrund fehlender Ausstattung gefährdet“, so Frieling. „Durch die Ambulantisierung kann eine dringend benötigte Entlastung des Gesundheitssystems gelingen – aber nur wenn es Kliniken und Praxen möglich ist, in Patientensicherheit zu investieren und gleichzeitig kostendeckend zu arbeiten“, ergänzt Leifeld.

 

Link zum Gutachten:


Literatur:

  1. Augurzky, B., Krolop, S., Mensen, A., Pilny, A., Schmidt, C., Wuckel, C. (2018), Krankenhaus-Rating-Report 2018 – Personal-Krankenhäuser zwischen Wunsch und Wirklichkeit, medhochzwei Verlag, Heidelberg 2018.
Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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