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MVF-Fachkongress: Innovation fühlt sich nur langsam an

26.02.2014 18:25
Die Versorgungsforschung steht in Deutschland vor einem ersten Frühling. Nach Jahren, in der sich diese Wissenschaftsrichtung etabliert hat, bekommt sie nun das, was eine jede Wissenschaft neben Know-How, Kompetenz und definitorischer Grundlagenarbeit braucht. Geld. Zur Förderung innovativer sektorenübergreifender Versorgungsformen und für die Versorgungsforschung soll ein von den Krankenkassen finanzierter Innovationsfonds geschaffen werden, der zu 75 Prozent in die Erforschung von Inhalten der Regelversorgung und zu einem Viertel in die Versorgungsforschung fließen soll. Das sind alleine für die Versorgungsforschung dann immerhin 75 Millionen Euro, zwar weit weniger als das Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung und der Sachverständigenrat Gesundheit mit rund 300 Millionen Euro seit vielen Jahren fordert, aber immerhin.

Josef Hecken, der Unparteiische Vorsitzende des Gemeinsamen Bundesausschuss hat schon kundgetan, dass die ersten Gelder aus diesem Fonds schon in der zweiten Jahreshälfte 2014 fließen sollen. Die Frage wird sein: Wohin fließen diese Gelder? Und: Was genau soll erforscht werden? Handelt es sich um rein wissenschafts-getriebene Forschung, was ja auch ein Wert an und für sich ist. Oder wird es sich um outcome-getriebene Forschung handeln, die sich Top Down vom wichtigsten bis zu den unwichtigeren Themen vorarbeitet. Eine solche Handlungsmaxime wurde übrigens in dem Eckpunktpapier eines „Nationalen Aktionsplans für Versorgungsforschung“, das gemeinsam vom Deutsche Netzwerk Versorgungsforschung und der BertelsmannStiftung in der Bertelsmann Repräsentanz Unter den Linden 1, dem ehemaligen Kommandantenhaus Berlins, präsentiert, eben jenen Raum, in dem auch der 4. Fachkongress von „Monitor Versorgungsforschung“ unter dem Titel „Innovation 2014“ - Wege aus dem Innovationsstillstand“ und in Kooperation mit dem Bertelsmann-Unternehmen arvato healthcare und dem BKK Dachverband statt gefunden hat. Auf dem MVF-Fachkongress „Innovation 2014“ wies darum auch Univ. Prof. Dr. Prof. h.c. Edmund A. M. Neugebauer, der Vorsitzende des DNVF, in seinem Vortrag „Von der Politikfolgen- zur Politikentscheidungsforschung“ des öfteren auf den nationalen Aktionsplan Versorgungsforschung hin, aber auch explizit darauf, dass sich die Versorgungsforschung in Deutschland nach den vielen Jahren, in denen drei Memoranden veröffentlicht und das instrumentelle Handwerkszeug geschaffen worden ist, jetzt um die Kontextfaktoren kümmern müsse. Ein wichtiges dieser Kontextfaktoren ist die Art und Weise der Patientenbeteiligung und der Patienteninformation, die, wenn sie denn ernst genommen werde, nach Meinung von Neugebauer einen Kulturwechsel nach sich ziehen wird. Auf diesen Fakt wies auch Dr. Stefan Etgeton, Senior Expert der BertelsmannStiftung, in seinem Vortrag „Versorgung zwischen Wunsch und Wirklichkeit – die Sicht der Patienten“ hin, in dem er sehr anschaulich die Patientenposition im Spannungsfeld zwischen Verlässlichkeit, Gerechtigkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe dargestellt hat. Seine Meinung zu Innovation ist eigentlich ganz simpel, aber dafür umso richtiger: Innovation, so sagte er, „ist das was, Patientenbeteiligung in der Versorgung verbessert“.

Nur diese Patientenbeteiligung führt nach Neugebauer zu einem Kulturwechsel, der dringend notwendig ist, um aus dem gefühlten Stillstand herauszukommen, in dem das Versorgungssystem in Deutschland – nicht nur in Deutschland, sondern in allen entwickelten Staaten – gefangen zu sein scheint. Gefühlt deshalb, weil Prof. Dr. Bertram Häussler, der Vorsitzende des Vorstands des IGES-Instituts, das in den letzten drei Jahrzehnten sicher die meisten Versorgungsforschungsstudien in Deutschland erstellt hat, in seinem Vortrag „30 Jahre Gesundheitsökonomie: Innovationsstau im Gesundheitswesen?“ dargestellt hat, dass dieser Stillstand eigentlich gar keiner ist. So sei die vermeidbare Sterblichkeit seit 1980 um mehr als Zweidrittel gesenkt worden, die Suizid-Sterblichkeit sei im gleichen Zeitraum ebenfalls um mehr als die Hälfte gesunken und auch die Sterblichkeit bei Herz-Kreislaufkrankheiten hat sich seit 1989 mehr als halbiert.

Ist das Stillstand? Sicher nicht. Was auch der Vortrag von Prof. Theo Dingermann von der Universität Frankfurt unter den Titel „Stratifizierte Medizin - Schwierigkeiten und Chancen in der Versorgung“ gezeigt hat, der darin zu Recht dafür plädiert hat, Krankheiten nicht mehr wie bisher quasi mit der Gießkanne – also jedes Arzneimittel für jeden Patienten - zu behandeln, sondern mit Einsatz von Gentets, die genau sagen können, welches Medikament bei welchen Patienten wie und ob überhaupt wirkt. Das ist die Zukunft!

Nach Meinung von Prof. Häussler und Prof. Dingermann ist das alles ein grandioser Fortschritt der Medizin. Probleme gibt es jedoch bei Prozessen und Strukturen. Darum steht die Überwindung der Sektorengrenzen, die  sektorenübergreifende Qualitätssicherung und die Weiterentwicklung der selektivvertraglichen Versorgung ganz zu Recht auf der politischen Agenda. Das sind wichtige Punkte, auf die auch Tim Steimle von der Techniker Krankenkasse und  Regierungsdirektorin Antje Domscheit in ihren jeweiligen Vorträgen eingegangen sind.

 

Nachzulesen: In den kommenden Ausgaben von „Monitor Versorgungsforschung“, zudem sind alle Vorträge und Audiofiles für alle Abonnenten kostenlos downloadbar unter www.m-vf.de.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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