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Welche Evidenz für welche Entscheidungen?

05.04.2018 10:07
Dr. med. Antje Haas, MBA, Leiterin der Arznei- und Heilmittel, GKV-Spitzenverband

Der derzeitig häufig verwendete Begriff der „Real World Evidenz“ leitet fehl: Er schafft Abgrenzungen, wo es keine gibt und fasst zusammen, was inhaltlich nicht zusammengehört. Es ist vielmehr die Methodik der Datenerhebung, die entscheidend für die Repräsentativität einer Arzneimittelstudie ist: Versorgungsdaten sind nicht zwangsläufig „Real-World“ und genauso sind randomisierte Studiendaten nicht zwangsläufig „selektiert“. Produktregister liefern beispielsweise kein aussagekräftigeres Abbild der „Real World“ als sogenannte „pragmatische RCTs“ mit alltagsnahen Ein- und Ausschlusskriterien. Eher ist die Art der erforderlichen Evidenz abhängig von der zu beantwortenden Frage bzw. der zu treffenden regulatorischen Entscheidung. Zulassung und Zusatznutzenbewertung erfordern den Nachweis von Wirksamkeit/Sicherheit bzw. den Nachweis von Mortalitäts-, Morbiditäts- oder Lebensqualitäts-Vorteilen gegenüber dem Therapiestandard und damit grundsätzlich die höchste Evidenzstufe. In diesem Kontext ist der ungebremste Trend zu beschleunigten Sonderzulassungen von Arzneimitteln zu diskutieren, der mit einer zunehmenden Datenunreife und erhöhten Unsicherheit zu Nutzen und Schaden des Arzneimittels bei Marktzulassung einhergeht. Hier bedarf es der Entwicklung nachhaltiger Strategien, wie Evidenzlücken geschlossen und der Eingang in die Regelversorgung gestaltet werden soll.

Bei der Entscheidung, ob man für Zulassung und Zusatzbewertung Evidenz einer niedrigeren Stufe als RCTs akzeptiert, handelt es sich um eine ethische Abwägung zwischen Evidenzanforderungen und tolerierter Unsicherheit im Einzelfall. Eine erhöhte Unsicherheit muss gesellschaftlich getragen und für Patienten und ihre Behandler transparent gemacht werden.