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Forschung mit hoher Relevanz

03.04.2017 14:00
Die erst 1973 gegründete Carl von Ossietzky Universität gehört zu den jungen Hochschulen Deutschlands. Das Gründungsspektrum Sprach-, Kultur- und Geisteswissenschaften über Erziehungs-, Kunst- und Musikwissenschaften bis hin zu Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sowie der Mathematik und der Informatik wurde 2012 um die Fakultät für Medizin- und Gesundheitswissenschaften ergänzt. Im Rahmen dieser neuen Fakultät entsteht ein derzeit mit fünf Professoren besetztes Department für Versorgungsforschung, das in seiner Zusammensetzung die methodische Interdisziplinarität dieses Forschungsbereichs – aber auch den Anspruch der Universität selbst, nämlich mit interdisziplinärer Spitzenforschung und Lehre Antworten auf die großen Fragen der Gesellschaft im 21. Jahrhundert zu finden – widerspiegelt. Eine der Abteilungen des Departments – nämlich die für Ambulante Versorgung und Pharmakoepidemiologie – wird von Prof. Dr. Falk Hoffmann geleitet: Er hat seinen Lehrstuhl im Dezember 2014 übernommen und ist damit einer der jüngsten Versorgungsforschungs-Professoren Deutschlands.

>> Das Department für Versorgungsforschung der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg befindet sich nach wie vor im Aufbau und besteht aus – Stand heute – sechs Abteilungen und fünf berufenen Professuren. Das sind die Abteilungen Allgemeinmedizin (Prof. Dr. Michael Freitag), Assistenzsysteme und Medizintechnik (Prof. Dr. Andreas Hein), Epidemiologie und Biometrie (Prof. Dr. Antje Timmer), Medizinische Informatik (Prof. Dr. Rainer Röhrig) sowie die Abteilung Ambulante Versorgung und Pharmakoepidemiologie, geleitet von Hoffmann. Ergänzend dazu gibt es noch die erst kürzlich eingerichtete Nachwuchsgruppe „Rehabilitationswissenschaften“ unter Leitung von Dr. Anna Levke Brütt sowie eine demnächst zu besetzende Abteilung namens „Organisationsbezogene Versorgungsforschung“ mit entsprechender Professur.
Was all diese Professoren eint? Sie sind alle erst in den letzten Jahren an diese noch junge Fakultät gekommen. Und: Sie wollen etwas bewegen! So hatte Falk Hoffmann schon länger die Oldenburger Entwicklung verfolgt, da der Neuaufbau einer medizinischen Fakultät im Nordwesten Deutschlands nicht nur in der Wissenschafts-Community ein großes Thema war und noch dazu, weil neben den bereits etablierten Fel-
dern die Versorgungsforschung als weiterer Forschungsschwerpunkt aufgebaut werden sollte.
Hinzu kommt, dass Oldenburg und die Stadt, in der der aus Thüringen stammende Hoffmann sein Studium absolvierte und anschließend arbeitete, nur knapp 50 Kilometer auseinanderliegen. Diese Stadt heißt Bremen, und ist damit – wenn man im Bereich der Versorgungsforschung unterwegs ist – eng mit dem Namen Prof. Dr. Gerd Glaeske verbunden, der 1999 in Bremen die Professur für Arzneimittelversorgungsforschung übernommen hatte und dort am Zentrum für Sozialpolitik (ZeS), heute Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik (SOCIUM) der Universität Bremen forschte und lehrte (s. MVF 05/16). Und welcher auch die Entwicklung von Hoffmann maßgeblich beeinflusste: Bereits seit Beginn seines Studiums im Jahr 2001 besuchte Hoffmann nahezu jedes Semester Glaeskes traditionell immer Donnerstagabend von 19 bis 21 Uhr im alt-
ehrwürdigen Barkhof stattfindenden Lehrveranstaltungen zur Arzneimittelversorgung und Gesundheitsberichterstattung, in denen stets auch tagesaktuelle gesundheitspolitische Themen diskutiert wurden. So viel Eifer wurde belohnt: Bereits 2004 durfte Hoffmann im von Glaeske herausgegebenen GEK-Arzneimittel-Report sein erstes Kapitel schreiben: über die Evidenz und Versorgung mit dem Diabetesmittel Acarbose.
Doch auch mit Oldenburg selbst war Hoffmann bereits zu seiner Bremer Zeit verbunden. Nicht nur, weil er großer Basketballfan ist und Oldenburg sowohl eine Mannschaft in der Bundesliga als auch in der ProB hat, sondern weil er dort regelmäßig das Kolloquium Versorgungsforschung besucht hatte, das maßgeblich von dem leider 2016 verstorbenen Prof. Dr. Dr. Hans-Jürgen Appelrath geprägt wurde. Als dann die Pläne zum Aufbau einer Fakultät für Medizin- und Gesundheitswissenschaften mit dem Schwerpunkt Versorgungsforschung bekannt wurden, und Hoffmann wusste, dass in Zukunft mehrere Lehrstühle mit Bezug zur Versorgungsforschung neu besetzt werden würden, hatte er sich bereits mit nationalen (auch in MVF) wie internationalen Veröffentlichungen einen Namen gemacht und bekam seine große Chance, dieses Forschungsfeld in Oldenburg aufzubauen und sich in die noch junge Fakultät einzubringen.
Das tat Hoffmann im guten Einklang seiner persönlichen Historie und dem der ihn prägenden Professoren. Nach Glaeskes Credo „Daten für Taten“, nach dem er bereits in Bremen gearbeitet hatte, geht es für ihn bei all seinem Tun letztlich um die Frage, ob und wie die beste verfügbare Evidenz auch tat-
sächlich bei Patientinnen und Patienten ankommt. Und wenn nicht: Was getan werden kann, um die Versorgung zu verbessern und anschließend zu prüfen, ob dies auch tatsächlich funktioniert. „Wir dürfen aber nicht vergessen, dass sich nur aus methodisch hochwertigen Studien versorgungsrelevante Schlüsse ziehen lassen“, sagt Hoffmann und zitiert damit fast einen Satz Glaeskes, der immer wieder Transparenz und ein hochstehendes Forschungsethos der Versorgungsforschung anmahnt. Hoffmann fügt hinzu, wie wichtig es sei, immer wieder zu betonen, dass sich Versorgungsrealität und randomisiert kontrollierte Studien auch zur Evaluation neuer Versorgungsformen nicht widersprechen. Hoffmann: „Das in die Köpfe von Forschern, Entscheidungsträgern und Editoren von Zeitschriften zu bekommen, wäre eine wichtige Vision.“ Denn: „Die Versorgungsforschung braucht methodisch hochwertige Studien, auch als Grundlage für politische Entscheidungen!“
Doch was zeichnet nun neben dieser Selbstverpflichtung die Abteilung Ambulante Versorgung und Pharmakoepidemiologie am Department für Versorgungsforschung der Uni Oldenburg aus? Wenn man die bisher geleistete Arbeit sichtet, erkennt man schnell, dass ein wesentlicher Schwerpunkt die Arbeit mit Krankenkassenroutinedaten ist. Hier kooperieren Hoffmann und seine Abteilung mit verschiedenen Kassen, wobei in verschiedenen Projekten die teils in ihrem Informationsumfang begrenzten Kassendaten mit weiteren Daten zusammengeführt und somit die unterschiedlichen Stärken der Datenkörper genutzt werden. Beispielsweise wurden so im PROCLAIR-Projekt auf Basis ambulanter Diagnosen Patientinnen und Patienten mit rheumatoider Arthritis selektiert und diese zur Krankheitsschwere, Lebensqualität und zur Versorgung befragt. Diese Angaben wurden dann mit den Kassendaten verknüpft, was ein deutlich schärferes Bild der tatsächlichen Versorgungssituation entstehen ließ. Hoffmann: „Doch darauf allein ist unsere Ar-
beit keinesfalls begrenzt, uns zeichnet durch-
aus eine breite methodische Expertise aus.“ So werden neben Beobachtungsstudien auf Basis von Primär- und Sekundärdaten auch randomisierte Studien sowie systematische Reviews durchgeführt, um so eine Vielzahl an Fragen der Versorgungsforschung beantworten zu können.
Die inhaltlichen Schwerpunkte konzentrieren sich vor allem auf die Versorgung psychischer und chronischer Erkrankungen, die Arzneimittelanwendungs- und Risikoforschung und die Versorgung im Alter. Methodisch wird vor allem zu Möglichkeiten und Grenzen der Nutzung von Routinedaten sowie zur Evaluation komplexer Interventionen geforscht.
All das wird belohnt, unter anderem auch durch öffentliche Fördergelder, allen voran durch die des Innovationsfonds. So kann es sich Hoffmann durchaus als persönlichen Erfolg anrechnen, dass alle drei beim Innovationsfonds beantragten Projekte, an denen er beteiligt war, mittlerweile gefördert sind.
Die vom Innovationsfonds geförderten Projekte sind:
• HOMERN – Hospitalisierung und Notaufnahmebesuche von Pflegeheimbewohnern: Häufigkeit, Ursachen und Entwicklung einer Intervention zur Verbesserung der Versorgung
• ProFem – Versorgung, Funktionsfähigkeit und Lebensqualität nach proximaler Femurfraktur
• MundPflege – Mundgesundheit bei Pflegebedürftigen

Auch wird seine Abteilung demnächst eine cluster-randomisierte Studie zur Wirksamkeit von Advance Care-Planning (vorausschauende Versorgungsplanung) bei Älteren durchführen, die vom BMBF gefördert wird. Hoffmann: „Dies alles hat uns sehr gefreut und zeigt, welch gute Arbeit wir leisten und dass unsere Forschungsthemen eine hohe Versorgungsrelevanz haben. Auch dass wir in diesem Jahr den AGENS-Methodenworkshop in Oldenburg ausrichten durften, war eine große Ehre.“ <<

von: MVF-Chefredakteur Peter Stegmaier.

Gesamtartkel als PDF verfügbar

Ausgabe 03 / 2017

Editorial

RoskiHerausgeber
Prof. Dr.
Reinhold
Roski

 

 

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