MVF 04/15
„Versorgungsforschung aus der Region für die Region“
Ausgabe 04 / 2015
Das KV-System möchte, erklärt Dr. Dominik Graf von Stillfried, Geschäftsführer des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi) in Berlin, „ganz bewusst zur Transparenz der medizinischen Versorgung“ beitragen und mit gutem Beispiel vorangehen. Ein Beispiel dafür ist die Initiative des deutschen „Versorgungsatlas“, der nach der Idee des „Dartmouth Atlas of Health Care“ sukzessive eine solide Basis für regionale Versorgungsforschung und für die ambulante Versorgung schaffen soll.
„Health care professionals need to be leaders“
Ausgabe 04 / 2015
1973, more than 40 years ago, Wennberg and Gittelsohn wrote their Science article on „small area variations“. Since 1994, for more than 20 years, he publish the Dartmouth Atlas of Health Care, which documents glaring variations in how medical resources are distributed and used in the United States. The project uses Medicare data to provide comprehensive information and analysis about national, regional and local markets, as well as individual hospitals and their affiliated physicians. These reports and the health services research, on which they are based, helps policy-makers, the media, many supply researchers, consultants and others to assess the efficiency and effectiveness of the American health care system much more accurately. Publically available medical claims data was the basis for American health care reforms, especially for „Obamacare“, the Affordable Care Act.
Zum Innovationsfonds müssen wir eine intensive Diskussion führen!
Ausgabe 04 / 2015
Über nichts wird derzeit so viel geredet und geschrieben, wie über den Innovationsfonds. Die Eckdaten sind seit dem Koalitionsvertrag für die 18. Legislaturperiode zwischen CDU, CSU und SPD vom 27.11.2013 „Deutschlands Zukunft gestalten“ (Seiten 77/78) bekannt. Nach nur kurz anhaltender Freude fing sofort die Diskussion und Interpretation der Bedingungen und der Zahlen an. Die Sprecher der beiden Parteien MdB Jens Spahn (CDU) und MdB Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) sahen sich daher schnell aufgefordert, ein Papier zu veröffentlichen, wie sie sich die Mittelverteilung vorstellen und was der Innovationsfonds eigentlich leisten soll. Weiteren Spekulationen sollte damit Einhalt geboten werden. Das ist nicht wirklich gelungen – zu viel steht auf dem Spiel, zu viel kann man falsch machen!
Biosimilars – ein Marktsegment in Bewegung
Ausgabe 04 / 2015
Die erste Markteinführung eines Biosimilars in Deutschland liegt bereits über neun Jahre zurück. Dennoch sorgt dieses Marktsegment zurzeit wieder für rege Diskussionen. Dies ist zum einen den anstehenden Patentabläufen biopharmazeutischer Blockbuster und dem potenziellen Markteintritt von Biosimilars geschuldet. Zum anderen wird angesichts der hohen Arzneimittelausgaben weiterhin ein großes Augenmerk auf Biopharmazeutika und mögliche Einsparpotenziale gerichtet. Und nicht zuletzt handelt es sich bei der Frage der Substituierbarkeit um ein Dauerthema.
Prädiktionsmodelle für Entscheidungsunterstützung
Ausgabe 04 / 2015
Bislang ist der Elsevier Urban & Fischer Verlag vor allem als einer der führenden medizinischen Fachverlage bekannt, nur wenige wissen, dass die RELX Group, ehemals Reed Elsevier, so renommierte Fachzeitschriften wie „The Lancet“ oder „Cell“ verlegt. Und noch weniger, dass seit November 2011 der europäische Zweig des Geschäftsbereich Health Analytics (in den USA bereits seit 1992 etabliert) zuerst in Berlin, danach auch in anderen europäischen Ländern etabliert hat. Den Geschäftsbereich verantwortet Olaf Lodbrok als Managing Director EMEA LA (Europe, Middle East, Africa und Latin America). Davor war er 14 Jahre in verschiedenen Leitungsfunktionen im deutschen Gesundheitsmarkt tätig. Lodbrok ist Ingenieur der Elektrotechnik und Informatik und hat nach seinem Studium an der RWTH Aachen an der renommierten Duke University in den USA einen MBA erworben.
„Dramatische Änderung im Gesundheitssystem“
Ausgabe 04 / 2015
Seit Februar 2013 ist Johanna Wanka Bundesministerin für Bildung und Forschung und Mitglied der Bundesregierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Neun Jahre lang, von 2000 bis 2009, war sie Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur in Brandenburg, von 2010 bis 2013 diente sie im gleichen Ressort als Ministerin in Niedersachsen. Davor wirkte sie viele Jahre in Forschung und Lehre.
Allergie-Versorgung auf neuen vertraglichen Wegen
Ausgabe 04 / 2015
Seit Jahren wird über die zunehmende Prävalenz von Allergien und ihren Folgen (Asthma, Rhinokonjunktivitis, atopische Erkrankungen) berichtet. „Weltweite Studie belegt erneut eine Zunahme von Allergien bei Kindern“: So titelte die „Ärzte-Zeitung“ z.B. am 28.8.06 zur Zunahme von Allergien weltweit und in Deutschland. Nach den in diesem Artikel abgehandelten Studien stieg in Deutschland z.B. der Anteil von Kindern mit Asthma-Symptomen allein bei den Sechs- bis Siebenjährigen in 5 Jahren von 9,6% auf 12,8%; bei den älteren Kindern stieg die Allergierate noch deutlicher, auf 17,5% der Kinder mit Asthmasymptomen, an.1
Von der Innovation in den Versorgungsalltag
Ausgabe 04 / 2015
Der Boom der Medizintechnik führt in Deutschland wie auch international zu einer erheblichen Zunahme an Innovationen in der Gesundheitsversorgung. 2012 wurden alleine in Europa 10.000 Patente im Bereich der Medizintechnik angemeldet (von Bandemer, Merkel & Nimako-Doffour, 2013). Allerdings finden diese Innovationen in Deutschland nicht immer den direkten Weg in die Patientenversorgung. Für die Vorbereitung einer Übernahme in die Regelversorgung bieten kassenspezifische Versorgungsprojekte im Rahmen besonderer Versorgungsverträge eine alternative Lösung, da neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in räumlich und zeitlich begrenzten Projekten angewendet und für die anschließende Regelversorgung adaptiert werden können. Anhand des Modellverfahrens zum Einsatz der Kapselendoskopie des Kolons in der Darmkrebsfrüherkennung, das von August 2013 bis Oktober 2015 mit der AOK Bayern, den Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) Hochfranken und Dorfen sowie der Managementgesellschaft Libertamed durchgeführt wird, werden in diesem Beitrag Erfolgsfaktoren für eine gelungene Implementierung derartiger Projekte aufgezeigt.
Platz 1 für Hildesheimer PWS-Behandlungskonzept
Ausgabe 04 / 2015
Das Pädiatrische Zentrum am St. Bernward Krankenhaus Hildesheim mit seinem Behandlungskonzept für Menschen mit Prader-Willi-Syndrom (PWS) ist der diesjährige Gewinner des achse-central-Preises. Der von ACHSE und der Central Krankenversicherung AG ausgeschriebene Preis fördert Projekte, die die Lebensqualität von Menschen mit seltenen Erkrankungen verbessern. Das Pädiatrische Zentrum hat sich zum Ziel gesetzt, die Symptome dieser chronischen seltenen Erkrankung zu mindern. Das hier praktizierte ganzheitliche Versorgungskonzept hat Vorbildfunktion.
Patientenrelevante Endpunkte bei der Evaluation von Erkrankungen, Gesundheitsverhalten und Senioreneinrichtungen: Befunde aus zwei Befragungsstudien
Ausgabe 04 / 2015
In Zeiten des demographischen Wandels und insbesondere bei einem zunehmenden Anteil älterer Menschen und chronisch-degenerativer Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen und orthopädischen Einschränkungen, nimmt die Bedeutung der Versorgung dieser zu. Ein wichtiger Baustein der Versorgungskette sind Präventionsleistungen (Pfaff/Schrappe 2011: 19). Patientenrelevante Endpunkte sind zentrale Eckpunkte bei Patientenpräferenzen: Patientenorientierung ist neben Ergebnisorientierung und Multidisziplinarität/-professionalität eine Grundannahme der Versorgungsforschung. Aus der Arbeit mit Patienten ist bekannt, dass sich die Ergebnisqualität auch in Gewinnen bei der Versorgung der Patienten ablesen lässt. Maße wie Gesundheits- und Lebensqualität sind Indikatoren solcher patientenrelevanter Endpunkte oder Gewinne. Dabei ist es wichtig zu verstehen, „welche Interessen der Patient hat und wie er aktiv in Entscheidungen einzubeziehen ist“ (Neugebauer 2011: 42). Im Folgenden wird deswegen auf den aktuellen Stand der Forschung zu Patientenpräferenzen und patientenrelevanten Endpunkten eingegangen, damit anschließend das Konzept auf den Bereich der Präventionsleistungen übertragen werden kann.
Die Finanzierung eines gesundheitlichen Mehrwerts setzt die Unterscheidung von Qualität und Nutzen voraus
Ausgabe 04 / 2015
Qualität und Nutzen sind auch im Gesundheitssystem häufig verwendete Begriffe, mit welchen wir betonen, dass nennenswerte Ressourcen aufgewandt werden, um eine optimale „Versorgungsqualität“ zu gewährleisten und „Nutzen“ für die Betroffenen zu stiften. Beispiele sind der Anteil ärztlicher Arbeitskraft (ca. 20%), der für Qualitätssicherung gebunden wird und die Ausgaben, die im Rahmen der Zulassung von Arzneimitteln für die Erstellung von Nutzen-Dossiers entstehen (ca. 1 Million Euro/Dossier). Qualität und Nutzen werden demnach als unterschiedliche Dimensionen eines gesundheitlichen Mehrwerts verwendet, wobei Qualität eine notwendige Voraussetzung sein könnte, um Nutzen zu stiften, aber Nutzen nicht notwendigerweise eine Voraussetzung für Qualität ist. Die zunehmende Verknappung von Ressourcen in den Gesundheitssystemen erfordert nicht nur die kritische Analyse neu hinzukommender, sondern auch die Rechtfertigung bestehender Ausgaben. Die nicht unerheblichen Ausgaben für die Sicherung der Qualität und des Nutzens von Gesundheitsleistungen können nicht mehr als Selbstzweck akzeptiert werden1. Sie sind zum einen einer „klinisch-ökonomischen“ Analyse zu unterziehen, durch welche der Aufwand und die erzielten Erträge für Patienten und die Gesellschaft miteinander verglichen werden. Zudem eröffnet die differenzierte Analyse von Qualität und Nutzen neue Überlegungen zur Finanzierung von Gesundheitsleistungen. Um diese Analyse durchführen zu können, ist zunächst zu beschreiben, was unter „Qualität“ und „Nutzen“ im Gesundheitssystem verstanden wird.
Importförderung von Arzneimitteln: Eine Untersuchung zu Auswirkungen auf diverse Akteure im Gesundheitswesen
Ausgabe 04 / 2015
Mit einer Reihe von Regulierungsmaßnahmen wurde seitens der Politik versucht, steigende Ausgaben für rezeptpflichtige Arzneimittel in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu begrenzen [1]. Neben der Aut-idem-Regelung, den Festbeträgen, Preismoratorien und Zwangsrabatten zählt dazu auch die Importförderung nach § 129 SGB V. Dabei werden im europäischen Ausland günstiger auf dem Markt angebotene Medikamente gewerbsmäßig von Importeuren aufgekauft und über Apotheken im Inland an die Patienten abgegeben. Zusätzlich existiert eine Importquote, welche den prozentualen Anteil vom Apotheker abzugebender Importarzneimittel am Arzneimittelumsatz festlegt [2]. Begrifflich lassen sich parallelimportierte von reimportierten Arzneimitteln unterscheiden. Der überwiegende Anteil der auf dem deutschen Markt befindlichen Importware gehört zu den Parallelimporten. Dies sind Arzneimittel, die im Ausland von multinationalen Pharmakonzernen produziert und sowohl vom Hersteller als auch vom Importeur nach Deutschland eingeführt werden [3]. Reimporte sind dagegen Arzneimittel, die in Deutschland produziert und in andere Länder exportiert wurden. Dort kaufen Reimporteure sie zu einem günstigeren Preis ein und bringen sie wieder zurück nach Deutschland [4]. Da neue gesundheitspolitische Instrumente mit dem Ziel der Ausgabenbegrenzung vorhandene meist nicht ersetzen, sondern erweitern, führt diese Add-on-Regulierung im GKV-Markt zu einem immer komplexer werdenden Regulierungswerk mit unklaren Wirkungsbeziehungen [5-6]. Bedeutsam aus der Sicht der Versorgungsforschung erscheint zudem, dass auch nicht intendierte negative Effekte die Akzeptanz von Regulierungsinstrumenten in der Praxis einschränken können. Ziel der vorliegenden Untersuchung war es daher, die von den Akteuren wahrgenommenen Auswirkungen der Importförderung qualitativ zu erfassen.
Länderrankings auf Basis der OECD-Gesundheitsdaten – Eine Analyse der methodischen Probleme
Ausgabe 04 / 2015
Die Gesundheitsstatistik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) wird häufig zur Einordnung des Versorgungsgeschehens in Deutschland herangezogen. Demnach liegen die deutschen Fallzahlraten bei bestimmten Eingriffen international im Spitzenfeld. Diese Länderrankings werden in der Fach- und Tagespresse immer wieder aufgegriffen. Ein vielzitiertes Beispiel ist die Hüftersatz-Operation, die laut OECD-Statistik nur in der Schweiz häufiger durchgeführt wird als in Deutschland (Abb. 1). Eine ebenfalls oft diskutierte Frage ist die nach der Höhe der Gesundheitsausgaben. Hier gilt das deutsche Gesundheitssystem im internationalen Vergleich als teuer, wie das OECD-Länderranking der Gesundheitsausgaben pro Kopf zeigt, in dem Deutschland auf Platz 6 rangiert (Abb. 2). Eine Rangfolgebildung anhand der OECD-Daten als Benchmark ist jedoch mit einer Reihe methodischer Probleme behaftet. Diese Probleme resultieren zum einen aus unvollständigen Daten bei den Meldungen an die OECD sowie aus deren mangelnder Vergleichbarkeit. Zum anderen berücksichtigen die OECD-Daten in der Regel nicht den Einfluss der unterschiedlichen Altersstruktur in den einzelnen Ländern, obwohl die Inanspruchnahme von Leistungen und die Höhe der Gesundheitsausgaben altersabhängig sind.