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Status Quo: Ärzte und Telematik

31.05.2010 12:57
31. Mai 2010

Die deutschen niedergelassenen Ärzte stehen telemedizinischen Lösungen weitaus offener gegenüber als dies der seit einigen Jahren schwelende Streit um die elektronische Gesundheitskarte eCard vermuten lässt. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die der Verband Deutscher Arztinformationssystemhersteller und Provider e.V. (VDAP) bei 440 hausärztlich tätigen Praktikern, Internisten, Pädiatern und Gynäkologen durchgeführt hat. Danach erwarten knapp mehr als die Hälfte der Befragten (52,5 Prozent) durch die Telematik Vorteile für ihre persönliche Praxissituation. Besonders gute Schulnoten bekamen dabei elektronische Notfalldaten (2,25), der elektronische Arztbrief (2,75) und die Arzneimittetherapiesicherheit (2,83). Allerdings sehen die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte auch ein großes Konfliktpotenzial. 80,2 Prozent der Befragten sahen in Zusammenhang mit der Telematik Probleme mit dem Datenschutz. 92,3 Prozent erwarten, dass ihnen durch Telematikanwendungen laufende Aufwendungen und Kosten entstehen.


„Die Ergebnisse dieser Umfrage decken sich weitgehend mit den Erfahrungen, die unsere Mitgliedsunternehmen tagtäglich in den Arztpraxen machen“, erklärte der VDAP-Vorsitzende Lars Hübner bei der Vorstellung der Ergebnisse in Berlin. „Ärzte sind nicht etwa technikfeindlich. Sie legen aber großen Wert darauf, dass neue Anwendungen praxistauglich sind und das Arztgeheimnis in vollem Umfang gewährleistet wird.“ Bereits heute nutzen 115.000 Ärzte die modernen Arztinformationssysteme und sicheren Providerdienste der VDAP-Mitgliedsunternehmen. In den Systemen werden rund 50 Millionen elektronische Patientenakten geführt. „Wenn man die starren Sektorengrenzen im Gesundheitswesen überwinden will, um vorhandene Effizienzreserven zu heben, geht kein Weg an der Telematik vorbei“, erklärte Hübner. Hier sei aber mit der Diskussion um die eCard Porzellan zerschlagen worden.


Nun liege es an den Beteiligten, konsenzfähige und machbare Lösungen zu entwickeln, die sämtlichen Anforderungen des Datenschutzes Rechnung tragen, betonte auch Dr. Rolf Koschorrek, MdB (CDU), auf einer Podiumsdiskussion, die der VDAP anlässlich der Vorstellung der Befragungsergebnisse durchführte. Das Mitglied des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages ließ aber keinen Zweifel daran, dass langfristig telematische Lösungen im Gesundheitswesen dringend erforderlich seien. Nun gelte es erst einmal, die hierfür erforderliche verlässliche und sichere Infrastruktur zu installieren. Rainer Höfer, Abteilungsleiter IT-Systemfragen/Telematik beim GKV-Spitzenverband verglich die jetzt anstehende Aufgabe mit dem Bau von Autobahnen, Noch wisse niemand genau, welche Fahrzeuge genau sich hierauf bewegen würden. Man müsse das Netz aber so konzipieren, dass es zukunftssicher sei. Bestes Vergleichsbeispiel sei das Apple-IPhone. Erst nachdem dessen Leistungsmerkmale definiert worden seien, hätten sich die sogenannten „Apps“ entwickelt. „Hier kommen nahezu täglich sinnvolle Anwendungen hinzu.“ Norbert Butz, Dezernent Telematik der Bundesärztekamer machte klar, dass auch die Ärzteschaft die Bedeutung der Telematik sieht. Unverzichtbar sei aber der Daten- und Patientenschutz. Der Deutsche Ärztetag schätze die Bedeutung des Themas so hoch ein, dass es bereits viermal auf der Tagesordnung des Ärzteparlaments stand. Neben befürwortenden Beschlüssen zum elektronischen Arztausweis und der Telemedizin, haben die zurückliegenden Ärztetage jedoch die eGK „in der vorliegenden Form“ jeweils abgelehnt. Es ist also nicht gelungen, die Bedenken der Delegierten des Ärztetages in der Form aufzunehmen, dass Skepsis abgebaut werden konnte. „Hier sei Überzeugungsarbeit zu leisten, denn ohne die Ärzteschaft wird Telematik im Gesundheitswesen nicht laufen!“


Die Ärzte werden wohl auch kaum dazu bereit sein, den Aufbau der Telematik aus eigener Tasche zu finanzieren, stellte Uwe Brock, hausärztlich tätiger Internist aus Mülheim an der Ruhr fest. Auf wenig Gegenliebe stoße auch die Vorstellung, in den Arztpraxen für die Pflege der Versichertenstammdaten verantwortlich zu sein. „Es reicht schon, dass wir die Praxisgebühr erheben müssen“, meinte Brock. „Weitere Verwaltungsaufgaben der Kassen müssen wir nun wirklich nicht übernehmen. Unsere Aufgabe ist es, die Patienten medizinisch zu versorgen. Dabei soll es bleiben.“ Wolfram-Arnim Candidus, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Versicherte und Patienten (DGVP) beklagte, dass die Patienten  bei den bisherigen Arbeiten an der eCard kein Mitspracherecht gehabt hätten. „Niemand kann erwarten, dass man große Umwälzungen im Gesundheitswesen erfolgreich an den Patienten vorbei durchführen kann. Gibt es hier keine Akzeptanz, ist jede neue Lösung noch vor ihrem Start zum Scheitern verurteilt. Wir appellieren an die Bundesregierung, uns an den Ausbauplänen zur Telematik intensiv zu beteiligen.“


Dr. Erwin Lotter, MdB, fasste zusammen, was telematische Strukturen leisten müssen, um bei der Politik auf Akzeptanz zu stoßen. „Sie müssen sich im Praxisalltag bewähren und wirklich alle Anforderungen des Datenschutzes erfüllen. Ist nur eines dieser beiden Hauptkriterien nicht erfüllt, wird es durch diese Bundesregierung nicht umgesetzt, erklärte der FDP-Politiker, der ebenfalls dem Gesundheitsausschuss des Bundestages angehört.  


Unterstützung wollen dabei die Mitgliedsunternehmen des VDAP leisten. Lars Hübner betonte, dass sein Verband grundsätzlich für offene Strukturen im Gesundheitswesen stehe. Die Mitgliedsunternehmen würden sich daran beteiligen, eine sichere Vernetzung der Leistungserbringer durch eine hocheffiziente Telematikinfrastruktur sicherzustellen, wie sie auch für die Einführung der eCard erforderlich sei. „Es sei wichtig, dass wir jetzt mit der Telematik starten“. Dabei stünden Datenschutz und –sicherheit ebenso im Fokus der Anforderungen wie Interoperabilität und Aktualität. Hübner stellte aber auch unmissverständlich klar, dass die erfolgreiche Einführung der Telematik kein reines IT-Projekt sei. „Die negativen Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass es sich hierbei auch um ein gigantisches Kommunikationsprojekt handelt, an dem alle Beteiligten mitwirken müssen. Nur wenn die Politik, Krankenkassen und Selbstverwaltung da an einem Strang ziehen, kann es geschafft werden, die derzeit starren Grenzen des Systems zu durchbrechen. – Denn Ärzte wollen und brauchen Telematik mit und für optimale Sicherheit.

 

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Editorial

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Reinhold
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