MVF 06/17
„Wichtiger Partner regionaler Gesundheitspolitik“
Ausgabe 06 / 2017
Harry Glawe kennt wie sonst kein anderer derzeit amtierender Gesundheitsminister das, von dem er redet, aus eigener Anschauung: Er ist ein an der Universtitätsmedizin Greifswald ausgebildeter Fachkrankenpfleger, der durch ein Fernstudium mit Abschluss Diplomkrankenpfleger das vorwegnahm, was heute angesagt ist: die Akademisierung der Pflege. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach mit dem Minister für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit des Landes Mecklenburg-Vorpommern über die anstehenden Probleme, Herausforderungen, aber auch Chancen sowie die generelle Bedeutung der Versorgungsforschung für die regionale Gesundheitspolitik.
Psoriasis – Mehr Möglichkeiten durch Biologika
Ausgabe 06 / 2017
Zur medikamentösen Therapie der verschiedenen Psoriasis-Formen können Ärzte mittlerweile auf deutlich mehr Behandlungsmöglichkeiten zurückgreifen. Gerade durch das Erschließen des biopharmazeutischen Marktes stehen neue Arzneimittel für die patientenindividuell anzupassende Therapie zur Verfügung. Dieser Beitrag widmet sich daher neben den systemischen klassischen Wirkstoffen besonders den derzeit auf dem Markt befindlichen Biologika und wirft die Frage auf, ob die neue Klasse der Interleukin-17-Hemmer einen weiteren Therapiefortschritt bringt.
Weitgehende Erscheinungsfreiheit wäre möglich
Ausgabe 06 / 2017
Anlässlich des Welt-Psoriasistag 2017 unter dem Motto „Haut bekennen!“ wurden nicht nur aktuelle Daten und Fakten zur Versorgung der Psoriasis in Deutschland präsentiert, sondern auch Unter- und Fehlversorgung sowie auf Gesellschaft wie Politik zukommende Aufgaben angesprochen. Eingeladen hatten PsoNet Deutschland – ein bundesweiter Zusammenschluss von regionalen Psoriasis-Netzwerken und Plattform zum Austausch und zur Fortbildung von Hautärzten – sowie der Deutsche Psoriasis Bund und das Institut für Versorgungsforschung in der Dermatologie und bei Pflegeberufen in die Hafenkuppel des Hafen-Klubs Hamburg, einem ehrwürdigen Kuppelraum an den Landungsbrücken, in dem früher der Sturmflutwarndienst tätig war.
Mehr Wissenschaft und Unabhängigkeit
Ausgabe 06 / 2017
„Der Innovationsfonds ist eine Investition, die sich auch unter wirtschaftlichen Aspekten wirklich lohnen wird“, erklärte der Greifswalder Versorgungsforscher Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann – Kongresspräsident des DKVF 2017 – im Titelinterview in „Monitor Versorgungsforschung“ (04/17). Doch setzte er hinzu, gefragt, ob er darauf eine Wette eingehen wolle: „Würde ich machen, wenn der Topf herausgelöst wird aus dem direkten Zugriff der Kassen und des G-BA.“ Eine Aussage, die Dr. Andreas Meusch, Direktor des Wissenschaftlichen Instituts der TK für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG), sowie Beauftragter des Vorstands für strategische Fragen des Gesundheitswesens der Techniker Krankenkasse, nicht unwidersprochen lassen will. „Monitor Versorgungsforschung“ bat beide, ihre Positionen zu begründen.
Neugebauer: „RCT negieren den Kontext“
Ausgabe 06 / 2017
Eine geeignete Plattform für rege Diskussionen zum Thema „Register“* sollte das Forum Pro & Contra sein, das am zweiten Tag des Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung stattfand. Unter Vorsitz von Univ.-Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Edmund A.M. Neugebauer (Medizinische Hochschule Brandenburg) und Ulrike Elsner (Verband der Ersatzkassen e.V.) kamen viele Akteure aus Wissenschaft, Politik und Versorgungspraxis zusammen, um über Vor- und Nachteile sowie Einsatzgebiete von RCT und Register zu sprechen. Harte Gegenworte kamen von dem einzigen Contra-Teilnehmer: Prof. Dr. Jürgen Windeler, dem Leiter des Kölner IQWiG.
Hohe Verbesserungspotenziale für den M-RSA
Ausgabe 06 / 2017
Das erste von zwei Sondergutachten, das der ehrenamtlich tätige Wissenschaftliche Beirat des Bundesversicherungsamts (BVA) als Grundlage einer möglichen Weiterentwicklung des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs (M-RSA) erarbeitet hat, wurde auf einer Pressekonferenz beim BVA in Bonn vorgestellt.
Mehr Gehör für Patienten
Ausgabe 06 / 2017
Die Stadt Bielefeld gebe es nicht, ihre Existenz werde lediglich überzeugend vorgetäuscht, ist Gegenstand der satirischen „Bielefeld Verschwörung“, die ihren Ursprung um 1993 hat. Das hielt aber Doris Schaeffer nicht ab, nur vier Jahre später – 1997 – die Leitung des Instituts für Pflegewissenschaft an der Universität Bielefeld (IPW) sowie den Lehrstuhl für Versorgungsforschung und Pflegewissenschaft an der bereits 1994 gegründeten Fakultät für Gesundheitswissenschaften zu übernehmen. Diese Fakultät ist etwas ganz besonderes: Sie ist bis heute die einzige voll ausgebildete School of Public Health in Deutschland, besteht aus diversen Abteilungen oder Lehrstuhleinheiten, die interdisziplinär zusammengesetzt sind und eng miteinander kooperieren – und zudem fast alle unter einem Dach vereint sind, was den Bielefeldern den bezeichnenden Beinamen „Universität der kurzen Wege“ eintrug.
Die digitale Zukunft hat schon begonnen
Ausgabe 06 / 2017
„Die Nutzung der Chancen der Digitalisierung im Gesundheitssystem.“ Lediglich diese acht Wörter fanden sich Ende August im Sondierungsstatus des Arbeitskreises Arbeit, Rente, Gesundheit, Pflege, Soziales im Vorfeld der aktuellen Regierungsbildung zur Digitalisierung im Gesundheitswesen. Etwas wenig, wenn man die traurige Geschichte der Telematik-Infrastruktur in Deutschland bedenkt und das aktuelle 20-seitige Positionspapier der AOK Nordost betrachtet, das von der kommenden Regierungskoalition – wie immer diese aussehen mag – eine klare Strategie zum Ausbau der Digitalisierung im Gesundheitswesen fordert. Dazu gehört nach Meinung von AOK-Nordost-Vorstand Frank Michalak neben vielen anderen wichtigen Punkten nicht nur eine stärkere Souveränität der Patienten, sondern auch eine einheitliche Kommunikationsgrundlage für digitale Lösungen – sprich: eine elektronische Gesundheitsakte.
Zwischen Paternalismus und Selbstbestimmtheit
Ausgabe 06 / 2017
„Jetzt gehört endlich der Patient ... in den Mittelpunkt.“1 (Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe, 2015). Der Patient ist salonfähig geworden: Ob Bundesregierung2, Krankenkassen oder Deutsche Ärztekammer3 – sämtliche Akteure des Gesundheitssystems beteuern, der Mikrokosmos Versorgungssystem solle sich künftig um ihn drehen. Bleibt die Frage, ob tatsächlich eine Revolution angestrebt wird. Denn mit marginalen Schein- oder Minireformen wäre es nicht getan. Zu lange schon dient das deutsche Gesundheitssystem statt dem ominösen „He who must not be named“ nur einem Zweck: der Selbsterhaltung. Den Patienten ins Zentrum zu stellen, hieße eine komplette Umwälzung und Neuanordnung des bestehenden Systems. Vor allem in den Köpfen.
Synthese aus Bereitschaftsdienst und Rettungsstelle
Ausgabe 06 / 2017
In der Gesundheitspolitik der kommenden Legislaturperiode wird die Neustrukturierung der Akut- und Notfallversorgung eines der zentralen Themen sein, eine These, für die drei Fakten sprechen. Zum einen werden schon länger verschiedene Ansätze und bestehende Lösungen vorgestellt und diskutiert. Zweitens fördert der Innovationsfonds im Bereich Versorgungsforschung die Auseinandersetzung mit dieser Frage. Und zum Dritten stellt der Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen seine Expertise zur „Zukunft der Notfallversorgung in Deutschland“ vor, die bereits in einem „Werkstattgespräch“ angerissen wurde. Damit werden die Forderungen nach schnellen und tragfähigen Lösungen lauter. Zudem erhöhen Bund und Länder – aber auch die aktuelle Mediendebatte zur Thematik – den Handlungsdruck für die kommende Legislaturperiode massiv. Damit haben die politischen Weichenstellungen für die Neuausrichtung der Akut- und Notfallversorgung begonnen, aber auch die realen, wie die „IGiB-Bereitschaftspraxis“, ein Modell zur ambulanten Akut- und Notfallversorgung als Synthese aus ärztlichem Bereitschaftsdienst und Rettungsstelle, zeigt.
Wirtschaftliche Erstattungsbeträge sind verhandelbar
Ausgabe 06 / 2017
Grundidee des AMNOG war es im Jahr 2010, die Preisbildung am Nutzen eines Arzneimittels zu orientieren. Der Gesetzgeber verband damit die Erwartung, aber nicht die Konsequenz, dass ein auf Grundlage dieser Nutzenbewertung zwischen der Gesetzlichen Krankenversicherung und einem pharmazeutischen Unternehmen verhandelte Preis wirtschaftlich sei [1]. Spätestens seit einem Beschluss und folgendem Urteil des LSG Berlin-Brandenburg [2] zu einer Entscheidung der Schiedsstelle wird die Diskussion um die Wirtschaftlichkeit von Erstattungsbeträgen und deren Zustandekommen aber wieder intensiv geführt. Es wird deutlich, dass zwischen den Beteiligten auf allen Ebenen kein Konsens darüber herrscht, wann ein Erstattungsbetrag als wirtschaftlich anzusehen ist. Bedenklich ist daran vor allem, dass in der Folge Ärzte und Patienten verunsichert sind, wann ein Arzneimittel mit Erstattungsbetrag eingesetzt werden kann. Die Versorgung von Patienten mit innovativen Therapien sicherzustellen, war aber einer der wesentlichen Beweggründe für das AMNOG.
Zwischen Patientenwohl und Gewinnerzielungsabsicht
Ausgabe 06 / 2017
Mit dem Kostendämpfungsgesetz aus dem Jahr 1977 und den Reformgesetzen, die in den Jahren danach folgten, versuchte der Gesetzgeber, eine qualitativ hochwertige, bedarfsgerechte und ökonomisch effiziente Versorgung der Bevölkerung mit medizinischen Leistungen zu gewährleisten. Um dieses Ziel erreichen zu können, wurden verschiedene Instrumente entwickelt und eingesetzt; vor allem ging es darum, dem Wirtschaftlichkeitsgebot mehr Geltung zu verschaffen. Das erwähnte Ziel wurde indessen nur bedingt erreicht. Zwar werden die etwa 19 Millionen Patienten, die jährlich in die stationäre Behandlung aufgenommen werden, überwiegend gut versorgt. Dagegen ist es fraglich, ob das Ziel der Bedarfsgerechtigkeit in der Versorgungspraxis realisiert wird. Die seit Jahren zu beobachtende Zunahme der Zahl der stationär behandelten Patienten, der Zahl der Eingriffe sowie die des Casemix (CM) in den Krankenhäusern in Deutschland war deshalb der Anlass für das Erarbeiten mehrerer Studien mit dem Ziel, die Leistungsentwicklung und deren Ursachen zu untersuchen und zu evaluieren, ob die Zahl der erbrachten medizinischen Leistungen deren tatsächlichem Bedarf entspricht1. Die Studien wurden in der Zeit zwischen 2011 und 2014 veröffentlicht; Sie erklären die Mengenentwicklungen unter anderem mit der demografischen Entwicklung der Bevölkerung, dem medizinischen und medizin-technischen Fortschritt sowie den daraus resultierenden neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB), der nicht ausreichenden Investitions-Finanzierung durch die Bundesländer, diversen (Fehl-)Anreizen des pauschalierenden G-DRG-Entgeltsystems sowie den wirtschaftlichen Interessen der Krankenhäuser.
Expertenmeinungen zum psychosozialen Versorgungsbedarf ehemaliger Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr
Ausgabe 06 / 2017
Einsätze der Bundeswehr im Ausland sind ein Stück Normalität geworden (Frank Bötel 2016). Doch diese Einsätze gehen für die SoldatInnen mit belastenden Erlebnissen und Folgen für ihre psychische Gesundheit einher. So erfüllten 2,9 % der 2009 im Rahmen der ISAF-Mission in Afghanistan eingesetzten SoldatInnen 12 Monate nach dem Einsatz die DSM-IV-TR-Kriterien einer posttraumatischen Belastungsstörung (Wittchen et al. 2012). Diese 12-Monats-Prävalenz ist nicht nur gegenüber den Kontrollsoldaten ohne Einsatz deutlich erhöht, sondern auch gegenüber den Raten der alters- und geschlechtsadjustierten deutschen Allgemeinbevölkerung (Jacobi et al. 2014). Zudem muss befürchtet werden, dass die Prävalenzraten psychischer Erkrankungen nach Auslandseinsätzen allgemein (Kang und Hyams 2005), die der posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) im Besonderen (Brewin et al. 2012) mit den Jahren sogar noch zunehmen. Eine wesentliche Aufgabe, der sich nicht nur die Bundeswehr, sondern alle in der Versorgung psychisch kranker Menschen Tätigen zu stellen haben, ist also der Umgang mit SoldatInnen der Bundeswehr, die durch den Einsatz psychisch erkrankten (Holtherm 2014). Erschwert wird die Lage aus Sicht der Versorgung dadurch, dass SoldatInnen nach dem Ausscheiden aus der Bundeswehr in das zivile deutsche Versorgungssystem wechseln, in dem heute die überwiegende Mehrzahl der Leistungserbringer keine persönlichen Erfahrungen mit dem militärischen System mehr besitzen dürfte. Weder über die subjektiven Versorgungsbedürfnisse noch über den objektiven Versorgungsbedarf von ehemaligen SoldatInnen, die sich nun im zivilen Gesundheitswesen befinden, liegen bisher jedoch aussagekräftige wissenschaftliche Erkenntnisse für Deutschland vor.
Verlagerungseffekte zwischen stationärem und ambulantem Sektor
Ausgabe 06 / 2017
Medizinischer Fortschritt und Veränderungen in den ärztlichen Versorgungsstrukturen ziehen eine veränderte Arbeitsteilung zwischen niedergelassenen Ärzten und akutstationären Krankenhäusern nach sich. Zunehmend erbringen auch ambulant tätige Ärzte medizinische Leistungen, die bisher einen stationären Aufenthalt erforderten – etwa die Dialyse oder Linsenoperationen am Auge. Hieraus resultiert eine Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Versorgungssektor, der „neue“ Leistungen im ambulanten Bereich generiert. Im Rahmen dieser Arbeit sollen diese Leistungen als „stationsersetzende“ Leistungen bezeichnet und gezielt analysiert werden. Daneben können weitere Leistungen verlagert werden; solche nämlich, die prinzipiell in beiden Sektoren erbracht werden können, aber im Zuge des Abbaus stationärer Versorgungsstrukturen und wegen geringerer Kosten zunehmend ambulant erbracht werden. Diese Art der Leistungsverlagerung wird in dieser Arbeit nicht untersucht. Anlass vorliegender Darstellung ist die Absicht, Leistungsverlagerungen vom stationären in den ambulanten Sektor des Gesundheitswesens zum Gegenstand der vertragsärztlichen Bedarfsplanung zu machen (von Stillfried/Czihal 2015). Leistungsverlagerungen sind darin zu erkennen, dass insbesondere dort Anstiege vertragsärztlicher Leistungen sichtbar sind, wo ein entsprechender Rückgang der stationären Berechnungs- und Belegungstage berechnet wird, der für bestimmte Diagnosen bei Anstieg ambulanter Leistungen gezeigt wurde (Czihal et al 2013). Denkbar wäre eine Weiterentwicklung dieses Ansatzes etwa mit einer Darstellung von abgerechneten Leistungen für Fälle mit den betreffenden Diagnosen. So könnte der Umfang verlagerter Leistungen spezifiziert und berechnet werden. Bedingt durch Komorbiditäten ambulanter Fälle und fehlende Unterscheidung von Haupt- und Nebendiagnosen in der vertragsärztlichen Leistungsabrechnung könnte es dabei zu Mehrfachzählungen von Leistungen bei den unterschiedlichen Diagnosen kommen. Zunehmender ambulanter Leistungsbedarf wird für 17 von 20 ICD-10-Kapiteln berechnet (Czihal et al 2013.). Da somit der steigende Trend vertragsärztlicher Leistungen in der überwiegenden Zahl der Diagnosekapitel zu finden ist, wäre es für die Fragestellung hilfreich, diesen auf bestimmte „stationsersetzende“ Leistungen eingrenzen zu können.