MVF 05/18
„Big Data: zwischen Big Chance und Big Error“
Ausgabe 05 / 2018
„Big Data“ hat ein großes Problem: Quasi jeder redet darüber, aber keiner weiß so genau, was es eigentlich ist. Zwei Professoren, die sich auf sehr gegensätzliche Art seit vielen Jahren mit diesem Metathema beschäftigen und sich dazu bereits mehrfach öffentlich geäußert haben, sind Prof. Dr. Gerd Antes, wissenschaftlicher Vorstand der deutschen Cochrane-Stiftung und Co-Direktor von Cochrane Deutschland, und Prof. Dr. Bertram Häussler, Vorsitzender der Geschäftsführung des IGES Instituts. In einem Streitgespräch mit „Monitor Versorgungsforschung“ wird neben grundsätzlicher Definitions- und Abgrenzungsarbeit klar: Das ist erst der Anfang einer schwierigen, aber längst überfälligen Diskussion, die in Deutschland dringend geführt werden muss, ganz besonders im sensiblen Kontext der Gesundheitsversorgung.
Von ARMIN bis zu Arzneimittelvereinbarungen
Ausgabe 05 / 2018
Dass Arzneimittelsteuerung vielfältig und unterschiedlich effizient sein kann, hat bereits der erste Beitrag in der Reihe zur regionalen Arzneimittelsteuerung gezeigt. Um die Ärzte in einer wirtschaftlichen Verordnungsweise zu unterstützen, gibt es neben den regionalen Arzneimittelvereinbarungen aber weitere Möglichkeiten und Modelle. Im Folgenden werden der KBV-Medikationskatalog und das Versorgungsmodell ARMIN näher betrachtet, hinsichtlich der Steuerungseffekte bewertet und die Überschneidungen der beiden Instrumente aufgezeigt.
Das Erfolgsmodell des „Berliner Projekts“
Ausgabe 05 / 2018
1998: Zwei Dekaden ist es her, seit Helmut Kohl Bundeskanzler und Roman Herzog Bundespräsident war. Zum 1. Januar trat der Beschluss über die Abschaffung der Gewerbekapitalsteuer in Kraft, am 17. Februar legte das Bundesverfassungsgericht ein unentgeltliches Kurzberichterstattungsrecht fest, trat am 1. März zwischen Deutschland und der Ukraine das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen und am 1. April eine Rahmenvereinbarung in Kraft, auf deren Basis das „Berliner Projekt – Die Pflege mit dem Plus“ gegründet wurde. Ziemlich genau ein Jahr vor der wohl berühmtesten Rede Herzogs, in welcher er die Deutschen aufforderte, „einen Ruck“ durchs Land gehen zu lassen, ging gleichsam ein Mini-Erdbeben durch Berliner Krankenheime und Krankenhäuser mit Abteilungen für chronisch Kranke.
Innofonds fördert 55 Versorgungsforschungs-Projekte
Ausgabe 05 / 2018
Der beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) angesiedelte Innovationsausschuss hat im September 55 weitere Anträge auf finanzielle Förderung von Projekten aus dem Bereich der Versorgungsforschung angenommen. Dafür hat er sich auch nur knapp ein Jahr Zeit gelassen, um aus den 205 Projektanträgen, die aufrgund der am Oktober 2017 veröffentlichten Förderbekanntmachungen fristgerecht eingereicht worden waren, auszuwählen. Doch immerhin: Laut Innovationsausschuss werden die Verfügung stehenden Mittel voraussichtlich voll ausgeschöpft.
Primärdatenforscher aus Leidenschaft
Ausgabe 05 / 2018
Das ISAP wurde bereits 1952 unter den Namen „Institut für Sozialhygiene“, geleitet von Prof. Dr. med. Karl Gelbke, an der Medizinischen Fakultät gegründet. Grundlage dafür bildete der Befehl 234 von der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom 9.10.1947 über „Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur weiteren Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiter und Angestellten in der Industrie und im Verkehrswesen“. Im wechselhaften Verlauf wurde es von verschiedenen Lehrstuhlinhabern und ihren Themen geprägt, die von der Organisation des Gesundheitsschutzes über sozialgerontologische Themen bis hin zur Psychoonkologie reichten. In seiner jetzigen Form, mit seinem jetzigen Namen und mit den aktuellen Schwerpunkten existiert das Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) erst seit 2010 – zeitgleich wurde Prof. Steffi G. Riedel-Heller, MPH auf den Lehrstuhl berufen.
Die Transdisziplinarität ist eine Lebenshaltung
Ausgabe 05 / 2018
Neue Formate der Wissenschaftskommunikation erproben – dies war die Motivation zur Ausrichtung der Veranstaltung „Auf einen Kaffee mit der Wissenschaft“, die am 10. Juli 2018 in Köln stattfand. Angelehnt an einen Science Slam stellten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsprojekte auf unterhaltsame und kurzweilige Weise interessierten Bürgerinnen und Bürger außerhalb des formellen Wissenschaftsbetriebes vor. Dabei erhielten Bürgerinnen und Bürger einen Einblick in aktuelle Fragestellungen der Versorgungsforschung und waren explizit im Sinne eines transdisziplinären Ansatzes aufgefordert zu partizipieren und sich aktiv an der Diskussion zu beteiligen.
Wie können wir die Bremsen lösen?
Ausgabe 05 / 2018
Mit den selektivvertraglichen Lösungen des § 140 a ff hat der Gesetzgeber schon im Jahre 2000 reagiert und eine Möglichkeit für innovative Versorgungsmodelle geschaffen, die die Fallstricke des gegenwärtigen Systems umgehen. Leistungserbringer und Krankenkassen können alternative Lösungen vereinbaren – zur Probe oder auf Dauer. Roland Berger Strategy Consultants hatten im Oktober 2002 in einer Studie prognostiziert, dass im Jahre 2020 rund 35% der Versicherten und ca. 20% des Gesamtvolumens des Gesundheitsmarktes transsektoral integriert versorgt würden1. Wir wissen heute, dass dies bei weitem nicht so ist.
„Eine dauerhafte Perspektive“
Ausgabe 05 / 2018
Im Herbst, fast zeitgleich mit dem diesjährigen DKVF, ist Dr. Gisela Nellessen-Martens, zehn Jahre als Geschäftsführerin im Deutschen Netzwerk Versorgungsforschung e V. tätig: ein probater Anlass, Sie um einen Rück- und Ausblick zu bitten.
„Grundlagen der eigenen Arbeit anerkennen“
Ausgabe 05 / 2018
Replik von Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann und PD Dr. rer. med. Neeltje van den Berg zum Wissens-Artikel „Es wird Zeit für die Etablierung des Fallmanagements“ von Lutz O. Freiberg (Geschäftsführer IGiB GbR) in MVF 04/18.
Versorgung von Patienten mit Demenz vor und nach Erstdiagnose
Ausgabe 05 / 2018
Die Diagnose Demenz ist für viele Betroffene und deren Angehörige eine enorme emotionale und auch finanzielle Belastung. Gleichzeitig ist sie für die Gesellschaft eine große Herausforderung in kultureller und politischer Hinsicht. Behandlungsmöglichkeiten bestehen nicht. So gilt es für alle Beteiligten, mit Demenz leben zu lernen und Wege zu finden, die ihnen trotz der Krankheit ein gutes Leben ermöglichen (vgl. Klie 2017). Demenz ist die häufigste „psychische“ Erkrankung im höheren Lebensalter und einer der häufigsten Gründe für eine Pflegebedürftigkeit. Die verbreitetsten Formen der Demenz sind zum einen die Alzheimer-Krankheit (ICD-Codes F00. & G30.) und zum anderen die vaskuläre Demenz (ICD F01.), die durch Schädigungen der Blutgefäße des Gehirns verursacht wird. Des Weiteren gibt es sekundäre Formen der Demenz (F02.), z. B. in Verbindung mit Parkinson oder HIV, und nicht näher bezeichnete Formen der Demenz (F04.). Diese fünf ICD-Codes wurden im Rahmen der Analyse herangezogen, um Patienten mit Demenz und einer Pflegestufe zu identifizieren.
Stärkung der Gesundheitskompetenz im Bildungssektor
Ausgabe 05 / 2018
Am 19. Februar 2018 wurde der „Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ (NAP) der Öffentlichkeit vorgestellt (Schaeffer et al., 2018). Nach dem Vorbild anderer Länder werden darin die wichtigsten Herausforderungen für eine Verbesserung der Gesundheitsbildung der Bevölkerung und die Förderung der Gesundheitskommunikation des professionellen Personals in Bildungs- und Versorgungseinrichtungen aufgelistet (s. Abb. 1 und 2) und anschließend gezielte Empfehlungen ausgesprochen. Finanziell wurde das Vorhaben von der Robert Bosch Stiftung, dem AOK Bundesverband, der Universität Bielefeld und der Hertie School of Governance in Berlin unterstützt. Es steht unter der Leitung von Prof. Dr. Doris Schaeffer, Prof. Dr. Klaus Hurrelmann, Prof. Dr. Ullrich Bauer und Dr. Kai Kolpatzik. Der nachfolgende Beitrag befasst sich mit der ersten der 15 Empfehlungen des NAP, die sich auf die Stärkung der Gesundheitskompetenz im Bildungssektor konzentriert.
Prävalenz und Behandlung von Verletzungen bei Patienten in deutschen Hausarztpraxen
Ausgabe 05 / 2018
Jedes Jahr sterben weltweit etwa 5 Millionen Menschen an Verletzungen. Diese Zahl macht 9% aller Todesfälle aus [1]. Es wurde nachgewiesen, dass Männer und junge Menschen häufiger an Verletzungen sterben als Frauen bzw. ältere Menschen [1–3]. Verletzungen verursachen zudem jedes Jahr eine Million dauerhafte Behinderungen in der Europäischen Union und haben somit erhebliche Auswirkungen auf die allgemeine Gesundheit in dieser Region der Welt [4]. Die Prävalenz von Verletzungen in Deutschland wurde in den letzten Jahren nur von wenigen Autoren untersucht. Im Jahr 2010 gab es in diesem Land geschätzte 8 Millionen Verletzungen und mehr als 20.000 Todesfälle durch Verletzungen [5,6]. Im selben Jahr fanden Rickels et al. heraus, dass die Inzidenz von Schädel-Hirn-Traumata in zwei voneinander getrennten Regionen Deutschlands bei 332 pro 100.000 Menschen lag [7]. In einer im Jahr 2013 veröffentlichten telefonischen Querschnittserhebung wurde ferner geschätzt, dass bei mehr als 10% der Teilnehmer in den 12 Monaten vor der Befragung Unfallverletzungen festgestellt worden waren, die eine medizinische Behandlung erforderten [8]. In jüngerer Zeit, im Jahr 2016, zeigten Rommel und Kollegen, dass mindestens 2,8% von mehr als 14.000 Erwachsenen von einem Arbeitsunfall betroffen waren [9].
Zur Versorgung mit CPM-Bewegungsschienen nach Knie- bzw. Schulteroperationen
Ausgabe 05 / 2018
In der Literatur finden sich bereits zahlreiche Studien sowie Rezensionen zum Thema CPM-Schienentherapie. Neben kontrollierten und randomisierten klinischen Studien zur Anwendung von CPM bei unterschiedlichen Indikationen [4-12] finden sich darunter auch vereinzelte Metaanalysen [13, 14] und Reviews [15, 16]. Die Studienlage erweist sich insgesamt als sehr heterogen im Bezug auf die Indikationsstellung, die Vergleichstherapie, die Studiendauer, den Behandlungsbeginn und die Endpunktbetrachtung. Zusätzlich zu dieser Heterogenität der Studienlage kommt erschwerend hinzu, dass die Studien aus unterschiedlichen Ländern stammen, deren Versorgungstruktur nicht ohne Weiteres auf das deutsche Gesundheitssystem übertragen werden kann [9, 17]. Methodisch werden die Studien u.a. dadurch limitiert, dass eine komplette Verblindung aller Beteiligten nicht praktikabel ist. Die Behandlungsergebnisse werden darüber hinaus von vielen Faktoren beeinflusst (z.B. Art der Gelenkverletzung, Operationstechnik, Begleiterkrankungen). Eine Zielsetzung der vorliegenden Studie bestand in der Beschreibung dieser Heterogenität, mit einem Fokus auf der realen Versorgungssituation. Ein zentraler Bestandteil dieser Versorgungssituation ist die Entscheidung der Krankenkassen, ob die CPM-Schienenbehandlung nach erfolgter Verordnung tatsächlich genehmigt wird. Dies entspricht im Sinne der „real-world-evidence“ nicht nur der tatsächlichen Versorgungsrealität, sondern wird darüber hinaus der Vielfalt möglicher Szenarien gerecht, in denen sich Patienten nach einer Knie- bzw. Schulteroperationen wiederfinden können.