Kurzfassungen 2019
„Immer neugierig bleiben und mutig sein“
Ausgabe 06 / 2019
Die AOK Nordost gehört nicht nur mit zu den größen gesetzlichen Krankenkassen Deutschlands, sondern seit vielen Jahren auch zu den agilsten und innovationsfreudigsten. Das liegt zum einen in ihrer Historie begründet, die geprägt war von Fusionen und vor allem durch die Herausforderung, aus drei Einzelkassen nicht eine, sondern die gestaltende Versorgerkasse in gleich drei Bundesländern (Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern) zu schaffen. Die Person und Konstante hinter diesem Prozess ist seit 2006 Frank Michalak, zuerst Vorstandsvorsitzender der damaligen AOK Brandenburg, ab 2011 dann der AOK Nordost. Nach 13 Jahren im Amt an der Spitze der größten Krankenkasse der Region gibt er nun die Führung in jüngere Hände: ein Grund für einen Blick zurück und nach vorne.
Forschungsdatenzentrum frühestens ab dem Jahr 2022
Ausgabe 06 / 2019
Wie können Real-World-Daten zur Verfügung gestellt und so genutzt werden, dass es allen beteiligten Stakeholdern nutzt und vor allem die Patienten davon profitieren? Dieser Frage ging das BMG-Symposium auf dem DKVF unter dem Titel „Real-World-Daten für die Versorgungsforschung“ nach. Nach einem einführenden Vortrag von Jana Holland (BMG) bezogen Dr. med. Ursula Marschall (Barmer), Prof. Dr. Monika Klinkhammer-Schalke (Tumorzentrum Regensburg, Institut für Qualitätssicherung und Versorgungsforschung der Universität Regensburg), Dr. Frank Wissing (Medizinischer Fakultätentag), Dr. Jürgen Malzahn (AOK-Bundesverband), Dr. Christian Dierks (Dierks + Company) Stellung aus Sicht der Stakeholder. Dr. Johannes Bruns (Deutsche Krebsgesellschaft) beteiligte sich zusätzlich an der Podiumsdiskussion.
„Horizontale Integration der Leitstellen in der Fläche“
Ausgabe 06 / 2019
Prof. Dr. Reinhard Busse (TU Berlin) führte zu Beginn der DKVF-Plenarsitzung „Bedarfsgerechte Ausgestaltung der Notfallversorgung“ mit Prof. Dr. Ferdinand M. Gerlach, dem Vorsitzenden des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR), ein Experten-Interview zu den Empfehlungen aus dem aktuellen Gutachten des SVR zum Thema der bedarfsgerechten Ausgestaltung der Notfallversorgung. Im Anschluss wurden – moderiert von Busse – mit Gerlach und Vertretern des ambulanten Sektors, des Rettungsdienstes sowie der stationären Notaufnahme die Empfehlungen zu Integrierten Leitstellen (ILS) und Integrierten Notfallzentren (INZs) diskutiert.
Neue Zusammenhänge erkennen
Ausgabe 06 / 2019
Unser Gesundheitswesen generiert eine Vielzahl an Daten. Klug und sicher genutzt können diese helfen, die gesundheitliche Versorgung zu verbessern, neue Therapien und Technologien zu entwickeln. Ein Plädoyer für eine Nutzung des bereits vorhandenen Datenschatzes.
Warum wird medizinischer Fortschritt blockiert?
Ausgabe 06 / 2019
Angesichts des neuen Digitale-Versorgung-Gesetzes (DVG) liegt es nahe, sich nochmals die seit vielen Jahren andauernde Debatte ins Gedächtnis zu rufen, die hierzulande über die Digitalisierung des Gesundheitswesens geführt wird. Sie trägt in Teilen, um es vorsichtig zu formulieren, eigenartige Züge. Während der Rest der Welt über die Chancen redet, die sich aus neuen Technologien und Algorithmen für Patienten und Ärzte ergeben, sind wir in Deutschland hauptsächlich damit beschäftigt, Bedenken zu tragen.
Ist die Zwischenfinanzierung die „echte Evaluation“?
Ausgabe 06 / 2019
Wenn in der Fortführung des Innovationsfonds die Ausschüttung der jährlichen Fördergelder von 300 auf 200 Millionen reduziert und für die Versorgungsforschung nur mehr 40 Millionen Euro (abzüglich 5 Millionen für Leitlinienentwicklung) übrig bleiben, weiß Prof. Dr. Holger Pfaff (IMVR), der scheidende Vorsitzende des Expertenbeirats des Innovationsfonds, genau, was kommen wird: „Der Konkurrenzdruck im Bereich Versorgungsforschung wird höher.“ Schon jetzt könne man voraussehen, dass künftig nicht mehr so viele Projekte bewilligt würden. Doch auch bei anderen Problemlagen ist der Innovationsfonds reparaturbedüftig, wie etwa bei den Detailthemen Evaluation und Transfer, wie Pfaff in der DKVF-Session „Projekte des Innovationsfonds“ zu Protokoll gab.
Der Patient und das Arzt(team) stehen im Mittelpunkt
Ausgabe 06 / 2019
Nach den Innovationsfonds-Projekten „Cardiolotse“ (MVF 04/19) und Stroke OWL (MVF 05/19) wird in dieser Ausgabe das Modellprojekt Mambo vorgestellt, das Menschen ambulant betreuen und optimal versorgen will. Damit soll ein weiteres Schlaglicht auf das Metathema Lotse geworfen werden, das als einer der wohl sinnfälligsten, in die Regelversorgung zu übertragenden Schlüsselelemente des Innovationsfonds gilt. Hier wird jedoch anders als bei den bisher vorgestellten innovativen Versorgungslösungen weniger der Case Management-Ansatz in den Vordergrund gestellt, sondern mehr auf die Koordination aller patientenrelevanten und sektorenumfassenden Informationen gesetzt, und vor allem in eine zusätzliche Versorgungszeit investiert. Dazu arbeiten die bei den am Projekt beteiligten Ärzten angestellten Mambo-MFAs mit den beim Projektpartner etablierten MONIKAs als patientenzentrierter, verlängerter Arm der Praxen zusammen.
Windeler: „Ohne Vergleich geht gar nichts“
Ausgabe 06 / 2019
Der Erste gibt das Ziel vor. Die Zweite beschreibt den Weg dahin und der Dritte benennt Fährnisse und Hindernisse auf demselben. Der Zielvorgeber auf dem 9. MVF-Fachkongress „Real World Evidenz“ im Scharoun-Saal der AOK Nordost war Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 und damit innerhalb des BMG zuständig für Arzneimittel, Medizinprodukte und Biotechnologie und jener Bundesbeamte, der das vom Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) mit vorbereitet hat, in dem unter anderem der Weg für die Anwendungsbegleitende Datenerhebung frei gemacht wurde. Die Wegbeschreibende auf dem ebenso aktuellen wie inhaltlich dichten Kongress war Dr. Antje Behring, kommissarische Leiterin der Abteilung Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und damit Nachfolgerin von Müller, der vor rund eineinhalb Jahren zum BMG gewechselt war. Der Dritte im Bunde und in der Runde war Prof. Dr. Jürgen Windeler, seit September 2010 Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG). Ausgerechnet er, der im Titelinterview mit „Monitor Versorgungsforschung“ (1/18) vor zwei Jahren noch erklärt hatte, dass man mit guten Registern zwar Fragen zur Adhärenz der Patienten, zum Verschreibungsverhalten der Ärzte, zu Kontrolluntersuchungen und vielem anderen mehr beantworten könne, sie jedoch für Nutzenfragen nicht geeignet seien, muss den Weg dahin erarbeiten – im Auftrag des G-BA.
Behring: „ABDE ist nicht für alle Arzneimittel sinnvoll“
Ausgabe 06 / 2019
Bei der vormittäglichen Podiumsdiskussion stellten sich den Fragen von Moderator Prof. Dr. Dr. Alfred Holzgreve die Vortragenden der ersten Runde: Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 des BMG, Dr. Antje Behring, kommissarische Leiterin der Abteilung Arzneimittel des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), und Prof. Dr. Jürgen Windeler, Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
Arzneimittelrabattverträge: Kostensenkung mit Risiken und Nebenwirkungen
Ausgabe 06 / 2019
Im August 2019 ist das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) in Kraft getreten. Ziel des Gesetzes ist es, die Qualität und die Sicherheit der Arzneimittelversorgung zu verbessern. Neben weiteren arzneimittelmarktrelevanten Themen werden in diesem Gesetz auch Regularien festgeschrieben, die den Biosimilarmarkt in der GKV betreffen. Mit dem GSAV werden einerseits bestimmte Neuregelungen bereits unmittelbar geschaffen, zusätzlich aber auch weitere Veränderungen nach Ablauf einer Frist von drei Jahren in Aussicht gestellt. Letztere betreffen nicht zuletzt die Austauschbarkeit von Biosimilars in der Apotheke.
Ein Bebauungsplan für die Gesundheitsstadt Berlin
Ausgabe 06 / 2019
Mitte 2018 hatte Michael Müller, der Regierende Bürgermeister von Berlin, eine hochrangig besetzte und von Prof. Dr. Karl Lauterbach (SPD) geführte Zukunftskommission mit dem Titel „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ eingesetzt. Vorgelegt wurde der Ergebnisbericht bereits im März diesen Jahres, versetzt mit vielen Erkenntnissen über die demografische Entwicklung Berlins und daraus resultierenden Herausforderungen für die gesundheitliche Versorgung; aber ebenso mit zum Teil durchaus schwierig umzusetzenden Empfehlungen. So rät die Zukunftskommission beispielsweise, eine institutionelle Zusammenarbeit zwischen Charité – Universitätsmedizin Berlin und Vivantes – Netzwerk für Gesundheit zu etablieren. Dies könne bei einer gemeinsamen elektronischen Patientenakte für alle Patienten von Charité und Vivantes beginnen und bis zu einer Kooperation bei Forschung und Transfer, der Etablierung eines Aufgabenverbunds und sogar einer abgestimmten Strategieentwicklung reichen. Staatssekretär a.D. Boris Velter, seit August 2019 Leiter der gemeinsam von Charité und Vivantes finanzierten Geschäftsstelle „Gesundheitsstadt Berlin 2030“ ging auf dem „Regionalforum Demographie und Versorgung Berlin – Brandenburg“ in einem Impulsvortrag auf den Kommissionsbericht ein und erklärte, was zu tun ist, um diesen sukzessive mit Leben zu erfüllen.
Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen gegründet
Ausgabe 06 / 2019
Am 2. Oktober 2019 wurde am Universitätsklinikum Tübingen (UKT) das Zentrum für öffentliches Gesundheitswesen und Versorgungsforschung Tübingen (ZÖGV)ge- gründet. Ziel des Zentrums ist es, die Universitätsmedizin stärker mit der Versorgungsforschung und dem öffentlichen Gesundheitswesen (ÖGW) zu verzahnen. Es sollen Versorgungsforschungsprojekte im ÖGW initiiert und bearbeitet, Methoden der Versorgungsforschung vertieft und so beide Bereiche gestärkt werden
Zielgerichtete Therapie des Lungenkarzinoms
Ausgabe 06 / 2019
Seit vielen Jahrzehnten basiert die Therapie des Lungenkarzinoms auf dem klassischen Behandlungskonzept, das Operation, Chemo- und Strahlentherapie umfasst. Auch die Einteilung in die beiden Diagnosen kleinzelliges und nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom hat bis heute Bestand, molekularbiologische Methoden sorgen aber für eine zunehmende genetische Differenzierung. Und so kommen für etwa jeden 10. Patienten mit bestimmten Zielstrukturen auf oder in den Tumorzellen beim nicht-kleinzelligen Lungenkarzinom neuartige zielgerichtete Therapien in Frage. Diese geben ein eindrückliches Beispiel der Entwicklung in der modernen Onkologie.
„Es geht um Authentizität und Spaß an der universitären Forschung“
Ausgabe 06 / 2019
Die Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) entstand 1817 aus dem Zusammenschluss der bereits 1502 gegründeten Universität Wittenberg und der 1694 gegründeten Friedrichs-Universität Halle und bietet heute ein breites Fächerspektrum in den Geistes-, Sozial-, Natur- und den medizinischen Wissenschaften, das 340 Professoren an rund 20.000 Studierende vermitteln. Einer dieser Lehrenden ist seit März 2011 Dr. Matthias Richter, Universitätsprofessor und gleichzeitig Direktor des Instituts für Medizinische Soziologie (IMS), der in dieser Funktion die inhaltlichen Schwerpunkte seines leider viel zu früh verstorbenen Stellenvorgängers, Prof. Dr. rer. soc. Wolfgang Slesina (geb. 1943, gest. 2013), fortführt.
Eisenmangel/-Anämie bei Tumorpatienten mit Chemotherapie – Ergebnisse einer Kohortenstudie
Ausgabe 06 / 2019
Bislang gibt es für Deutschland nur wenige Studien, die die Versorgungsrealität einer Eisenmangel/-anämie-Behandlung von Tumorpatienten untersuchen, die unter Chemotherapie sind. Im Rahmen einer europäischen prospektiven Beobachtungsstudie wurde für die Jahre 2001/02 bei über 15.000 Tumorpatienten eine Prävalenz von Anämie von 40% (zu Studienbeginn) und 67% (im Verlauf der Studie) gemessen. Darüber hinaus wurden der Anteil der Patienten mit Anämie-Therapie und die Verteilung der verschiedenen Therapieoptionen erhoben. Von diesen Patienten wurden knapp 40% mit antianämischen Präparaten behandelt, wobei ESA den höchsten Anteil unter den Behandlungsoptionen aufwies (Ludwig et al. 2004). Darüber hinaus erhoben Steinmetz und Kollegen (2016) Daten von knapp 1.000 Krebspatienten in Deutschland hinsichtlich demographischer und krankheitsspezifischer Charakteristika sowie die Verteilung der antianämischen Behandlungsoptionen. Dabei zeigte sich, dass ein Großteil der Patienten Bluttransfusionen zur Therapie der Anämie erhalten haben und sowohl ESA als auch i.v. Eisen eine eher untergeordnete Rolle bei der Behandlung spielten. Das Ziel dieser Kohortenstudie ist deshalb, die Versorgungssituation von Patienten mit Tumorerkrankung und Eisenmangel/-anämie-Therapie zu untersuchen. Um die Versorgungsrealität in Bayern (1/7 der Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland) näher zu ergründen, wurden zu diesem Zweck im Rahmen eines PHARAO-Projekts der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) Patientencharakteristika sowie krankheitsspezifische Therapieoptionen mittels Diagnose- und Abrechnungsdaten analysiert.
Systematisches Review zum Einfluss digitaler Medien auf das Körpergewicht von Kindern und Jugendlichen im Zusammenhang mit deren physischen Aktivität
Ausgabe 06 / 2019
Der digitale Medienkonsum in westlichen Industrieländern breitet sich vermehrt aus. Dazu gehören die Nutzung von Computer, Online-Diensten, Smartphones, Spielekonsolen und das Fernsehen (Colombani & Videlaine, 2013). Alle diese digitalen Medien machen einen großen Anteil der Freizeitgestaltung von Kindern und Jugendlichen aus (Feierabend, Plankenhorn, Rathgeb & Behrens, 2017a, 2017b). Aktuelle Studienergebnisse von Feierabend et al. (2017b) zeigen, dass 98% der deutschen Haushalte mit Mediengeräten ausgestattet sind, i.d.R. mit einer Vielzahl davon. Parallel dazu werden Industrieländer vermehrt mit Wohlstandserkrankungen wie Adipositas und Übergewicht konfrontiert, die neben der gesundheitlichen Beeinträchtigung auch eine entsprechende finanzielle Belastung der Gesundheitssysteme darstellen (Branca, Nikogosian & Lobstein, 2007; Bader, 2012). Daten der Kinder- und Jugendgesundheitssurveys (KiGGS) des Robert-Koch-Instituts zeigen, dass 2008 15% der 3 bis 17-jährigen, deutschen Kinder und Jugendlichen übergewichtig sind. Davon sind 6,3% von Adipositas betroffen (Kurth & Schaffrath Rosario, 2010). Fraglich ist, welche Interventionsprogramme eine Reduktion der Bildschirmzeit erfolgreich herbeiführen können und ob diese tatsächlichen Einfluss auf den BMI nehmen. Möglicherweise können digitale Medien sogar als Anlass für sportliche Betätigungen genutzt werden und darüber positiven Einfluss auf den BMI nehmen.
Braucht die Versorgungsforschung in Deutschland ein Sterbeortregister?
Ausgabe 06 / 2019
Der Umstand, dass bis heute nicht bekannt ist, wie viele Menschen in Deutschland zuhause versterben, wird als Ausgangspunkt der Argumentation zugunsten der Etablierung eines Sterbeortregisters gewählt. Hierfür wird die grundsätzliche Bedeutung – bei durchaus heterogenen Zielsetzun-gen und funktionalem Zweck – medizinischer Register erkennbar gemacht. Deutlich wird, dass von einem Sterbeortregister kurzfristig insbesondere für die Versorgungsplanung und die Gesundheitspolitik, mittelfristig aber auch für die Qualitäts-entwicklung der Versorgung sowie mittel- bis langfristig Erkenntnisse für die Versorgungsforschung und für epidemiologische Studien, ein deutlicher Nutzen zu erwarten ist. Dies betrifft alle Orte (Milieus, Settings) der Versorgung. Um solch ein Sterbeortregister inhaltlich und auch funktional wirkungsvoll auszugestalten, sollte eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe mit transsektoraler Erfahrung über die Pallia-tivversorgung hinausreichend zusammengeführt werden. Indes wäre allein schon die genaue – und jährlich berichtete – Ermittlung des Sterbeortes ein deutlicher und praktisch einfach zu erreichender Fortschritt.
Umsatzgewichtung bei der Ermittlung des europäischen Vergleichspreises im Rahmen der Preisverhandlung nach § 130b Abs. 1 SGB V
Ausgabe 06 / 2019
Zur Ermittlung des sogenannten EU-Referenzpreises hat der pharmazeutische Unternehmer „die Höhe des tatsächlichen Abgabepreises in anderen europäischen Ländern (siehe Anlage 2, RV) mitzuteilen (…) soweit das betreffende Arzneimittel dort ausgeboten wird“ (Rahmenvereinbarung nach §130b Abs. 9 SGB, §3 Abs. (2) SGB V). Gemäß Anlage 4 zur RV ist zur „Bestimmung des nach Kaufkraft und nach Umsatz gewichteten tatsächlichen Abgabepreises der tatsächliche länderbezogene Abgabepreis des pU nach Kaufkraft zu korrigieren und mit dem Umsatzanteil dieses Landes an dem Gesamtumsatz der zu berücksichtigenden Länder zu gewichten. Die so gewichteten Preise werden für die Vergleichsländer addiert“ (Rahmenvereinbarung nach §130b SBG V, Anlage 4) und ergeben in Summe den europäischen Referenzpreis. Allerdings wurde durch den Schiedsspruch zur RV vom 21.06.2016 (§6 (3) RV) ausdrücklich auch eine Regelung in die RV aufgenommen, nach der in begründeten Fällen von der Umsatzgewichtung abgewichen und die Umsatzgewichtung stattdessen näherungsweise unter Verwendung der Einwohnerzahl erfolgen kann. Weiter wurde in die RV eine Regelung aufgenommen, nach der die Vertragspartner von der Maßgabe der Anlage 4 Nr. 2 und Nr. 3 der RV abweichen können, sofern beide Vertragspartner zustimmen oder die Besonderheiten der konkreten Erstattungsbetragsvereinbarung oder besondere Probleme der Datenbeschaffung hierzu Anlass geben. Welche Methodik in welchen Fällen geeignet erscheint und welche Limitationen es insbesondere bei der Umsatzgewichtung gibt, soll im Folgenden diskutiert werden.
Neue spezifische Therapie bei Migräne
Ausgabe 05 / 2019
Experten unterscheiden ca. 200 unterschiedliche Arten von Kopfschmerzen, wobei insbesondere der Migräne mit Millionen von Betroffenen eine große Bedeutung zukommt. Eine unzureichende Diagnostik, Patienten, die meist jahrelang rezeptfreie Arzneimittel einnehmen und fehlende Informationen zur adäquaten Therapie erschweren die Versorgung. Doch bei den Therapieoptionen hat sich in den letzten Monaten einiges getan, denn mit den neuen CGRP-Antikörpern ist die erste spezifische Therapie zur Migräneprophylaxe in Deutschland verfügbar.
„Versorgungsforschung muss aktiver werden“
Ausgabe 05 / 2019
Wohl zum ersten Mal in Deutschland stiftet ein Dienstleister einen Lehrstuhl. Dieser soll sich mit dem Themenkreis „Multimedikation und Versorgungsforschung“ beschäftigen und ist am Institut für Allgemeinmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt angesiedelt. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach mit der Lehrstuhlinhaberin, Prof. Dr. Marjan van den Akker, dem Leiter des Instituts für Allgemeinmedizin der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt, Prof. Dr. Ferdinand Gerlach, und dem Stifter, Roland Lederer von INSIGHT Health.
Hallek: „Wir müssen ganzheitlicher denken“
Ausgabe 05 / 2019
„Rund 15.000 junge Menschen zwischen 18 und 39 Jahren erkranken jedes Jahr an Krebs. Obwohl die Heilungsaussichten mit über 80% gut sind, haben Erkrankung und die oft notwendige eingreifende Therapie erhebliche soziale und finanzielle Folgen.“ Dies erklärte Prof. Dr. med. Mathias Freund, der Vorsitzende des Stiftungskuratoriums der Deutschen Stiftung für junge Erwachsene mit Krebs, bei der Vorstellung des gemeinsam mit der DGHO herausgegebenen 16. Bands der Gesundheitspolitischen Schriftenreihe, der einen Schwerpunkt auf die finanziellen und sozialen Folgen der Krebserkrankung bei jungen Menschen legt.
„Es geht einzig und allein um gut gemachte Studien“
Ausgabe 05 / 2019
Für Dr. Dorothee Brakmann, Leitung Gesundheitsökonomie, Marktzugang und Erstattung bei Janssen Deutschland, geht es nicht um die Frage „RCT oder Nicht-RCT“, sondern nur um die Unterscheidung zwischen „gut gemachten“ und „schlecht gemachten“ Studien. Dazu bräuchte es ihrer Meinung nach einfach nur den Mut, „mehr Pragmatismus zu wagen“.
Ein eigenes Lotsengesetz soll den Weg frei machen
Ausgabe 05 / 2019
Das vom Innovationsfonds (IF) geförderte Lotsenprojekt „STROKE OWL“ geht einen ähnlichen Weg wie das bereits in „Monitor Versorgungsforschung“ vorgestellte IF-Projekt „Cardiolotse“ (MVF 04/19). Die in Ostwestfalen-Lippe (OWL) aktiven Schlaganfall-Lotsen sind bei den jeweiligen Akutkrankenhäusern, in denen sie tätig sind, oder beim Konsortialführer, der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe, angestellt. Möglich wäre es aber auch, sie später in eigenen regionalen Case-Management-Gesellschaft einzubringen, wie bspw. die Lipper Case Management Gesellschaft, die sich in gemeinsamer Trägerschaft von Kreisklinikum und dortigem Ärztenetz befindet. „So könnten noch mehr Akteure des Versorgungsprozesses als bisher eingebunden werden“, erklärt Dr. Michael Brinkmeier, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Jedoch sei es wichtig, dass diese unabhängig im Sinne des Patientenwohls arbeiten könnten. Er ist in dieser Funktion auch der Konsortialführer des mit 7,1 Millionen Euro geförderten IF-Projekts „Sektorübergreifend organisierte Versorgung komplexer chronischer Erkrankungen: Schlaganfall-Lotsen in Ostwestfalen-Lippe“.
Kliniken zu langsam bei der Digitalisierung
Ausgabe 05 / 2019
Ist das Glas halbvoll oder halbleer, fragen sich die Autoren eines Beitrags im aktuellen „Krankenhaus Report 2019“ mit Blick auf den Stand der Digitalisierung in deutschen Krankenhäusern. Ganz egal, wie optimistisch oder pessimistisch man auf die derzeitige Situation schaut, klar ist, dass es noch großes ungenutztes IT-Potenzial in deutschen Kliniken gibt. Dieses Potenzial erscheint umso größer, wenn man den Blick auf die europäischen Nachbarstaaten richtet. Und genau das tun die Autoren unter anderem. Im Report enthalten sind diesmal auch Beiträge, die die Versorgungspraxis und die Versorgungsforschung tangieren.
„Wo Versorgungsforschung die Probleme eines Landes und seiner alternden Bevölkerung lösen soll“
Ausgabe 05 / 2019
Wer Neuruppin in Brandenburg hört, denkt vielleicht zuallererst an den wohl größten Sohn der brandenburgischen Kreisstadt, den gelernten Apotheker und späteren Essayisten und Schriftsteller Theodor Fontane (1819–1898), bekannt durch Romane wie „Effi Briest“ oder Balladen wie „John Maynard“ und „Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland“. Doch ohne entsprechendes Hintergrundwissen denkt man eher nicht an ein Thema wie Versorgungsforschung, was sich aber ändern wird. Denn in der überaus großzügig angelegten Residenzstadt im Norden des Landes Brandenburg, deren „raumverschwendende Anlage“ Fontane höchstselbst für eine kleine Provinzialstadt als „bedenklich“ bezeichnete, wird Versorgungsforschung neu gedacht. Dabei geht es weniger um den methodischen Ansatz an sich, sondern vielmehr um die Rolle, die diese Wissenschaftsrichtung in Neuruppin für das Flächenland Brandenburg einnehmen soll. Oder wie es der Präsident der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane, Univ.-Prof. Dr. Prof. h.c. Dr. h.c. Edmund A. M. Neugebauer, formuliert: „Der Unterschied zu anderen Herangehensweisen ist, Versorgungsforschung nicht als Add-on, sondern als wesentlichen Bestandteil einer Lösungsstrategie zu sehen.“ Und die ist in der Leitlinie der MHB klar gefasst, die eine Universität sein und werden will, „die sich etwas zutraut, die in Lehre und Forschung mutig neue Wege geht, beherzt Neuland betritt und als Bildungspionier zur Lösung drängender gesellschaftlicher Fragen beiträgt“.
Das Zentrum für Versorgungsforschung ist gegründet
Ausgabe 05 / 2019
Die Medizinische Hochschule Brandenburg Theodor Fontane (MHB) wurde mit dem erklärten Ziel gegründet, im Flächenland tätige Ärzte auszubilden. Dieses Ziel ist erreicht: Die ersten Psychologen sind und die ersten Ärzte werden dieses Jahr fertig, zudem wird die Zahl der Studierenden verdoppelt. Darüber hinaus sollen aber auch innovative Ansätze zur Verbesserung der Versorgung der alternden Bevölkerung wissenschaftlich untersucht und erfolgreiche Projekte zum Wohle der Patienten in die Versorgungsrealität überführt werden. Genau das ist das Ziel des Zentrums für Versorgungsforschung Brandenburg (ZVF-BB), das während des 1. Brandenburgischen Kongresses zur Versorgungsforschung offiziell ins Leben gerufen wurde. Mit dabei waren – dies zeigt die hohe Bedeutung der Versorgungsforschung für das Flächenland – gleich zwei ranghohe Landespolitikerinnen: Dr. Martina Münch, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur, und Susanna Karawanskij, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie des Landes Brandenburg.
salu.TOP – Konstruktionsprinzipien für die Neuausrichtung unseres Gesundheitssystems
Ausgabe 05 / 2019
Das deutsche Gesundheitssystem zählt nach den Darstellungen zahlreicher Gesundheitspolitiker und Funktionsträger zu den besseren auf dieser Welt. Stellt man jedoch die hohe Kompetenz der Leistungserbringer und Gesundheitswissenschaftler den eingesetzten Ressourcen zur Gesundheitsversorgung unseres Landes gegenüber, erkennt man zahllose Verbesserungspotenziale. Der Sterntitel vom 05.09.2019 „Ärzte fordern, Mensch vor Profit“ [Albrecht, 2019] und die Debatte um die Krankenhausversorgung, ausgelöst durch die Studie der Bertelsmann Stiftung [Loos et al., 2019] mit der Schließung der Hälfte der bisherigen Krankenhäuser, zeigen klar auf, dass unser Gesundheitssystem dringend eine Neuausrichtung braucht. Die nachfolgend vorgestellten Konstruktionsprinzipien für die Neuausrichtung des Gesundheitssystems trägt den Namen salu.TOP*. Diese Prinzipien schaffen Gesundheits- und Versorgungsziele, ordnen Verantwortung zu und bieten umfassende Transparenz. Das so konstruierte System bildet eine Referenz für die Analyse des aktuellen Systems, für die Identifikation der wichtigsten Optimierungsmöglichkeiten und für die Priorisierung zur konkreten Umgestaltung.
Transfer zu einem nutzerfreundlichen und gesundheitskompetenten Gesundheitssystem
Ausgabe 05 / 2019
Mit seiner hohen Dichte an Versorgungseinrichtungen, einem kostenlosen Zugang zu medizinischen Leistungen, freier Arztwahl und einer hohen Ausdifferenzierung bietet das deutsche Gesundheitssystem seinen Versicherten ein breites Leistungsspektrum und eine Vielzahl an Wahlmöglichkeiten. Mündige und aufgeklärte Patientinnen und Patienten nutzen diese Freiheit und nehmen die Dinge immer häufiger selbst in die Hand: Sie sind besser informiert als jemals zuvor, hinterfragen, fordern ein, kennen ihre Rechte und wirken proaktiv an der Wiedererlangung oder Erhaltung ihrer Gesundheit mit. Eine derart selbstbestimmte und kompetente Nutzung des Versorgungssystems setzt voraus, dass Patienten mit gesundheitsrelevanten Informationen umgehen und sich aktiv in Entscheidungsprozesse einbringen können. Die aktuelle Studienlage deutet jedoch darauf hin, dass dies häufig nicht der Fall ist. Danach sieht sich über die Hälfte der deutschen Bevölkerung vor erhebliche Probleme gestellt, wenn es darum geht, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu beurteilen und anzuwenden (Schaeffer et al. 2016). Die dafür erforderlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden als „Gesundheitskompetenz“ definiert. Ein kompetenter Umgang mit gesundheitsrelevanten Informationen bildet die Basis, um eine aktive Rolle im Behandlungsprozess einnehmen, sich in der Instanzenvielfalt des Systems zurechtfinden und sich partizipativ an Entscheidungen im Behandlungsprozess beteiligen zu können. Der vom englischen „Health Literacy“ abgeleitete Begriff „Gesundheitskompetenz“ erfährt daher in der deutschen Fachliteratur seit einigen Jahren wachsende Popularität und wird in der Public Health-Debatte weltweit immer häufiger als signifikante Größe beschrieben (Sørensen et al. 2012).
Sekundärdatenanalyse zur Dauer der Arbeitsunfähigkeit von Depressionspatienten in hausärztlichen und psychiatrischen Praxen
Ausgabe 05 / 2019
Im Bereich der Arbeitsunfähigkeit (AU) stellen laut Meyer und Kollegen in den letzten Jahren verschiedene Krankenkassen eine deutlich steigende Bedeutung der Depression fest [7]. Laut Daten des aktuellen Gesundheitsreportes der Techniker Krankenkasse (TK) ist es zwischen 2006 und 2014 zu einer deutlichen Zunahme von Fehlzeiten aufgrund psychiatrischer Störungen um mehr als vier Fünftel gekommen. Diese Fehlzeiten stagnieren erst in den Jahren 2014 bis 2017 weitgehend stabil auf einem hohen Niveau. Zwischen 2000 und 2017 wird ein Anstieg von 90% berichtet [8]. Ähnliche Angaben sind dem aktuellen Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten-Krankenkasse (DAK) zu entnehmen. Daten der DAK zeigen, dass die Dauer von AU bei psychischen Störungen in den letzten 20 Jahren kontinuierlich auf das Dreifache angestiegen sind. Im Jahr 2017 stieg, wenn auch nur geringfügig, die Zahl der Fehltage aufgrund psychischer Störungen um 1,5% mehr als im Vorjahr an [9]. Mit 16,7% der Ausfalltage stehen psychische Störungen an zweiter Stelle hinsichtlich des AU-Tage-Volumens. Auch in den Ergebnissen des Reports des Dachverbandes der Betriebskrankenkassen (BKK) rangieren psychische Störungen mit 16,6% aller AU-Tage auf dem zweiten Platz der Ursachen von AU [10]. Die weitaus meisten Fehltage wurden durch Depressionen verursacht [9, 10].
Personalisierung von Behandlungspfaden – Das Potenzial digitaler Technologien
Ausgabe 05 / 2019
Obwohl die Trends im deutschen Gesundheitswesen auf eine höhere Bedeutung des Gutes Gesundheit für Versicherte und Patienten hinweisen, orientiert sich die Gesundheitsversorgung noch zu wenig an den Bedürfnissen des einzelnen Patienten. Insbesondere wird bei der Wahl von Diagnose- und Therapieverfahren die Patientenperspektive nicht ausreichend berücksichtigt. So stellten die Versorgungsforscher zur Eröffnung des 17. Deutschen Kongresses für Versorgungsforschung (DKVF) in Berlin1 die aktuelle Situation dar. Studien haben auch gezeigt, dass die Erwartungen an Konzepte wie die partizipative Entscheidungsfindung (PEF), welche die Integration von Patienten fördern sollen, sich bislang nur unzureichend haben erfüllen lassen und dass die Ärzteschaft von einer souveränen Übernahme der Grundprinzipien professioneller Gesprächsführung und Kommunikation zur Beteiligung und zur Integration des Patienten zum Teil noch weit entfernt ist.2 Damit können wesentliche Potenziale für die Erhöhung des Outcome, also des Wirkungsniveaus, einer Gesundheitsleistung nicht gehoben werden, und die gesetzlichen Ansprüche des Patientenrechtegesetzes werden damit ebenfalls noch nicht erfüllt.
Höhere Versorgungsqualität durch mehr Konzentration und Spezialisierung
Ausgabe 05 / 2019
Im Rahmen des Projektes „Neuordnung der Krankenhausversorgung“ der Bertelsmann Stiftung wurde ein Zielbild für die deutsche Krankenhauslandschaft im Jahr 2030 erarbeitet, das sich vor allem an höheren Qualitätsanforderungen orientiert, ohne dass es dadurch zu einer schlechteren Erreichbarkeit käme. Ausgangspunkt des Projekts „Neuordnung der Krankenhauslandschaft“ der Bertelsmann Stiftung ist die von zahlreichen Experten des Gesundheitswesens geteilte Einschätzung, dass der Krankenhausbereich in Deutschland nach wie vor durch Überkapazitäten, besonders viele kleine Krankenhäuser sowie unzureichende Konzentration und Spezialisierung geprägt ist, die zu Defiziten in der Behandlungsqualität, einer überdurchschnittlich häufigen Akquisition von Patienten über die Notfallaufnahme sowie zur Behandlung von Patienten ohne stationäre Behandlungsbedürftigkeit (sog. „ambulant-sensitive Konditionen”), Effizienzverlusten und teilweise ruinöser Konkurrenz führen.
FORTA: Ein Algorithmus zur Bewertung und Optimierung der Arzneimitteltherapie älterer Patienten
Ausgabe 05 / 2019
Die Alterung der Gesellschaft mit einer deutlichen Zunahme der betagten und hochbetagten Patienten ist als gesellschaftspolitische und damit auch medizinische Herausforderung bekannt (World Population Ageing 2017). Ältere Patienten leiden meist an mehreren chronischen Erkrankungen und müssen deshalb zahlreiche Arzneimittel parallel einnehmen: Multimorbidität und Multimedikation, auch Polypharmazie genannt, sind daher in diesem Zusammenhang schon seit längerem im Fokus des medizinischen Interesses (van den Akker et al. 1998, Kaufman et al. 2002). Daher kann es für die behandelnden Ärzte schwierig sein, die richtige Balance zwischen Über- und Unterversorgung zu finden; es gilt, nachteilige Arzneimittel zu vermeiden und günstige Arzneimittel dabei nicht zu vergessen, also Risiken (z.B. Nebenwirkungen) zu minimieren, aber auch Chancen (z.B. weniger Schlaganfälle) nicht zu verpassen (Maher et al. 2014, Barnett et al. 2012). Ältere Patienten sind weiterhin unterrepräsentiert in der klinischen Forschung, so dass es wenig Evidenz zur Angemessenheit und Sicherheit vieler Arzneimittel im Alter gibt (Wehling 2011). Zur Unterstützung der Ärzte wurde die FORTA-Klassifikation (Fit fOR The Aged) und daraus die FORTA-Liste in einem Delphi-Konsensus-Verfahren entwickelt (Wehling 2008, Kuhn-Thiel et al. 2014), in der Wirkstoffe in Verbindung mit altersrelevanten Indikationen durch über 20 medizinische und pharmakologische Experten hierarchisch von A (positiv) bis D (negativ) bewertet werden (A-bsolutely, B-eneficial, C-areful, D-on‘t). Die Anwendung der FORTA-Liste war in einer randomisierten Endpunktstudie (VALFORTA) klinisch erfolgreich und ließ sich als Lerninstrument relativ einfach und effizient vermitteln (Wehling et al. 2016). Dieser Bewertungsansatz soll nun auch IT-basiert als automatisierter Algorithmus zur Medikationsoptimierung getestet und eingesetzt werden.
„Wir brauchen Core Outcome-Sets für den Transfer“
Ausgabe 04 / 2019
Prof. Dr. Jochen Schmitt, Kongresspräsident des in diesem Jahr zum 18. Mal stattfindenden Deutschen Kongresses für Ver-sorgungsforschung (DKVF) und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) am Universitätsklinikum Dresden, bezieht Stellung zur anstehenden Großaufgabe der Versorgungsforschung: der Begleitung und Förderung des Transfers wirksamer Konzepte und Interventionen aus der Forschung in die Routineversorgung, mit deren Hilfe ein lernendes Gesundheitssystem geschaffen werden kann.
EU-Kommission erforscht „Value-based Healthcare“
Ausgabe 04 / 2019
Im Auftrag der Europäischen Kommission sprachen internationale Gesundheitsexperten eine Reihe an Empfehlungen aus, die die Umverteilung in Gesundheitssystemen auf eine echte, wertebasierte Grundlage stellen sollen. Das Ludwig Boltzmann Institut für Health Technology Assessment (LBI-HTA) aus Wien war in dem Panel durch seine Leiterin, Priv. Doz. Dr. phil. Claudia Wild, vertreten, die einen Rückzug aus Über- und Fehlversorgung zugunsten einer „High Value“-Gesundheitsversorgung fordert.
GSAV: Viele Konsequenzen – auch für die Versorgung
Ausgabe 04 / 2019
Der Bundestag hat am 6. Juni dieses Jahres das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) beschlossen. Die Zustimmung vom Bundesrat erfolgte mit knapper Mehrheit am 28. Juni. Die enthaltenen Maßnahmenpakete sind derart vielfältig, dass im vorliegenden Beitrag die Regelungen zu Importen, Biosimilars und der Hämophilie selektiv herausgegriffen und unter Verwendung von Daten zum Arzneimittelmarkt beleuchtet werden.
Von der Förderung in die Regelversorgung
Ausgabe 04 / 2019
Den aktuellen Stand des Innovationsfonds (IF) reflektieren und über Vorschläge zur Überführung erfolgreicher, vom IF geförderter Versorgungsprojekte in die Regelversorgung diskutieren, war das Ziel der BMC-Fachtagung „Die Zukunft des Innovationsfonds: Von der Förderung in die Regelversorgung“, die in der Landesvertretung des Saarlandes stattfand. Ein roter Faden zog sich durch eigentlich alle Praxis- und Theorievorträge, die anschließend multiprofessionell von führenden Wissenschaftlern und Experten an sogenannten Thementischen vertieft und in kleinen Runden konsentiert wurden: Der zu beschreitende Weg in die Regelversorgung wird ein durchaus mühsamer, langer und ebenso steiniger.
Eine Idee auf dem langen Weg in die Regelversorgung
Ausgabe 04 / 2019
Prof. Dr. Jochen Schmitt, Kongresspräsident des in diesem Jahr zum 18. Mal stattfindenden Deutschen Kongresses für Ver-sorgungsforschung (DKVF) und Direktor des Zentrums für Evidenzbasierte Gesundheitsversorgung (ZEGV) am Universitätsklinikum Dresden, bezieht Stellung zur anstehenden Großaufgabe der Versorgungsforschung: der Begleitung und Förderung des Transfers wirksamer Konzepte und Interventionen aus der Forschung in die Routineversorgung, mit deren Hilfe ein lernendes Gesundheitssystem geschaffen werden kann.
„Es geht um Ideen und nutzenstiftende Grundprinzipien“
Ausgabe 04 / 2019
Prof. Dr. Volker Amelung, Hans-Holger Bleß und Ralph Lägel arbeiten seit Jahresbeginn zusammen im inav, ein im Gesundheitswesen tätiges Forschungs- und Beratungsinstitut mit den Schwerpunkten Versorgungsforschung, innovative Versorgungskonzepte, Digital Health, Market Access und Reimbursement. Damit adressiert das Trio gleichsam drei Innovationsfelder im deutschen Gesundheitswesen: zum einen Digital Health, zum anderen den Innovationsfonds und zum dritten Innovationen aus den Bereichen Arzneimittel und Medizinprodukte, in denen sich besonders in den letzten Jahren enorm viel bewegt hat. Diese Felder will „Monitor Versorgungsforschung“ im Interview näher beleuchten: Starten wir mit dem durch das Digitale Versorgung Gesetz hochaktuelle Thema der Digitalisierung, das beim inav inhaltlich Ralph Lägel verantwortet.
Hin zu einem Masterplan des Gesundheitswesens
Ausgabe 04 / 2019
Der BMC-Vorstand erläutert die sieben Punkte, die der pluralistische Verband mit seinen über 200 Mitgliedern anlässlich des am 10. Juli vom Bundeskabinett beschlossenen Digitale Versorgung Gesetz (DVG) in die Diskussion einbringen möchte. Dazu trafen sich im Rahmen der letzten BMC-Vorstandsklausur Vorstandsmitglieder und die Geschäftsführung.
Cochrane Collaboration in der Governance-Krise
Ausgabe 04 / 2019
„Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Cochrane als Organisation mit solchen Mitgliedern umgeht“, schrieb Prof. Dr. Gerd Antes, der auf eine fast 25-jährige Erfahrung als Mitglied der Cochrane Organisation (u. a. Mitglied in der Steering Group und bis 2018 Direktor des Deutschen Cochrane Zentrums) zurückblickt in einem Blog1: Anlass seines Einschreitens war die Entlassung von Dr. Peter C. Gøtzsche, seines Zeichens einer der Gründungsmitglieder der Collaboration und nicht nur langjähriger Leiter des Nordic Cochrane Centers in Kopenhagen, sondern laut Antes auch einer der Cochrane-Autoren mit einer wahren „Fülle von Artikeln und Büchern sowie Analysen zu vielen brisanten Themen der heutigen Gesundheitsforschung und -versorgung“.
Der erste Welttag der Patientensicherheit
Ausgabe 04 / 2019
Kommentar von Dr. Ilona Köster-Steinebach, Geschäftsführerin des Aktionsbündnis Patientensicherheit e.V.
DGHO-Studie liefert genaueste Onko-Planungsdaten
Ausgabe 04 / 2019
Dem Lehrsatz, dass es Sinn einer Prognose sei, nie einzutreten, ist das Institut für Community Medicine der Universitätsmedizin Greifswald unter Leitung ihres Geschäftsführenden Direktors, Prof. Dr. med. Wolfgang Hoffmann, nicht gefolgt. Anläss- lich der zweiten Auflage der „Deutschlandweiten Prognose der bevölkerungsbezogenen Morbiditätserwartung für häufige Krebserkrankungen. Auswirkungen auf die Versorgung“ präsentierte Hoffmann auf dem Hauptstadtkongress neben aktuellen Zahlen zur künftigen Entwicklung von Prävalenz und Inzidenz von Krebserkrankungen auch einen Vergleich zu seiner ersten Arbeit für die DGHO, der 2013 erschienenen Studie „Herausforderung demografischer Wandel. Bestandsaufnahme und künftige Anforderungen an die onkologische Versorgung”. Das Ergebnis: Die damalige Vorhersage für das Jahr 2020 – anhand der zu dieser Zeit vorhandenen Daten aus dem Jahr 2008 – stimmt verblüffend korrekt: bis auf gerade mal wenige Prozent!
„Mit jedem Patienten wächst das Datenkontinuum“
Ausgabe 04 / 2019
Anlässlich des Roche-Symposiums „Onkologie der Zukunft. Wie verändern Personalisierte Medizin und Big Data die Versorgung?“ auf dem diesjährigen Hauptstadtkongress, sprach „Monitor Versorgungsforschung“ mit Dr. Johannes Bruns, Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, und PD Dr. Claus Lattrich, Head of Personalized Healthcare der Roche Pharma AG, Grenzach-Wyhlen. Im Fokus des Gesprächs stand die Frage, wie Daten aus der onkologischen Versorgung standardisiert erfasst, vernetzt, analysiert und dann genutzt werden können, um eine bessere Versorgung zu schaffen. Sowohl Bruns als auch Lattrich waren sich hierbei einig: Die Vernetzung digitaler Patientendaten geht mit einem hohen Benefit für Forschung und Versorgung einher, kann aber nur gelingen, wenn alle Beteiligten im System aufeinanderzugehen.
Von tumor- zur biomarkerbasierter Krebstherapie
Ausgabe 04 / 2019
In der Onkologie setzt sich mehr und mehr der Gedanke durch, dass Krebs eine Erkrankung der Gene und weniger der betroffenen Organe ist. Diese Erkenntnis verändert die Forschung und die Frage wie Patienten zukünftig behandelt werden können. Moderne Krebstherapien verfolgen daher einen entitätsübergreifenden Behandlungsansatz. Sie richten sich gegen die individuellen Angriffspunkte der Erkrankung, die für die Entstehung und das Wachstum des Tumors verantwortlich sind, wie beispielsweise die Prüfsubstanz Entrectinib bei NTRK-Fusions-positiven Tumoren. Auf der Jahrestagung der American Society for Clinical Oncology (ASCO) wurden neue Erkenntnisse aus diesem Feld vorgestellt. Inwiefern sich die Krebstherapie durch dieses Umdenken verändert und welche Auswirkungen dies auf die Forschung hat, diskutierten Experten im Rahmen einer Veranstaltung von Roche Pharma.
„Das deutsche HTA-System ist eines der besten“
Ausgabe 04 / 2019
Mit „Reference Pricing in Germany: Implications for U.S. Pharmaceutical Purchasing“ 1,4 und „Pharmaceutical Reference Pricing: Does It Have a Future in the U.S.?“2 sind zwei wissenschaftliche Beiträge überschrieben, die Prof. James C. Robinson PhD, MPH, bereits im Rahmen seiner vom Commonwealth-Funds3 geförderten Studie veröffentlicht hat. Seine Erkenntnisse, die der Professor of Health Economics und Direktor des Berkeley Center for Health Technology (BCHT) der University of California in Berkeley in seinem Vortrag „An American in Berlin: Insights on Drug Assessment and Pricing under AMNOG“ den Teilnehmern eines BMC-Hintergrundgesprächs vermittelte, führt er in einem Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“ weiter aus.
„Wissenschaft und Praxis stärker zusammenführen“
Ausgabe 04 / 2019
Die Gründung des Bergischen Kompetenzzentrums für Gesundheitsökonomik und Versorgungsforschung – ursprünglich Bergisches Kompetenzzentrum für Gesundheitsmanagement und Public Health – (BKG) im Jahr 2009 war von der Überzeugung getragen, dass Gesundheit einen zentralen Wert darstellt. Der Leitgedanke für die Entstehung war die zukunftsfähige Gestaltung der Versorgung gemeinsam mit den Akteuren von Gesundheitssystem und -wirtschaft vor Ort. Das interdisziplinäre Zentrum ist seitdem fester Bestandteil der Schumpeter School of Business and Economics der Bergischen Universität Wuppertal und tragender Pfeiler der Profillinie „Gesundheit, Prävention und Bewegung“ der Bergischen Universität Wuppertal. Die Arbeitsgruppe „Versorgungsforschung und Gesundheitsökonomische Evaluation“ wurde 2010 am BKG initiiert und wird seitdem von der Professorin Dr. Juliane Köberlein-Neu geleitet.
Die Bedarfsplanung zielgenauer am Bedarf ausrichten
Ausgabe 04 / 2019
Der Gesetzgeber hatte den Gemeinsamen Bundessauschuss mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz beauftragt, die geltenden Verhältniszahlen zu überprüfen und hierauf aufbauend die Bedarfsplanung weiterzuentwickeln. Ziel ist dabei, den tatsächlichen Versorgungsbedarf der Bevölkerung verstärkt einzubeziehen und die bedarfsgerechte und wohnortnahe Versorgung zu fördern. Im Auftrag des G-BA hat ein interdisziplinäres Konsortium unter der Konsortialführung des Fachbereichs Health Services Management der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München hierzu ein Gutachten zur Weiterentwicklung der Bedarfsplanung i.S.d. §§ 99 ff. SGB V zur Sicherung der vertragsärztlichen Versorgung vorgelegt. Vor diesem Hintergrund fand am 23. Mai 2019 ein Symposium zur „Bedarfsplanung und Versorgung in den Regionen“ an der LMU München statt.
Nutzenbewertung europäisch gestalten?
Ausgabe 04 / 2019
Die Nutzenbewertung braucht neue, europäische Ansätze. Die Prozesse sind zu komplex und intransparent, Patientenpräferenzen werden zu wenig berücksichtigt. In der fünften Plenumsveranstaltung „Nutzenbewertung 2.0 – Europäische Maßstäbe für den Patientennutzen?“ im Juni 2019 diskutierten Experten in Berlin über Entscheidungskriterien und die notwendigen Schritte zur einheitlichen Bewertung innovativer Therapien, Medikamente und Medizinprodukte.
Versorgungsforschung braucht dreidimensionale Standards zur Beschreibung von Gesundheitsleistungen – Teil 2
Ausgabe 04 / 2019
Im ersten Teil des Aufsatzes haben wir unter dem Titel „Zusammenhang von Digitalisierung und Versorgungsforschung“ die Voraussetzungen diskutiert, die bestehen müssen, um den Versorgungsalltag im Gesundheitssystem abbilden zu können (1). Bildlich gesprochen sind die Funktion einer digitalen Datenautobahn und die der Versorgungsforschung ähnlich: Funktionstüchtige Autobahnen sind wertlos, wenn die Abfahrten geographisch unglücklich angelegt und die verwendeten Fahrzeuge nur bedingt fahr- oder transporttauglich sind. Eine Datenautobahn ist eine notwendige, aber noch keine hinreichende Bedingung, um die Gesundheitsversorgung zu verbessern. Sie eignet sich zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung, wenn sie dazu beiträgt, die Gesundheit der Bürger, anstatt nur einen Surrogatparameter, z.B. die Compliance mit den ärztlichen Verordnungen, zu verbessern. Und die Versorgungsforschung hat nur dann Zukunft, wenn sie es schafft, ihren Nutzen für die Gesellschaft zu beweisen. Dazu braucht sie Instrumente, die tatsächlich in der Lage sind, Effekte unter Alltagbedingungen zu beobachten und zu messen, d.h.: Sie braucht einen dreidimensionalen Standard zur Beschreibung komplexer Gesundheitsleistungen.
Verordnungsbasierte Prävalenz der Biologika-Therapie bei Patienten mit Psoriasis, rheumatoider Arthritis und entzündlichen Darmerkrankungen
Ausgabe 04 / 2019
Das körpereigene und adaptive Immunsystem des Körpers spielt eine wichtige Rolle bei einer Vielzahl von Erkrankungen wie Psoriasis (PSO) [1], entzündlichen Darmerkrankungen (MC/CU) [2] und rheumatoider Arthritis (RA) [3]. Diese Autoimmunerkrankungen resultieren aus einer Störung der entzündungsfördernden und entzündungshemmenden Reaktionen, die zu einem immunvermittelten Angriff auf das Wirtsgewebe führt [4]. In den letzten Jahrzehnten kam es zu einem Anstieg der Inzidenz und Prävalenz von Autoimmunerkrankungen, was die Bedeutung einer angemessenen Behandlung dieser Erkrankungen unterstreicht [5]. Biologische Arzneimittel sind Behandlungsmittel, die darauf abzielen, den Verlauf von Autoimmunerkrankungen zu verändern, und stellen eine wichtige Alternative zu herkömmlichen Behandlungen dar [6]. Die Hauptangriffsziele biologischer Arzneimittel sind Zytokine (z. B. Tumornekrosefaktor-α [TNF-α], Interleukin-1 [IL-1] oder -6 [IL-6]), B-Zellen und Kostimulationsmoleküle (z. B. T-Zelloberflächenprotein CD28 oder zytotoxisches T-Lymphozyten-assoziiertes Antigen-4 [CTLA-4]) [7]. Biologische Arzneimittel haben mehrere Vorteile, wie z. B. eine etablierte Langzeitwirkung, eine hohe Selektivität für Zielmoleküle, positive kardiovaskuläre Wirkungen, ihre Eignung für Patienten mit eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion und eine maximale Einnahmetreue [8].
Zur Wirtschaftlichkeit der Versorgungslage von Patienten mit spastischer Bewegungsstörung
Ausgabe 04 / 2019
Eine spastische Bewegungsstörung (SB) tritt infolge einer Schädigung des zentralen Nervensystems auf. Entsprechend ist die SB ein Symptom zahlreicher Grunderkrankungen, darunter der Schlaganfall, die Multiple Sklerose oder die infantile Zerebralparese [1, 2]. Eine aktuelle Hochrechnung aus Daten der Leipziger Foren lässt darauf schließen, dass etwa 530.000 Patienten von einer behandlungsbedürftigen SB betroffen sind. Eine nicht oder nur unzureichend versorgte SB kann für den Betroffenen erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität haben. Neben teilweise starken Beeinträchtigungen im Alltag können als Begleiterkrankungen Kontrakturen, Ulzerationen sowie Schmerzen auftreten. Dies hat häufig einen höheren Pflegebedarf bzw. eine höhere Pflegegrad-Einstufung zur Folge [2, 3]. Eine SB lässt sich nicht heilen, sehr wohl jedoch lassen sich Ausprägung und Begleiterkrankungen reduzieren. Geeignete Therapieverfahren werden in der Fachliteratur und den entsprechenden Leitlinien beschrieben [4-8]. Es ist allerdings anzunehmen, dass die Versorgungsrealität in Deutschland ein abweichendes Bild zeigt. Ein Survey sollte deshalb klären, wie sich die Therapie der Betroffenen darstellt [9]. Es wurden insgesamt 109 niedergelassene Allgemeinmediziner aus Deutschland postalisch zur ihrer Patientenklientel mit SB sowie deren Versorgung befragt. Da nicht in die Therapieentscheidung des jeweiligen Arztes eingegriffen werden sollte, wurde ein nicht-interventionelles, retrospektives Studiendesign gewählt. Der ausgesandte Fragebogen umfasste insgesamt 26 Fragen zu allgemeinen Angaben zur Patientenklientel, der nicht-invasiven und der medikamentösen Therapie und zur Zusammenarbeit mit anderen Fachdisziplinen. Im Durchschnitt versorgt jeder Allgemeinmediziner etwa 24 Patienten mit SB.
Wissenstransfer aus der Forschung in die Routineversorgung von Lungenkrebs
Ausgabe 04 / 2019
Lungenkrebs ist eine der häufigsten Tumorerkrankungen und die häufigste Krebstodesursache in Deutschland.1,2 Nur etwa 1/3 der nicht-kleinzelligen Lungenkarzinome (NSCLC), das in 80% aller Lungenkrebsfälle vorliegt, ist bei der Erstdiagnosestellung operabel.3 Für Patienten mit einem fortgeschrittenen oder nicht kurativ behandelbaren NSCLC wurden über Jahrzehnte in der systemischen Therapie, meist mit einer Chemotherapie, nur marginale Verbesserungen hinsichtlich des Ansprechens und Überlebens erreicht. Mit der Entdeckung, dass das Wachstum eines Teils der Tumoren durch eine aktivierende Mutation der Tyrosinkinase angetrieben wird, und sich diese zielgerichtet hemmen lassen, gab es im Feld der Präzisionsmedizin, auch personalisierte Medizin genannt, seit etwa zehn Jahren erhebliche Fortschritte bei der Behandlung von Lungenkrebs.4 Somit können heute ca. 30% aller NSCLC Patienten im fortgeschrittenen Stadium personalisiert bzw. zielgerichtet behandelt werden.4 Patienten mit NSCLC und Mutation im EGF-Rezeptoren haben in randomisierten Studien bei der Behandlung mit einem TKI höhere Ansprechraten, ein längeres progressionsfreies Überleben und geringere Nebenwirkungen im Vergleich zu einer zytotoxischen Chemotherapie.8 Zudem haben mehrere Behandlungskohorten weltweit eine Verbesserung des Gesamtüberlebens mit der personalisierten Medizin für Lungenkrebs gezeigt.9 Die im Kölner Netzwerk Genomische Medizin (NGM) Lungenkrebs erfassten Patienten zeigten im Vergleich zu einer historischen Kontrollgruppe mit den betreffenden Treibermutationen eine signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens von im Median 21,9 Monaten bei EGFR-positiven und 12 Monaten bei ALK-positiven NSCLC Patienten.10
„Man muss auch selbst etwas machen wollen“
Ausgabe 02 / 2019
Andreas Storm ist ein erfahrener Politiker, der 15 Jahre lang dem Deutschen Bundestag angehörte, parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung, beamteter Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Chef der saarländischen Staatskanzlei und bis 2014 Gesundheitsminister im Saarland war. Seit 2017 verantwortet er als Nachfolger von Prof. Dr. h.c. Herbert Rebscher in der Funktion des Vorsitzenden des Vorstands die Geschicke der DAK-Gesundheit. Er setzt bei seiner Arbeit den Fokus vor allem auf eine hohe evidenzbasierte Qualität in der medizinischen Versorgung sowie eine Pflegeinfrastrukturgarantie, ergänzt durch eine Steuerfinanzierung und einen Sockel-Spitze-Tausch bei der Pflege. Er sagt im Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“: „Als Krankenkasse darf man nicht nur fordern, dass der Gesetzgeber aktiv werden muss, sondern muss auch selbst etwas machen wollen.“
HIV: Von einer tödlichen zur chronischen Erkrankung
Ausgabe 02 / 2019
Die Errungenschaften in der HIV-Therapie sind eine Erfolgsgeschichte: Dank der modernen Medizinforschung ist eine HIV-Infektion, die vor 40 Jahren innerhalb eines Jahres tödlich verlief, nun gut behandelbar. Patienten können dadurch bei guter Lebensqualität ein normales Lebensalter erreichen. Dennoch gibt es nach wie vor Herausforderungen in der Behandlung, wie die rasche Vermehrung des Virus sowie die Resistenzentwicklung gegenüber den eingesetzten antiretroviralen Medikamenten. Demgegenüber steht aber eine große Auswahl an Arzneimitteln mit unterschiedlichen Wirkprinzipien bzw. Kombinationstherapien. Welche Entwicklungen die HIV-Therapie geprägt haben und welche medikamentösen Optionen aktuell den Markt bestimmen, beleuchtet der vorliegende Beitrag.
„Grundsätzlich gegen separate digitale Akten“
Ausgabe 02 / 2019
Bisher spielt die Telemedizin in der praktischen Diabetologie in Deutschland eine noch untergeordnete Rolle, was laut den Ausrichtern des dritten DDG-Zukunftstags „Diabetologie & Diabetes Technologie“ – Prof. Dr. Dirk Müller-Wieland (DDG-Präsident) und Prof. Dr. Lutz Heinemann (1. Vorsitzender der DDG-Arbeitsgemeinschaft Diabetes & Technologie – AGDT) – einerseits mit der hohen Dichte an Diabetologen in weiten Gebieten Deutschlands zu tun habe, andererseits aber auch mit Defiziten bezüglich gesetzlicher Regelungen und vor allem mit der ihrer Ansicht nach nicht adäquaten Honorierung.
Abschied vom Vorurteil „dick, dumm, Diabetes“
Ausgabe 02 / 2019
„Wenn wir es schaffen, dass im Jahr 2045 nicht mehr als 1 von 10 Erwachsenen an Diabetes erkrankt ist, haben wir eine reelle Chance, die Diabetes-Prävalenz auf einem Niveau zu erhalten, die für unsere Gesellschaften tragbar ist.“ Mit dieser frohen Botschaft begrüßte Tina Abild Olesen, Geschäftsführerin von Novo Nordisk, nach den einführenden Worten von Seiner Exzellenz F. A. Petersen, dem Botschafter des Königreichs Dänemark, die Teilnehmer des Fachsymposiums „Diabetes 2030“. Sie verdeutlichte ebenso das Ziel und Mitverantwortung ihres Unternehmens, das mit dem Claim „bending the curve“ die Reduktion der Diabetes-Prävalenz auf 10% bis zum Jahr 2045 anvisiert. Olesen: „Wenn es gelingt, die Adipositas-Prävalenz um 25% zu reduzieren, ist es realistisch, die Diabetes-Prävalenz bei 10% zu halten.“ Als ein Beispiel führte sie das globale Flaggschiff-Projekt von Novo Nordisk, „Cities Changing Diabetes“, an, bei dem es seit 2014 geschafft worden sei, gemeinsam mit den Projektpartnern, dem University College London und dem Steno Diabetes Center in Kopenhagen, 19 aktive Partnerstädte mit mehr als 130 Millionen Bürgern zu gewinnen, indes bislang keine einzige Stadt in Deutschland, doch – so Olesen – „wir arbeiten intensiv daran“. So wie auch die Diabetes-Fachcommunity in Deutschland, die anlässlich des schon zum vierten Mal stattfindenden Symposiums erneut zusammenkam, um die im vergangenen Jahr gemachten Fortschritte Revue passieren zu lassen sowie neue Entwicklungen und Erkenntnisse zu diskutieren.
EPA: Datengrab oder Forschungsquelle?
Ausgabe 02 / 2019
Mittlerweile gibt es einige Projekte zur digitalen Erfassung von Patientendaten, Stichwort Elektronische Gesundheitsakte (EGA). Die Initiatoren kommen aus ganz verschiedenen Richtungen: Da gibt es private Unternehmen, Krankenkassen, aber auch Universitätskliniken. Sie alle stellen gerade gewissermaßen die Weichen dafür, wie die Gesundheitsdaten in Zukunft erfasst, verwaltet und gesichert werden. Für die Versorgungsforschung stellt sich dabei vor allem eine Frage: Werden die Gesundheitsdaten künftig auf Servern gehortet oder der Versorgungsforschung zur Verfügung gestellt?
„Grundvoraussetzung für Vernetzung und Nutzwert“
Ausgabe 02 / 2019
Arvato Systems, IT-Spezialist aus dem Bertelsmann-Konzern, wurde bereits 2013 mit dem Aufbau und dem Betrieb der zentralen Telematikinfrastruktur (TI) für die Erprobung der elektronischen Gesundheitskarte beauftragt. In Zusammenarbeit mit den beiden Partnerunternehmen secunet und eHealthExperts steht für den IT-Spezialisten im Gesundheitswesen nun der nächste Digitalisierungsschritt an: der physische Anschluss der Leistungserbringer – vornehmlich sind das Arztpraxen und Kliniken – an die Telematikinfrastruktur mittels speziellem VPN-Zugang.
Was man „in the middle of nüscht“ machen kann
Ausgabe 02 / 2019
Keine gesondert bestallte Fachjury, sondern über 300 Gäste aus Politik, Ärzteschaft und Forschung konnten bei der Zi/KBV-Veranstaltung „Ausgezeichnete Gesundheit 2019“ per Liveabstimmung unmittelbar nach den dreiminütigen Projekt-Statements abstimmen, welche vier herausragenden Beispiele ambulanter Versorgung die Preisträger des Jahres sind. Insgesamt hatten sich 16 regionale Projekte um die nun zum zweiten Mal vergebenen Innovationspreise in den Kategorien „Versorgung digital“, „Versorgung vernetzt“, „Nachwuchsförderung“ und „Versorgung mit Sicherheit“ beworben. „Dieser Abend hat gezeigt, wie facetten- und ideenreich die ambulante Versorgung in Deutschland ist und mit welch hoher Kreativität und Engagement sich die Vertragsärzte ihren Patienten widmen“, erklärte nach der Preisverleihung Dr. Andreas Gassen, der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (Zi).
Müller: „Register und jede Art von Studien“
Ausgabe 02 / 2019
„Innovationen in der Onkologie – wie erreicht sie den Patienten?“ So überschrieb MSD sein Symposium anlässlich der Frühjahrstagung 2019 der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinischen Onkologie (DGHO). Nach dem Vortrag von Prof. Dr. Viktor Grünwald (Essen), der über die Erweiterung des onkologischen Behandlungsspektrums durch Checkpoint-Inhibitoren sprach, gab Thomas Müller, Leiter der Abteilung 1 „Arzneimittel/Medizinprodukte“ im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), einen straffen Überblick, welche gesetzlichen Änderungen, speziell im AMNOG, durch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, kurz GSAV, zu erwarten sind, das schon im Juli dieses Jahres verabschiedet werden soll.
„Perspektivwechsel bei chronischen Krankheiten“
Ausgabe 02 / 2019
Vom 12. bis 13. Juni 2019 findet der Chronic Care Congress der MedEcon Ruhr in Bochum statt. Die MedEcon Ruhr ist die gemeinsame Adresse der Gesundheitswirtschaft in Deutschlands größtem Ballungsraum mit über 160 Einrichtungen aus Klinikwirtschaft und Gesundheitsversorgung. Der Kongress möchte die öffentliche Aufmerksamkeit für das Thema erhöhen und politische Reformbedarfe benennen. Durch den Austausch zwischen Professionen, Selbsthilfe, Wissenschaft und Gesundheitswirtschaft sollen zudem Initiativen und Modelle angestoßen und hierfür insbesondere regionale Räume erschlossen werden.
„Zum Wohle der Heimbewohner Hand in Hand“
Ausgabe 02 / 2019
Zum Thema „20 Jahre Berliner Projekt – die Pflege mit dem Plus“ positionieren sich im Interview mit „Monitor Versorgungsforschung“ gemeinsam Dilek Kolat, Senatorin für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung von Berlin, und Frank Ahrend, Mitglied der Geschäftsleitung der AOK Nordost und verantwortlich für das Ressort „Zentrale Services und Pflege“.
„Wo die Basis für evidenzbasierte Gesundheitspolitik zu Hause ist“
Ausgabe 02 / 2019
„The SELFIE Framework for Integrated Care for Multi-Morbidity“, „Task shifting between physicians and nurses in acute care hospitals: cross-sectional study in nine countries“, „Krankenhaus: Impulse aus Dänemark für Deutschland“. So sind drei der 33 Veröffentlichungen überschrieben, die Prof. Dr. med. Reinhard Busse und sein Team alleine im vergangenen Jahr publiziert haben, 2017 waren es 37. Damit gehört das Fachgebiet „Management im Gesundheitswesen“ (MiG) der Technischen Universität Berlin (TU) zu den publikationsstärksten Deutschlands, vor allem in internationalen Fachzeitschriften. Das liegt natürlich auch daran, dass im MiG Internationalität kein Schlagwort, sondern Programm ist: Im MiG werden seit 2002 unter Leitung von Busse, den Richard Lane vom „Lancet“ in einem Autorenprofil als „leader in Germany’s health-system development“ tituliert, in nationalen und internationalen Forschungsprojekten Themen aus Gesundheitspolitik und -systemen, Versorgungsforschung, Gesundheitsökonomie und -management sowie der Bewertung von Gesundheitstechnologien (Health Technology Assessment – HTA) bearbeitet.
„Kostengünstige Diagnosen zu stark gewichtet“
Ausgabe 02 / 2019
Seit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) 2009 berücksichtigt der Risikostrukturausgleich (RSA) auch die Morbidität als Risikofaktor. Der morbiditätsorientierte Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) soll dafür sorgen, dass Unterschiede in der Versichertenstruktur der Krankenkassen keine ungleichen Wettbewerbschancen verursachen. In einem aktuellen Gutachten kommt Prof. Dr. med. Reinhard Busse zu dem Schluss, dass einige Probleme in der Gestaltung des Morbi-RSA zu Fehlentwicklungen führen.
Ergebnisse eines sektorenübergreifenden Workshops
Ausgabe 02 / 2019
Die Thematik der Seltenen Erkrankungen rückt derzeit – nicht zuletzt durch das geplante Gesetz für eine sichere Arzneimittelversorgung (GSAV) – in den Fokus der gesundheitspolitischen Diskussion. Hinzu kommt, dass Seltene Erkrankungen für die Gesellschaft und Patientenversorgung gerade dadurch eine hohe Herausforderung darstellen, dass überwiegend jüngere Menschen davon betroffen sind, die erst am Beginn ihres Lebens stehen, und es in Bundesländern mit wenigen Ballungsgebieten und Flächen mit geringer Bevölkerungsdichte relativ wenig Versorgungszentren gibt. Der folgende Beitrag greift diese Versorgungsthematik auf. Er basiert auf einem vom UCEF (Unabhängiges Centrum für empirische Markt- und Sozialforschung)1 durchgeführten sektorenübergreifenden Workshop zur Versorgungssituation von Morbus Fabry in Mecklenburg-Vorpommern im Februar 2019 mit ärztlichen Vertretern aus Klinik und niedergelassenem Sektor sowie aus dem Bereich der Gesundheitsinstitutionen (Krankenkassen, Arzneimittelindustrie).
Explorative Analyse der Faktoren, die die Schätzungen der Patienten- populationen in Dossiers für frühe Nutzenbewertungen beeinflussen
Ausgabe 02 / 2019
Die Auswirkungen bestimmter im Nutzenbewertungsverfahren evaluierter Faktoren auf die Preisverhandlungen wurden in anderen Studien untersucht (Theidel & Graf von der Schulenburg, 2016). Der größte Einflussfaktor bei Preisverhandlungen ist der Zusatznutzen. In dieser Hinsicht sind G-BA-Entscheidungen strenger als die Entscheidungen anderer Länder in Bezug auf dieselben Medikamente und Indikationen (Fischer, Heisser, & Stargardt, 2016). Für die Vorhersage von G-BA-Entscheidungen hinsichtlich des Zusatznutzens von Arzneimitteln wurde ein Messsystem vorgeschlagen (Schwandera, Banz, Kaier, & Walzer, 2014). Da klinische Daten als Grundlage für die Entscheidung über den Mehrwert von Arzneimitteln in Nutzendossiers dienen, konzentriert sich diese Studie auf den zweiten wichtigen Faktor, der die Preisverhandlungen beeinflussen kann: die Anzahl der Patienten in den Zielpopulationen mit einem therapeutisch bedeutsamen Zusatznutzen. Insbesondere in Fällen, in denen es mehrere Patientensubgruppen gibt und die Verhandlungen auf einem Mischpreismodell basieren, ist der Einfluss der eingereichten Patientenpopulationen pro Zielgruppe stärker ausgeprägt.
Einflussfaktoren für die Inanspruchnahme psychotherapeutischer Leistungen für Depressionen – alles eine Frage der Regionen?
Ausgabe 02 / 2019
Depressionen gehören zu den am häufigsten diagnostizierten psychischen Erkrankungen sowohl unter der Gesamtbevölkerung Deutschlands, als auch unter den Versicherten der AOK Nordost. Bisherige Studien schätzen die Prävalenz der Depression in Deutschland auf 8,1% bis 10,2%, abhängig vom jeweiligen Studiendesign und der zugrundeliegenden Datenquelle (Busch et al. 2013; Erhart und von Stillfried 2012). Seit Jahren wird ein kontinuierlicher Anstieg der Depressionsprävalenz beobachtet (Thom et al. 2017). Auch wenn die Behandlungsraten konstant steigen, wird geschätzt, dass zwischen 35% und 80% aller Patienten mit psychischen Störungen keine Behandlung erhalten (Larisch et al. 2013). Es kann davon ausgegangen werden, dass dies in ähnlicher Höhe auch auf die Behandlung der Depressionen zutrifft. Neben individuellen Faktoren sowie sozialer und naturräumlicher Faktoren ist die Behandlungsquote auch abhängig von der Verfügbarkeit der Leistungserbringer (Rommel et al. 2017; Helbich et al. 2018). Entsprechend wird auch die derzeitige Bedarfsplanung der Psychotherapeuten kontrovers diskutiert (IGES 2016; Peikert et al. 2011).
Finanzierung geeigneter Betreuungs- und Behandlungsverfahren bei Opioidabhängigkeit durch den Morbi-RSA
Ausgabe 02 / 2019
Im Jahr konsumieren schätzungsweise etwa 200.000 Menschen in Deutschland illegale opioidhaltige Substanzen (Wittchen et al. 2011). Dieser Konsum kann zur Opioidabhängigkeit führen, einer lebenslangen chronischen Krankheit (Wittchen et al. 2011), die mit psychiatrischen und somatischen Komorbiditäten wie Hepatitis C und HIV assoziert ist. Auch wenn vollsynthetische Opioide wie die Betäubungsmittel (BTM-)pflichtigen Schmerzmittel Oxycodon oder Fentanyl ebenfalls zunehmend Probleme in Bezug auf die Entwicklung von Suchtverhalten aufwerfen, bleibt Heroin das größte Problemfeld der Opioidabhängigkeit. Heroin wird auch als dasjenige Suchtmittel angesehen, das mit dem höchsten Suchtpotenzial und der höchsten Mortalität verbunden ist (Gable 2006). Die Behandlung der Opioidabhängigkeit erfolgt in der Regel mit verschiedenen Substitutionstherapien, bei der die illegalen Opioide durch die ärztliche Abgabe gesetzes- und richtlinienkonform verordneter Medikamente ersetzt werden. Bei inadäquater Behandlung, die ohne Substitutionstherapie nur aus Entgiftungsmaßnahmen, Fernhalten von der Substanz etwa im Zuge des Justizvollzugs und seltenen Beratungsgesprächen besteht, entwickeln die betroffenen Patienten ein „Drehtürsyndrom“, also häufige und regelmäßige Einweisungen in ein Krankenhaus, und versterben oftmals an einer Überdosis-induzierten Atemlähmung oder an Folgekomorbiditäten mit starker Unterernährung. Die Substitutionstherapie ermöglicht die Entkriminalisierung und Stabilisierung der psychosozialen Situation des Patienten, die systematische Behandlung von Infektionskrankheiten, sowie das Einwirken auf die Rahmenbedingungen und die gezielte langfristige therapeutische Arbeit an Komorbiditäten wie Persönlichkeitsstörungen und Depressionshintergründen. Im Jahr 2017 gab es in Deutschland 78.800 opioidabhängige Patienten in Substitutionstherapie (Bericht zum Substitutionsregister 2018).
„Gesellschaftlichen Nutzen in den Blick nehmen“
Ausgabe 01 / 2019
Hagen Pfundner ist Apotheker, Industriemanager, Vorstandsmitglied des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI) und des Verbands Forschender Arzneimittelhersteller (VFA) sowie Honorarprofessor der Universität Freiburg im Breisgau. Seit über einem Viertel Jahrhundert in der Pharmaindustrie tätig, setzt er sich ausdrücklich für eine Technologieoffensive ein, die von der Molekulardiagnostik über die „Rote Biotechnologie“ und Gentechnologie bis zu einer vernetzten, digitalisierten und damit auch personalisierten Medizin reicht. Dazu brauche es, sagt er im Titelinterview mit „Monitor Versorgungsforschung“, „eine gemeinsame Strategie, einen kollaborativen Ansatz aller Beteiligten im Gesundheitswesen, der jenseits von Partikularinteressen den gesellschaftlichen Nutzen in den Blick nimmt“.
MS: Mehr Therapieoptionen = bessere Versorgung?
Ausgabe 01 / 2019
Die Multiple Sklerose ist die häufigste entzündliche Erkrankung des Nervensystems junger Menschen in Deutschland. Die Krankheit manifestiert sich in der Regel zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr, wobei Frauen rund drei Mal häufiger betroffen sind (vgl. Weißbuch Multiple Sklerose, 2016). Die Angaben zur Prävalenz sind uneinheitlich; im Jahr 2015 wird von knapp 224 Tsd. GKV-Versicherten mit einer gesicherten Diagnose ausgegangen (vgl. ZI Versorgungsatlas, 2017). Soweit die epidemiologischen Fakten. Doch welche Therapien stehen derzeit zur Verfügung und wie ist die aktuelle Versorgungssituation in Deutschland? Diese Fragen beantwortet auszugsweise der vorliegende Beitrag.
SmartHealthSystems: „Wollen reicht nicht“
Ausgabe 01 / 2019
Die Experten der Bertelsmann Stiftung sind sich sicher: Die Digitalisierung des Gesundheitssektors könnte zu einer verbesserten Versorgungsqualität führen. Ohne die Vernetzung und Digitalisierung des Gesundheitswesens komme das neue medizinische Wissen in der Versorgung nicht schnell genug an. In der Studie „#SmartHealthSystems – Digitalisierungsstrategien im internationalen Vergleich“ zeigen die Autoren anhand eines detaillierten Index, dass Deutschland in der Digitalisierung des Gesundheitssystems mal wieder schlecht dasteht, sehr schlecht. Im Gegensatz zu den Vorreitern Estland, Kanada und Dänemark.
Viele offene Fragen, viele Herausforderungen
Ausgabe 01 / 2019
Welche Folgen hat der Einsatz von Algorithmen in der Gesundheitsversorgung? Dieser Frage geht eine interdisziplinäre Analyse von ceres nach. Die Wissenschaftler haben untersucht, wo in der Medizin Algorithmen bereits eingesetzt und in Zukunft genutzt werden. Dabei legen sie großen Wert auf den Praxisbezug, indem sie konkrete Anwendungsfälle betrachten. Zwei Beispiele – aus der Gegenwart und Zukunft der Gesundheitsversorgung – sollen die ethischen Fragestellungen verdeutlichen, die sich aus dem Einsatz der Algorithmen für den Einzelnen, die staatlichen Institutionen und die Gesellschaft als Ganzes ergeben.
„Eine Selbstverpflichtung zum win-win“
Ausgabe 01 / 2019
Die IGiB GbR (Innovative Gesundheitsversorgung in Brandenburg) hat sich die Sicherung der medizinischen Versorgung insbesondere in den ländlichen Regionen zum Ziel gesetzt. Dafür entwickelt sie neue Versorgungsmodelle und -strukturen. Sie wurde 2009 von der damaligen AOK Brandenburg und der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB) gegründet. 2010 schloss sich die Barmer an. IGiB-Geschäftsführer Lutz O. Freiberg beantwortet im Interview Fragen zur Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der IGiB GbR.
Auf der Spur von zwei Sozialinnovationen
Ausgabe 01 / 2019
Die seit gut 15 Jahren bestehende Deutsche Gesellschaft für Integrierte Versorgung im Gesundheitswesen e. V. (DGIV) hat sich wahrlich keinen einfachen Selbstzweck gesetzt. Sie will die „konsequente, durchgreifende und nachhaltige Umsetzung des Prinzips der Integrierten Versorgung“ als eine der Hauptvoraussetzungen für die Verbesserung der Effizienz unseres Gesundheitssystems fördern und diskutiert dieses seit Jahrzehnten im Rahmen ihrer Bundeskongresse: Ende letzten Jahres mit besonderem Augenmerk auf die Aufgabenstellungen für die „Bund-Länder-Arbeitsgruppe sektorenübergreifende Versorgung“, deren Arbeitsergebnisse – so DGIV-Vorstandsvorsitzender Prof. Dr. Stefan G. Spitzer – „wohl die Grundlagen für größere gesundheitspolitische Reformen auf diesem Gebiet bilden sollen“.
„Soziale Wissenschaft“ im Fokus
Ausgabe 01 / 2019
Wenn man aus dem im Bauhaus-Stil erbauten Gebäude, indem das Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie des Fachbereichs Medizin der Philipps-Universität Marburg untergebracht ist, nach draußen blickt, sieht man Grün, Grün und nochmals Grün – das des Neuen Gartens der Botanischen Gärten der Philipps-Universität auf den Lahnbergen. In dieser schönen Umgebung arbeitet – eng angebunden an die Marburger Uniklinik – das zehnköpfige Team rund um Prof. Dr. med. Max Geraedts, das sich vor allem mit der Analyse von Determinanten der Funktionalität von Gesundheitssystemen und ihrer Komponenten beschäftigt.
Die Innovation des Innovationsfonds
Ausgabe 01 / 2019
Rund 30% der Anträge des Innovationsfonds werden positiv beschieden – eine im Vergleich zu anderen Fördergebern recht hohe Erfolgsrate. Ablehnungen können verschiedene Gründe haben – angefangen bei formalen Fehlern, über inhaltliche Mängel bis hin zu politisch oder monetär begründeten Faktoren. Nun könnte es durchaus sein, dass in den knapp 70% der abgelehnten Anträge einige oder gar viele Projektideen und -ansätze verborgen sind, die dem Ziel einer besseren Versorgung für immer entzogen sind; zumindest dann, wenn die negativ beschiedenen Antragstellenden nicht doch noch den Mut finden, ihr Projekt in einer nächsten Ausschreibungswelle des Innovationsfonds oder auch bei anderen Drittmittelgebern erneut einzureichen. Wer über einen Innovationsfonds 2.0 nachdenkt, wie ihn Bundesgesundheitsminister Jens Spahn auf dem G-BA-Kongress „Zwei Jahre Innovationsfonds“ (siehe MVF 04/18) angekündigt hat, darf nicht nur auf weitere Jahre jeweils 200 Millionen (statt bisher 300 Millionen) Euro an Versichertengeldern in die Hand nehmen wollen, sondern muss auch darüber nachdenken, wie diese besser (womöglich besser als bisher) eingesetzt werden können und wie die zentralen Stellschrauben aussehen, um dies zu erreichen.
Die einheitliche Gebührenordnung unter gesundheitsökonomischen Aspekten
Ausgabe 01 / 2019
Eine einheitliche Gebührenordnung für den ambulanten Versorgungsbereich zielt im Sinne seiner Befürworter vornehmlich darauf ab, die nach ihrer Ansicht im deutschen Gesundheitswesen existierende „Zwei-Klassen-Medizin“ abzubauen. Danach führen die beiden derzeit bestehenden Gebührenordnungen infolge ihrer unterschiedlichen Vergütung von gleichen Leistungen dazu, dass privat Versicherte über niedrigere Wartezeiten auf Arzttermine einen besseren Zugang zur ambulanten medizinischen Versorgung als gesetzlich Versicherte erhalten. Parallel hierzu begünstige dieses duale Vergütungssystem tendenziell eine Überversorgung bei privat Versicherten und trage in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zur Gefährdung einer flächendeckenden hochwertigen Gesundheitsversorgung bei. Die Ablösung des dualen Vergütungssystems durch eine einheitliche Gebührenordnung kann, wie von den meisten Befürwortern gewünscht, einen relevanten Schritt in Richtung einer Bürgerversicherung mit einkommensabhängigen Beiträgen wie in der GKV darstellen, sie lässt sich aber auch als isolierte Maßnahme durchführen und damit unter gesundheitsökonomischen Aspekten analysieren.
Eine Auszeichnung für attraktive ärztliche Arbeitsbedingungen im Krankenhaus als Instrument gegen den Ärztemangel – Ergebnisse einer Pilotstudie
Ausgabe 01 / 2019
Eines der Hauptmotive für die Abkehr vieler Mediziner von der ärztlichen Versorgung in Deutschland sind nachweislich als schlecht empfundene Arbeitsbedingungen mit einer unbefriedigenden Work-Life-Balance, systematisch zu hoher Arbeitsbelastung und langen sowie unflexiblen Arbeitszeiten (Via medici 2006). Diese resultieren zum einen aus dem Mangel per se (unbesetzte Stellen führen zur Überlastung kompensierender Stellen) zum anderen können sie aber auch als eine anhaltende Folge der 80er und 90er Jahren gesehen werden. In jener Zeit der „Ärzteschwemme“ wurde eine hohe Arbeitsbelastung von Medizinern hingenommen, da das Stellenangebot bei hoher Stellennachfrage sehr knapp war. Auch damit verbundene Verstöße gegen Arbeitsrecht oder das Arbeitszeitgesetz wurden und werden auch heute häufig nicht gemeldet oder geahndet (dpa 2017; Via medici 2014; Peters 2013). Die hohe Arbeitsbelastung entsteht aber nicht ausschließlich durch ärztliche Tätigkeiten an sich, sondern vermehrt auch durch eine zunehmende Bürokratisierung des Berufs. In einer Ärztebefragung aus dem Jahr 2010 äußerten mehr als 50 % der befragten Mediziner, dass sie mehr als ein Viertel der täglichen Planarbeitszeit für Verwaltungstätigkeiten verwenden (IQME 2011). Da in der Zeit der „Ärzteschwemme“ ausreichend finanzielle und personelle Ressourcen zur Verfügung standen, wurde in der Vergangenheit nur begrenzt Wert auf Effizienz oder eine Optimierung der Strukturen und Prozesse gelegt. Während die Struktur- und Prozessdefizite teilweise erhalten blieben, nahmen Personal- und wirtschaftliche Ressourcen kontinuierlich ab, sodass diese Konstellation für die gegenwärtige Arbeitsbelastung als ursächlich betrachtet werden kann. Dies bedeutet jedoch auch, dass sich in diesen Strukturen und Prozessen heute noch ein immenses Potential zur Steigerung der Effizienz verbirgt. So gibt es Stationen und Krankenhäuser, in denen an nicht-ärztliches Personal delegierbare Tätigkeiten wie Blutentnahmen oder die Organisation von Dokumenten weiterhin von ärztlichem Personal ausgeführt werden.
Wirtschaftlichkeit der Anschlussbehandlung nach Knieoperationen
Ausgabe 01 / 2019
Orthopädische Operationen zählen zu den häufigsten Operationen in deutschen Krankenhäusern und werden ersten Prognosen zufolge im Zuge der zunehmenden Alterung der Gesellschaft weiterhin an Bedeutung gewinnen [1, 2]. Um Immobilisationsschäden zu vermeiden und den Heilungsverlauf gezielt unterstützen zu können, sollte bei Operationen an Kniegelenken möglichst frühzeitig mit Maßnahmen zur Mobilisation begonnen werden, die in der frühen postoperativen Phase (fast) ausschließlich passiv durchgeführt werden müssen. Dies gilt insbesondere dann, wenn seitens des Patienten noch keine aktiven Eigenübungen durchgeführt werden können oder dürfen [3-7]. Neben physiotherapeutischen Behandlungen hat sich zur passiven Bewegung der Gelenke der Einsatz von motorbetriebenen Bewegungsschienen (Continuous Passive Motion – CPM-Schienen) in der Praxis etabliert. Im Bereich des Knies werden CPM-Bewegungsschienen häufig nach endoprothetischem Gelenkersatz, Knorpel-, Sehnen- und Bandrekonstruktionen sowie bei übungsstabilen Osteosynthesen eingesetzt [8-13]. Zahlreiche Studien befassen sich mit der rehabilitativen Nachsorge von Patienten nach Gelenkoperationen, jedoch nur selten im Versorgungskontext der ambulanten Anschlussbehandlung in Deutschland. Die vorliegende Arbeit rückt die tatsächliche Versorgungssituation von Patienten in Deutschland im Sinne der real world evidence in den Vordergrund. Ausgangspunkt ist eine Prozesskostenanalyse, welche die postoperative Nachbehandlung von Patienten nach einer Operation am Kniegelenk dokumentiert. Der Fokus liegt dabei auf der Evaluierung der Wirtschaftlichkeit unterschiedlicher Behandlungsalternativen. Die postoperative Mobilisierung kann durch den Einsatz von CPM-Bewegungsschienen, Physiotherapie oder einer Kombination aus beidem realisiert werden. Über die Heilmittel-Richtlinie ist der Einsatz von Physiotherapie reguliert, CPM-Bewegungsschienen werden im Hilfsmittelverzeichnis nach § 139 SGB V unter anderem für das Kniegelenk als fremdkraftbetriebene Bewegungsschienen aufgeführt [14].
Saisonale Pollenallergien bei Kindern und Jugendlichen – Inanspruchnahme und Therapiepersistenz der spezifischen Immuntherapie
Ausgabe 01 / 2019
Die pollenbedingte allergische Rhinitis (Heuschnupfen) gehört zu den häufigsten allergischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter (Schmitz et al. 2017). In Deutschland beträgt die 12-Monats-Prävalenz eines ärztlich diagnostizierten Heuschnupfens bei den 3 bis 17-Jährigen 9,9% (Poethko-Müller et al. 2018). Dabei kommt es zu einer allergischen Reaktion der Nasenschleimhaut sowie der Augenbindehaut auf bestimmte Pollen, zum Beispiel die der Birke, welche unter anderem zu vermehrter Sekretion, Niesen, Einschränkungen bei der Nasenatmung und Juckreiz führt. Obwohl die Symptome einer Pollenallergie sehr belastend sein und die Lebensqualität und auch den schulischen Erfolg sehr einschränken können, werden sie häufig bagatellisiert (Greiner et al. 2011). Darüber hinaus werden der allergischen Rhinitis und deren Folgeerkrankungen, zum Beispiel Asthma bronchiale und später COPD, hohe direkte und indirekte volkswirtschaftliche Kosten zugeschrieben (Pfaar et al. 2014).
„Eine Art Wette auf eine bessere Zukunft“
Ausgabe 03 / 2019
Wenn es in Deutschland um gesundheitsökonomische Frage geht, kommt man um Prof. Dr. Jürgen Wasem, den Inhaber des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftungslehrstuhls für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen nicht herum. Auf unzähligen Podien und als Beiratsvorsitzender diverser Fachgremien erhebt er seine Stimme immer dann, wenn er aus seiner ökonomischen Sichtweise auf Fehlentwicklungen hinweisen oder aufzeigen will, wie unser Gesundheitssystem noch besser werden kann; zum Beispiel, indem es innovationsoffener wird.
Knieps: „Wie soll unsere Zukunft aussehen?“
Ausgabe 03 / 2019
„Die große Chance der Zukunft“, nennt Prof. Dr. Frank Jessen, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Uniklinik Köln, das Modell der Disease Interception. Viele im gleichnamigen Fachbuch – erschienen in der Schriftenreihe „Monitor Versorgungsforschung“ (MVF) – zu Wort kommende Autoren und Gesprächspartner finden ähnlich starke Vergleiche. „Eine kühn-hoffnungsvolle Vision“ nennt beispielsweise MVF-Herausgeber Prof. Dr. Reinhold Roski in seinem Editorial dieses „vielversprechende Konzept“ (Zitat von Prof. Dr. Dr. Eva Winkler, Oberärztin am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen und Leiterin des Forschungsschwerpunkts „Ethik und Patientenorientierung in der Onkologie), welches „den sehnlichsten Wunsch aller betroffenen Patientinnen und Patienten“ (Dr. Martin Danner, BAG) nach Gesundheit statt Krankheit wahr werden lassen könnte. Vor allem deshalb, weil diese „Wette auf eine bessere Zukunft“ (Wasem), das Potenzial habe, „nach Jahrhunderten der Medizin als etablierter Reparaturbetrieb“, wie Prof. Dr. Jochen A. Werner, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender der Universitätsmedizin Essen, in seinem Beitrag ausführt, „ein neues Kapitel aufzuschlagen“.
Adalimumab-Biosimilars mit rasantem Wachstum
Ausgabe 03 / 2019
Wenn es in Deutschland um gesundheitsökonomische Frage geht, kommt man um Prof. Dr. Jürgen Wasem, den Inhaber des Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftungslehrstuhls für Medizinmanagement an der Universität Duisburg-Essen nicht herum. Auf unzähligen Podien und als Beiratsvorsitzender diverser Fachgremien erhebt er seine Stimme immer dann, wenn er aus seiner ökonomischen Sichtweise auf Fehlentwicklungen hinweisen oder aufzeigen will, wie unser Gesundheitssystem noch besser werden kann; zum Beispiel, indem es innovationsoffener wird.
Steuerung des Gesundheitswesens mit Big Data
Ausgabe 03 / 2019
Was bedeuten Big Data für die EU-Regulierung der nationalen Gesundheitssysteme? Dieser Frage stellt sich die neu gegründete Taskforce der HMA (Heads of Medicines Agencies) und EMA (European Medicines Agencies). Welche Daten fallen an, in welcher Qualität, und welche Standards sind notwendig, um diese Daten für die Steuerung des Gesundheitswesens zu nutzen? Das sind einige Aspekte des Themas, das die Taskforce in verschiedenen Workstreams erarbeitet hat. Die Ergebnisse hat sie in einem Report zusammengefasst, darunter sind auch mehrere Kernempfehlungen sowie zwei Studien zum Umgang mit Big Data seitens der Industrie sowie zuständigen nationalen Aufsichtsbehörden (National Competent Autorities, NCAs).
Real-World-Data und -Evidenz in der Regulatorik
Ausgabe 03 / 2019
Die Effizienz von Klinischen Studien steigern, ist mit Hilfe von Gesundheitsdaten der Patienten aus verschiedenen Quellen möglich. Von dieser – hierzulande durchaus noch umstrittenen – These zeigt sich die U.S. Food and Drug Administration (FDA) überzeugt. Wie aber müssen die Daten beschaffen sein, um valide Ergebnisse und Evidenz zu liefern? Und wie sollen diese Ergebnisse in die regulatorische Entscheidungsfindung der FDA einfließen? Diesen Fragen stellt sich mit einigen interessanten Antworten die US-Behörde im „Framework for FDA‘S Real-World Evidence Program“.
„Anwendungsbegleitende Datenerhebungen in der Nutzenbewertung öffnen Methodendiskussion“
Ausgabe 03 / 2019
Während sich die neu gegründete Taskforce der Heads of Medicines Agencies der EMA (s. S. 12 ff.) mit der Frage beschäftigt, welche Real World-Daten in welcher Qualität und mit welchen Standards notwendig sind, um diese Daten für die Steuerung des Gesundheitswesens zu nutzen, legte die FDA bereits ein ausführliches „Framework for FDA‘s Real-World Evidence Program“ vor, mit dem die US-Zulassungsbehörde ein Konzept zur Integration von Real World-Data erarbeitet hat (s. S. 14 ff.). International sind auch schon einige Real World-Evidenz-Studien durchgeführt werden, nur in Deutschland scheint dieses Thema noch mit einem gewissen Hautgout behaftet zu sein. „Monitor Versorgungsforschung“ sprach darum zum einen mit Dr. Marco Penske, dem Head Market Access & Healthcare Affairs der Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG; und bat zum zweiten einige im Beirat vertretene forschende Pharmaunternehmen um Auskunft über den Status bereits durchgeführter RWE-Studienprojekte.
Erfahrungen mit der anwendungsbegleitenden Datenerhebung
Ausgabe 03 / 2019
Umfrage bei im MVF-Beirat vertretenen forschenden Pharmaunternehmen (durchgeführt: April/Mai 2019). Schriftliche Befragung zum Status bereits durchgeführter RWE-Studienprojekte. Es antworteten Pfizer Deutschland (Friedhelm Leverkus), Sanofi-Aventis Deutschland (Dr.-Ing. Janine Garbe, MHBA), Novartis Pharma (Dr. Andreas Kress) und Roche Pharma (Dr. Susanne Schach).
Klose: „Dauerhaft Impact in die Versorgung bringen“
Ausgabe 03 / 2019
Christian Klose, bisher Ständiger Vertreter der Abteilung 5 „Digitalisierung und Innovation“ im Bundesministerium für Gesundheit und seit Anfang April Unterabteilungsleiter in dem von Dr. Gottfried Ludewig geleiteten Ressort, gab auf einem Vortragsabend anlässlich der DNVF-SpringSchool einen Einblick in den Fahrplan des kurz vor Abschluss stehenden Digitalisierungsgesetzes: Derzeit sei das knapp 800 Mitarbeiter starke BMG dabei, dieses Gesetz auf den Weg zu bringen. Nun liegt der Referentenentwurf für dieses Gesetzesvorhaben (s. S. 23), das eigentlich schon zum Jahreswechsel hätte fertig sein sollen, vor.
Innovationsfonds: Problemfall bleibt die Translation
Ausgabe 03 / 2019
Er soll die Gesundheitsversorgung voranbringen und Innovationen fördern – der Innovatinosfonds. Mit einem Gesamtvolumen von 820 Millionen Euro wurden in der ersten Phase 290 Projekte in den Jahren 2016 bis 2018 gefördert. Nun hat das Bundesministerium für Gesundheit eine wissenschaftliche Auswertung der Förderung durch den Innovationsfonds veranlasst. Ist der Fonds ein geeignetes Instrument, um die Gesundheitsversorgung weiterzuentwickeln? Die Autoren des Zwischenberichts – der Endbericht soll dem Deutschen Bundestag bis zum 31. März 2021 vorgelegt werden – beantwortet diese Frage mit Ja.
Glaeske: „Versorgungsforschung muss sich einmischen“
Ausgabe 03 / 2019
„Wenn die Versorgungsforschung aufgrund ihrer Ergebnisse nicht gesundheits- und sozialpolitisch tätig wird, dann geht die patientenorientierte Kraft und Auswirkung der Versorgungsforschung verloren.“ Mit diesen Worten fasst Prof. Dr. Gerd Glaeske, Co-Leiter der Abteilung Gesundheit, Pflege & Alterssicherung und Leiter des „Länger besser leben“-Institutes in Bremen, seinen Vortrag „Transfer braucht Evaluation“ mit dem Untertitel „Wechselwirkung zwischen Versorgungsmodellen und Versorgungsforschung als Basis für Veränderungen“ zusammen, den er auf der DNVF-SpringSchool 2019 in Bonn hielt. Glaeske, Mitinitiator, Wegbegleiter und Ehrenmitglied des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung, schränkt jedoch ein: „Was allerdings voraussetzt, dass die Versorgungsforscher die aktuellen gesundheits- und sozialpolitischen Diskussionen und gesetzlichen Rahmenbedingungen kennen und verfolgen, um die Ergebnisse ihrer Forschung in den adäquaten Kontext stellen zu können.“ Seine Forderung: „Versorgungsforschung muss sich einmischen und sich bemühen, aufgrund vielfältiger Windows of Opportunity Evidenz in das System zu bringen.“
„Praxisbezug, Translation und Evaluation ist Teil der Arbeit“
Ausgabe 03 / 2019
„Die Hochschule RheinMain will eine der führenden Hochschulen für angewandte Wissenschaften in Deutschland sein, anerkannt für ihre wissenschaftlich fundierte und berufsqualifizierende Lehre und für ihre anwendungsbezogene Forschung, die eng mit der Lehre verzahnt ist.“ Das schreibt Dekan Prof. Dr. Stefan Jugel im Leitbild der Wiesbaden Business School, eines Fachbereichs der Hochschule RheinMain mit insgesamt 13.700 Studierenden. Die Wiesbaden Business School bietet ihren über 3.000 Studierenden in sechs Studiengängen ein attraktives Studienangebot mit dem Anspruch einer praxistauglichen und zugleich problemlösungsorientierten Ausbildung. Im Studiengang „Gesundheitsökonomie“ lehrt Prof. Dr. rer. pol. Hans-R. Hartweg die Fächerkombination „Versorgungsplanung, Controlling und Rechnungswesen im Gesundheitswesen“.
Netzwerk zur Messung von Gesundheitskompetenz
Ausgabe 03 / 2019
Nach der in Europa verbreitetsten Definition, die von einem Wissenschaftskonsortium im Rahmen der Vorbereitung der ersten europäischen Gesundheitskompetenz-Erhebung erarbeitet wurde, bedeutet Gesundheitskompetenz (GK), dass „Menschen über das Wissen, die Motivation und die Fähigkeiten verfügen, Informationen in Bezug auf Krankenbehandlung, Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung aufzufinden, zu verstehen, zu bewerten und anzuwenden, um im Lebensverlauf Entscheidungen und Handlungen zur Verbesserung bzw. zum Erhalt der eigenen Gesundheit treffen bzw. setzen zu können“ (Sørensen et al. 2012).
Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz: Schritt für Schritt in die Umsetzung
Ausgabe 03 / 2019
Mehr als jeder Zweite in Deutschland, konkret 54,3% der Bevölkerung, weist eine eingeschränkte Gesundheitskompetenz auf – so das Ergebnis einer Studie der Universität Bielefeld. Das bedeutet, dass es der Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland schwer fällt, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen, zu bewerten und zu nutzen.
Gute Daten – gute Besserung
Ausgabe 03 / 2019
In der Digitalisierung stecken große Chancen, um Patienten besser zu versorgen, das zeigen mehrere Modellprojekte. Um erfolgreich zu sein, benötigen Ärzte nicht nur große, hochwertige Datenpools und Algorithmen. Datenschutz und Datensicherheit spielen eine wichtige Rolle, sollten aber nicht zum Feigenblatt werden, um alles Neue abzulehnen.
Der Transfer braucht klare Kriterien und Prozesse
Ausgabe 03 / 2019
Rund 70 Wissenschaftler diskutierten auf dem 7. Forum Versorgungsforschung des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung (s. Seite III der DNVF-Seiten in dieser Ausgabe) ein bisher ungelöstes Problem: das des strukturierten und effizienten Transfers von Studienergebnissen in die Realversorgung. Diese Frage stellt sich insbesondere auch beim Innovationsfonds, der laut des Referentenentwurfs zum „Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation“ – kurz Digitale Versorgung Gesetz oder TVG – zunächst bis 2024 verlängert werden soll. Der vorliegende, von Prognos erstellte Zwischenbericht zum Innovationsfonds (s. S. 28) rät beispielsweise, dass künftig nicht nur „die systematische Auswertung der Projektergebnisse im Hinblick auf den Transferprozess sichergestellt“ werden, sondern auch, dass die „Organisation eines Transferprozesses“ positiv evaluierter Projektergebnisse in die Regelversorgung durch einen „Transferausschuss“ erfolgen soll. Über das „Wie“ wurde heftig disputiert.
Der Zusammenhang von Digitalisierung und Versorgungsforschung (Teil 1)
Ausgabe 03 / 2019
Anlässlich der 2019 SpringSchool des Deutschen Netzwerks für Versorgungsforschung im April 2019 hat Christian Klose (Ressort „Digitalisierung und Innovation“ des BMG) den Fahrplan des BMG zur Entwicklung des Digitalisierungsgesetzes vorgestellt (1). Diese Präsentation ist aus verschiedenen Gründen wertvoll, obwohl der Grund für die Verbindung von „Digitalisierung und Innovation“ nicht unmittelbar ersichtlich ist. Der Wert zeigt sich bei der Beschreibung der zu beachtenden Determinanten*. Das Institute of Clinical Economics (ICE) e.V. etabliert deshalb eine neue Arbeitsgruppe, die sich mit der praktischen Anwendung des technischen Fortschritts der Telekommunikation in der Versorgungsforschung befasst. In diesem ersten Teil unseres Berichts werden die Vorleistungen der Politik kurz erwähnt und die Vorleistung der Wissenschaft beschrieben: Die Unterschiede zwischen Klinischer Forschung (KF) und Versorgungsforschung (VF).
Digitale Vernetzung im Gesundheitswesen
Ausgabe 03 / 2019
Die Bruttowertschöpfung im Kernbereich der Gesundheitswirtschaft lag 2017 bei rund 350 Mrd. Euro. Das entspricht rund 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der Gesundheitssektor wird nicht nur als wichtiger Wirtschaftszweig per se gesehen, sondern hat darüber hinaus einen großen volkswirtschaftlichen Nutzen, da Gesundheit als Basis für Kreativität und wirtschaftlichen Erfolg angesehen wird (BMG 2019a, WHO). In der aktuellen Diskussion spielen neben dem medizinischen Fortschritt und technologischen Errungenschaften vor allem holistische Betrachtungen eine Rolle, die in einer besseren Versorgung münden und durch die digitale Vernetzung der Akteure erreicht werden kann. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hinkt Deutschland bei digitalen Angeboten hinterher, hierüber kann auch die begrüßenswerte Initiative der Gründung eines „Global Health Hubs“ nicht hinwegtäuschen.
Zur Versorgungslage von Patienten mit spastischer Bewegungsstörung in Deutschland
Ausgabe 03 / 2019
Als spastische Bewegungsstörung (kurz: SB; synonymer Gebrauch: Spastizität, Spastik) bezeichnet man die aus einer Schädigung des zentralen sensomotorischen Systems entstehende vermehrte gesundheitsabhängige Muskelspannung sowie unkontrolliert auftretende Kloni, Spasmen und spastische Dystonien [1]. Häufigste Ursache für eine SB ist der Schlaganfall, aber auch die Multiple Sklerose, das Schädel-Hirn-Trauma, eine Rückenmarksläsion oder die Zerebralparese können eine sogenannte spastische Lähmung verursachen [2]. Es wird davon ausgegangen, dass rund 250.000 Patienten in Deutschland betroffen sind [3]. Je nach Grunderkrankung kann sich die SB zu sehr unterschiedlichen Zeitpunkten im Krankheitsverlauf manifestieren [4, 5]. So entwickeln zwischen 20 und 40% der Patienten innerhalb des ersten Jahres nach dem Schlaganfall eine SB [3, 6-8]. Bei Patienten mit Multipler Sklerose ist etwa die Hälfte der Patienten im Laufe ihrer Erkrankung von einer SB betroffen [9-11]. Nicht selten werden in Folge der SB pflegerische Einschränkungen bzw. Abhängigkeiten bei der Ausführung der Aktivitäten des täglichen Lebens und Schmerzen verursacht, welche mit einer deutlichen Reduktion der Lebensqualität des Patienten einhergehen [12, 13]. Erfolgt eine adäquate Therapie zu spät oder insuffizient, können Komplikationen wie Schmerzen, Kontrakturen, Hautläsionen bis zum Dekubitus sowie erhebliche Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichen Lebens die Folge sein. Zur Vermeidung empfiehlt es sich daher, das Management bei SB möglichst frühzeitig, bei ersten einschlägigen Symptomen einzuleiten [14].
Die Krankheitsliste im morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich und deren Anreizwirkungen – Das Beispiel Adipositas
Ausgabe 03 / 2019
Träger der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland sind die gesetzlichen Krankenkassen. Der GKV-Markt unterliegt einem immer noch anhaltenden, wenngleich sich verlangsamendem Konzentrationsprozess mit stetig sinkender Anbieterzahl im Markt – die Zahl der Krankenkassen ist von 950 im Jahr 1995 auf derzeit 110 gesunken (Gesundheitsberichterstattung des Bundes 2018). Die einzelnen Krankenkassen stehen dabei im Wettbewerb zueinander, wobei der Großteil ihres Leistungsbereiches über den verpflichtenden GKV-Leistungskatalog kassenübergreifend einheitlich ausgestaltet ist. Die Möglichkeiten, sich von anderen Krankenkassen abzuheben, sind sehr gering. Auf der Leistungsseite ist dies nur im Bereich der sogenannten Satzungsleistungen, über Selektivverträge mit Leistungserbringern oder über zusätzliche Serviceleistungen möglich. Daneben steht der Wettbewerb über den Preis in Form des kassenindividuellen Zusatzbeitrages. Ein funktionierender Wettbewerb in Krankenversicherungssystemen ist allerdings nur sinnvoll, wenn entweder die Bedingungen eines vollkommenen Marktes erfüllt sind oder aber Ausgleichsmechanismen implementiert werden, die einen funktionierenden Wettbewerb ermöglichen (vgl. auch grundlegend Dahl, Lux und Matusiewicz 2012; Matusiewicz 2016).
Bei jedem Masterplan des Gesundheitswesens muss gelten: Wissenschaft vor Wirtschaft
Ausgabe 05 / 2019
>> Für einen Masterplan des Gesundheitswesens wurden vom BMC sieben Vorschläge ausgearbeitet (1). Ein zentraler Punkt ist die Entwicklung von Geschäftsmodellen für Hersteller digitaler Gesundheitsanwendungen. Der Vorschlag wird wohl breite Akzeptanz finden, weil jeder Leistungserbringer nach Gewinn und jeder Leistungsnehmer nach Sicherheit strebt und beide Ziele menschlichen Grundbedürfnissen entsprechen. Da Gesundheit eines der höchsten wichtigsten Güter ist, lässt sich vorhersagen, dass Gewinn und Sicherheit leicht miteinander zu verbinden sind, wobei es stark darauf ankommen wird, was man unter Sicherheit versteht.