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Zi-Forum: Expert:innen diskutieren Potenziale von Gesundheitsfachberufen in der ambulanten Versorgung

10.11.2022 12:27
Aktuell hat die Weltgesundheitsorganisation gemahnt, dass die europäischen Gesundheitssysteme in allen Gesundheitsberufen von massivem Fachkräftemangel betroffen sind, verbunden mit substanziellen Risiken für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung. Im Alltag niedergelassener Haus- und Fachärzt:innen ist der Fachkräftemangel längst angekommen. Obwohl die Praxen medizinische Fachangestellte ausbilden, suchen sie zunehmend nach qualifiziertem nicht-ärztlichem Personal – immer häufiger ohne Erfolg. Aktuelle Untersuchungen gehen davon aus, dass im deutschen Gesundheitswesen bis 2035 knapp 1,8 Millionen offene Stellen nicht mehr besetzt werden können, weil qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Der Trend zur Anstellung in Teilzeittätigkeit führt auch beim ärztlichen Personal in den Praxen zu einem stetigen Rückgang der verfügbaren Arbeitszeit.

„Über Delegation und Kooperation können Praxen die rare Ressource Arztzeit noch effizienter für die Behandlung der Patientinnen und Patienten einsetzen. Gleichzeitig können sie damit ihre Erreichbarkeit erhöhen, um einem steigenden Versorgungsbedarf gerecht zu werden. Das Modell der Zukunft ist das der Teampraxis, in der sich unterschiedliche Gesundheitsberufe entsprechend ihrer Kompetenzen und Erfahrung optimal ergänzen. Dies gelingt allerdings nur dann effizient, wenn neue Berufsbilder an die Praxen angebunden werden, anstatt als eigenständige Leistungserbringer mit neuen Schnittstellen zu bestehenden Versorgungsstrukturen eingeführt zu werden. Für dieses Zielbild müssten auch die Medizinischen Fachangestellten (MFA) mit ihren unterschiedlichen Fortbildungs¬möglichkeiten genauso Berücksichtigung finden wie neue Perspektiven für Pflegeberufe.“ Dies sagte der Vorstandsvorsitzende des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi), Dr. Dominik von Stillfried, gestern Abend zusammenfassend im Rahmen des Zi-Forums zu Potenzialen einer besseren vertragsärztlichen Versorgung durch Delegation und Kooperation mit Gesundheitsberufen. Die in der Schweiz an den Praxen neu etablierten Advanced Nurse Practitioners seien dafür ein gutes Vorbild.

Nichtärztliche medizinische Berufsbilder nähmen in der ambulanten Versorgung in Deutschland immer mehr Raum ein. Die Kompetenzfelder der MFA seien durch die Implementierung der VERAH (Versorgungsassistent:in in der Hausarztpraxis) und EVA (Entlastende Versorgungsassistent:in) bzw. NäPA (Nichtärztliche:r Praxisassistent:in) zuletzt deutlich aufgewertet worden. Zudem qualifizierten sich immer mehr MFA in praxisnahen Studiengängen, z. B. als Physician Assistant, für einen deutlich erweiterten Delegationsrahmen. Diese Perspektiven leisteten einen Beitrag dazu, nichtärztliche Fachkräfte im Beruf und in ihren jeweiligen Regionen zu halten, so von Stillfried weiter. „Deshalb ist die Zusatzqualifikation nichtärztlicher Praxismitarbeitender ein hochrelevantes Thema für die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung.“

Ein thematischer Schwerpunkt des gestrigen Zi-Forums lag auf dem Berufsbild der „Community Health Nurse“, das im Koalitionsvertrag zur Implementierung in die medizinische Versorgung vorgesehen ist. „Für sich genommen, ist von dieser Initiative kein relevanter Benefit zur Problemlösung zu erwarten. Lediglich dann, wenn diese in den öffentlichen Gesundheitsdienst oder in Praxisteams eingebunden würde. Denn viele Ärztinnen und Ärzte wünschen sich eine möglichst direkte Anbindung der ‚Community Health Nurses‘ an die Arztpraxen. Deren Kompetenzen können im Rahmen eines weiten Delegationsprinzips für sekundärpräventive Beratungen oder anspruchsvolle koordinative Aufgaben in der Behandlung durchaus hilfreich sein. Besonders dann, wenn medizinische, pflegerische und soziale Tätigkeiten ineinanderfließen. Dies zeige sich auch in einigen erfolgreichen Projekten multiprofessioneller Gesundheitszentren oder bei Gesundheitskiosken“, betonte der Zi-Vorstandsvorsitzende.

Selbstverständlich könne eine MFA oder Angehörige anderer Gesundheitsfachberufe für bestimmte Aufgaben qualifiziert werden, so Dr. Doris Reinhardt, designierte Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg: „Dabei gelingt Delegation umso besser, je klarer die Kompetenzen in der Ausbildung entwickelt werden und je standardisierter bestimmte Abläufe in der Praxis sind. Nur ist die Komplexität in der hausärztlichen Versorgung eine besondere. Alles was außerhalb des Nukleus Praxis stattfindet, braucht ein hohes Maß an Mehrkommunikation, was letztendlich auch immer Synergieverluste bedeutet. Mit der VERAH ist es aber gelungen, ein sehr erfolgreiches Delegationsmodell zu etablieren, um dem durch steigende Morbidität und zunehmende Komplexität bedingten Strukturwandel in den Praxen wirksam zu begegnen.“ Man benötige keine neuen Schnittstellen, sondern mehr Schnittmengen in der Gesundheitsversorgung, ergänzte Hannelore König, Präsidentin des Verbandes medizinischer Fachberufe.

„Wir brauchen eine grundsätzliche Strukturreform in unserer Gesundheitsversorgung, um den künftigen Aufgaben gerecht werden zu können. Dazu gehören auch Gesundheitskioske an ganz spezifischen Standorten mit einer hohen sozialen Disparität, idealerweise angedockt an regionale Gesundheitszentren oder Praxisnetze. Auch wenn es am Ende des Tages nicht unbedingt 1.000 solcher Einrichtungen sein müssen“, bekräftigte Dr. Andreas Philippi, SPD-Bundestagsabgeordneter und Mitglied im Bundestagsausschuss für Gesundheit.

Editorial

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