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Psychische Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen auf dem Vormarsch

19.02.2015 18:13
Veränderte Gesellschaft - Veränderte Familie" lautet der programmatische Titel des diesjährigen Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), der vom 4. bis 7. März in München stattfindet. Über 2000 Experten wollen dort die gesellschaftlichen Veränderungen, Herausforderungen und Verantwortungen für die psychische Entwicklung von Kindern und Jugendlichen in Deutschland diskutieren. Das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit veröffentlicht zu diesem Anlass ein Themendossier mit Praxistipps und Handlungshilfen für betroffene Eltern und Erziehungsberechtigte.

Angesichts steigender Zahlen ambulanter und stationärer Behandlungen von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Störungen stellt sich die Frage, welche sozialen Veränderungen haben in den letzten Jahrzehnten stattgefunden, die die hohe Erkrankungsrate erklären können. Verlaufsstudien belegen, dass gut ein Fünftel aller Heranwachsenden psychische Auffälligkeiten zeigen und ca. zehn Prozent der sieben bis 17jährigen in Deutschland an einer psychischen Störung leiden - seien es Essstörungen, Angsterkrankungen, Depressionen, Aufmerksamkeits- und Verhaltensstörungen oder Suchterkrankungen. Deutlich zugenommen haben auch die akuten Notfallbehandlungen, insbesondere wegen Suizidversuchen und Alkoholexzessen von Jugendlichen.

Wo liegen die Risiken für die Entstehung solcher Krisen? Wachsender Leistungsdruck in der Schule, Mobbing-Erfahrungen, gesteigerter Medienkonsum bei gleichzeitig überforderten Eltern, die Beruf und Familie kaum noch vereinbaren können - all das kann mit dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche seelisch aus dem Gleichgewicht geraten. Vizekanzler Sigmar Gabriel prägte kürzlich das Schlagwort von der "gehetzten Generation" und setzte das Thema der gestressten Eltern und familienfeindlichen Arbeitsbedingungen auf die Agenda der SPD Familienpolitik. Zu dieser Generation zählen die Mütter und Väter, die in ihrem Beruf erfolgreich sein und gleichzeitig für sich, ihre Kinder und häufig noch für die eigenen Eltern sorgen müssen. Dauerstress und Konflikte in der Familie sind da vorprogrammiert.

Eine steigende Zahl von Heranwachsenden erleben die Trennung oder Scheidung ihrer Eltern meist mit nachhaltigen emotionalen und sozialen Folgen. Die aktuellen Ergebnisse des KIGGS-Survey des Robert-Koch-Instituts zeigen ein ansteigendes Risiko für Kinder und Jugendliche, an einer psychischen Störung zu erkranken, je größeren familiären Belastungen sie ausgesetzt sind. Deshalb fordert Prof. Christine Walper, Forschungsdirektorin des Deutschen Jugendinstituts in München, eine interdisziplinäre Forschungsperspektive und nachhaltige Unterstützung für diese Familien, um das Risiko für die Kinder, an dem ständigen Elternkonflikt zu zerbrechen und psychisch zu erkranken, zu minimieren.

Je früher professionelle Hilfe gesucht wird, umso besser die Prognosen. Für die Therapie sind Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche zuständig. "Ziel einer Therapie ist es, ein Problembewusstsein zu entwickeln, das Selbstbewusstsein des Jugendlichen zu stärken und gemeinsam mit ihm Bewältigungsstrategien zu erarbeiten", sagt Dr. Gundolf Berg, Vorsitzender des Berufsverbandes für Kinder und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (BKJPP). Jede Behandlung ist immer auch Familientherapie und wird vernetzt mit Ergotherapeuten, Logopäden, Erziehungsberatungsstellen, Schulen und Jugendamt. "Die Eltern werden immer in die Therapie mit einbezogen, sind aber nicht bei jedem Termin dabei", so Dr. Berg.

Um Eltern und Erziehungsberechtigte präventiv zu unterstützen und mögliche Warnzeichen für psychische Fehlentwicklungen bei Jugendlichen besser zu erkennen, hat das Aktionsbündnis Seelische Gesundheit ein Themendossier mit Praxistipps und Handlungshilfen erstellt. Nicht jede Stimmungsschwankung ist ein Grund zur Sorge, doch wenn Jugendliche nicht mehr am Alltag teilnehmen, sich extrem zurückziehen oder über längere Zeit nicht mehr zur Schule gehen möchten, sind das Alarmzeichen. Der Kinderarzt, schulpsychologische Beratungsstellen oder andere kommunale Erziehungs-, Familien-, Jugend-, Mädchen-, Essstörungs- oder Drogenberatungsstellen können erste Anlaufpunkte sein.

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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